Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Vierzehntes Kapitel.

Besuch des Pfarrers Adams beim Pfarrer Trulliber.


Pfarrer Adams kam vor das Haus des Pfarrers Trulliber, der in bloßen Aermeln, einen Schurz vor, und einen Eimer in der Hand auf dem Rückwege vom Schweinestall eben über den Hof ging; denn an Sonntagen war Herr Trulliber Pfarrer, an den übrigen sechs Wochentagen konnte er aber eher für einen Bauer gelten. Er besaß ein kleines Stück Land eigenthümlich, hatte aber außerdem vieles dazu gepachtet. Seine Frau melkte die Kühe, bewirthschaftete die Milchkammer, und zog zu Markte mit Butter und Eiern; ihm dagegen fiel besonders die Pflege der Schweine anheim, deren er sorgfältig daheim wartete, und die er dann selbst auf die Jahrmärkte trieb, bei welchem Geschäft er sich manche Neckerei gefallen lassen mußte, da das viele Bier seinen eigenen Körper im Umfang dem seines Viehes ziemlich nahe gebracht. Er war in der That einer der wohlbeleibtesten Männer, die man nur sehen kann, und hätte allenfalls die Rolle des Sir John Falstaff übernehmen können, ohne daß er nöthig gehabt, sich auszustopfen. Hierzu kam noch, daß die Rundung seines Bauches um ein Ansehnliches durch die Kürze seiner Natur gehoben wurde, indem sein Schatten, wenn er auf dem Rücken lag, fast eben so viel maß, als wenn er auf den Beinen stand. Seine Stimme war laut und rauh, und seine Aussprache außerordentlich breit und gedehnt. In seinem Gange hatte er fast das stattliche Ansehen einer Gans, nur watschelte er nicht völlig so schnell einher, wie diese.

Sobald Herr Trulliber vernahm, daß ihn Jemand zu sprechen wünsche, warf er seinen Schurz bei Seite, und schlüpfte in einen alten Schlafrock, in welchem Anzug er meist seine Gesellschaft zu empfangen pflegte. Seine Frau, die Herrn Adams bei ihm angemeldet, hatte dabei einen kleinen Irrthum begangen, indem sie nämlich gesagt, sie glaube, es sei ein Mann da, der ihm Schweine abkaufen wolle. Diese Voraussetzung veranlaßte Herrn Trulliber, den Gast mit möglichster Eile zu empfangen, und kaum erblickte er Adams, so rief er, nicht im geringsten zweifelnd, die Absicht des Besuches sei wie seine Frau vermuthet hatte, ihm zu: er sei grade zu rechter Zeit gekommen; denselben Nachmittag erwarte er noch einen andern Schweinehändler, übrigens seien die Thiere alle fett und glatt, und keines wiege unter anderthalb Zentner. Adams antwortete, er glaube, daß er noch nicht die Ehre habe, von ihm gekannt zu sein. – »Ja, ja,« rief Trulliber, »ich habe Euch schon oft auf Märkten gesehen; wir haben schon manchen Handel gemacht; ich weiß es sehr gut; wie könnte man ein solches Gesicht nicht wieder erkennen; – doch jetzt kein Wort mehr, bis Ihr meine Thierchen gesehen habt; ein solches Stück Speck wie jetzt im Stall ist, habe ich Euch noch nie verkauft.« – Hierauf legte er gewaltsame Hände an Herrn Adams, und zog ihn mit sich nach dem nur einige Schritte von seinem Zimmerfenster entfernten Schweinestall. Kaum waren sie dort angelangt, als er ausrief: »Nur hinein, Freundchen, befühlt sie immerzu, Ihr mögt sie nehmen oder nicht; das steht Euch frei.« – Mit diesen Worten öffnete er die Thüre und stieß Adams zu den Schweinen hinein, indem er fortwährend darauf bestand, dieser müsse sie erst betasten, ehe man sich weiter auf etwas einlassen könne. Adams, dessen angeborne Gutmüthigkeit alle Proben bestand, mußte seinem Collegen wohl Genüge thun, besonders da er einsah, daß er sonst nicht zu Wort kommen würde; kaum aber hatte er den Schwanz eines der Schweine erhascht, als das wilde Thier einen solchen Satz that, daß der arme Adams der Länge nach in den Koth fiel. Trulliber brach, statt ihm aufzuhelfen, in ein unmäßiges Gelächter aus, und sagte, indem er in den Stall kroch, mit einem etwas verächtlichem Blick zu Adams: »Wie, wißt Ihr nicht mit den Schweinen umzugehen?« wobei er zugleich selbst eins erhaschen wollte; doch Adams, der nun die Artigkeit weit genug getrieben zu haben glaubte, hatte sich kaum aufgerafft, als er aus dem Bereich dieser Bestien entfloh, und ausrief: » Nil habeo cum porcis; ich bin ein Geistlicher, Sir, und kam nicht zu Ihnen, um Schweine zu kaufen.« Trulliber antwortete, der Irrthum thue ihm leid, doch falle die Schuld lediglich auf seine Frau, welche, wie er hinzufügte, eine Närrin sei, und immer dumme Streiche mache; jetzt möge er nur in das Haus gehen und sich reinigen; er selbst wolle ihm folgen, sobald er den Stall wieder zugemacht habe. Adams wünschte, seinen Ueberrock, die Perrücke und den Hut am Feuer zu trocknen, was unbedenklich bewilligt wurde. Mistreß Trulliber stand im Begriff, ihm ein Becken mit Wasser zu bringen, damit er sich das Gesicht waschen könne; ihr Mann aber hieß sie sich ruhig verhalten, damit sie in ihrer Einfalt nicht noch mehr Albernheiten begehe, und wies Adams an die Pumpe. Während dieser dort beschäftigt war, schloß Trulliber, der nach der äußern Erscheinung seines Gastes sich gerade nicht die beste Vorstellung von ihm zu machen begann, seine Wohnstube zu, und führte Jenen dann in die Küche, indem er sagte, er hoffe, ein frischer Trunk werde ihm nicht zuwider sein, zugleich aber flüsterte er seiner Frau zu, sie solle von dem schlechtesten Bier holen.

Nach einem kurzen Stillschweigen begann Adams: »Ich denke, Sir, Sie werden jetzt wohl einen Collegen in mir anerkennen.« – »Ja nun,« rief Trulliber grinsend; »ich sehe wohl da ein Stückchen Priesterrock; darauf möchte ich aber nicht schwören, daß er ganz ist.« – Adams antwortete: Freilich sei es keiner von den besten, denn er habe das Unglück gehabt, ihn vor etwa zehn Jahren an einer Hecke, woran er hängen geblieben sei, zu zerreißen. – Mistreß Trulliber, die jetzt mit dem Trunk zurückkehrte, sagte ihrem Manne: der Herr scheine auf der Reise zu sein, und werde vielleicht mit einem kleinen Imbiß vorlieb nehmen; aber Trulliber gebot ihr mit einem Fluch Schweigen, und fragte sie: Ob wohl Pfarrer anders als zu Pferde zu reisen pflegten? indem er hinzufügte, er vermuthe, der Herr sei nicht zu Pferde, da er keine Stiefeln anhabe. – »O doch, Sir, doch,« versetzte Adams, »ich habe ein Pferd, aber ich ließ es zurück.« – »Es freut mich, daß Sie eins haben,« entgegnete Trulliber, »denn ich versichere Sie, ich sehe nicht gerne Geistliche zu Fuß; es schickt sich nicht, verträgt sich nicht mit der Würde unseres Standes.« – Jetzt ließ er sich mit vieler Ausführlichkeit über diese Würde vernehmen, bis seine Ehehälfte den Tisch gedeckt und eine Schüssel mit Suppe zu seinem Frühstück aufgesetzt hatte. Er wandte sich zu Adams mit den Worten: »Ich weiß zwar nicht, Freund, wie ich zu Ihrem Besuch komme, da Sie aber einmal da sind, so mögen sie immer zulangen, wenn's beliebt.« – Adams nahm die Einladung an, und die beiden Pfarrer setzten sich an den Tisch; Mistreß Trulliber aber stellte sich – wie sie dem Anschein nach immer zu thun pflegte – hinter ihres Mannes Stuhl. Trulliber ließ es sich wohl schmecken, steckte aber kaum etwas in den Mund, ohne die Kochkunst seiner Frau zu tadeln, was sie alles geduldig ertrug, denn sie bewunderte so sehr ihres Eheherrn Größe und Bedeutsamkeit, über die er nicht selten sich selbst Andeutungen erlaubte, daß sie es damit so ziemlich bis zu einer Meinung seiner Unfehlbarkeit trieb. Die Wahrheit zu gestehen, der Pfarrer hatte sie auf mehr als eine Weise in die Schule genommen, und die fromme Frau war durch seine Predigten so erbaut, daß sie beschlossen hatte, das Böse in dieser Welt zugleich mit dem Guten hinzunehmen. Anfangs war sie allerdings etwas widerspenstig gewesen; aber schon seit lange hatte er die Oberherrschaft errungen, theils in Folge ihrer Neigung zu diesem, theils ihrer Furcht von jenem, theils ihrer religiösen Gesinnungen, theils der tiefen Verehrung, die er sich selbst, theils in Folge jener, die ihm das Kirchspiel bezeigte – kurz sie hatte sich völlig unterworfen, und ging nun mit ihm um, wie Sara mit Abraham, indem sie ihn wo nicht ihren Herrn doch ihren Meister nannte. Während sie noch bei Tische saßen, gab Trulliber seiner Frau einen neuen Beweis seiner Größe; denn da sie eben Herrn Adams ein Glas Bier gereicht hatte, riß er es diesem aus der Hand, und stürzte den Inhalt mit den Worten hinunter: »Ich habe zuerst gefordert.« – Adams leugnete dies, und berief sich auf die Frau, welche, obgleich ihr Gewissen auf des Gastes Seite war, es nicht wagte, ihrem Mann zu widersprechen. Hierauf schrie Trulliber: »Da sehen Sie's, Sir, ich würde ja auch nicht so unhöflich gewesen sein, Ihnen das Glas zu nehmen, wenn Sie zuerst gefordert hätten; aber das müssen Sie wissen, dazu bin ich zu gut, um irgend jemanden, und wäre es der angesehenste Mann im Königreich, in meinem eigenen Hause vor mir trinken zu lassen, wenn ich zuerst gefordert habe.«

Sobald das Frühstück beendigt war, nahm Adams folgendermaßen das Wort: »Ich denke, Sir, es wird nun hohe Zeit, Sie von dem Zweck meines Besuchs in Kenntniß zu setzen. Ich bin auf der Reise mit zwei jungen Leuten aus meinem Sprengel, einem Mädchen und einem Jüngling, nach meiner Heimath begriffen; wir kehrten in einem Wirthshause hier im Kirchspiel ein, wo man mir sagte, Sie hätten die Pfarre unter sich.« – »Es ist zwar nur ein Filial,« erwiederte Trulliber, »aber ich glaube, daß ich doch mit Dem nicht tauschen würde, der die Hauptpfründe hat; ich denke, daß ich ihn und noch Bessere nöthigenfalls auskaufen könnte.« – »Sir,« rief Adams, »dazu wünsche ich von Herzen Glück. Worauf es nun eigentlich ankommt, Sir, ist der Umstand, daß wir durch allerlei Zufälle um unser Geld gebracht worden, und außer Stande sind, unsere Rechnung im Wirthshaus zu bezahlen, die sich auf sieben Schilling beläuft. Ich wollte Sie daher bitten, mir besagte sieben Schilling und noch sieben andere dazu vorzustrecken, die ich gelegentlich Ihnen wieder zustellen werde; sollte dies aber auch nicht geschehen, so bin ich überzeugt, sie werden mit Freuden eine solche Gelegenheit ergreifen, sich einen Schatz dort zu sammeln, wo er besser als in dieser Welt angelegt werden kann.« – Denkt euch einen Fremden, der in das Zimmer eines Advokaten tritt; schon hält ihn dieser für einen Klienten, schon streckt er ihm die hohle Hand, seinen Kostenvorschuß zu empfangen, entgegen, und der Fremde – zieht einen Verhaftsbefehl gegen ihn hervor. – Denkt euch einen Apotheker, der einem weltberühmten Arzte seine Aufwartung macht; schon glaubt dieser, er werde einen reichen Patienten zugewiesen erhalten, und der Apotheker – bringt ein Trünkchen, das der Doctor selbst einnehmen soll, zum Vorschein. Denkt euch einen Minister, der den Lord A – oder den Sir B – oder den Squire C –, statt mit dem Anerbieten einer einträglichen Stelle, mit heftigen Vorwürfen empfängt. Denkt euch einen jener Tischfreunde, welche stets die Tugend und die Ehre und die Schönheit und das Talent ihrer Gönner bewundern, ihnen Laster und Mißgestalt und Albernheit vorhalten. Denkt Euch, wenn ein Handwerksmann seine erste Rechnung einem Mann von Ton vorlegt, dieser werde sie sofort bezahlen; oder denkt Euch, im Fall es geschieht, der Handwerksmann ließe denn das an der Summe nach, was er in der Voraussetzung, lange warten zu müssen, zu viel angeschrieben hatte. Kurz denkt Euch was Ihr nur wollt oder könnt, noch immer werdet Ihr keinen Begriff von dem Erstaunen haben, das bei diesem Schlusse von Adams Rede den Pfarrer Trulliber ergriff. Schweigend rollte er eine Zeitlang die Augen im Kopfe umher; jetzt seinen Gast anschauend, jetzt seine Frau; dann seine Blicke niederschlagend, dann sie zum Himmel erhebend. Endlich brach er in folgende Worte aus: »Sir, ich denke, ich weiß mein Bischen Armuth eben so gut anzulegen, wie irgend ein Anderer. Sitze ich auch nicht so warm, wie manche, so bin ich doch, dem Himmel sei Dank, zufrieden; das ist ein größerer Segen als Reichthum, und wem dieser Segen verliehen wurde, der wird nicht noch mehr verlangen. Mit wenigem zufrieden sein, ist mehr werth als alle Reichthümer der Welt, die Jemand besitzen kann, ohne daß seine Wünsche befriedigt sind. Meinen Schatz anlegen! Was fragt Jemand, dessen Herz an der Schrift hängt, was fragt er darnach, wo sein Schatz sei? Dort ist der Schatz eines Christen.« – Hier traten unserm Adams Thränen in die Augen; voll Entzücken ergriff er Trullibers Hand, und, »o lieber Bruder,« rief er, »gepriesen sei der Himmel, daß er mich zu Ihnen führte! Einen Umweg von vielen Meilen hätte ich nicht gescheut, um mit Ihnen mich zu erbauen; und bald, ich verspreche es hiermit, bald sehen Sie mich wieder; aber meine Freunde werden sich, fürchte ich, schon über mein längeres Verweilen beunruhigen; ich bitte daher, mir das Geld sogleich einzuhändigen.« – Jetzt machte Trulliber ein finsteres Gesicht und schrie: »Wie, habt Ihr etwa die Absicht, mich zu berauben?« – Die Frau aber brach in Thränen aus, und schluchzte, indem sie auf die Kniee sank: »O lieber Herr, um Gottes Barmherzigkeit willen, berauben Sie meinen Mann nicht; wir sind nur arme Leute.« – »Steh auf, thörichtes Weib, und gehe deinen Geschäften nach,« sagte Trulliber, »denkst du, der Mensch da wird sein Leben daran wagen? Er ist ein Bettler, und kein Räuber.« – Adams nickte seufzend mit dem Kopfe. – »Hätte ich nur den Bettelvogt hier,« rief Trulliber, »ich würde Dich als Landstreicher für deine Unverschämtheit züchtigen lassen. – Also vierzehn Schillinge! – nicht einen Farthing sollst Du haben. Ich glaube, Du bist eben so wenig ein Geistlicher, als das Weib da (indem er auf seine Frau zeigte), bist Du es aber, so verdientest Du, wenn Du auf die Art im Lande umherziehst, daß man Dir den schwarzen Rock vom Leibe risse.« – »Ich verzeihe Ihnen Ihr Mißtrauen,« versetzte Adams, »wäre ich aber auch kein Geistlicher, so bliebe ich doch immer Ihr Mitbruder, und als Christ, noch viel mehr aber als Geistlicher, wären Sie verpflichtet, mir in meiner Bedrängniß beizustehen.« – »Willst Du mir was vorpredigen?« rief Trulliber, »willst Du mich lehren meine Pflichten zu erfüllen?« – »Nun das wäre mir was,« rief Mistreß Trulliber dazwischen, »meinem Meister etwas vorpredigen zu wollen!« – »Schweig, Weib,« schrie Trulliber. »Ich muß Dir sagen, Freund (indem er sich an Adams wendete), von einem Menschen wie Du werde ich mich an meine Pflichten nicht erinnern lassen. Ich weiß besser, was christliche Barmherzigkeit ist, als daß ich Landstreichern mein Geld geben sollte.« – »Ja, und wenn wir's auch wollten,« fiel die Frau ein, »so müssen wir schon so viel zur Armenkasse beitragen.« – »Ei was verstehst Du davon. – Armenkasse! Schweig mit Deinem Unsinn, Weib,« unterbrach sie ihr Mann, und kündigte zugleich Herrn Adams nochmals an, er werde ihm bestimmt nichts geben. – »Es thut mir leid,« antwortete dieser, »daß Sie nicht wissen, was Mildthätigkeit ist, indem sie dieselbe nicht auszuüben verstehen. Das muß ich Ihnen aber sagen, wenn Sie sich zu Ihrer Rechtfertigung auf ihre Kenntnisse berufen sollten, so werden Sie sich getäuscht sehen, und sollten Sie auch Glauben ohne gute Werke damit verbinden.« – »Wie,« rief Trulliber, »untersteht man sich, in meinem Hause gegen den Glauben zu predigen? – Fort mir aus den Augen! Ich will nicht länger unter einem Dache mit einem Elenden sein, der vom Glauben und von der Schrift so leichtfertig redet.« – »Nennen Sie die Schrift nicht!« erwiederte Adams. – »Wie, ich soll die Schrift nicht nennen? – Glaubst Du etwa nicht an die Schrift?« rief Trulliber. – »Ich wohl, aber Sie nicht, wenn ich nach Ihren Handlungen schließen soll,« versetzte Adams, »denn die Gebote derselben sind so bestimmt, die Belohnungen und Bestrafungen, die sie aufstellt, so unermeßlich, daß Jemand unmöglich fest an sie glauben, und demnach ihren Vorschriften zuwider handeln kann. Wo hat sie aber ein ausdrücklicheres Gebot, als das der Mildthätigkeit? welche anderen Pflicht schärft sie stärker und häufiger ein? Wer daher nicht mildthätig ist, den erkläre ich ohne Bedenken für einen Unchristen.« – »Ich will Dir nicht rathen,« rief Trulliber, »mich einen Unchristen zu nennen; ich denke, ein eben so guter Christ zu sein, wie Du, und glaube es auch sonst noch mit Dir aufnehmen zu können« (und in der That hatte er in seiner Jugend, obschon dermalen etwas zu feist zu athletischen Uebungen, für einen der besten Boxer und Kloppfechter in der Grafschaft gegolten). Seine Frau, die ihn die Faust ballen sah, bat ihn, sich in keine Balgerei einzulassen, sondern als ein wahrer Christ zu handeln, und gesetzliche Hülfe in Anspruch zu nehmen. Adams aber, der nur durch einen Angriff auf seine eigene Person oder auf einen Freund zum Kampf gereizt werden konnte, lächelte zu Trullibers zornigen Blicken und Bewegungen, und schied ohne fernere Ceremonien mit der Versicherung, es thue ihm leid, einen solchen Mann im Amte zu sehen.


 << zurück weiter >>