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X. Ueberraschung.

Während das vorhergehende Gespräch zwischen Pastrini und dem Banditen Peppino stattfand, dachte Benedetto sehr ernst über das Geheimnis nach, in welches sich sein Nachbar vom ersten Stock zu hüllen schien. Dann setzte er sich rasch, als wäre er von einem plötzlichen Gedanken ergriffen worden, und machte Feder und Papier zurecht, um zu schreiben.

»Ja,« sagte er, »ich muß durchaus wissen, wer mein Nachbar ist. Mein Plan ist vortrefflich, und ich sehe schon jetzt das herrlichste Resultat davon voraus.«

Darauf schrieb er folgenden Brief:

»Eine Person, welche Eure Exzellenz außerordentlich ehrt und schätzt, erfährt soeben, daß Eurer Exzellenz Geheimnis in Rom entdeckt ist. Eure Exzellenz mögen mir gestatten, Sie davon zu benachrichtigen, weil ich nicht möchte, daß Ihnen die geringste Unannehmlichkeit begegnete.«

»Ihr sehr wohlgewogener
Graf von Monte Christo.«

»Ha,« murmelte Benedetto, »das ist ein vortrefflicher, wundervoller Gedanke!« Damit setzte er den berühmten Namen unter den Brief. «Dieser Mensch ist überall und von jedermann gekannt; mein geheimnisvoller Nachbar wird deshalb der Warnung, die ich ihm sende, nur um so mehr Glauben schenken. Ist es jemand, der seinen wirklichen Namen zu verbergen wünscht, in welche Verwirrung, welchen Schreck, wird er dann geraten! Findet das Gegenteil statt, so wirft er den Brief verächtlich beiseite und betrachtet dabei den edlen Herrn als einen niedrigen Intriganten.«

In diesem Augenblicke erschien Maestro Pastrini, der mit allen möglichen Zeichen der lächerlichsten Unterwürfigkeit, noch bevor er eintrat, um die Erlaubnis bat, in das Zimmer zu kommen.

»Nur herein,« sagte Benedetto, indem er den Brief schloß.

»Hier ist das Billet, das Eure Exzellenz für das Theater Argentino befohlen haben. Es wird morgen die Oper Semiramis gegeben, in welcher die beiden jungen Damen d'Armilly zum zweiten Male debütieren.«

»Gut!«

»Eure Exzellenz haben mir keine weiteren Befehle zu erteilen?«

»Sie haben sogleich diesen Brief an Ihren Gast im ersten Stockwerk zu übergeben.«

»Wie, Eure Exzellenz! – Aber er will durchaus keine Briefe empfangen.«

»Was? – Maestro Pastrini, das sind neue Ausreden – unnütze Schwierigkeiten – wenn ich befehle. Was ich will, das will ich, verstehen Sie mich wohl? Sie werden diesen Brief übergeben, das ist so mein Verlangen, und nun keine Bemerkungen weiter.«

»Ich gehorche, Eure Exzellenz,« entgegnete Pastrini mit heuchlerisch demütigem Wesen, nachdem er einen Blick auf den Brief geworfen hatte, »indes erlaube ich mir, die untertänigste Bemerkung zu machen, daß ich keine Adresse sehe, und ein Brief ohne eine solche ist eine sehr seltene Sache. Wie soll ich ihm nun begreiflich machen, daß Eure Exzellenz wirklich an ihn diesen Brief richteten?«

»Wahrhaftig, Maestro Pastrini, man muß eingestehen, daß Sie einen sehr harten Kopf haben! Findet sich bei Ihnen nicht irgend ein Blättchen Blei, ein Stück Pergament, kurz irgend etwas der Art, worin Sie diesen Brief hüllen können, um ihn dann zum Beispiel in die Rinde eines Puddings zu stecken?«

Maestro Pastrini zuckte die Achseln und entgegnete mit einer gewissen Verlegenheit:

»Das wäre ein schmachvoller Mißbrauch, der den Ruf meiner Küche gefährden könnte.«

»Beruhigen Sie sich, Ihr Gast wird davon nicht sprechen, und der Ruf Ihrer Küche daher von dieser Seite nichts zu leiden haben. Wahrlich, Maestro Pastrini, Sie könnten mit Ihren Zweifeln und Ausflüchten in mir den Glauben erwecken, daß zwischen Ihnen und Ihrem geheimnisvollen Gaste ein näherer Zusammenhang besteht – Ich, der ich, wie Sie wissen, ein Student aus der Picardie bin, welcher reist, um sich in den schönen Künsten zu unterrichten, indem er die Denkmäler der Architektur des Altertums sowie der neuern Zeit, sorgfältig studiert, ich habe die Gewohnheit, Geheimnisse nicht ausstehen zu können. Verstehen Sie mich? Ueberdies erkläre ich Ihnen auch noch, daß ich Ihrem Gaste gewaltig mißtraue, oder mit andern Worten, ich hege den Argwohn, daß er in den Geheimnissen der Chemie und der Experimentalphysik sehr erfahren ist, ungerechnet noch, daß er zu den besten Architekten Europas gehört; ich bin daher auch fest entschlossen, mit ihm zu sprechen; ich will es! Gehen Sie also, Maestro Pastrini, der Zufall wird Ihnen dienen. Vielleicht finden Sie so eine gute Gelegenheit, von dem, was Sie betrifft, mit dieser Art von Unbekannten zu sprechen, der wohl fähig sein dürfte, Ihnen durch die Hilfe seiner schwarzen oder weißen, stets aber unfehlbaren Magie den Tag und die Stunde Ihres Todes voraus zu sagen.«

Maestro Pastrini, der im Grunde vor Verlangen starb, mit seinem Gast aus der ersten Etage zu sprechen, fügte sich endlich in den Willen Benedettos und übernahm die Abgabe des Briefes.

Kehren wir jetzt zu Peppino zurück und beobachten wir alles, was er in dem Hause des mutmaßlichen Agenten der französischen Regierung vornahm.

Peppino folgte buchstäblich den Andeutungen, die er über die Wohnung des armen zu Grunde gerichteten Barons, gegenwärtigen Portiers im Theater Argentino, empfangen hatte. Er fand sie ohne Mühe und Hindernis, doch erst nachdem er sich zuvor zu seinem Bankier begeben hatte, – die römischen Banditen stehen beständig mit irgend einem rechtschaffenen Wucherer in Verbindung, den sie ihren Bankier nennen – um von ihm eine gewisse Summe Geldes zu erlangen. Als ein in seinem Geschäft als Bandit sehr erfahrener Mensch besichtigte er genau das Haus, die Tür, das Fenster; kein Ausgang entging seiner Aufmerksamkeit. Nachdem er sich überzeugt hatte, daß es unmöglich sein würde, mit Gewalt einzudringen, nahm er seine Zuflucht zur List und pochte an die Tür.

Einige Augenblicke darauf ließ sich die Stimme des Herrn von Danglars vernehmen, welchem Peppino antwortete:

»Ich will Eurer Exzellenz nur einen Brief übergeben.«

»Oho! Schon wieder jemand, der mich Exzellenz nennt,« murmelte Danglars und fügte dann laut hinzu:

»Sie sagen, daß Sie einen Brief an mich haben? Von wem ist er?«

»Das weiß ich selbst nicht, Exzellenz. Ich kann nur sagen, daß er aus Frankreich kommt.«

»Aus Frankreich!« wiederholte Danglars mit leiser Stimme, indem er seine Stirn sich mit Schweißtropfen bedecken fühlte. »Freund,« fügte er dann laut hinzu, »das muß unbedingt ein Irrtum sein. Wer schickt den Brief?«

Peppino war einige Augenblicke wegen der Antwort in Verlegenheit; indes faßte er sich bald und entgegnete:

»Ein Herr, der bei Maestro Pastrini, Via del Corso, wohnt.«

»Das ist dieser Andrea Cavalcanti,« dachte Danglars und öffnete die Tür.

Peppino trat in das Zimmer des armen Teufels von Portier bei dem Theater Argentino, nachdem er vorsichtig die Straßentür wieder geschlossen hatte. Dann steckte er die Hand in die Brust, fuhr mit Blitzesschnelle auf den Bewohner zu und setzte ihm die scharfe Spitze eines Dolches an die Kehle.

»Wenn Sie den leisesten Schrei ausstoßen, Herr Baron,« sagte er dabei, »so durchbohre ich Ihnen die Gurgel.«

Die Ueberraschung des Barons war so groß, daß er für den Augenblick die Sprache verlor. Leichenblässe bedeckte sein Gesicht, und er zitterte so sehr an allen Gliedern, daß sein Anblick Mitleid einflößen mußte.

»Beruhigen Sie sich, Herr Baron,« sagte Peppino mit dem gutmütigsten Wesen von der Welt; »das soll durchaus nicht heißen, daß ich die Ehre haben will, Ihnen die Kehle abzuschneiden, sondern es ist nur eine kleine Warnung, welche in das Wasser fällt, sobald Eure Exzellenz es für gut erachten, nicht zu schreien.«

»Was wollen Sie von mir?« fragte Danglars, indem er eine gewaltsame Anstrengung machte, seine Furcht abzuschütteln.

»Nichts ist einfacher, mein Herr,« erwiderte Peppino. »Ich weiß alles; ich kenne besser als irgend jemand den Zweck Ihrer Anwesenheit in Rom. Indes besteht dabei ein kleines Geheimnis, welches ich im Namen des Signor Luigi Vampa kennen lernen möchte, in dessen Hände Eure Exzellenz bereits die Güte hatten, die Kleinigkeit von sechs Millionen Franks zu überliefern.«

»Das ist nicht übel!« sagte Danglars, der sich allmählich von seiner Ueberraschung erholte. »Sie begehen den unverzeihlichen Irrtum, das Zeitwort »rauben« mit dem Zeitwort »überliefern« zu verwechseln. – Ohne diesen Verstoß gegen die Grammatik hätten Sie sagen müssen: des Signor Luigi Vampa, dessen Hände mich meiner sechs Millionen Franks beraubten.«

»Nun, wie Sie wollen, Exzellenz: wir haben so unsere eigene Grammatik und ich erkläre Ihnen, daß ich vollkommen unbußfertig in dieser Beziehung sterben werde, denn ich bin fest entschlossen, unserer Grammatik buchstäblich zu folgen, solange der gute Gott mir das Leben läßt. – Aber um wieder auf besagten Hammel zurückzukehren. Eure Exzellenz haben dieses kleine Mißgeschick durch den Herrn Grafen von Monte Christo, der auch Sindbad der Seemann genannt wird, erlitten, und wie das ganz natürlich ist, werden Sie ohne Zweifel gegen denselben darüber einen Groll bewahren. Gewiß, ich mache Eurer Exzellenz das nicht zum Verbrechen; die Meinungen sind frei, Herr Baron. Was mich betrifft, so hege ich ganz die entgegengesetzte von Ihnen, denn weit entfernt, dem Grafen zu zürnen, würde ich durch das Feuer für ihn gehen. Sie sehen also, daß wir einen ganz verschiedenen Weg verfolgen. Sie haben ohne Zweifel geschworen, die Eiche zu fällen; ich leistete den Eid, sie zu stützen. Kommen wir jetzt zum Schluß, Herr Baron. Luigi Vampa hat die Ehre, Eurer Exzellenz mit der Freimütigkeit und Redlichkeit, die ihn charakterisieren, den folgenden Handel vorzuschlagen: Eure Exzellenz nennen mir Ihre Verbündeten, Sie vereinigen dieselben in einer ganz geheimen Versammlung im Kolosseum und empfangen dagegen tausend Florins, von denen ich Ihnen schon jetzt einige aus Abschlag auszahlen kann.«

Der Vorschlag des Banditen war im höchsten Grade überspannt und sonderbarer als irgend einer, den der Baron Danglars ersinnen oder erwarten konnte. Er riß die Augen groß auf und suchte sich zu überzeugen, daß er nicht das Spielwerk eines Traumes sei. Peppino begriff dies; er erhob den Arm und ließ mit der rechten Hand die Klinge seines Dolches blitzen, während er mit der Linken die Börse schüttelte, welche die Silberstücke enthielt, deren Klang in dem Herzen des Herrn von Danglars ein sehr angenehmes Gefühl erweckte.

»Mein Herr,« sagte er, »ich weiß wahrlich nicht, was Sie meinen. Sie sprechen von Verbündeten; wären Sie wohl so gütig, mir zu sagen, wo ich diese habe? Wissen Sie denn nicht, daß ich für den Augenblick weiter nichts bin als Portier im Theater Argentino? Ich mache durchaus keine Handelsgeschäfte.«

»Das sind Geschichten, Herr Baron. Der Augenblick, sich zu verstellen, ist schlecht gewählt. Die Münze, die Sie mir bieten, hat keinen Kurs. Wir wissen sehr gut, daß Sie ein Agent der französischen Regierung sind, und daß Sie an dem Untergange des Grafen von Monte Christo arbeiteten.«

»Ich? – Ich?« rief Danglars. »Alles, was ich von diesem Menschen weiß, ist, daß er mir als eine Art von Mythe erscheint, ähnlich den Zähnen der Sibylle von Cumä.«

»Sprechen Sie, Herr Baron!«

»Ich habe sagen hören, der Graf von Monte Christo sei das Opfer eines beträchtlichen Diebstahls geworden, durch den seine Angelegenheiten ziemlich zerrüttet wären.«

Peppino lächelte verächtlich, indem er die Achseln zuckte.

»Und was soll man ihm denn gestohlen haben?« fragte er.

»Nicht etwa Geld, sondern eine sehr außerordentliche Sache, einen Talisman, durch dessen Hilfe er alles erlangte, was er wünschte, und seine entsetzliche Rachgier befriedigte!«

»Das machen Sie einem andern weis,« sagte Peppino.

»Und was für eine Art von Talisman sollte denn das gewesen sein?«

»Eine Totenhand!« erwiderte Danglars.

Peppino erblaßte und zitterte.

»Man sagt,« fuhr der Baron fort, »der vorgebliche Graf von Monte Christo, der solange durch seine Pracht und seine überspannten Launen die Bewunderung Europas erregte, sei in das tiefste Elend versunken, seitdem man ihm seinen Talisman raubte; das ist alles, was ich weiß.«

Peppino besaß jenen Grad des Aberglaubens, der im Herzen aller Italiener der niedern Stände ruht und der sozusagen die Religion dieser schwachen Geister bildet, für welche jedes Wort der Bibel, jede Bewegung der Offizianten am Altare ebensoviel Mysterien sind, welche sie ganz einfach aus ererbter Gewohnheit verehren.

Peppino, der verwegene, unerschrockene Bandit, der in seinem gewöhnlichen Geisteszustände mit der vollkommensten Gleichgiltigkeit einen Menschen niedergeschossen haben würde, in dessen Börse er einige Goldstücke vermutete, hätte nicht den Mut gehabt, nur mit der Spitze einer Nadel m den Arm einer Leiche zu stechen. Weit eher würde man ihn ehrerbietig neben dem leblosen Körper haben niederknien sehen, um ein Gebet für die Ruhe der Seele, die diesen Körper verlassen hatte, zu murmeln. Die soeben vernommene Erzählung brachte daher im Verein mit dem, was Maestro Pastrini ihm bereits gesagt hatte, auf ihn einen sehr lebhaften Eindruck hervor, der, wie wir zu sagen uns beeilen, weit entfernt war, dem Grafen von Monte Christo, welchem er gleichwohl sein Leben verdankte, günstig zu sein.

Alle Gefühle der Sympathie, welche ihm dieser Mann durch seine unbegrenzte Macht und seine freie Meinung über die gesellschaftlichen Vorurteile eingeflößt hatte, erloschen augenblicklich in dem Herzen des Banditen, sobald in ihm die Ueberzeugung entsprang, die unbeschränkte Macht, welche ihm als die herrlichste Gabe dieses außerordentlichen Menschen erschienen war, gründe sich auf eine so entsetzliche Tatsache, wie die ist, eine Totenhand zu besitzen, die er ohne Zweifel mit gotteslästerlicher Verwegenheit abgeschnitten hatte, so das Geheimnis der Toten profanierend und den Frieden der Gräber störend. Wenn aber auch die Sympathie verschwand, so blieb dennoch die Dankbarkeit mit den Pflichten, die sie auferlegt, zurück, und Peppino schwur sich, das Leben des Grafen zu retten, wie der Graf das seinige gerettet hatte.

»Herr Baron,« sagte er daher, »wie sonderbar auch das klingt, was Sie mir soeben erzählt haben, hebt es nicht auf, was ich Ihnen in Bezug auf Ihre Bundesgenossen gesagt habe.«

»Schon wieder! – Aber wer sollen denn diese Bundesgenossen sein? – Ich sagte Ihnen schon, daß ich keine Handelsgeschäfte mache und also auch keine Associés habe.«

»Lassen Sie uns keine Zeit verlieren,« entgegnete der Bandit. »Wenn Sie das verweigern, was ich von Ihnen verlange, so töte ich Sie!«

»Ich schwöre Ihnen, daß Sie sich täuschen, mein Herr.

Man hat Sie schlecht berichtet – ich verfolge den Grafen von Monte Christo keineswegs.«

»Nun gut, ich will Ihnen glauben; aber dann sagen Sie mir, wer es ist, der diese sonderbare Reliquie oder diesen Talisman geraubt hat. Dafür gebe ich Ihnen tausend Florins.«

Dieser Vorschlag mißfiel dem Herrn von Danglars keineswegs, und er war geneigt, alles zu sagen.

»Darf ich auf Ihre Verschwiegenheit rechnen?« fragte er.

»Ja, Exzellenz,« erwiderte Peppino.

»Nun, gut denn – so zählen Sie gefälligst das Geld auf.«

»Der Teufel,« sagte Peppino, indem er Danglars das Geld in die Hände zählte, »Sie haben es sehr eilig. Ueberlegen Sie wenigstens, Herr Baron, daß, wenn Euer Exzellenz nicht die strengste Wahrheit sagt, es sich um Ihr Leben handelt! – Hier ist das Geld.«

»Und auch die Wahrheit!« fügte Danglars hinzu, indem er, ohne sich zu besinnen, fortfuhr: »In dem Hotel des Maestro Pastrini, im zweiten Stock, Tür Nr. 2, wohnt ein Herr, der aus Frankreich gebürtig ist und, wenn man ihm glauben darf, die dem Grafen von Monte Christo gestohlene Relique besitzt. Ich habe mit meinen eigenen Augen in einem kleinen Ebenholzkästchen, mit Beschlägen von poliertem Stahl, die Totenhand gesehen, bedeckt mit einem leichten Schleier von Gaze, und ich bemerkte an einem der Finger dieser bereits vertrockneten Hand einen goldenen Ring, auf dem ich einen eingegrabenen Namen zu unterscheiden glaubte.«

Der Baron verschlang mit den Blicken das Geld, das er in den Händen hielt, ganz verwundert darüber, daß eine so kleine Anzahl von Worten ihm eine so große Menge von Florins eingetragen hatte.

»Jetzt, Herr Baron, wenn Ihre Exzellenz sich die Mühe geben wollen, fortzufahren, mich über den Mann aufzuklären, welcher die Totenhand besitzt, so verspreche ich, Peppino, der Leutnant Luigi Vampas, Ihnen die Summe, welche Sie bereits empfangen haben, zu verdreifachen. Ich mache Sie aber dabei darauf aufmerksam, daß jeder Betrug unfehlbar Ihren Tod nach sich ziehen würde, wenn Sie die Wahrheit auch nur einen Augenblick verletzen.«

»Aber ich schwöre Ihnen, daß ich über diesen Menschen weiter nichts weiß.«

»Morgen oder übermorgen können Sie vielleicht etwas erfahren.«

»O, wenn es so ist, dann sage ich nicht nein. Der Handel gilt. Aber wo finde ich Sie?«

»Es ist nicht nötig, Exzellenz, Ihnen einen Ort des Zusammentreffens zu bestimmen, denn sobald Sie irgend etwas wissen, können Sie es ohne Bedenken dem Manne mitteilen, der Ihnen das Erkennungswort sagt: Treue für Vampa und Peppino.«

»Aber wo treffe ich diesen Menschen?«

»Ueberall,« entgegnete Peppino.

»Und das Geld?«

»Empfangen Sie aus seiner Hand.«

Bei diesen Worten nahm der Bandit Abschied von Danglars und entfernte sich, im höchsten Grade zufrieden mit seiner Unterredung, überzeugt, daß die Habgier Danglars das beste Mittel sein würde, seine Spionage zu betreiben. In der Tat rieb sich auch Danglars, als Peppino ihn kaum verlassen hatte, vergnügt die Hände und fing, das Herz von Freude erfüllt, zu glauben an, daß das Glück, endlich müde, ihn zu verfolgen, ihm von neuem wieder lächeln würde.

»Ganz gewiß,« sagte er zu sich selbst, »werde ich diesen Auftrag erfüllen. Er sagt mir zu. Es ist dabei wenig Arbeit, wenig Schwierigkeit und dennoch viel Geld zu verdienen; das ist ganz meine Sache.«

Er faßte sogleich den Vorsatz, seinen Ehrenposten als Portier des Theater Argentino niederzulegen, und gewiegt durch die süßesten Träume, schlief er ruhig ein und genoß bis zum Morgen des Schlafes des Gerechten und der Unschuld!

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