Alexander Dumas d. Ä
Zehn Jahre später
Alexander Dumas d. Ä

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Einleitung

Ein imposantes Kulturgemälde! Das ist der Eindruck, mit dem man von diesem lesenswerten Roman scheidet. Und ein glänzender Zeitabschnitt ist es, den Dumas darin wieder aufleben läßt. Die Jugendjahre Ludwigs XIV., des Sonnenkönigs, jenes großen Monarchen, der das Wort: »Der Staat bin ich!« nicht nur aussprach, sondern auch zu verkörpern, zu rechtfertigen wußte. Die Jugendjahre, die Lehrjahre des großen Fürsten, das ist der Inhalt des Buches. Ludwig XIV. ist der eigentliche Held der Erzählung, er steht im Mittelpunkt der Handlung, um seine Gestalt gruppiert sich die ganze farbenprächtige Welt, in die wir hineingeführt werden. Seine Wünsche und Befehle bewirken alles, was geschieht, bestimmen Denken und Handeln aller Personen, die auftreten. Daß Dumas dem werdenden König als Lehrmeister der Staatskunst, der Energie und des Seelenadels seine Lieblingshelden an die Seite stellt – seine drei Musketiere: d'Artagnan, Athos und Aramis – das wollen wir ihm nicht verübeln, sondern vielmehr danken; denn es gibt ihm Anlaß zu einigen prachtvollen Szenen, von denen der Literarhistoriker Scherr mit Recht sagt, daß nur ein echter Dichter sie geschrieben haben könne. Das sind die Szenen, wo Athos vor dem König seinen Degen zerbricht und das Band zwischen seinem Geschlecht und dem Königshause zerreißt, wo d'Artagnan sich gegen den Willen Ludwigs auflehnt und zuletzt doch in dem jungen Autokraten seinen Meister findet. Die Worte, die Dumas in diesen Auseinandersetzungen seinen Lieblingen in den Mund legt, verdienen mehr als einmal gelesen zu werden.

Mit großer Meisterschaft trifft Dumas den Ton, der am Hofe herrschte; wenn man die Herren und Damen reden hört, glaubt man einen Zeitgenossen zu hören, so getreu fühlt Dumas ihr Denken und Dichten nach, so lebendig und handgreiflich wird ihm diese sonderbare Welt, der das Lächeln oder der Unmut eines Jünglings die Signatur gab; wie denn überhaupt die Schilderung von Königshöfen, von glänzenden Gesellschaften, von höfischen Intrigen diesem Schriftsteller ganz besonders gut lag.

»Zehn Jahre später« ist der Schluß der Romanserie, die mit den »Drei Musketieren« beginnt und mit »Zwanzig Jahre nachher« fortgesetzt wird. (Beide Bände sind in gleicher Ausstattung im gleichen Verlag erschienen.) Der Grund zu derartigen Fortsetzungen eines Romans liegt oftmals weniger in einem innern Drange des Verfassers, das Schicksal seiner Personen weiterzuspinnen, als vielmehr in dem Wunsche des Publikums, von Helden, die es liebgewonnen, noch mehr zu hören, und in dem Wunsche eines Verlegers, einen Bucherfolg auszunützen. Oftmals fallen denn auch solche Fortsetzungen schwach und gezwungen aus. Das ist bei den zwei Bänden, die Alexander Dumas seinen »Drei Musketieren« folgen ließ, nicht der Fall. War schon »Zwanzig Jahre nachher« durch das interessante Milieu der »Fronde« mit der Gestalt des Staatsmannes Mazarin ein sehr glücklicher zweiter Band, so möchte man »Zehn Jahre später«, den dritten Band, fast als den glücklichsten der ganzen Serie bezeichnen. Denn Dumas zeigt sich darin nicht nur als geübter Gestalter ergreifender Szenen und spannend verketteter Ereignisse, sondern auch als Charakterzeichner, als Psycholog. Hier wird die Natur der Personen nie um aufregender Abenteuer willen vergewaltigt; sie handeln von Anfang bis zu Ende ihrem Charakter gemäß. Und Personen wie Lady Henriette von Stuart, Graf von Bragelonne, Luise von Lavallière und namentlich Ludwig XIV. und Marchiali, jener unglückliche Gefangene der Bastille, sind prachtvoll gesehene Persönlichkeiten, die leibhaftig vor unsern Augen stehen, Kabinettstücke dichterischer Charakteristik. Die Figur d'Artagnans aber erhebt sich in diesem Roman zu einer Höhe, auf der nur wenige glücklich entworfene Gestalten der Phantasie stehen, wie etwa der Fallstaff Shakespeares, der Kottwitz Kleists, der Zagloba Sienkiewiczs.

Ist die Zeichnung der Personen vortrefflich, so ist es nicht minder die Wahl der Geschehnisse, in denen sie auftreten. Die Handlung ist dreiteilig: das Liebesverhältnis zwischen Ludwig XIV. und der Lavallière, seiner ersten Mätresse, die um des Königs willen ihren Bräutigam, den Grafen von Bragelonne, verläßt, die politische Intrige, die dem Sturz des Finanzministers Fouquet vorhergeht, und der Staatsstreich der »Eisernen Maske«, den Aramis in Szene setzt – das sind die drei Bestandteile, die mit wunderbarem Geschick ineinander verwoben werden. Abgesondert, wie eine Einleitung gewissermaßen, erscheint die Episode aus dem Leben des Britenkönigs Karls II., mit der der Roman beginnt; aber sie dient doch auch als wichtiges Moment für die Entwicklung Ludwigs XIV., obwohl sie mit dem ganzen weiteren Verlauf nur sehr lose verknüpft ist.

Der geschlossene Eindruck, den der Roman in der vorliegenden Ausgabe macht, ist ihm jedoch in der Originalfassung nicht zu eigen. So lobenswert im allgemeinen die Konzeption dieses Dumas-Werkes ist, darf doch nicht verschwiegen werden, daß der Autor auch darin ganz nach dem alten guten Schema des Sensationsschriftstellers arbeitet. Auf jedes interessante Kapitel läßt er mindestens drei uninteressante folgen. Ich möchte hier ein Bild gebrauchen. Ich möchte die Lektüre eines solchen Romans mit einem Ritt vergleichen. Das Pferd ist der Leser, der Autor der Reiter. Er jagt ihn durch eine Menge von Fährnissen und Klippen, läßt ihn nicht zu Atem kommen, drückt ihm den Sporn von tausend Spannungen in die Flanke, und wenn er ihn ermattet glaubt, dann führt er ihn in ganz langsamem Schritt über eine völlig ebene Fläche, auf der es gar keine Aufregungen, aber auch herzlich wenig Futter gibt. Sand, trockener Sand, darin das Rößlein sich verschnaufen kann, sich aber auch von neuem nach einem flotten Galopp sehnt. Da macht kein moderner Leser mehr mit. Er würde diese überflüssigen Kapitel entweder überschlagen oder aber den Roman ungeduldig beiseitelegen. »Zehn Jahre später« im Original zu lesen, ist wirklich eine Geduldsprobe, bei der wir versagen. Was nützen uns auch hinreißende Kapitel, wenn wir jedes einzelne durch eine immer wiederkehrende Folge von Langweiligkeiten entgelten müssen? Der »Graf von Bragelonne« wäre für die Lesewelt unserer Zeit verloren, und das wäre denn doch sehr schade, denn er ist ein Roman, an dem man seine Freude haben kann. Aber nur in einer Bearbeitung, wie sie hier dem Publikum geboten wird. Nach dem Unterschied der Seitenzahlen des Originals und dieser Ausgabe, erscheint auf den ersten Blick die Kürzung beträchtlich; sie ist es jedoch nicht. Es fehlt keine für die Handlung wichtige Szene – nur lästiger Ballast ist entfernt worden, wofür der Leser, wenn er die letzte Seite des Buches umgeschlagen hat, dem Bearbeiter Dank wissen wird. Es sei hier nebenbei erwähnt, daß die Einteilung des Werkes in Bücher und Kapitel neu und Eigentum des Bearbeiters ist.

Noch ein paar Worte über diejenigen Personen des Romans, die historisch sind! Es wird den Leser interessieren, die Dichtung mit der Wahrheit zu vergleichen.

Ludwig XIV., der Große, Sohn Ludwigs XIII. und Annas von Oesterreich, 1643-1715. Während seiner Jugend riß seine Mutter die Regentschaft an sich, sie wurde später ganz machtlos in den Händen ihres ersten Ministers Mazarin, zu dem sie übrigens in intimem Verhältnis gestanden haben soll. Der junge König, 1660 mit Maria-Theresia, Infantin von Spanien, vermählt, erregte zuerst keine großen Erwartungen. Aber sofort nach Mazarins Tode übernahm er die selbständige Leitung des Staates, duldete keinen ersten Minister mehr, verdrängte seine Mutter völlig aus den Regierungsgeschäften und erhob die Lehre von der königlichen Allmacht zum halbreligiösen Dogma, wobei er allerdings aufs ehrlichste bestrebt war, durch strengste Erfüllung der königlichen Pflichten diese Vergötterung auch zu verdienen. Seine erste bedeutsame Tat war die Reorganisation der Finanzen, welche völlig in den Händen des Oberintendanten Fouquet lagen, und indem er diesen Minister stürzte und den weit bedeutenderen Staatsmann Colbert mit viel geringeren Privilegien und Befugnissen an seine Stelle setzte, vollbrachte er eine Tat, die zunächst von höchst vorteilhafter Wirkung für das Land war. Die späteren Kriege freilich verschlangen das Geld, das durch Colberts weise Verwaltung an den Tag gefördert wurde, sehr rasch wieder, und es riß von neuem eine furchtbare Finanznot ein, die zu den drückendsten Steuerlasten für Stadt und Land führte. Seine Kriege führte Ludwig XIV. im allgemeinen mit Glück durch, nur der letzte, der Spanische Erbfolgekrieg, endete unheilvoll und brachte Frankreich fast an den Rand des Zusammenbruchs. Die ungeheure Kriegssteuer, die nötig geworden war, stürzte das Volk in Armut, und bei allem hatte das Reich sich auch noch eine kolossale Schuldenlast aufgebürdet, welche dann sehr viel zur Förderung der Revolution beitrug. Dennoch nennt man noch heute die Zeit Ludwigs XIV. das »große Jahrhundert«, das auch in Literatur und Kunst einen Höhepunkt bezeichnet.

Anna von Oesterreich, älteste Tochter Philipps III. von Spanien, 1601-1666. Sie war noch nicht 15 Jahre alt, als man sie mit Ludwig XIII. von Frankreich vermählte. Sehr schön, sehr leidenschaftlich, lebte sie mit ihrem schwachen, mürrischen Gatten in unglücklicher Ehe. Die politischen Mißhelligkeiten, die ihre Opposition gegen Richelieu, Ludwigs XIII. Premierminister, und ihre geheime Verbindung mit dem spanischen Hofe mit sich brachte, führten zum völligen Bruch zwischen beiden, und erst in den letzten Jahren des Königs kam es wieder zu einer Annäherung. Nach dem Tode ihres Mannes wußte sie im Widerspruch gegen das königliche Testament, das einen Regentschaftsrat bestellte, das Parlament zu veranlassen, daß ihr allein die Regierung übertragen wurde. Sie empfand dann später die Ohnmacht, zu der ihr Sohn sie verurteilte, bis an ihr Ende um so drückender.

Maria Theresia, Infantin von Spanien, Tochter Philipps IV. von Spanien und Elisabeths von Frankreichs (Schwester Ludwigs XIII.), 1638-1683, war 22 Jahre alt, als man sie mit Ludwig XIV. zur Bürgschaft des Pyrenäischen Friedens verehelichte. Sie war also fünf Jahre älter als ihr Gemahl, woraus sich die in ihrem Eheleben sehr bald entstehende Entfremdung erklärt. Von ohnmächtiger Eifersucht verzehrt, überließ sie sich religiöser Schwärmerei. Von ihren sechs Kindern blieb nur der Dauphin, der Erstgeborene, am Leben.

Philipp von Orléans, Ludwigs XIV. jüngerer Bruder, vordem Herzog von Anjou, 1640-1701. Seine Nachkommen bilden das heutige Haus Orléans. Seine Erziehung wurde sehr vernachlässigt, und er entartete bald zum Schwächling und Lüstling. Nach Henriette von England heiratete er Elisabeth Charlotte von der Pfalz. An der Regierung nahm er nie teil.

Henriette Anna, Herzogin von Orléans, Tochter Karls I. von England und der Henriette Marie von Frankreich, 1644-1670. Als sie Philipps Gemahlin wurde, zählte sie 17 Jahre. Schön und geistreich, anmutig und kokett, wurde sie der Mittelpunkt des Hofs. Ludwig bediente sich ihrer als Geschäftsträgerin zwischen Paris und London. 1670 reiste sie nach England, angeblich einer Einladung ihres Bruders Karls II. folgend, in Wahrheit aber, um diesen zum Bundesgenossen Ludwigs XIV. im Kriege gegen die Niederlande zu werben, was ihr auch gelang. Kurz nach ihrer Rückkehr starb sie ganz plötzlich.

Gaston von Orléans, dritter Sohn Heinrichs IV. und Bruder Ludwigs XIII., 1608-1660, war das Haupt einer großen Reihe von Verschwörungen, erst gegen Richelieu, dann gegen Mazarin. An einer derselben war auch die Herzogin von Chevreuse beteiligt. Nach Ludwigs XIII. Tode hatte er eine Zeitlang Anteil an der Regierung. Während der »Fronde« trat er gegen Mazarin auf. 1652 verwies Ludwig XIV. den ewigen Störenfried für immer vom Hofe, und er hat dann sein Schloß zu Blois nicht mehr verlassen.

Mazarin, eigentlich Mazarini, 1602-1661, Sohn eines sizilianischen Edelmannes, begann seine Laufbahn nach kurzem Studium der Rechte als Offizier im päpstlichen Militärdienst. Als Gesandter des Vatikans kam er mit Richelieu in Berührung, der ihn alsbald für seine Zwecke gewann und ihm, nachdem er in Rom viel für Frankreich getan, den Kardinalshut verschaffte. Sterbend empfahl Richelieu ihn dem König zu seinem Nachfolger. Er wurde Staatsrat, Mitglied des Regentschaftsrats und nach dem Tode des Königs, indem er in ein Liebesverhältnis zur Königin-Witwe trat, alleiniger Leiter des Reichs. Das blieb er, trotz aller Gegenströmung, bis zu seinem Tode. Selbst Ludwig XIV. vermochte sich, solange M. lebte, nicht seiner Herrschaft zu entziehen. Die Jahre der »Fronde« waren seine schwerste Zeit, doch nach dem mühsam errungenen Siege saß er um so fester im Sattel. Er war unstreitig der größte Diplomat seiner Zeit. Seine stärksten Erfolge waren das Bündnis mit England und die Demütigung Spaniens. Weniger genial als Richelieu, wußte er doch geschickt zu vollenden, was die »rote Eminenz« begonnen hatte. Sein unermeßliches Vermögen erbte der Marquis von Lameilleraie, der M.'s Nichte, Hortensia von Mancini, heiratete.

Fouquet, 1615-1680, Staatsmann, leistete in den Kämpfen der »Fronde« Mazarin sehr wertvolle Dienste, wurde dafür 1653 von diesem zum Finanzminister erhoben und erhielt sich lange Zeit die Gunst des Hofs dadurch, daß er die Geldbedürfnisse des Königs und seiner Familie stets aufs ausgiebigste zu befriedigen wußte. Später schoß er selbst dem Staate Geld vor und ließ sich gegen solche Vorschüsse ganze Staatseinnahmen verpfänden, so daß in der Tat seine Macht auf Grund des Geldes in manchen Gebieten der Verwaltung größer war als die des Königs selbst. Das waren Zustände, die einem Ludwig XIV., der keinen neben sich dulden mochte, unerträglich waren. Fouquet hat auch alle Anstrengungen gemacht, sich zum ersten Minister aufzuschwingen und energisch gegen Ludwig XIV. intrigiert, indem er sogar Anna von Oesterreich umwarb. Von Colbert gewarnt, beschloß der König, ihn unschädlich zu machen. 1661 ward Fouquet verhaftet. Der lange und mit übertriebener Härte gegen ihn geführte Prozeß führte zur Verurteilung Fouquets. Ludwig hatte ein Todesurteil gewünscht, das Gericht erkannte nur auf ewige Verbannung; der König aber verschärfte die Strafe zu lebenslänglichem Gefängnis.

Colbert, Sohn eines vermögenden Kaufmanns, 1619 bis 1683, wurde an Mazarin empfohlen und hielt in der Sturmzeit der »Fronde« treu zu ihm, wofür Mazarin ihm noch im Tode durch Empfehlung an Ludwig XIV. dankte. Colbert trug sehr viel zur Beseitigung der liederlichen Finanzwirtschaft Fouquets bei, trat dann selbst an die Spitze der Verwaltung und leitete alsbald eine Periode der größten Reformen und der höchsten innern Leistungen des französischen Königtums ein. Ihm verdankt, obwohl Colbert stets ein energischer Förderer der Monarchie geblieben ist, der dritte Stand unendlich viel, indem C. eine gleichmäßige Besteuerung einführte, die Unzahl der Beamten und Pensionäre verminderte und zum erstenmal eine gewissenhafte Balanzierung der Staatseinnahmen und -ausgaben anstrebte. Die fortwährenden Kriege Ludwigs XIV. vereitelten allerdings manche seiner Pläne und zerstörten immer wieder einen großen Teil des Segens, den sonst seine Verwaltung hätte stiften müssen. Er organisierte das Zollwesen, schuf Handelsgesetze, regelte Handel und Verkehr nach gesunden weitblickenden Grundsätzen und sorgte dafür, daß im Lande selbst Fabriken für unentbehrliche Bedarfsartikel gegründet wurden. Ebenso Großes schuf er auf dem Gebiete des Seewesens und der Kolonien. Bei seinem Tode war Frankreich die größte Kolonialmacht der Welt. Mit gleichem Glück hob er Kunst und Wissenschaft, schuf Akademien, Schulen, Bibliotheken und Sternwarten. Er war ein arbeitskräftiger, ideenreicher Kopf, fast noch schöpferischer als Richelieu. Dennoch erreichte er nicht, was er wollte, weil er sich auf die Dauer nicht gegen den Absolutismus Ludwigs XIV. zu behaupten wußte, dessen Kriegslust ihn um die Früchte seiner Arbeit brachte. Zuletzt war das Volk über neue Steuern so sehr erbittert, daß es den Leichenzug C.'s angriff, um an dem Toten, der sein Leben dem Wohl des Staates gewidmet, Rache zu nehmen. Jedenfalls war C. nie der kleinliche Intrigant, als den Dumas ihn zuerst erscheinen läßt.

Karl II., König von Großbritannien und Irland, 1630 bis 1685, mußte 1646 nach Frankreich fliehen, nahm aber 1649 nach der Hinrichtung seines Vaters Karls I. sogleich den Königstitel an, ging 1650 nach Schottland, fiel 1651 in England ein und mußte, bei Worcester völlig geschlagen, abermals nach Frankreich flüchten. Er unterhielt mit der Royalisten-Partei und namentlich mit General Monk stets eine geheime Verbindung und wurde 1660 nach dem Sturz der Republik vom Parlament zurückgerufen. Er war ein fröhlicher, aber nichts weniger als sittenstrenger König, der es, was die Zahl der Mätressen anbetrifft, dem König von Frankreich fast noch zuvortat. Auch nach außenhin war seine Regierung wenig würdevoll.

Monk, englischer Feldherr, 1608-1670, blieb im Anfang der englischen Revolution Karl I. treu, ging dann aber zur Parlamentspartei über. Nach Cromwells Tode trat er dem General Lambert entgegen, der die bürgerliche Gewalt niederzuwerfen trachtete, besiegte ihn und erlangte dann die Bildung eines neuen Parlaments, das den König wieder auf den Thron setzte. Seine langjährige geheime Verbindung mit Karl II. während des Protektorats ist nachgewiesen.

Maria Mancini, Nichte Mazarins und Jugendgeliebte Ludwigs XIV., 1639-1715. Eine berühmte Schönheit, gewann sie das Interesse und die Zuneigung des Königs, doch billigte Mazarin das Verhältnis nicht, entfernte sie vom Hofe und vermählte sie 1661 mit dem Fürsten Colonna von Neapel. Sie entfloh 1672 ihrem Gatten und kehrte an den Pariser Hof zurück, doch gelang es ihr nicht mehr, den König zu fesseln. Bis 1634 lebte sie dann in einem spanischen Kloster. – Ihre Schwester Olympia hatte längere Zeit eine Stellung als Surintendantin bei Hofe, da sie aber gegen mehrere Mätressen des Königs komplottierte, verwies Ludwig sie. Später stand sie in Beziehungen zu der berüchtigten Giftmischerin Voysin. Doch ist nicht bewiesen worden, ob sie wirklich ihren Gemahl, den Grafen von Soissons, und die Königin von Spanien vergiftet habe.

Luise von Labaume-Leblanc und von Lavallière, 1644-1710, wurde Ehrendame der Herzogin von Orléans, und obwohl sie nicht schön war, ja sogar ein wenig hinkte, bezauberte sie durch liebenswürdiges Wesen und große Anmut Ludwig XIV. Von 1661-1667 etwa war sie seine Geliebte, sie gebar ihm vier Kinder. Es ist Tatsache, daß allerlei Kriegslisten und Verführungskünste angewendet werden mußten, um ihre Keuschheit zu besiegen, obwohl es der König war, der um sie warb. Von 1667, wo der König sich der Montespan zuwandte, bis 1674 führte sie bei Hofe das traurige Dasein einer gestürzten Mätresse; dann trat sie in das Kloster der Karmeliterinnen zu Paris, wo sie als Luise von der Barmherzigkeit bis zu ihrem Tode blieb. Sie war die charaktervollste von allen Mätressen Ludwigs.

Athenais von Montespan (bei Dumas eine geborene Tonnay-Charente), die Tochter Gabriels von Rochechouart, Herzogs von Mortemart, kam erst durch ihren Mann, den Marquis von Montespan, als Ehrendame an den Hof, wo sie weniger durch Schönheit als durch Witz und Schlagfertigkeit die Aufmerksamkeit des Königs auf sich zog. Ihr Regime liegt in den siebziger Jahren, dann wurde sie dem König zu arrogant, zumal sie auch durch den Giftmischerprozeß gegen die Voysin, in welchem sie mitbelastet war, sich stark kompromittiert hatte. Sie gebar Ludwig XIV. fünf Kinder, als deren Erzieherin man Frau von Maintenon bestellte, welche nach ihr die bevorzugte Mätresse des Königs wurde. 1691 mußte sie den Hof verlassen.

Herzogin von Chevreuse, geborene Marie von Rohan, 1600-1679, eine berüchtigte Intrigantin, deren Haupttätigkeit in den Jahren der »Fronde« lag. In diesem Schlußbande der Romantrilogie sehen wir sie nur noch als erloschenen Stern.

Der Mann mit der eisernen Maske: ein geheimnisvoller Staatsgefangener aus der Zeit Ludwigs XIV. Ueber diese mysteriöse Persönlichkeit gibt es eine große Zahl von Legenden. Tatsache ist, daß er in den Büchern der Bastille unter dem Namen Marchioli geführt wurde (Dumas schreibt Marchiali). Alle Deutungen wurden als falsch nachgewiesen. Heute gilt als feststehend, daß es ein gewisser Mattioli war, Minister des Herzogs Karl Ferdinand von Mantua, den Ludwig XIV. verhaften und nach Pignerol schaffen ließ. Von dort kam er, als der Gouverneur des Pigneroler Gefängnisses versetzt wurde, mit ihm nach der Insel Marguerite und dann erst in die Bastille.

Dr. Hermann Eiler.


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