Gabriel Ferry
Der Waldläufer – Für die reifere Jugend bearbeitet
Gabriel Ferry

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Neuntes Kapitel. Eine Kriegslist Mischbluts.

Abermals war ein neuer Tag angebrochen. Noch immer leuchteten angezündete Feuer matt herüber zu den drei Jägern auf der Pyramide, welche sich trotz ihres Heldenmuthes die Gefahren nicht verhehlen konnten, denen sie entgegen gingen.

»Wir haben uns schon in so mancher harten Noth befunden,« äußerte der Canadier zu Josef, »und doch hat uns der Herrgott immer siegreich hervorgehen lassen; nächst ihm war unsere Freundschaft der beste Verbündete, den wir gehabt, und diese heilige Flamme wird in unsern Herzen fortlodern, bis der Tod unsere Augen bricht.«

Es war ein herzlicher, inniger Händedruck, den die beiden Freunde mit einander austauschten; lag ja doch in den Worten, welche Rosenholz gesprochen, nur die schlichte, reine Wahrheit.

Sie kannten die Gefahren des Lebens in der Wüste und mußten, welche verzweifelte Lage jetzt über sie hereingebrochen war; Fabian dagegen mußte noch als ein Neuling betrachtet werden und deshalb wandte der Canadier sich jetzt zu ihm und begann:

»Wir stehen vor einem langen und erbitterten Kampfe, mein Kind, denn der Haß eines Feindes wächst, sobald er willens ist, seinen Gegner lebendig in seine Gewalt zu bekommen. Bei der großen Ueberzahl der Apachen dürfen wir nur auf unsere guten Waffen vertrauen und nur dann schießen, wenn wir des Zieles sicher sind. Du bist noch zu hitzig, mein Kind, und die Gefahr berauscht Dich leicht. Darum merke Dir, daß man durch allzu große Tapferkeit ebenso leicht unterliegen kann, als wenn man feige ist; auch vergiß nicht, daß ich alter Mann nur glücklich sein kann, wenn Du mir erhalten bleibst.«

»Hier ist meine Hand, Vater,« rief Fabian bewegt, »und das Versprechen, daß ich mein Leben in keinerlei unnöthige Gefahr bringen will.«

»So ist's recht, Herzenskind,« erwiderte der alte Jäger und über seine dunkelbraunen Wangen rieselten jene heiligen Perlen, deren sich kein Mensch zu schämen braucht, mag er nun ein Krieger oder ein friedlicher Landmann sein. Und mit diesen Thränen schüttelte der alte Jäger den letzten Rest von Bangen ab und begann muthig der Gefahr in's Antlitz zu sehen, die ihm und seinen beiden Gefährten drohte.

»Der Schimmer da oben gefällt mir nicht,« sagte er nach einer kurzen Pause, indem er auf das feindliche Wachtfeuer deutete, »jedenfalls haben die Spitzbuben die Absicht, durch dieses Feuer unsere Aufmerksamkeit von ihrem Hauptangriffspunkt abzulenken. Es ist daher nothwendig, unsere Streitkräfte zu theilen. Ich halte dafür, daß Fabian seinen Posten hier nimmt und das Feuer beobachtet. Sobald Du durch den Nebel hindurch ein Gewehr abblitzen siehst, feuerst Du kühn und ohne zu zittern auf das Licht, was von der Zündpfanne aufsteigt.«

Der Jüngling nickte zustimmend und stellte sich mit aufwärts gerichtetem Gewehr hinter der wollenen Verschanzung auf. Die beiden Jäger dagegen wandten sich der entgegengesetzten Seite zu und lagerten sich hinter den flachen Steinen ihrer Verschanzungen.

Die unheimliche Stille wurde alsbald durch zwei rasch aufeinander folgende Schüsse unterbrochen; der eine kam von dem gegenüberliegenden Felsgipfel, der zweite rührte von Fabian her, welcher, der erhaltenen Weisung gemäß, auf das drüben aufblitzende Licht gefeuert hatte. Diese Doppelschüsse wiederholten sich mehrere Male, ohne indessen eine andere Wirkung zu haben, als einen Hagel von Rindenstücken und Tannennadeln auf die Köpfe der drei Freunde herabzuschleudern. Aber auch Fabians Kugeln mochten dem Feinde ebenso wenig Schaden zugefügt haben.

»Laß mich Deinen Platz einnehmen, Fabian,« sagte Rosenholz, »und krieche jetzt zum Josef hinüber, der wird Dir zeigen, wie Du den Lauf der Flinte halten mußt, um feuern zu können, ohne das Rohr dem Feinde sehen zu lassen.«

Sobald Rosenholz seinen neuen Posten eingenommen hatte, schweifte sein scharfes Auge von den gegenüberliegenden Bergabhängen in die Ebene hinab. Er bemerkte, daß auf dem flachen Sandboden einige große Steine aufgerichtet waren, ähnlich jenen, hinter welchen die drei Jäger selbst sich bargen. »Aha,« murmelte er, »hinter diesen vier Platten liegen vier Indianer, um über uns herzufallen, wenn wir an eine Flucht in die Ebene denken sollten.« Auch Josef hatte von seinem Posten aus etwas bemerkt, und zwar ein buntbemaltes Indianergesicht, das durch die Blätter eines der Sträucher lugte, mit denen der gegenüberliegende Fels besetzt war.

Sofort krachte aus Josefs Büchse ein Schuß und ein wilder Schrei zeigte, daß die Kugel ihr Ziel nicht verfehlt hatte. »So,« sagte Josef mit großer Gemüthsruhe, »jetzt hätten wir einen Feind weniger.«

»Hättest du nur einen der zwei Wüstenräuber getroffen,« seufzte der Canadier, »es wäre dann ein Scheusal weniger auf der Welt, denn so muß man dieses Paar bezeichnen. Habe ich ja doch mit meinen eigenen Augen gesehen, wie beide sich gegenseitig das Leben zu nehmen suchten, wie der Sohn auf der Brust seines Vaters knieete, der ihn um Gnade bat, als er sein Scalpirmesser aus der Scheide zog, um seinem eigenen Vater die Kopfhaut abzulösen, bis endlich noch rechtzeitig ein Indianer herbeieilte und dieses abscheuliche Verbrechen verhinderte.«

»Pfui, pfui,« rief Fabian mit einem Schauder, »welche Ungeheuer bringt doch die Wüste hervor!«

»Kannst solche Exemplare in den Städten auch finden,« gab der alte Jäger zurück, »berichten ja doch die Zeitungen fast alltäglich schauerliche Thaten, wo ein Sohn den Vater, der Bruder den Bruder oder die Mutter ihr eigenes Kind gemordet hat.«

Dem Gespräche folgte eine abermalige Stille und die drei Freunde verharrten unbeweglich auf ihren Posten.

Zwei lange Stunden verstrichen, ohne daß sich etwas Bemerkenswerthes ereignete. Die Sonne näherte sich bereits dem Zenith und warf ihre Feuerstrahlen auf die Spitze der Pyramide, während aus der Ebene herauf ein heißer, trockener Wind wehte. Hunger und Durst stellte sich jetzt bei den drei Freunden ein und Josef bemerkte:

»Du, Rosenholz, mir wär's recht, wenn wir jetzt nur einen einzigen von den duftenden Braten hätten, die uns nie fehlten, so lange wir oben an den Seeen jagten.«

»Ei was,« brummte der Canadier, »in der Savane muß man nun schon einmal vierundzwanzig Stunden lang ohne Speise und Trank aushalten können. Vermagst Du den Hunger nicht zu überwinden, so kaue die Tannennadeln, welche die Kugeln der Indianer heruntergeschlagen haben, und ich gebe Dir mein Wort, daß der bittere Harzgeschmack Dir auf mindestens vierzehn Tage den Appetit verdirbt.«

»Schönsten Dank für Deinen guten Rath,« antwortete Josef, »allein ich ziehe ein Stück Rehbraten oder Büffelfleisch vor.«

Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: »Wenn nur die verwünschte Langeweile nicht wäre, und sich wenigstens einmal ein indianischer Braten zeigen wollte. Siehst Du denn gar nichts, Rosenholz?«

»Doch,« antwortete der alte Canadier, »ich sehe nicht weniger als vier rothe Schlingel, allein sie ducken sich hinter ihre Steine. Ah,« unterbrach er sich in seiner Rede, »jetzt sehe Einer diese Hunde an!«

»Was ist denn?« fragte Josef.

»Sie haben Löcher in die Erde gegraben und die Steine auf ihre Schlupfwinkel fallen lassen. Wir wollen uns das merken, und wenn nach Einbruch der Nacht die Füchse ihre Löcher noch nicht verlassen haben, so können wir Beide hinabgehen und das Ungeziefer vertilgen.«

»Ich möchte nur wissen,« hub Josef nach einer Pause abermals an, »warum diese rothen Teufel sich gar nicht rühren.«

»Vielleicht haben sie vor, unsere Stellung mit Sturm zu nehmen,« meinte Fabian, »und warten, bis die Nacht hereinbricht.«

»Halloho!« rief Rosenholz, und in demselben Augenblicke krachten drei Schüsse, zwei rührten vom Feinde her, den dritten dagegen hatte der Canadier abgefeuert.

»Glückliche Reise!« rief Josef lachend, als ein von Rosenholz' Kugel getroffener Indianer den steilen Abhang heruntertaumelte und vergebliche Anstrengungen machte, sich an den scharfen Zacken der Felsen festzuhalten, an welche er in seinem Sturze anprallte. Ein deutlich vernehmbares Klatschen, welches von unten herauf tönte, zeigte an, daß der getroffene Indianer in den Fluß gestürzt war. Allein die beiden feindlichen Kugeln hatten gleichfalls Schaden angerichtet, indem sie die wollene Verschanzung herabrissen und in den Abgrund entführten.

»Der Teufel hole die Hallunken!« rief Josef ingrimmig. »Jetzt sind wir ihren Kugeln von dieser Seite geradezu preisgegeben, denn die Stämme der Tannen gewähren keinen gar sichern Schutz.«

»Halt's Maul, lieber Junge,« flüsterte Rosenholz, der unverwandt den Punkt im Auge behielt, von wo das Feuer noch immer herüberleuchtete. »Ich habe ein neues Wild zu erlegen.« Und in der That glitt einer der Apachen fast unsichtbar durch das Gebüsch, wahrscheinlich um zu sehen, was aus seinem von der Kugel des Canadiers getroffenen Gefährten geworden sei. Eben machte Rosenholz seine Büchse schußfertig, als der Indianer unbeweglich stehen blieb. Der alte Jäger wußte jetzt, daß der Feind ihn beobachte und drehte daher den Kopf abseits, als ob er nach einer andern Richtung des Thales spähe. Dadurch sicher gemacht, schlich der Apache nach einigen Minuten wieder weiter, wobei er es nicht vermeiden konnte, daß sein Körper mehr sichtbar wurde. Rosenholz feuerte sein Gewehr ab, der Apache schrie wild auf, machte zwei gewaltige Sätze vorwärts und rollte hinab, um sich nicht mehr zu rühren.

»Das geht ja vortrefflich,« nickte Josef vergnügt. »Potztausend! wenn der Bursche da unten wüßte, daß er auf Goldhaufen liegt! Wie wunderbar führt doch oft der Zufall zwei Teufel zusammen! liegt jetzt nicht der Nothteufel auf dem Teufel des Mammons?«

»Laß jetzt Deine Späße,« erwiderte Rosenholz ernst. »Denken wir lieber darüber nach, wie mir uns aus unserer gefährlichen Lage retten können. Ich bin überzeugt, daß die beiden Wüstenräuber jetzt ihren Kriegsplan ändern und das Leben der sie begleitenden Apachen ferner nicht mehr auf's Spiel setzen werden. Ich fürchte, daß sie uns aushungern wollen.«

»Das wäre verwünscht,« meinte Josef, »zumal uns hier schwerlich eine so glückliche Entdeckung, wie im Rio Gila, aus der Patsche helfen wird, denn der Felsen, auf dem wir stehen, ist unerschütterlich in seinen Grundfesten und Flügel haben mir auch nicht, um davon zu fliegen.«

Rosenholz hatte sich nicht getäuscht; Mischblut brütete über einem Plane, der ihm nicht nur die drei Jäger in die Hände liefern, sondern ihre Niederlage auch zu einem Schimpfe für sie machen sollte.

»Es wird Zeit, der langweiligen Belagerung ein Ende zu machen,« redete er Rothhand an, der mit Cuchillo ihm gegenüber saß und aus einer indianischen, aus rother Erde verfertigten Pfeife rauchte.

»Hab' nichts dagegen,« gab der Alte zurück, »möchte nur wissen, wie Du es anzufangen gedenkst. Das Beste wäre jedenfalls, wir schößen einem jeden der drei Jäger eine Kugel durch den Kopf, dann wäre die Sache gleich abgemacht.«

»Mein Plan läuft anderswo hinaus,« entgegnete der Mestize mit einem überlegenen Lächeln. »Beharren die Apachen noch immer auf ihrem Vorsatze, dem Schwarzvogel die drei Weißgesichter lebendig auszuliefern, so sollen sie die gleiche Anzahl der ihrigen zum Opfer bringen. Das ist unumgänglich nöthig, wenn wir unser Ziel rasch erreichen wollen.« Nach diesen Worten berührte Mischblut einen der über ihnen liegenden wilden Krieger und sofort wandte der Apache sich um. Es zeigte sich jetzt, daß es die Gemse war, welche von ihrem höher gelegenen Posten zu den beiden Wüstenräubern herabkam und ihre in düsterer Gluth funkelnden Augen auf Mischblut heftete.

»Was will El Mestizo von dem Indianer, der drei seiner Brüder betrauert?« fragte er in unzufriedenem Tone.

»El Mestizo trauert gleich Dir,« antwortete Mischblut mit scheinbarer Theilnahme, »und weiß sich keines Raths, wie es gelingen soll, die Bleichgesichter lebendig zu fangen. Wir werden sie wohl tödten müssen.«

»Nein,« grollte die Gemse, »es giebt ein Mittel. Die rothen Brüder werden in der Ebene jagen und wenn sie mit ihrer Beute zurückkehren und die Feuer anzünden, wird der Fleischduft des bratenden Hirsches und Büffels bis zur Pyramide emporsteigen und der nagende Hunger die Arme und Augen der drei weißen Männer schwach und trübe machen.«

»Das dürfte etwas lange dauern,« versetzte Mischblut naserümpfend. »Ja, es könnten Tage und Nachte vergehen, ehe die Kriegslist meiner rothen Brüder gelänge.«

»Die Apachen können warten,« erwiderte die Gemse trocken.

»Rothhand und El Mestizo können es aber nicht,« versetzte Mischblut ebenso trocken. »Ihre Zeit ist kostbar und Geschäfte rufen sie beim nächsten Sonnenaufgang jenseit der Berge. Findet die Gemse kein besseres Mittel, als den Hunger?«

»El Mestizo wird eines finden,« gab der Apache mit einer verbindlichen Handbewegung zurück. »El Mestizo's Verstand ist groß; er hat versprochen, das Blut der rothen Brüder an den Weißgesichtern zu rächen und er wird Wort halten.«

»Sicherlich,« nickte der listige Mischblut, »die Gemse wird aber gleichfalls Wort halten; sie hat gesagt: die Gemse willigt ein, ihr Leben und das ihrer rothen Brüder zu opfern, um die drei Weißgesichter lebendig zu fangen.«

»Der Indianer hat nur ein Wort,« erwiderte der Apache in einfach edler Weise.

Nachdem Mischblut so gethan, als ob er über den fraglichen Gegenstand nachsinne, rief er plötzlich aus: »Ich hab's, ich hab's! Meine Augen sehen schon die drei Krieger da drüben in den Händen meiner rothen Brüder, aber drei von diesen letztem werden um das herrliche Schauspiel kommen, denn der Tod wird ihren Blick umschleiern.«

»Was liegt daran?« entgegnete heldenmüthig der Apache. »Der Mensch ist geboren, um zu sterben. El Mestizo nenne die Namen der rothen Brüder, welche ihr Dorf nicht wiedersehen sollen.«

»Lassen wir das Loos darüber entscheiden,« antwortete der Mestize, und augenblicklich begab sich die Gemse zu ihren Gefährten, ihnen den .schauerlichen Plan des Mestizen mitzutheilen.

Wer da weiß, wie groß die Sucht nach Ruhm bei dem Indianervolk ist, das sein Leben ruhig in die Schanze schlägt, um nur mit zu den Tapfern zu gehören, deren Heldenthaten in Liedern besungen werden, und wer die eigenthümliche religiöse Anschauung dieses wilden Völkerstammes kennt, der zufolge jene Krieger, welche den Heldentod gestorben, im Himmel zu der größten Auszeichnung gelangen, – den wird es nicht Wunder nehmen, daß alle Apachen dem Vorschlage Mischbluts entgegenjubelten, und als er ihnen in wenigen Worten seinen Plan entwickelt hatte, stießen die Rothhäute ein Geheul der Freude aus, das die drei Jäger auf der Pyramide mit ihrem Schlachtenrufe beantworteten.

Hierauf schritt man zur Wahl der drei Todesopfer, und indem Mischblut bestimmte, daß das Würfelspiel den Ausschlag geben solle, kam er einer Lieblingsneigung der Indianer zuvor, denn die Leidenschaft des Spiels ist unter den wilden Stämmen Amerikas weit mehr verbreitet, als man glauben sollte. Sofort zog einer der Apachen mit leuchtenden Augen ein Spiel aus seiner Jagdtasche hervor und es wurde nunmehr beschlossen, daß die drei Männer, welche am wenigsten werfen würden, ihr Leben opfern sollten.

Lautlose Stille herrschte im Kreise, als die Gemse zuerst ihr Glück versuchte. Mit kräftiger Hand schüttelte der Apache die Würfel und ließ sie auf den Sand rollen; mit lebhaftem Blick sah er ihnen nach, dennoch verzog sich keine Muskel in seinem düstern Antlitz, als Mischblut »Vierundzwanzig!« rief und der im Schreiben etwas geübtere Rothhand die Zahl in den Sand kritzelte.

Die Reihe kam jetzt an den fleißigen Biber. Er achtete es kaum der Mühe werth, die Würfel in seiner Hand zu schütteln, und leicht rollten sie auf dem Sande hin.

»Sieben!« rief Mischblut.

Da der arme Teufel mit jedem Würfel nur ein Auge geworfen hatte, so war sein Loos unbedingt entschieden und er sagte daher:

»Die rothen Brüder werden den Tod des Bibers beweinen, aber auch am Lagerfeuer und daheim im Dorfe von ihm erzählen, daß er nicht nur ein fleißiger Biber, sondern auch ein Held gewesen ist.«

An der Art und Weise jedoch, wie er nach diesen Worten die Hand auf's Herz drückte, konnte man erkennen, daß es ihm nicht so gleichgültig zu Muthe war, als er sich den Anschein gab.

Unterdessen nahm das entscheidungsschwere Spiel seinen Fortgang und sieben und zwölf waren die kleinsten Zahlen, welche Mischblut gezählt hatte, als der letzte der Apachen herzutrat, um in gleicher Weise sein Schicksal durch die Würfel bestimmen zu lassen. Gleichgültigkeit zeigten auch seine Züge, dennoch zitterte seine Hand, als er die verhängnißvollen Würfel faßte. Die höchste Zahl nach zwölf war siebzehn; warf er nicht höher, so gehörte er zu den drei Opfern. Beim Anblick seiner zitternden Hand zeigte Mischblut ein verächtliches Lächeln und der alte Wüstenräuber runzelte die Stirne; die Apachen aber ließen ein dumpfes Gemurmel des Unwillens vernehmen.

Der Krieger dagegen warf einen traurigen Blick umher und sagte, gleichsam um seine augenblickliche Schwäche zu entschuldigen: »In der Hütte des Windseufzers befindet sich ein junges Weib und ein kleiner Sohn, der heute erst zum drittenmal die Sonne sieht!« Nach diesen Worten ließ der Indianer langsam die Würfel fallen und gleich darauf schrie der alte Rothhand in triumphirendem Tone, da er es unbegreiflich fand, daß ein Krieger Weib und Kind lieben könne:

»Elf. Es ist entschieden!«

»Hunger und Kummer werden fortan die Gäste sein in der Hütte des Windseufzers,« flüsterte der Indianer mit seiner sanften, musikalischen Stimme, welcher er den Beinamen verdankte. Dann schlich er still zur Seite und wandte seine letzten Gedanken den beiden schwachen Wesen zu, an denen sein Herz mit inniger Liebe hing und die er nunmehr nicht wiedersehen sollte, weil es galt, den Rachedurst eines starrköpfigen Häuptlings zu befriedigen.

Auf den Vorschlag des grausamen alten Rothhand, dem das Würfelspiel eine Freude gewesen, wurde nun noch die Reihenfolge der Opfer durch den Würfel bestimmt und Windseufzer hatte den zweifelhaften Vortheil, der letzte der Drei sein zu dürfen.

In Cuchillo, welcher ein stummer Zuschauer dieser Scene gewesen, blitzte mit einem Mal der Gedanke auf, den Augenblick, wo die beiden Wüstenräuber mit den Apachen die Pyramide erstürmen würden, dazu zu benutzen, in das Goldthal einzudringen und dort soviel Gold für sich auf die Seite zu bringen, daß er dadurch für seine ausgestandenen Schrecken entschädigt würde. Freilich mußte er sich zu allererst versichern, ob die auf der Oberfläche des Thales ausgestreuten Zweige noch immer sein Geheimniß bargen, und obgleich das ein gefährliches Unternehmen war, so entschloß er sich dennoch, es auszuführen ...

Die Sonne begann sich nach Westen zu neigen, aber nicht in jener Majestät, die einen friedlich schönen Abend hoffen läßt, vielmehr ließen der glühende, drückende Wind, welcher über die Ebene herangeheult kam, sowie große, weiße Dampfwolken, die sich am Horizont zusammenballten, auf ein herannahendes Gewitter schließen. Es währte nicht lange, so begann es in der dunstigen Hülle zu wetterleuchten und schwarze Geier zogen ihre unheimlichen Kreise, um in den Klüften der Nebelberge Schutz zu suchen.

Das Drohen der Elemente flößte unsern drei Freunden auf der Felspyramide indessen kein Bangen ein, verkündete sich ja doch in diesem Kampfe die Größe des allgewaltigen Gottes; die Gedanken der drei Jäger weilten vielmehr bei der Gefahr, die ihnen von Seiten ihrer irdischen Feinde drohte; davon zeugte die Frage, welche der Canadier an Josef richtete:

»Was mag das zweimalige Geheul der Indianer zu bedeuten haben?«

»Sicherlich nichts Gutes,« lautete die Antwort des Gefährten. »Wahrscheinlich war es ein Beifallsgeschrei, das sie einem der beiden Wüstenräuber ausbrachten.«

»Je nun, warten wir in Ruhe die Dinge ab, die da kommen sollen,« meinte Rosenholz lakonisch.

»So würde auch ich sagen,« erwiderte Josef, »wenn nur der brennende Durst nicht wäre.«

»Er macht mir gleichfalls zu schaffen,« fügte Fabian hinzu.

»Sie sind dem Wasserfall am nächsten, Don Fabian,« begann Josef von Neuem. »Wir wollen eine Kürbisflasche an den Ladstock binden, und dann versuchen Sie, ob es Ihnen gelingt, einige Tropfen Wasser hineinfallen zu lassen.«

Fabian nickte und näherte sich kriechend dem Wasserfall. Nach ein paar Minuten war die Kürbisflasche gefüllt und die drei Jäger erquickten sich an dem köstlichen Naß.

»Der Durst wäre vorderhand gestillt, jetzt haben wir es noch mit dem Hunger zu thun,« meinte Josef. »Der Stand der Sonne deutet auf vier Uhr, folglich sind seit unserer letzten frugalen Mahlzeit volle zwölf Stunden verflossen.«

»Du bist ein schrecklicher Bursche,« sagte Rosenholz mißbilligend, »siehst Du Nimmersatt denn nicht ein, daß wir mit dem Rest unserer Nahrungsmittel auf das Sparsamste umgehen und außerdem die Nacht für Zubereitung unsers Abendimbisses abwarten müssen?«

Der hungrige Josef sah ein, daß der Canadier recht habe, und antwortete mit einem Seufzer.

An dem von Sträuchern eingefaßten Abhange des gegenüberliegenden Felsens begann es jetzt lebendig zu werden; die Gebüsche bewegten sich und oberhalb der Zweige tauchte ein Mantel von Büffelhaut auf.

»Aha, jetzt geht's los,« äußerte Josef. »Dieser Büffelhaut werden wahrscheinlich noch fünf bis sechs nachfolgen und dann ist eine Verschanzung fertig, die für unsere Kugeln undurchdringlich sein wird.«

Unser humoristischer Freund hatte richtig vermuthet: ein Mantel nach dem andern kam zum Vorschein und die dicken Pelze bildeten einen Wall, der ebenso undurchdringlich war, wie eine sechs Fuß dicke Mauer.

»Ich lasse mich hängen, wenn der Spitzbube von Mischblut dies nicht ausgeheckt hat,« brummte Josef, »jetzt können wir nur –«

»St!« ertönte es von den Lippen des Canadiers; »mache lieber mit Deinen Augen eine Schwenkung nach links, – dort bewegen sich die Gebüsche, wenn schon so unmerklich, daß man meinen sollte, es rühre vom Winde her. Allein der rothhäutige Spitzbube, der sie bewegt, täuscht das Auge des Adlers der Schneeberge nicht.«

Der Ort, welchen Rosenholz bezeichnete, lag dem aus Büffelhäuten gebildeten Walle gerade gegenüber und unmittelbar daneben befand sich eine Oeffnung, die durch einen Felsvorsprung gedeckt war. Durch diese Oeffnung trat jetzt eine dunkle Gestalt; sie blieb unbeweglich stehen und wagte es offenbar nicht, den Laubvorhang ganz auf die Seite zu schieben.

»Bah,« erwiderte Josef auf die Bemerkung des Canadiers, »bekümmere Dich nicht um diesen Schlingel, richte lieber Dein Auge auf die Büffelhäute, hinter denen sicherlich Rothhand und Mischblut stecken.«

»Nein ... nein . .. nein!« rief Rosenholz im hohen Grade aufgeregt, »ich weiß jetzt, wer der Schurke ist. Der Himmel giebt uns den Menschen in die Hände, der an diesem höllischen Hinterhalt die Schuld trägt. Siehst Du ihn nicht?«

Josef lugte scharf aus, dann erwiderte er im Tone unterdrückter Wuth: »Gott's Blitz, Du Haft Recht!... Himmel und Hölle, die Canaille darf uns nicht entwischen!«

»Nicht zu hitzig,« flüsterte der Canadier, »gieb dem Laufe Deiner Büchse eine schiefe Richtung! ... So ist's recht... und jetzt...« Der Knall von Josefs Gewehr unterbrach den alten Jäger in seiner Rede und Cuchillo, der eben auf seiner Excursion in's Goldthal begriffen war, streckte sich aus, gleich einer verwundeten Schlange, und glitt, ein Stück des den Felsen umwuchernden Laubvorhangs mit sich fortreißend, widerstandslos an dem Felsen hinab, mit seinem Körper schwer auf die Schätze des Goldthals fallend, deren Besitz der sehnlichste Wunsch seiner Habsucht gewesen war.

»Der Spitzbube steckt nunmehr bis an den Hals im Gold«, philosophirte Josef.

»Gott ist gerecht!« fügte der Canadier hinzu. »Das Ende des Schurken ist noch viel zu glimpflich gewesen,« begann Josef abermals, »mich freut nur, daß der liebliche Mischblut und Rothhand an der Nase herumgeführt sind und ich die goldenen Schätze des Thals ihren habgierigen Blicken entzogen habe.«

»Die Gier nach dem Golde bringt keinen Segen,« entgegnete Rosenholz. »Das bekundet uns das Schicksal, welches Don Antonio und diesen schurkischen Cuchillo erreicht hat.«

Mittlerweile hatte sich der Himmel vollständig mit den drohenden Wetterwolken bedeckt und das Echo wiederholte das erste dumpfe Rollen des fernen Donners.

»So ist's recht,« murmelte der unverbesserliche Josef, »jetzt fängt auch noch der heilige Petrus an, Kegel zu schieben.«

»Ja, ja,« seufzte Rosenholz, »wir gehen einer furchtbaren Nacht entgegen. Und ach! wie gern wollt' ich gegen die entfesselten Elemente ankämpfen, hätten mir es mit diesen allein zu thun. Fabian, sieh' einmal nach, ob unser Pulver gehörig geschützt ist, falls das Gewitter noch vor der Nacht losbrechen sollte; und dann wirf einen Blick auf die Ebene hinunter, damit wir wissen, ob die vier Spitzbuben ihre Schlupflöcher verlassen haben oder nicht.«

Während der Jüngling sich entfernte, stieß Rosenholz einen tiefen Seufzer aus und sagte: »Ach, Josef, meine Seele ist düster, wie diese Wolken, die Donner und Blitz in ihrem Schooße bergen. Unheimliche Ahnungen dämmern in meinem Herzen auf und beugen von Neuem den Muth, auf den ich bis heute so stolz war.«

»Ich weiß, was Dein Gemüth so ernstlich bewegt,« entgegnete der Freund leise, »es ist die Furcht, auf's Neue wieder von Don Fabian getrennt zu werden.«

»Ja, ja, das ist es, – Du hast die schmerzliche Saite berührt, welche in meiner Brust tönt, und so richte ich denn folgende innige Bitte an Dich: Sollte es Gottes Wille sein, daß ich von den Indianern gefangen werde, so verfolge nicht meine Spur, sondern überlasse einen unnützen Greis seinem Schicksal. Dagegen geleite Fabian nach Spanien zurück, hilf ihm zu seinem rechtmäßigen Erbe und laß ihn nicht vergessen, daß es auf der Welt einen Mann gegeben, für den sein Anblick war, wie der Schatten eines Baumes auf dem Sande der Savane, oder wie der Nordstern, der aus dem Nebel leuchtet und dem einsam Wandernden den Weg zeigt.«

Josef vermochte nicht zu antworten, denn er fühlte bei dem Schmerz des treuen Freundes zum erstenmale in seinem Leben jene sonderbare Empfindung, welche vom Herzen bis zur Kehle heraufsteigt und jedes Wort zu ersticken droht; allein der herzliche, innige Händedruck, den die beiden Freunde austauschten, sagte dem Canadier deutlich, daß Josef ihn verstanden habe und nach seinem Wunsche handeln werde.

Fabian kehrte auf seinen Platz zurück und berichtete, daß das Pulver geschützt sei, daß er aber in der Ebene nichts gesehen habe.

»So hocken die Rothhäute noch in ihren Schlupfwinkeln, um, wie die Eulen, erst bei Nacht hervorzukommen,« versetzte Josef. »Dann aber werden sie sich, gleich Schlangen, auf diesen Felsen heraufwinden, um uns ganz unvermuthet zu überfallen.«

»Laß nur ruhig die Nacht heraufkommen,« sagte der Canadier, in dessen Brust es wieder ruhig geworden war, »dann kenne ich Einen, der mit Hilfe des Gewittersturmes ihnen die Hälfte des Weges ersparen wird. Kurz und gut, Josef, wir zwei wollen einen Ausfall machen, wie in jener Nacht, wo wir an den Ufern des Arkansas die herumlungernden Indianer in den Biberzellen überraschten, die ihnen zum Versteck dienten.«

»Einverstanden!« nickte Josef, begann aber gleichzeitig mit der Nase zu schnobern, denn der Wind führte ihm einen Wohlgeruch zu, dessen Ursache nicht lange verborgen blieb. Bereits hatte Rosenholz beobachtet, daß hinter den Büffelhäuten kleine Dampfwölkchen emporstiegen, die sich jetzt zu einer Rauchsäule vereinigten, wie sie von einem Lagerfeuer aufzusteigen pflegt. »Jetzt sehe Einer diese Hallunken,« rief Josef ärgerlich und fortwährend herumschnobernd, »da haben sie in der Ebene ein gutes Stück Wild erlegt, braten es und lassen uns daran riechen, weil sie wissen, daß wir Hunger haben. Diese niederträchtigen Heiden – der Teufel möge ihnen die Mahlzeit segnen!«

»Ihre Absicht liegt jetzt klar zu Tage,« erwiderte Rosenholz, »sie wollen uns durch Hunger zur Uebergabe zwingen.«

»Oh, die Feiglinge!« schimpfte Josef, »wahrhaftig, ich hatte eine bessere Meinung von dem Mestizen und dem alten Spitzbuben, der sich seinen Vater nennt.«

Alsbald verschwand die Rauchsäule, dagegen erbebte die Luft von einem so entsetzlichen Geheul, daß wirklich starke Nerven dazu gehörten, um nicht zu schaudern.

»Was hat das zu bedeuten?« fragte Fabian erschrocken.

»Es sind die Dankgebete eines Chors von Teufeln nach einem Festmahl. Sollen wir ihnen nicht mit einem Prostmahlzeit antworten?«

»Nein,« entgegnete der Canadier, »wenn wir antworten, so soll es mit unsern Büchsen geschehen. Ich bin jetzt überzeugt, daß dieses Otterngezücht, noch ehe die Nacht kommt und das Gewitter losbricht, mit uns fertig werden will.«

»Gebe Gott, daß Du Dich nicht täuschest,« versetzte Josef, »ist mir doch ein offener Angriff zehnmal lieber, als eine so niederträchtige Blockade.«

»Der Wall von Büffelfellen hat sich bewegt,« flüsterte Fabian, »auch habe ich dahinter die rothen Bänder gesehen, welche den Kopfputz Mischbluts bilden.«

»So,« gab Josef trocken zurück, »dann scheint er nach der Mahlzeit einen kleinen Spaziergang zu machen, wahrscheinlich um besser zu verdauen, der Millionsspitzbube der! ... Potz Blitz, Rosenholz,« unterbrach sich Josef in seinen Betrachtungen, »sieh' dort nach links – genau an derselben Stelle, von der ich Cuchillo vorhin weggeputzt, taucht jetzt eine Rothhaut auf! Entweder leidet sie an Lebensüberdruß, oder sie ist den Schätzen des Goldthals auf der Spur.«

In der That bog an der von Josef bezeichneten Stelle ein Indianer die Büsche vorsichtig auf die Seite und trat dann mit ziemlicher Keckheit an den Rand des Felsenabhangs.

»Weich' ein wenig nach rechts zurück,« sagte der Canadier hastig zu Fabian. »Josef befindet sich zu sehr ihm gegenüber, um ihn, ohne sich selbst auszusetzen, leicht zu erreichen.«

Die Lage der drei Männer war in Wahrheit eine überaus schwierige, denn sie mußten, um in diesem Theile der Felsen einen Feind erreichen zu können, ihre Büchsen nicht nur schief richten, sondern den Lauf derselben auch noch über die äußere Oberfläche der Schießscharten erheben.

»Der Bursche muß verrückt sein,« sagte Rosenholz kopfschüttelnd, »es kommt mir gerade so vor, als fordere er uns heraus, auf ihn zu schießen. Nun er soll seinen Willen haben.«

»Vielleicht ist es nur eine Kriegslist, um unsere Aufmerksamkeit von einer andern Seite abzulenken,« meinte Josef, »allein ich habe meine Augen überall.«

»Kriegslist oder nicht,« erwiderte Rosenholz, »eine so gute Gelegenheit zum Schusse dürfte sich nicht so leicht wiederfinden.«

Der schrille Schrei eines Raubvogels durchdrang plötzlich die Luft und machte die Jäger stutzen. Auch der Indianer verschwand, wie auf ein verabredetes Zeichen. Hoch oben zogen einzelne Geier ihre magischen Kreise, bis ein markerschütternder Donnerschlag, dessen Knall die Nebelberge zurückwarfen, die Vögel in die Luft trieb. Alle Thiere der Einöde waren bedacht, vor dem furchtbaren Gewitter, das sich jetzt zu entladen drohte, Schutz zu suchen, ja, die Erde selbst schien vor der mächtigen, aus den Wolken dringenden Stimme ihr Gesicht zu verhüllen, – nur die Menschen allein ließen sich in ihrem Geschäft nicht stören, welches darin bestand, nach einer Gelegenheit zu spähen, um sich tödten zu können.

»Ah, seht,« flüsterte Rosenholz, »da kommt die Rothhaut wieder! Meiner Seel, der Bursche ist schrecklich frech, und es kommt Einem vor, als ob er ein Gelübde abgelegt habe, sich bei der ersten besten Gelegenheit den Schädel zerschmettern zu lassen.« Rosenholz hatte mit diesen Worten den Nagel auf den Kopf getroffen, denn der Indianer, welcher so leichtsinnig sein Leben preis gab, war Niemand anders, als der fleißige Biber, das erste der drei ausgewürfelten Opfer. Ein paar gewaltige Sätze hatten ihn auf einen höher gelegenen Punkt gebracht, und seine Augen hefteten sich mit einem freudigen Glanze auf die Büchse des Canadiers, die sich langsam über die Steinplatte schob, denn Rosenholz war durch die veränderte Stellung des Apachen gezwungen, von unten nach oben zu schießen, infolge dessen sein Gewehr einen halben Fuß über die Brustwehr herausragte. In demselben Augenblick, wo der fleißige Biber im kühnen Trotze gegen seine Feinde sein Todesgeheul ausstieß, krachte der Schuß der Waldläufers und ziemlich gleichzeitig nach ein zweiter und dritter. Dem wilden Schrei des tödtlich getroffenen Indianers folgte ein womöglich noch wilderer; diesen letztern aber hatte der Canadier ausgestoßen. Er selbst war unverletzt, allein zwei feindliche Kugeln hatten den Lauf seiner Büchse getroffen und diese seinen Händen entrissen, so daß sie jetzt zu dem sterbenden Indianer hinabrollte. Mit der letzten Kraft, die ihm geblieben, ergriff der fleißige Biber die Waffe und schleuderte sie bis an den Fuß des Felsens. Dann rührte er sich nicht mehr. Ein wildes Siegesgeheul der versteckten Indianer machte die Luft erzittern, während der arme entwaffnete Rosenholz auf seine Gefährten einen Blick tödtlicher Angst warf. Er hatte die Waffe, die treue Gefährtin in Noth und Gefahr, verloren, und dem alten Waldläufer ward es weich um's Herz. Ein bitterer Schmerz zuckte um seine Lippen und er fühlte, wie seine Augen feucht wurden und eine heiße Thräne über seine Wange rann.

Er glich dem Araber, der den Tod seines Pferdes beweint.


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