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Nachtgedanken

Die Straße ist nun fast schon tot –
            Vorüber klappt, tappt ein Schritt –
            Das Echo hastet hallend mit.
Der träge Mond sieht dunstigrot
Auf grünes Gaslicht-Flimmern –
            Nun schlafen alle Menschen in den Zimmern.
Die Straße ist nun hohl und tot –

Die schwarze Schweigenacht hat sacht
Die Menschenstadt in schweren Schlaf gedrückt.
            Doch himmeloben wacht
So sonderbar verrückt
Der übernächtig träge Mond.

Die Stadt ist traurigtot – als wenn sie unbewohnt –
            Doch himmeloben glüht der Mond:
Doch himmeloben glühen große Leben
Über unsern dunstigdunklen Nachtschlaf-Sphären:
Ungeheure Stern-Schwärme schweben,
Prasseln, rasen, blitzen, und gebären
Aus sich selber immer neue Funken:
Millionen Sterne schweben, leben
Über unsrer toten Nacht.
Himmeloben brechen Feuerfluten aus Vulkanen,
Weltenkörper rasen krachend unermeßliche Bahnen.
Sonnenkörper-Splitter irren trunken,
Zitternd, splitternd in den All-Orkanen –

Und wir selbst –?
Wir winzigkleinen Schläfer,
Erstarrt im Stadtnacht-Schweigen:
Wir rollen, sollen mit im vollen Reigen!
Wir liegen fest in Schlafes-Ketten,
Bewegungslos, betäubt in unsern Betten,
In enger Schiffskabine,
In nachterstarrtem schwarzem Wahn –
            Doch treibt und treibt die Erdenschiffs-Maschine
In steter Rase-Reise,
In unerfaßbar großem Kreise,
Uns durch den Weltraum-Ozean:
Durch die Nacht.


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