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Lied des Kohlenhäuers

            Wir wracken, wir hacken,
            Mit hangendem Nacken,
            Im wachsenden Schacht
            Bei Tage, bei Nacht –

Wir fallen und fallen auf schwankender Schale
Ins lampendurchwanderte Erde-Gedärm –
Die Andern, sie schweben auf schwankender Schale
Steilauf in das Licht! in das Licht! in den Lärm.
Wir fallen und fallen auf schwankender Schale –

            Wir wracken, wir hacken,
            Mit hangendem Nacken,
            Im wachsenden Schacht
            Bei Tage, bei Nacht –

Wir wühlen und wühlen auf wässernder Sohle,
Wir lösen vom Flöze mit rinnendem Schweiß
Und fördern zu Tage die dampfende Kohle.
Uns Häuern im Flöze ist heißer als heiß –
Wir wühlen und wühlen auf wässernder Sohle.

            Wir wracken, wir hacken,
            Mit hangendem Nacken,
            Im wachsenden Schacht
            Bei Tage, bei Nacht –

Wir pochen und pochen, wir bohrenden Würmer,
Im häuser- und gleisüberwachsenen Rohr,
Tief unter dem Meere, tief unter dem Türmer, –
Tief unter dem Sommer. Wir pochen im Rohr,
Wir pochen, wir pochen, wir bohrenden Würmer.

            Wir wracken, wir hacken,
            Mit hangendem Nacken,
            Im wachsenden Schacht
            Bei Tage, bei Nacht –

Wir speisen sie Alle mit nährender Wärme:
Den pflügenden Lloyd im atlantischen Meer:
Die erdenumkreisenden Eisenzug-Schwärme:
Der Straßenlaternen weitflimmerndes Heer:
Der ragenden Hochöfen glühende Därme:
Wir nähren sie Alle mit Lebensblut-Wärme!

            Wir wracken, wir hacken,
            Mit hangendem Nacken,
            Im wachsenden Schacht
            Bei Tage, bei Nacht –

Wir können mit unseren schwieligen Händen
Die Lichter ersticken, die Brände der Welt!
Doch – hocken wir fort in den drückenden Wänden:
Wir klopfen und bohren und klopfen für Geld –
Doch hocken wir fort in den drückenden Wänden:

            Wir wracken, wir hacken,
            Mit hangendem Nacken,
            Im wachsenden Schacht
            Bei Tage, bei Nacht –

Wir pochen und pochen durch Wochen und Jahre,
Wir fahren lichtauf – mit »Glück-Auf«! dann hinab –
Wir pochen und pochen von Wochen – zur Bahre –
Und Mancher schürft unten sein eigenes Grab –
Wir pochen, wir pochen durch Wochen und Jahre.

            Wir wracken, wir hacken,
            Mit hangendem Nacken,
            Im wachsenden Schacht
            Bei Tage, bei Nacht –


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