Max Eyth
Schlehen
Max Eyth

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VIII.

Und sie wurden's.

Schwitzgäbele hatte nichts mehr in seinem engeren Vaterlande zu suchen. Die Parteikämpfe hatten für ihn nur ein vorübergehendes Interesse gehabt. Seine Stellung war nach allen Seiten unhaltbar geworden. Er sehnte sich fort. Es gab ja noch anderwärts für Recht und Vaterland zu kämpfen.

Der Krieg mit Dänemark war ausgebrochen. In einem Freikorps machte er den größeren Teil desselben mit. Seine Keckheit, seine Todesverachtung zeichneten ihn schnell aus. Er wurde Leutnant. Er wäre höher gestiegen, wenn nicht sichtlich ein eigentümlicher Unstern über allem gewaltet hätte, was er unternahm. Doch verstimmte ihn dies kaum. Unter seinen Kameraden war er heiter, oft ausgelassen. Nur von seiner Vergangenheit sprach er nicht gern.

Einstmals sollte er einige Wagen in ein benachbartes Dorf eskortieren. Er kannte den Weg nicht. Die feindlichen Vorposten waren nicht gar weit. Man kam an einen Scheideweg. Ein Wegzeiger wies sie links. Das Dorf lag aber rechts. Böse Buben hatten den Wegzeiger umgedreht. Der ganze Zug fuhr ahnungslos dem feindlichen Lager zu.

Man bemerkte den Irrtum bald, aber doch zu spät. Sie wurden plötzlich lebhaft angegriffen. Es entstand ein kleines, hitziges Gefecht. Schwitzgäbele war hinten und vornen zugleich. Seine Leute wehrten sich wie die Löwen und schauten bewundernd auf ihren Führer.

Eine Viertelstunde und ein meisterlicher Rückzug wäre gelungen gewesen. Da fuhr Schwitzgäbele plötzlich mit der Hand gegen die Brust, wurde bleich und sank lautlos einem seiner Freunde in die Arme.

»Laßt mich liegen!« bat er. »'s ist aus mit mir und ich bin froh.«

»Herr Leutnant! fassen Sie sich. Die Feinde ziehen sich zurück. Die Wunde ist nicht tödlich.«

Sein Auge flammte auf. Die ganze Wärme seines guten Herzens trat noch einmal auf sein Gesicht. »Ich Hab' für mein Vaterland geblutet. – Bruder, dort oben steht ein Eichbaum. Laß mich dort begraben, – wenn du kannst – – – –«

»Hast du keinen Gruß mehr nach Hause – an eine Schwester – eine Mutter – an eine Braut?«

»Keinen! – Gute Nacht, Bruder! – Herr Gott! dir meine Seele! –«

Er zuckte noch einmal und hatte ausgehaucht.

Weinend standen die Soldaten um ihren Führer. Sie hatten ihn herzlich liebgehabt. Jetzt ergriffen drei die schöne Leiche, um sie zum Eichbaum zu tragen und seine letzte Bitte zu erfüllen.

Da sprengten Reiter heran. Feinde ringsum! Glücklich hieb sich das kleine Häuflein mit Zurücklassung der Wagen durch. Es war keine andere Möglichkeit.

Bauern fanden nachher den Toten. Sie kannten seine letzte Bitte nicht und begruben ihn am nächsten Rain unter einen Schlehenbusch.


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