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Auf Deinen bleichen Wangen stand der Zorn, –
      
 des Unmuts Wolken lagen schwer und hart,
      
 auf Deiner Stirne, die sich leidend spannte,
      
 und jedes meiner Worte war ein Dorn,
      
 mein Lächeln selbst schien Dir ein Geißelhieb,
      
 der Deiner Seele tiefste Blößen kannte. – – –
      
 – – – Und Deine dunklen Augen flammten Haß,
      
 und ihre kalten Blitze suchten Wunden,
      
 und Deine roten Lippen wurden blaß,
      
 wenn sie des Abscheus letztes Wort gefunden.
      
 In alter Feindschaft zischte unser Blut
      
 den Kampf, den Mann und Weib der Urzeit stritten,
      
 und tiefste Fremdheit, die verträumt geruht,
      
 ließ unserer Seelen Lebensband zerschnitten. –
      
 Da fiel ein Wort –
      
                   ich sah Dich heimlich an,
      
 und fühlte, wie Du 
      schön in Deinem Hassen,
      
 sah, wie Du, 
      ganz in Deines Blutes Bann,
      
 Dich ganz des Kampfes Wollust überlassen.
      
 Und ich genoß!:
      
                   der Adern feines Spiel,
      
 genoß ihr schnelles Kommen und Verschwinden,
      
 und sah, wenn meiner Antwort Klinge fiel,
      
 sich neu Dein Blut und Deinen Blick entzünden; 
      
 ich sah, wie sich Dein nachtgelocktes Haupt
      
 voll Kraft und Schwung aus stolzem Nacken reckte,
      
 ich sah, wie sich Dein gertenschlanker Leib
      
 im Vollgenuß erhoffter Siege streckte;
      
 ich sah, wie Deine Brust sich stürmend hob,
      
 wie Deine Arme sich weiß-nervig spannten,
      
 wie alle Sinne nur das eine Ziel:
      
restlos zu siegen oder fallen, kannten.
      
 – – Und meine Augen grüßten Deinen Haß
      
 und tranken seine Glut, wie Deine Liebe,
      
 und lachend fing des Wortes Gegenschlag
      
 gleich Rosenketten Deine Geißelhiebe;
      
 von meinen Lippen war mir ungewußt
      
 der Ruf der Luft: »wie bist Du schön!« – geflossen,
      
 – da sank Dein Arm entwaffnet in den Schoß
      
 und alles; – alles, Wange, Hals und Brust
      
 war plötzlich wie von Flammen übergossen!
      
 – – – Du sahst mich an, mit traumerwachtem Blick
      
 und neue Röte folgte dem Erblassen –
      
 da wußten wir, daß tiefste 
      Liebe war
      
 all unser Leid und alles unser Hassen.
      
 Da wußten wir, daß unser heißes Blut
      
 im Tode noch den andern segnen müsse, –
      
 – und wie im Zürnen Du 
      Dich ganz gelebt,
      
 gabst Du Dich ganz dem Wüten meiner Küsse.