Hans Fallada
Der Alpdruck
Hans Fallada

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Sechstes Kapitel.
Die neue Last

Und dann waren sie wirklich fast wie zu Hause. Alma Doll lag auf einer Couch der Portierfrau, mit einem Federbett zugedeckt, denn plötzlich fror sie. Ihre Zähne klapperten. Er saß auf dem Rande der Couch, hielt ihre Hände und sah besorgt in das so mager gewordene Gesicht.

Dann ließ der Frostanfall nach, sie lag lange still, wie zu Tode erschöpft. Nun öffnete sie die Augen: »Liebster«, sagte sie, »wirst du sehr böse sein, wenn ich dich noch einmal loshetze? Ich glaube, ich brauche einen Arzt . . .«

»Aber gerne gehe ich«, antwortete er. »Gar nicht bin ich böse. Sofort suche ich einen Arzt.«

Sie zog sein Gesicht zu sich herunter, sie küßte ihn. Er fühlte, wie diese trockenen, rissigen Lippen unter seinem Kuß Leben bekamen, sich wieder mit Blut füllten und geschmeidig wurden.

»Ich mache dir schrecklich viel Mühe«, flüsterte sie. »Ich weiß, ich weiß alles. Aber ich mache es wieder gut, du kennst mich. Laß deine Alma nur erst wieder auf dem Damm sein, so verwöhne ich dich wieder, du weißt!«

»Meine große Verwöhnerin!« sagte er zärtlich. »Ja, ich weiß, ich weiß alles.« Er küßte sie noch einmal. »Und nun gehe ich.«

»Du brauchst nicht weit zu laufen«, rief sie ihm nach. »Gleich hier in der Straße wohnen sechs, acht Ärzte.«

Ja, sie hatten da gewohnt oder wohnten da noch, aber es stellte sich heraus, daß keiner jetzt zu einem Hausbesuch Zeit hatte. Der eine konnte erst am späten Abend kommen, der andere gar erst am nächsten Tage. Er konnte seine Frau unmöglich so lange in ihren Schmerzen liegen lassen. Er lief weiter, treppauf, treppab, halb dumm vor Müdigkeit, Hunger und Abspannung, seine heißen Füße brannten . . .

Schließlich fand er doch einen Arzt, der bereit war, sofort mitzukommen. Nicht gerade die richtige Sorte Arzt, sondern einen für Haut- und Geschlechtsleiden, aber das war ihm im Augenblick ganz egal. Hauptsache, daß ein Arzt zu ihr kam! ›Ich kann doch nicht mit einem neuen Mißerfolg zu ihr zurückkehren! Heute hat es wahrhaftig schon Mißerfolge genug gegeben. Unser ganzes Leben besteht überhaupt nur noch aus Mißerfolgen.‹

Der Arzt hatte ein Gesicht, das aussah, als sei es statt mit Haut mit einem dünnen Pergamentpapier bezogen, das bis zum Zerreißen gespannt war. Ein Mann wie ein Gespenst, mit langsamen, vorsichtigen Bewegungen, als könne er jeden Augenblick zerbrechen, mit einer leisen, eigentlich fast lautlosen Art zu sprechen, als spräche er in Nebel hinein . . .

Sie gingen nebeneinanderher auf der Straße. Der Arzt trug einiges Instrumentenzeug in seiner Tasche. Plötzlich fragte er: »Sie sind Schriftsteller, Herr Dr. Doll –?« Doll bejahte das. »Ich bin auch Schriftsteller«, sagte der Arzt, immer in der gleichen, unpersönlichen, leisen Art. »Wußten Sie das –?«

Doll überlegte, was für ein Name auf dem Arztschild gestanden hatte. Aber er erinnerte sich nur an das ›Haut- und Geschlechtskrankheiten‹. »Nein«, antwortete er darum. »Ich wußte das nicht.«

»Doch!« wiederholte der Arzt. »Ich war sogar einmal ein sehr bekannter Schriftsteller. Es ist noch gar nicht so lange her.« Er machte eine Pause und setzte dann unvermittelt dazu: »Übrigens hat sich meine Frau auf der Landstraße umgebracht.«

›Welch Gespenst!‹ dachte Doll erschüttert. ›Daß ich grade solch Gespenst an Almas Krankenbett bringen muß! Hoffentlich erschrickt sie nicht zu sehr!‹

Am Krankenbett benahm sich dann aber der Arzt ganz normal. Es war sogar, als liefe ein Lächeln über sein Papiergesicht, als er das schöne Kinderantlitz der jungen Frau sah. »Nun, wo fehlt es uns denn, mein schönes Kind?« fragte er sanft. Er untersuchte nicht lange, dann sagte er, mehr zu Doll als zur jungen Frau sprechend: »Eine Blutvergiftung im ersten Beginn. Am besten geht die junge Frau sofort in ein Krankenhaus. Ich werde Ihnen eine Einweisung schreiben.«

»Und was wird unterdes mit meinem Mann?!« rief Frau Alma. »Ich gehe in kein Krankenhaus. Ich lasse meinen Mann jetzt nicht allein!«

Doll sagte überredend: »Du kennst doch unsere Lage, meine Süße. Es ist vielleicht fürs erste die beste Lösung. In einem Krankenhaus hast du doch ein Bett! Und Essen! Und Ruhe! Und Pflege! Sage ja, Alma!«

»Und du –? Und du –?!« fragte sie nur wieder. »Wo wirst du sein unterdes, während ich Ruhe und Essen und Bett und Pflege habe –?! Meinst du, ich lasse es mir gutgehen, während du es schlecht hast –?! Nie! Nie!«

Der seltsame Arzt hatte mit gesenktem Kopf, ohne ein Wort bei dieser Unterhaltung gesessen. Nun nahm er seine Tasche und sagte tonlos, ohne Widerhall: »Ich werde Ihnen jetzt erst einmal eine Spritze machen, damit Sie ohne Schmerzen sind und ein wenig schlafen können. Ich sehe dann heute abend noch einmal nach.«

»Aber heute abend müssen wir diese Couch geräumt haben!« wendete Doll ein. »Sie ist das Bett der Portierfrau. Heute abend werden wir vielleicht auf der Straße liegen!«

Der Arzt antwortete nicht, er machte nun die Einspritzung. Doll sah sofort auf dem Gesicht der Frau den entspannten, beinahe glücklichen Ausdruck, jetzt schon, da grade erst der Einstich erfolgt war. (Es war ja nicht die erste Morphiumspritze, die sie bekam. Sie kannte das – von ihren Gallenkoliken her.) Dann lächelte sie plötzlich, sachte streckte sich ihr Körper, schmiegte sich förmlich gegen die Unterlage. »Gott! Tut das gut!« flüsterte sie und schloß die Augen.

In einem Zeitraum von fünf Sekunden hatte sie den Mann und Schmerzen und Enttäuschungen und Hunger vergessen. Sie hatte noch viel mehr vergessen. Sie hatte vergessen, daß sie verheiratet war und ein Kind hatte. Sie war ganz allein mit sich, in sich. Ein Lächeln lag um ihre Lippen und blieb dort. Doll sah sie leise atmen, und er begriff, daß ihr jetzt sogar das Atmen eine Lust war.

Der Arzt hatte seine Spritze wieder zusammengepackt. »Ich bringe Sie noch ein paar Schritt, Herr Doktor!« sagte Doll. Im Augenblick schien es ihm unmöglich, bei dieser so ferne gewordenen Frau zu sitzen. In all den Mißhelligkeiten vergangener Wochen und Monate war er nie so allein gewesen wie in diesem Augenblick.

»Ich komme dann heute abend wieder«, sagte der Arzt genau wie vorher, als habe er kein Wort gehört. »Zwischen acht und neun. Sorgen Sie dafür, daß dann das Haus noch offen ist.«

Doll machte nicht noch einmal Einwendungen, es schien ihm so nutzlos bei diesem Arzt, der doch nicht hörte. Eine Weile gingen sie schweigend nebeneinander. Dann begann der Arzt von neuem: »Es kommt mir heute sehr lange her vor, aber damals war ich wirklich ein sehr bekannter Schriftsteller!«

Keine Spur von Eitelkeit, es klang mehr wie ein Satz aus einem Gedankengang, der ihn hartnäckig verfolgte. Und auch der Satz, den er jetzt sagte, schien zu diesem Gedankengang zu gehören: »Die Spritze, die ich Ihrer Frau machte, habe ich von meiner Selbstmordration genommen. Es ist Scopolamin darin, etwa ein Drittel. Sie wird schlafen, wenn Sie zurückkommen.«

Und wieder nach einer Weile: »Ja, ich werde Selbstmord begehen, vielleicht morgen, vielleicht erst in einem Jahr.« Er reichte Doll eine matte, feuchte Hand. »Ich bin hier zu Hause. Ich danke Ihnen für Ihre Begleitung. Natürlich war ich nie so gelesen wie Sie. Jedenfalls komme ich heute abend noch vorbei, vergessen Sie die Haustür nicht.«

Und noch im Gehen: »Heute werde ich bestimmt keinen Selbstmord begehen. Sie wissen natürlich, daß Ihre Frau eine echte Süchtige ist –?!«

Doll saß bei seiner Frau. Sie schlief ganz fest. Ihr Gesicht sah nun sorgenlos und fröhlich aus, sie schlief wie ein Kind. Durch das offene Fenster kamen Herbstsonnenschein und frische Luft von der Straße herein, die Kinder lärmten fröhlich draußen bei ihren Spielen. Doll war nicht fröhlich, er war sehr müde und völlig hoffnungslos. Dazu quälte ihn der Hunger. Das letzte Stück Brot war längst aufgegessen. Sie hatten nichts mehr.

›Ach!‹ dachte Doll. ›Warum habe ich mir nicht auch solche Spritze machen lassen –?! Einmal alles für kurze Zeit vergessen! Dieser halb Wahnsinnige hätte es getan. Er heißt also Pernies. Ich erinnere mich, er war einmal ein bekannter Mann. Ich glaube, ich habe nie etwas von ihm gelesen, er schrieb wohl mehr über Kunst, als daß er selbst ein Künstler war. Und nun geht er mit Selbstmord um, und seine Frau hat sich auf der Landstraße umgebracht!‹

Doll fuhr auf seinem Stuhl hoch. Er war fast eingeschlafen, und doch mußte etwas geschehen. Keine drei Stunden mehr war die Dunkelheit entfernt, die kein Obdach für sie beide hatte!

Er stand auf. Noch als er aus der Wohnung ging, wußte er nicht wohin. So stieg er noch einmal zu der früheren Wohnung hinauf.

Diesmal wurde ihm auf sein Klingeln sofort geöffnet. Und es war nicht die schnippische Tänzerin, die ihm aufmachte, sondern es war Frau Schulz, jene Dame, der Alma für ihre Abwesenheit die Sorge um ihre Sachen anvertraut hatte und deren Ehrlichkeit von der Hausmannsfrau so arg angezweifelt worden war.

Das weiße, ein wenig fette Gesicht der Frau Major Schulz leuchtete auf, als sie Dolls ansichtig wurde. »Da sind Sie ja, Herr Dr. Doll! Ich habe Ihre Wohnung verteidigt wie ein Löwe – warum sind Sie bloß nicht vierzehn Tage früher gekommen –?! Sie werden jetzt Schwierigkeiten bekommen mit dem Wohnungsamt und der da vorne. – Wo haben Sie denn Ihre Frau –? – Sie schläft – Gottlob, daß sie schläft, so mache ich Ihnen unterdes das Zimmer zurecht. Sie werden ja mit einer Couch für diese erste Nacht auskommen, die andere ist weg, aber Sie brauchen nur hinzugehen, und Sie bekommen sie wieder! – Möchten Sie eine Zigarette? Wie, Sie haben gar keine mehr? Hier, nehmen Sie die Schachtel! – Ach, reden Sie nicht, ich kriege soviel ich haben will, auch Amerikaner, für fünf Mark das Stück, deutsches Geld . . . Warten Sie, ich war grade beim Kaffeekochen, als Sie kamen, jetzt trinken Sie eine Tasse Kaffee mit mir. Keinen Kaffee, nein, Café! Ich habe ihn für 400 Mark das Pfund bekommen. Das ist billig, mein Lieber, ich kaufe nur noch billig. Wir werden Weißbrot dazu essen, ich habe auch noch eine Büchse mit Käse hier und, ich glaube, noch etwas Butter.

Ach, reden Sie nicht. Sie haben alles verloren –? Nun, mein Lieber, Sie haben keine Ahnung, wie ich dastehe, ich habe buchstäblich nichts mehr! Grade das noch, was ich auf dem Leibe trage. – Nein, nein, heute sind Sie mein Gast! – Ob wir die junge Frau nicht doch lieber wecken –? Richtig, wir heben ihr etwas auf. – Sie dürfen deswegen aber ruhig alles aufessen, ich bekomme wieder, heute noch. Mich verwöhnen doch alle . . . Und ich brauche nie Schieberpreise zu zahlen. – Ja, die Steppdecke ist fort, gestohlen. Ich weiß auch von wem, aber da ich es nicht beweisen kann, werde ich mir nicht den Mund verbrennen.

Sie haben doch gehört, daß der Mann weg ist –? Natürlich abgeholt, so ein Nazi wie der war. Sie sollten bloß noch die Frau holen, die war doch die Schlimmere von den beiden! – Die Wand habe ich aufrichten lassen und etwas verschmieren lassen, ich habe irgendwo notiert, was es gekostet hat, ich sage es Ihnen später. Es war nicht viel, ein Handwerker hat es mir zu Gefallen getan. Die beiden Fensterrahmen mit dem Zellophan und dem Sperrholz habe ich nur geliehen, aber das hat Zeit, vorläufig können sie ruhig in der Wand bleiben.

Aber natürlich steht das Zimmer zu Ihrer Verfügung, es ist ja Ihr Zimmer, und Ihre Möbel sind darin! Auch das Geschirr gehört Ihnen. Ich kann immer bei Bekannten schlafen, und die kleine Sängerin mit ihrer Familie lassen Sie durch das Wohnungsamt raussetzen. Übrigens ganz ordentliche Leute – aber was hilft das? Heute ist sich jeder selbst der Nächste! Sie hat ja schon solche Angst vor Ihnen! Die haben gar nichts, keinen Löffel, keine Tasse . . . Übrigens die Teekanne, in der jetzt der Kaffee ist, die gehört Ihnen nicht, Ihre Kannen sind alle bei dem Angriff kaputt gegangen. Eine alte Dame hat sie mir gegeben, sie will natürlich kein Geld dafür. Ich dachte, ein Pfund Zucker und ein Brot. Das ist nicht viel, mein Lieber, Zucker steht jetzt auf 100 und Brot auf 80 – Sie müssen doch eine Kanne haben! Nun, ich werde noch mit Ihrer Frau darüber sprechen.

Sie können ruhig das ganze Weißbrot aufessen, es schmeckt gut, aber es sättigt nicht. Ich hole gleich frisches. Vielleicht kriege ich auch Marmelade. – Wären Sie gestern gekommen, hätte ich Ihnen Kuchen anbieten können, richtigen Butterkuchen, dick mit Zucker bestreut. Schade. Aber ich weiß schon, zum Sonntag werde ich Ihnen einen ganzen Kuchen backen lassen. Mein Bäcker macht Ihnen das ganz billig . . .«

So ging das immer weiter, Doll brauchte nur dabeizusitzen und zuzuhören. Ein Ja, ein So, ein Danke genügten vollkommen. Er war in einen Hafen eingelaufen; endlich, endlich, da er schon vollkommen verzweifelt gewesen war, hatte sich doch noch ein Hafen für sie beide gefunden. Er saß behaglich in einem Sessel, die müden Beine mit den brennenden Füßen weit von sich gestreckt, er aß eine Scheibe, drei Scheiben, sieben Scheiben Weißbrot, trank Kaffee, rauchte ein Zigarette und fing wieder an zu essen. Die Schulz aber sprach immer weiter –.

Da saß sie vor ihm, eine Frau in den Vierzigern, im Beginn des Verblühens – was sie doch noch nicht wahrhaben wollte –, die Kleidung ein wenig zerdrückt und schmuddelig, aber unzweifelhaft eine Dame. Oder doch einmal eine Dame gewesen – wer war denn heute noch eine Dame, was früher eine »Dame« geheißen hatte?!

Draußen ist es dann dunkel geworden, an Dolls Bett brennt die große elektrische Stehlampe, leise spielt das Radio Tanzmusik.

Der Arzt, dieses mit Papier bezogene Gespenst, ist dagewesen und schon wieder gegangen. Er hat wohl noch einmal gesagt, die Frau müsse ins Krankenhaus, aber dann hat er ohne alle Weiterungen ihnen beiden eine Spritze gemacht. Jetzt sind sie beide entspannt und gelöst, das Morphium gaukelt ihnen vor, es gäbe nichts Schwieriges mehr für sie.

Auf dem Tisch neben der Couch liegen Zigaretten genug, eine Kanne mit echtem Tee steht dort, Büchsenmilch, Zucker – ein Weißbrot fehlt nicht. Sie sind gut versorgte Leute mit einem Heim, gewählter Musik. Von der Wand sehen Bilder, Originale, nichts grade Erschütterndes, aber guter Durchschnitt.

Dolls schlafen noch nicht. Diesmal war es reines Morphium, was der Arzt gegeben hat, sie plaudern leise miteinander, sie machen noch Pläne . . . Pläne –? Jetzt haben sie den Sinn für die Wirklichkeit vollkommen verloren, es sind Träumereien, jede Hoffnung ist, kaum aufgetaucht, schon erfüllt. Die Wohnung gehört ihnen, sie haben Lebensmittelkarten, ein Lastzug wird das Kind Petta und die Sachen aus der Kleinstadt herbringen. Er wird morgen damit beginnen, Bücher zu schreiben, sein Kopf ist plötzlich voller Pläne, er wird Welterfolge haben –.

Der Salon der jungen Frau wird der Salon von Berlin sein. Die »Brandung« erzählt von Kleidern, die sie sich machen lassen wird, die sie einst besessen hat; er braucht kaum ein Wort dazu zu sagen, er kann seinen eigenen Träumereien nachhängen. Jawohl, er wird mit ihr und dem Kind noch die Weltreisen machen, von denen er vor diesem Kriege schon träumte. Nun ist das verhaßte Morden beendet, ein paar Monate noch, und sie werden aus dieser Trümmerstadt fortfahren in heitere Gegenden, wo stets die Sonne scheint, wo südliche Früchte an den Bäumen reifen . . .

So liegen sie da in halben Wachträumen, das ist die Euphorie, der Rausch; endlich sind sie der so bitteren Wirklichkeit entflohen. Beide haben sie tausend Hoffnungen, Hindernisse gibt es nicht mehr. Sie sehen sich an, sie lächeln einander sanft zu, nicht als seien sie Eheleute, sondern wie ganz junge Liebesleute es tun oder Kinder . . .

Der Wind läßt manchmal das schlecht gespannte Zellophanpapier im Fensterrahmen knattern, im ausgebrannten Hofgebäude schlägt eine Tür. Immerfort sind geheimnisvolle Geräusche draußen. Rieselnder Schutt –? Ratten, die in den Kellern nach Schrecklichem suchen –? Eine zerstörte Welt, die wieder aufzubauen jeder Wille, jede Hand benötigt wird. Sie aber liegen und träumen. Sie lieben nichts mehr, und sie leben eigentlich auch nicht mehr. Sie haben nichts mehr und sie sind nichts mehr. Die kleinste Widrigkeit kann sie in den Abgrund blasen und für ewig auslöschen. Aber sie träumen.

»Komm, gib mir noch eine Zigarette! Wir werden schon wieder neue kriegen. Ich habe das Gefühl, von heute an wird es uns immer gutgehen.«

Aber dann – es ist noch nicht Mitternacht – werden sie unruhig. Die Wirkung der Spritze ist verflogen, die holde Täuschung schwand.

»Ich kann nicht schlafen!« Und: »Die Schmerzen sind nicht mehr auszuhalten! Wir müssen den Arzt noch einmal rufen.« – »Zu spät. Sperrstunde! Wir dürfen nicht mehr auf die Straße!« – »Was für ein Unsinn! Und wenn ich ein Kind kriegte?! Oder im Sterben läge?!« – »Gut, daß es nicht so ist –! Ich gehe morgen gleich ganz früh zum Doktor!« – »Morgen früh – so lange halte ich es bei diesen Schmerzen nicht aus – ich gehe gleich!« – »Du, Alma, jetzt, und mit deinem Bein! Dann laß lieber mich gehen!« – »Nein, grade ich. Wenn wirklich eine Patrouille kommt, mir werden sie bestimmt nichts tun!« – »Aber die Häuser sind verschlossen!« – »Ich werde schon hineinkommen. Du kennst doch deine Alma. Ich habe bestimmt Erfolg!«

Und sie ging, ließ ihn allein. Noch immer spielte die Musik, noch immer leuchtete hell die Lampe neben der Couch. Aber jetzt war der Rausch verflogen, er sah ihre Lage wieder, wie sie wirklich war: ohne alle Hilfsmittel, krank, ohne Energie, ohne Arbeitswillen, ohne Hoffnung . . . Ein papiernes Gespenst, eine zweifelhafte Dame hatten sie ein paar Stunden vergessen lassen, wie ihre wirkliche Lage war, aber nun wußte er es wieder. Jawohl, für den Augenblick hatten sie ein Dach über dem Kopf, aber im Ganzen war nichts gebessert, eher war alles noch schlimmer geworden: nun lief die Frau zu gefährlicher Stunde auf der Straße umher nach einer Spritze Morphium! Ihm fiel auch ein, wie sie in der vorhergehenden Nacht vom Bahnhof Gesundbrunnen nach einer Unfallstelle gedrängt hatte. Da hatte sie von Gallenkoliken gesprochen; jetzt da sie Schmerzen im Bein hatte, erwähnte sie die Galle nicht mehr. Sicher hatte sie gestern schon nur an diese Spritze gedacht. Eine Süchtige – also eine Last mehr!

Ein Uhr – gleich hatte sie wieder zurück sein wollen, und nun war schon eine ganze Stunde vergangen! Er mußte aufstehen, sie suchen, sich um sie kümmern! Aber er stand nicht auf. Was konnte er schon tun –? Vielleicht war sie festgenommen und saß irgendwo auf einer Wache. Oder sie war bei einem Arzt in irgendeinem dieser dunklen Häuser – wie sollte er sie finden? Ihm blieb nur das Warten, immer wieder nichts wie Warten, ein verwartetes Leben, auf das der Tod wartet.

Seine Gedanken verwirrten sich. Die tiefe Erschöpfung, vielleicht auch die Nachwirkung der Spritze machten es, daß er einschlief. Vielmehr: er stürzte in den Schlaf wie in einen tödlichen Abgrund.

Später merkte er, daß sie sich wieder zu ihm auf die Couch legte. Sie war in bester Stimmung. Ja, eine Patrouille hatte sie festgehalten, aber das waren Kavaliere gewesen. »Geh du nur zu deinem Doktor«, hatten sie gesagt. »Halt ein weißes Taschentuch in der Hand, dann tut dir keiner was!«

Nein, in das Haus des seltsamen Doktor Pernies war sie nicht hineingekommen, aber sie hatte einen andern Arzt gefunden, einen sehr lebemännischen, zuvorkommenden Arzt, der ihr im Pyjama geöffnet und sofort eine Spritze gemacht hatte. Sie lachte glücklich. Für ihn hatte sie Tabletten mitgebracht, nein, sie vergaß ihren Mann nicht, nie. Er solle diese Tabletten nur gleich nehmen, der Arzt hatte gesagt, sie seien ebenso gut wie Morphium und sehr stark. Sie lachte wieder. »Sieh, und hier sind sogar ein paar Zigaretten. Einer von der Patrouille hat sie mir geschenkt. Laß sehen, acht, zehn, zwölf Stück – ist das nicht anständig –?«

›Nicht so!‹ wollte Doll protestieren. ›So geht alles einen falschen Weg. Wir dürfen solche Dinge nicht tun, weder das mit den Zigaretten, noch das mit dem Morphium. Schon das mit der Schulz war viel zuviel. So darf es nun doch nicht sein, wenn ich auch hundertmal gedacht habe, ich sei ganz leer. So darf es nicht sein, sonst sind wir wirklich ganz verloren. Nichts mehr von diesen Betteleien um Zigaretten, diesen Laufereien nach einer Spritze . . .

Aber er sagte nichts. Eine bleierne Müdigkeit hielt ihn umfangen, mit verstärkter Macht war die Apathie zu ihm zurückgekehrt. Es half ja doch kein Reden: Alma würde immer nur tun, was sie wollte. Sie war so ferne. Er erlebte und hörte die Welt und sie wie durch einen Vorhang, alles war ohne rechte Beziehung auf ihn. Es ging ihn nichts mehr an; so sehr er sich auch bemühte, »da« zu sein, es gelang ihm nicht. Natürlich hatte er auch die Tabletten genommen, die wie Morphium wirken und sehr stark sein sollten. Vielleicht löschten sie diese quälenden Gedanken aus, nahmen ihn für eine Weile fort von dieser Erde . . .

In diesem Zustand blieb er nun Tag für Tag – wie viele Tage? Er wußte es später nicht, und sie wußte es auch nicht. Irgendwann wachte er aus einem künstlichen tiefen Schlaf auf und sah gegen das kleine Zellophanfenster. Dann war es draußen hell oder dunkel, Tag oder Nacht, aber es war gleich, was es war, er blieb doch liegen. Wozu sollte er aufstehen? Er hatte da draußen nichts zu tun, für ihn gab es keine Aufgabe und Pflicht mehr.

Mühsam sammelte er seine Gedanken, dann drehte er sich langsam um und sah neben sich. Manchmal schlief sie da neben ihm, manchmal war sie auch fort. Manchmal war auch er fort (es klang komisch, aber genau so war es richtig ausgedrückt!), dann hatte sie ihm sehr zugesetzt, und er war zu einem Arzt gegangen. Ja, auch das tat er, wenn es durchaus sein mußte, aber in Wirklichkeit lag er immer und tat nichts, weil er keine Aufgabe mehr hatte, völlig leer gelaufen war . . .

Meist aber ging sie selbst, obwohl aus ihrem Bein jetzt ständig Eiter lief, und alle Ärzte sagten, sie müsse unbedingt sofort ins Krankenhaus. Sie hatten jetzt ziemlich viele Ärzte, aber keiner durfte von dem andern wissen. Manchmal, wenn Alma mehrere zum Abend bestellt hatte, bekam sie es mit der Angst zu tun, sie könnten sich treffen, und es könnte herauskommen, wie viele Spritzen sie jeden Abend bekam. Aber es ging immer gut. Sie bekam jetzt meist viele Spritzen, er ging fast immer leer aus, aber sie sorgte gut mit Schlafmitteln für ihn. Wenn die Ärzte kamen, mußte er sich anziehen und den gesunden Gatten spielen. Er kam sich jetzt selbst oft wie ein Gespenst vor, wenn er da saß und höflich über den Zustand seiner kranken Frau sprach.

War er aber nicht fähig, aufzustehen, so versteckte er sich in der kleinen Dienstbotentoilette, solange sie da waren, oder er hockte in dem ausgebrannten Zimmer und starrte in die Ruinen; diese ganze Straße bestand fast nur aus Ruinen. Sie bedrückten ihn nicht mehr so sehr, sie paßten jetzt gut zu ihm . . .

Waren dann die Ärzte gegangen, so legte er sich wieder hin, und bald schlief er wieder. Oder er lag auch stundenlang da wie betäubt. Und in allen diesen Tagen, so viele es ihrer auch sein mochten, taten sie nichts, nicht das geringste. Sie gingen nicht auf das Wohnungsamt, sie bemühten sich nicht um Lebensmittelkarten. Nicht einmal die zweite Couch wurde herübergeholt. Sie gaben ihren Freunden und Verwandten kein Lebenszeichen, sie lagen nur da – wie von einem Schlage getroffen, betäubt, gelähmt, gleich unfähig zu Gedanken wie zu Taten. Nur die Sorge um Medikamente und vielleicht um Zigaretten konnte noch ein wenig Leben in sie bringen . . .

Natürlich wären sie vor Schwäche längst umgekommen, wenn Frau Schulz nicht für sie gesorgt hätte und neben Frau Schulz eine Freundin der jungen Frau, das Dorle, das irgendwie aufgetaucht war – Doll wußte nicht, woher und wieso –. (Er hatte sich auch in normaleren Zeiten nie zwischen den vielen Freundinnen seiner Frau zurechtgefunden.)

Frau Schulz aber hätte nicht Frau Schulz sein müssen, eine auch im Guten immer fragwürdige Gestalt, wenn die Versorgung der beiden Kranken irgend etwas Regelmäßiges gehabt hätte. Sie sagte, morgen würde sie wieder nach ihnen sehen, und erschien zwei Tage lang nicht. Dolls empfanden das nicht einmal so sehr, ihnen bedeuteten ein oder drei Tage oder eine Woche jetzt nichts. War der Hunger gar zu schlimm, schlich sie in die Küche. Zwischen ihr und der kleinen Tänzerin, die aber gar keine Tänzerin, sondern eine Schauspielerin – und das nicht einmal von kleinen Graden! – war, vor allem aber mit deren Mutter hatte sich eine Art Freundschaft angesponnen. Beide Parteien hatten eingesehen, daß die andere nicht so schlimm war, wie man zuerst geglaubt hatte. Von diesen Küchengängen kam Alma meist mit einem Stückchen Brot oder gar einem Glas voll Marmelade zurück, manchmal aber auch nur mit einem Teller voll kalter Kartoffeln oder ein paar rohen Mohrrüben. Er protestierte nicht mehr – er aß mit, was sie bekam, und dann versuchten sie wieder zu schlafen und die Welt zu vergessen.

Da war noch das Dorle, diese Freundin seiner Frau. Sie war ein noch sehr junges Mädchen, sie hatte ein Kind und eine Mutter. Die Mutter lag im Krankenhaus schon seit der Eroberung Berlins, sie hatte einen Schuß ins Bein bekommen, der durchaus nicht heilen wollte. Und das Kind war nicht satt zu kriegen. Nein, das Dorle konnte nicht wie Frau Schulz zur Ernährung der Dolls beitragen, eher aß sie noch mit bei ihnen. Aber sie machte das Zimmer sauber, wischte Staub, wusch das bißchen Wäsche und verband die Wunde von Frau Doll, so gut es eben ging. Sie war auch immer bereit, neue Ärzte zu bestellen, noch mehr Ärzte zu den alten. Es konnten nie zu viel werden.

Was aber die Geldlage der Dolls selbst anlangte, so wäre sie ohne den Brillantring der Frau Doll verzweifelt gewesen. Auf die Länge von ein und zwei Wochen gesehen, hatte Frau Schulz die Beköstigung der Dolls durchführen können, länger aber – vermutlich aus Geldmangel – nicht. Sie hatte nichts derart gesagt, aber plötzlich waren das Weißbrot, der gute Kaffee und die Zigaretten ausgeblieben; statt des Rufes »Billig! Billig!« war von Frau Schulzens Lippen nur noch die Klage erklungen: »Was das alles kostet! Kinder! Kinder!«

Eines Tages hatte dann Frau Doll ganz überraschend erklärt, sie wolle den Brillantring versetzen, nein, nicht verkaufen, dafür liebte sie ihn zu sehr, nur versetzen. Doll hatte protestiert, aber nur schwächlich – denn was blieb ihnen schließlich übrig? Hier lagen sie, matt und krank, niemand brachte ihnen Geld, aber alles kostete Geld – nun also! Versetzen war sehr gut, dann bekam Alma ihren Ring wieder. Eines Tages würde schon eine Wendung zum Besseren eintreten, die ihnen das Einlösen des Ringes ermöglichte. (Er wußte dabei sehr gut, daß er sich und sie belog, es war nicht die geringste Aussicht auf eine Wendung zum Besseren.) Frau Schulz wurde mit dem Versatz des Ringes beauftragt.

Aber schon am nächsten Tage kam sie mit dem Ring zurück. Sie hatte für ihn ernsthafte, hoch zahlende Käufer, aber in Versatz wollte ihn niemand nehmen. Geld verleihen, das war heutzutage kein Geschäft: niemand konnte in einem Monat so viel Zinsen zahlen, wie im Schwarzhandel an einem Tage zu verdienen waren. Ja, kaufen wollte man den Ring gerne, und nach längerem Fragen bekam Frau Doll heraus, daß 12 000 Mark dafür bezahlt werden würden. Gewiß, ein guter Preis, nicht wahr? Freilich war der Ring auch gut, Platinfassung, der Brillant mit weißem Feuer, lupenrein, fast fünfviertel Karat.

In ihren geschäftlichen Angelegenheiten war Frau Alma immer ein wenig überraschend – auch für den eigenen Mann. Sie ließ sich den Ring zurückgeben. »Nein«, sagte sie später zu ihrem Mann, »wenn die 12 000 bieten, so zahlen sie auch 15 000, und wahrscheinlich haben sie überhaupt 15 000 geboten, und die 3 000 Differenz will die Schulz einstecken. Nein, ich werde den Ring durch Ben verkaufen lassen, der hat viel bessere Verbindungen als die Schulz . . .«

Ben –! Es war unzweifelhaft Almas Ring, ein Geschenk ihres ersten Mannes, und Doll war fest entschlossen gewesen, seiner Frau bei diesem Verkauf nicht mit einem Wort hereinzureden. Aber jetzt rief er doch, aus Apathie und Schlafmittelvergiftung für einen Augenblick erwachend: »Ausgerechnet an den Ben! Der uns so lumpig behandelt hat –!«

»Das waren nur die beiden Weiber!« widersprach Frau Alma. »Du erinnerst dich doch, er hatte an dem Tage grade keine Zeit.«

»Nicht einmal eine Zigarette hatte er für dich!« rief Doll.

»Wir haben auch oft keine Zigaretten«, antwortete Alma. »Laß mich nur machen! Du wirst sehen, wir erzielen bei Ben einen viel höheren Preis!«

»Tu, was du willst!« Damit kehrte Doll in seine Apathie zurück. »Ich wünsche dir nur, daß Ben dich nicht noch einmal enttäuscht!«

Infolge dieser Unterhaltung tauchte eines Tages Herr Ben bei dem Ehepaare auf, das im Bett lag, obwohl es auf den Mittag zuging. Herr Ben ließ sich aber kein Verwundern merken, graumeliert, aber mit dunklen, glühenden Augen küßte er der jungen Frau die Hand, besah aufmerksam den Ring, erklärte dann, er verstehe von Edelsteinen nichts, wolle aber sehen, ob sich der von der jungen Frau geforderte Preis von 20 000 Mark erzielen lasse. Was rauszuholen sei, werde er jedenfalls bestimmt rausholen, Alma kenne ihn ja. Nachdem Herr Ben noch 1 500 Mark, die er zufällig bei sich hatte, zur Behebung der ärgsten Dollschen Notlage deponiert hatte, entschwand er wieder, Händchen küssend, mit dem Ring . . .

Ob Frau Schulz über den wieder fortgenommenen Ring (mit dem ihr vielleicht auch eine erhebliche Kommissionsgebühr entgangen war) ärgerlich war oder nicht, jedenfalls besaß sie eine ausgezeichnete Witterung für Geld. Die Benschen 1 500 waren noch keinen halben Tag bei Dolls, so erschien Frau Schulz mit einem Notizbüchlein, und es ergab sich, daß sie an Dolls eine Forderung zu haben glaubte, die diese 1 500 nicht unwesentlich überstieg. Mit Staunen hörten die Dolls an, wie sie eine endlose Litanei von Zigaretten, Kaffee, Zucker, Salz, Kuchen und Kartoffeln herunterbetete. Auch die von einem Handwerker aus »Gefälligkeit« wieder aufgerichtete Wand fehlte nicht – und der Mann hatte sich seine Gefälligkeit gut bezahlen lassen. Vom ersten Tage an war alles genau angeschrieben worden, auch all das, was sie als Geschenk ausgegeben und für das sie sich hatte herzlich danken lassen, jetzt fand es sich wieder als geschäftliche Lieferung und nicht billig – billig! Ja, die Vermutung war nicht von der Hand zu weisen, daß Frau Schulz nicht nur die ihnen mitgebrachten Zigaretten und Kaffee in Rechnung stellte, sondern auch so manche Zigarette, die nie geraucht, so manchen Kaffee, der nie getrunken worden war . . .

Es wäre vielleicht schon bei dieser Gelegenheit zu einem kräftigen, aber erlösenden Krach gekommen, wenn nicht beide Dolls so völlig gleichgültig gewesen wären gegen das, was um sie und was mit ihnen geschah. Eine kurze ärgerliche Aufwallung – aber auch die erst in Abwesenheit der Schulz (diese Gute hatte sich nach solchem Bombenabwurf erst einmal zurückgezogen und wartete die Wirkung klüglich in der Ferne ab) –, Alma schwor jedenfalls, nie wieder von der Schulz etwas anzunehmen, und sei es auch nur eine einzige Zigarette. Dann wechselten die 1 500 Mark ihren Besitzer, und Ben wurde durch das Dorle berichtet, er müsse sofort neues Geld bringen.

Diesmal ließ sich Herr Ben aber einige Tage Zeit. Und als er dann schließlich kam, war der Ring seiner Angabe nach noch nicht verkauft. Leider waren, wie er zu seinem eigenen großen Leidwesen berichten mußte, die Preise für Gold und Edelsteine grade rückläufig, ein schlechter Augenblick zum Verkauf. Er habe aber jemanden in Aussicht, der vielleicht doch etwa den geforderten Preis anlegen wolle, vielleicht nicht zwanzig, aber doch neunzehn oder achtzehn. Jedenfalls: »Das weißt du ja, Alma, ich tue für dich, was nur irgend möglich ist!«

Außerdem brachte er zweitausend Mark, von seinem eigenen Geld vorgeschossen, nicht ohne schwere Opfer, wie er mehrfach betonte.

Das Schifflein der Dolls war aber erst einmal wieder flott, der Schulz wurde ihre Restforderung ausgezahlt, und von Stund an besorgte das Dorle alle Einkäufe der Dolls.

 


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