Hans Dominik
John Workmann der Zeitungsboy
Hans Dominik

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20. Kapitel

John Workmann hatte einen Job, eine Stellung bei Armour and Company, gefunden. Mr. Stuhrman wußte wohl, was er tat, als er den jungen Maschinisten mit in das Werk nahm. Sie brauchten dort bei Anbruch der wärmeren Jahreszeit dringend Hände für die großen Eismaschinen. Zum Betriebe gehörten ja auch gewaltige Kühlhallen, in denen Tausende von Rindern und Schafen ausgeschlachtet, aber unzerteilt in der Kälte hingen, bis sie in ebenfalls gekühlten Eisenbahnwagen nach allen großen Städten des Landes abtransportiert wurden.

John Workmann hatte seine neue Stellung. Er war ein kleines, unscheinbares Rädchen in dem Riesenbetriebe von Armour and Company geworden. Seine Aufgabe bestand darin, eine der großen Kältemaschinen, die von noch gewaltigeren liegenden Dampfmaschinen direkt angetrieben wurden, zu warten. Die Aufgabe war körperlich nicht anstrengend, sie erforderte nur eine gewisse Summe von skill, von Geschicklichkeit des Kopfes und der Hand. Es gab bisweilen kleine Störungen an diesen Maschinen, und der Witz des Maschinisten bestand darin, sie sofort im Entstehen zu bemerken und zu beheben. Kleinigkeiten, die heute von der fortschreitenden Technik längst beseitigt sind, die aber an den älteren hier noch im Betrieb befindlichen Maschinen des öfteren auftraten.

John Workmann hatte es im Laufe der ersten acht Tage heraus, den Gang seiner Maschine genau nach dem Gehör zu beurteilen. Schon an der Tür des schönen, großen Maschinensaales erkannte er sicher, ob die Ventile der großen Kompressoren richtig spielten. Mit sicherem Blick ersah er bereits am Glanze und der Politur einer hin und her gehenden Kolbenstange, ob die zugehörige Stopfbüchse richtig angezogen war oder nicht. Dann hatte er im Augenblick den Schraubenschlüssel bei der Hand und stellte die Büchse so, daß sie die nächsten Wochen tadellos lief. Aber John Workmann fühlte sich von dieser Tätigkeit noch weniger befriedigt als von der Arbeit auf der Farm und während des Viehtransportes. Im Laufe der Zeit hatte er seine Kollegen in der großen Maschinenhalle näher kennengelernt. Alte Leute waren darunter, die seit dreißig Jahren tagaus, tagein ihre Maschinen bedienten und darüber einseitig und stumpf geworden waren. Dann wieder junge Leute, die die Stellung nur für kurze Zeit angenommen hatten und anderen Zielen zustrebten. Zufriedenheit herrschte unter den Maschinisten nicht. Die einen taten ihren Dienst mit stumpfer Gleichgültigkeit, die anderen waren verbissen und schimpften weidlich auf die Reichen, für die sie sich placken mußten. John Workmann hatte den Eindruck, daß es unter dem Maschinenpersonal gärte, und faßte den Entschluß, sich bald nach etwas anderem umzusehen. Aber er wollte nicht in dem Betriebe gewesen sein, ohne ihn wenigstens kennengelernt zu haben. So genau und so eingehend, wie er sich vor Jahren den Betrieb des New York Herald angesehen hatte.

Nun aber fand er, daß das gerade für ihn, der er doch in diesem Betriebe angestellt war, vollkommen unmöglich war. Er kam durch sein bestimmtes Portal, drückte auf den Knopf der Kontrollmaschine, die seinen Eintritt in das Werk auf die Sekunde genau verbuchte auf einen Zettel, nach welchem später sein Wochenverdienst ausgeschrieben wurde. Er ging auf einem vorgeschriebenen Weg in den Maschinenraum und zog sich um. Er übernahm die Maschinenwache von seinem Vorgänger und hatte sie acht Stunden zu führen, um sie dann an seinen Nachfolger abzugeben. In drei Wachen oder Schichten von acht Stunden ging der Betrieb hier Tag und Nacht. Nach getaner Wache verließ er das Werk auf dem gleichen kurzen Wege, auf dem er gekommen war, und jede Möglichkeit, andere Teile desselben zu sehen, war ausgeschlossen.

Wenn Mr. Stuhrman zu Hause gelegentlich von seinen Arbeiten erzählte, von der eigentlichen Packerei, in welcher die fertigen Fleischkonserven in Büchsen gepackt und durch besondere Lötmaschinen luftdicht verlötet wurden, so klang ihm das wie die Geschichte aus einer anderen Welt. Oder wenn an Sonntagen Kollegen Stuhrmans zu Besuch da waren und von dem Betriebe in der eigentlichen Schlächterei berichteten, so glaubte er, von einem anderen Lande erzählen zu hören.

Nur einmal, als er bereits 14 Tage im Werk war, bot sich ihm Gelegenheit, wenigstens in das Innere der Kühlhäuser zu gelangen. Da waren die Rohrleitungen, durch welche die Kühlflüssigkeit auf einem Wege von vielen Kilometern die Kühlräume durchströmte, ihrer ganzen Länge nach zu revidieren. Jede Verbindung mußte daraufhin abgeklopft werden, ob sie auch wirklich völlig dicht sei. Leute wurden gebraucht, und John Workmann machte nach getaner Maschinenwache Überstunden. Mit einem Trupp von zwölf Mann kam er in die Kühlräume, und während er Stunde um Stunde die Leitungen absuchte, hier selbst eine Verbindungsmutter festzog, dort einen größeren Schaden für die Grundreparatur notierte, hatte er Gelegenheit, sich diese größte Fleischkammer der Welt genauer anzusehen. Was er sah, war Fleisch, Fleisch und wieder Fleisch, welches hier, bei einer Temperatur von einem Grad Celsius über Null, hing. Hunderte von gewöhnlichen Quecksilberthermometern waren in den weit ausgedehnten Hallen aufgehängt und gestatteten es, die Temperatur jederzeit abzulesen. Überdies waren an den wichtigsten Stellen der Hallen registrierende Fernthermometer eingebaut, welche den Stand der Temperatur fortlaufend elektrisch nach dem Verwaltungsbüro der Werke übertrugen. Jederzeit konnte man sich dort überzeugen, ob die Kühlung auch richtig arbeitete. Hing doch von ihrem guten Funktionieren Gedeih oder Verderb von Fleischmengen im Werte vieler Hunderttausende von Dollar ab.

Während John Workmann eifrig seine Arbeit besorgte, befolgte er doch andererseits den Rat, den ihm Mr. Miller in New York vor langer Zeit einmal gegeben hatte. Er stahl mit den Augen, was sich nur irgend stehlen ließ. Als er am ersten Tage dieser Tätigkeit das Werk verließ, hatte er den Plan und die Anlage der Kältehäuser so genau im Kopfe, daß er sie aufzeichnen konnte.

Aber auch diese Arbeit nahm ein Ende, und keine Gelegenheit bot sich, die anderen Teile des Betriebes kennenzulernen. Er fragte seinen Wirt, ob es nicht möglich sei, sich zur Reparaturkolonne versetzen zu lassen. Aber der lachte ihn einfach aus.

»No, my boy, quite impossible. Zur Reparaturkolonne nehmen sie nur die geschicktesten Schlosser und Mechaniker, welche die dortigen Maschinen von Grund auf kennen.«

»Wo bekommen sie denn aber diese Leute her? Einmal müssen es die doch auch irgendwo gelernt haben.«

»Sehr richtig, my boy, aber nicht in den Betrieben von Armour and Company, sondern in den Fabriken, wo die betreffenden Maschinen gebaut werden. Was meinen Sie, was so eine automatische Lötmaschine für ein kompliziertes Ding ist? Auf der einen Seite schiebt man fortwährend die Büchsen mit lose aufgesetztem Deckel hinein, und auf der anderen Seite kommen sie fix und fertig verlötet wieder heraus. Damit kennt sich nur jemand aus, der diese Maschinen in der Fabrik selbst von A bis Z zusammengesetzt hat. Wenn das Werk solche Maschinen kauft, übernimmt es immer einen Mann mit, der sie genau kennt. Da ist wenig Aussicht für Sie, in die Reparaturkolonne hineinzugelangen.«

John Workmann schwieg. Hier erfuhr er zum erstenmal in seinem Leben, daß es gar nicht so einfach sei, alles kennenzulernen. Er fühlte erst in diesem Augenblicke so recht, wie groß das Geschenk war, welches ihm Mr. Bennett mit der Erlaubnis, den Zeitungsbetrieb zu besichtigen, gemacht hatte. Er nahm sich mehr denn je vor, die Armour-Werke genau kennenzulernen, bevor er sie verließ. Einstweilen aber halfen ihm derartige Entschlüsse wenig. Er mußte wieder in seine Stellung bei der Eismaschine zurückkehren und dort seine Schichten Dienst tun.

Dort hatte die Mißstimmung inzwischen schärfere Formen angenommen. Einige Maschinisten hatten sich dem Ingenieur gegenüber aufsässig gezeigt und waren Knall und Fall im Zeitraum einer Viertelstunde entlassen worden.

John Workmann hatte an diesem Tage Nachtschicht von acht Uhr abends bis vier Uhr morgens. Als er seinen Dienst antrat, war der große Krach gerade eine halbe Stunde vorüber, aber die Mienen einiger Maschinisten weissagten wenig Gutes. Diese Leute fanden Gelegenheit, während des Dienstes die Köpfe zusammenzustecken und allerlei zu bereden.

John Workmann tat ruhig seinen Dienst und kümmerte sich sehr wenig um das, was da vorging. Dafür hielt er die Ohren und Augen um so mehr offen, denn er hatte das instinktive Gefühl, daß etwas in der Luft lag. Er brauchte nicht allzu lange zu warten. Plötzlich ging scheinbar ohne Grund der Skandal von neuem los. Vier Maschinisten bekamen um einer Kleinigkeit willen Zwist mit dem Ingenieur, wurden grob ausfallend und trieben den Wortwechsel so weit, daß diesem gar nichts anderes übrigblieb, als sie sofort zu entlassen. MacClure tat es offensichtlich nur widerstrebend, denn das Personal wurde ihm verzweifelt knapp. Wie die Dinge jetzt lagen, mußte er die Schichten sofort von acht auf zwölf Stunden heraufsetzen und jedem der wenigen Maschinisten, die ihm noch verblieben, die doppelte Anzahl von Maschinen übertragen. So lange wenigstens, bis im Laufe des nächsten Tages Hilfskräfte geworben werden konnten. So hatte John Workmann an Stelle von zwei Maschinenaggregaten plötzlich deren vier zu warten, und er hatte die Aussicht, bis zum nächsten Morgen um acht Uhr in der Maschinenhalle zu bleiben.

Sorgfältig prüfend schritt er die neu übernommenen Maschinen ab, um sich von dem guten Funktionieren aller ihrer Teile zu überzeugen. Sein Blick ging über die arbeitenden stählernen Teile der Maschinen. Er sah, wie die gigantischen Kolbenstangen der Tandem-Dampfmaschinen in rastlosem Spiel die Kreuzköpfe hin und her jagten, wie die Pleuelstangen die Maschinenkurbeln drehten, wie Schwungräder von doppelter Manneshöhe sich rastlos drehten und die Arbeit durch die Maschinenwelle weiter auf die Eismaschine übertragen wurde. Sein Blick flog zu den Schmiergefäßen des neuen Aggregates. Große blanke Glasgefäße mit glänzender Nickeleinfassung waren diese. Feine Kupferröhren leiteten von ihnen das Schmieröl zu den mannigfachen Teilen der Maschinen, welche in Bewegung waren und ständiger Schmierung bedurften. Dick, klar und gelb wie reiner Honig sollte in ihnen das Öl stehen. So war es an John Workmanns Maschine. Aber hier an dieser neu übernommenen . . . sein Blick stutzte. Unwillkürlich flog er zu seiner eigenen Maschine zurück . . . Ja, war denn hier der Teufel los? Vor zehn Minuten hatte er das Glasbassin an seiner Maschine mit dem klarsten, feinsten Maschinenöl gefüllt, und jetzt sah das Gefäß ebenso dunkel und verdächtig aus wie das der neu übernommenen.

Mit einem Satze war John Workmann bei seiner eigenen Maschine, riß den Deckel des Gefäßes herunter und fuhr mit einem weißen Wischtuch durch die Flüssigkeit. Das Öl sickerte durch das Tuch, und ein schwärzlicher, sandiger Rückstand blieb auf dem Stoff zurück.

Hier stimmte etwas nicht. Ohne sich einen Moment zu besinnen, lief John Workmann in das Büro von MacClure. Der Ingenieur saß mißmutig an seinem Arbeitstisch und beobachtete die Skalen der Fernthermometer, welche ihm die Temperaturen aus den Kühlhallen übermittelten. Unwirsch wandte er sich um und blickte auf John Workmann.

»He, Sir, wollen Sie auch Skandal anfangen und weglaufen? Wollen Sie mich denn mit Gewalt ruinieren? Seitdem die letzten Skandalmacher abgezogen sind, ist die Temperatur in den Kühlhäusern um zwei Grad gestiegen. Die Kühlflüssigkeit zirkuliert nicht richtig, oder es stimmt sonst etwas nicht. Und das abends um ½11 Uhr, wo man keine Hilfskräfte auftreiben kann . . .«

John Workmann unterbrach den Redefluß des Ingenieurs.

»Sehen Sie nur, Sir, was mit dem Öl los ist. Ich bemerkte soeben, daß das Öl nicht mehr hell und klar, sondern dunkel, fast schwarz in den Schmiergläsern steht. Ich fahre mit dem Putztuch durch das verdächtige Öl und bekomme diesen sandigen Rückstand.«

Mr. MacClure sprang auf, wie von einer Schlange gebissen. Er riß John Workmann das Tuch aus der Hand und biß mit den Zähnen hinein, ohne sich um den Petroleumgeschmack des Öles weiter zu kümmern. John Workmann hörte, wie es dem Ingenieur zwischen den Zähnen knirschte. Er sah, wie dieser totenblaß wurde und den Lappen wütend auf den Tisch schleuderte.

»Gemeine Sabotage. Die Banditen haben vor ihrem Weggange noch Schmirgelpulver in die Ölgefäße geworfen. Wenn die Maschinen damit drei Stunden laufen, sind sie hin . . .«

Noch während dieser Worte war MacClure aus dem Büro in den Maschinenraum gelaufen und gab mit hallender Stimme seine Befehle.

»Sofort alle Maschinen stillsetzen! Die Heizer die Feuer unter den Kesseln aufbänken, aber Dampf halten!«

In zehn Sekunden war der Befehl vollzogen. Sämtliche Maschinen standen, und Totenstille herrschte in dem großen Raum, der eben noch vom tiefen, ruhigen Atmen der Dampfmaschinen, vom Klirren und Klingen der Eismaschinenventile, vom Schnurren der Regulatoren erfüllt war. Nur wenn einer der Maschinisten durch den Raum ging, hörte man gespenstisch das Klappern seiner Schritte auf den weißen Fliesen, mit denen Fußboden und Wände des Raumes ausgelegt waren.

MacClure ging von Maschine zu Maschine und stellte fest, daß das Öl in sämtlichen Schmiergefäßen durch Schmirgelpulver verunreinigt war. Dann rief er John Workmann zu sich.

»Mr. Workmann, ich habe Vertrauen zu Ihnen. Hier ist der Schlüssel zum Ölstore. Laufen Sie und bringen Sie eine Gallonenkanne mit gutem Vaselinöl. Beeilen Sie sich, schließen Sie die Kammer wieder hinter sich zu . . .« MacClure mußte schreien, denn John Workmann war bereits in der Tür des Maschinenraumes ». . . und bringen Sie den Schlüssel wieder mit.«

Als John Workmann mit der schweren Kanne schleppend und keuchend zurückkehrte, hatte sich MacClure mit den ihm verbliebenen fünf Maschinisten bereits auf ein Aggregat gestürzt. An allen Teilen der Maschine, wo Schmiergefäße und kupferne Schmierleitungen waren, klebten die Maschinisten, schraubten Gefäße und Leitungen ab, pusteten durch die Rohre und gossen die für jede Maschine so tödliche Mischung von Öl und Schmirgel in einen großen Weißblechkasten. Kaum war John Workmann mit seiner Kanne angelangt, als ihn ein neuer Befehl MacClures traf.

»Petroleum, boy, schnell, Petroleum! Die größte Kanne, die Sie finden können.«

Als John Workmann mit dem Verlangten kam, wurde das Petroleum in einen reinen, eisernen Kasten gegossen. Und dann begann die große Wäsche. Jedes Gefäß wurde ausgespült, daß auch nicht ein Krümchen Schmirgel darin blieb. Jedes Rohr wurde mit Petroleum durchspritzt, bis es absolut sauber war. Dann begann die Montage der Gefäße und Rohre. In einer halben Stunde war sie vollendet, und John Workmann beteiligte sich flink und gewandt dabei. Aber schon jagte ihn ein neuer Befehl von MacClure, frisches Petroleum heranzuschaffen. Es wurde in die gläsernen Schmiergefäße gefüllt und nachgegossen, bis es unten aus den zu schmierenden Lagern und bewegten Teilen wieder hinausfloß. Dann wurde frisches Öl gegeben und mit einer Handpumpe durch die Rohrleitungen hindurch mit Gewalt in die Maschinenteile gegeben. Und dann, nach einer Pause von reichlich zwei Stunden, konnte MacClure den Befehl zum Wiedereinstellen dieser Maschine erteilen. Einen Augenblick verschwand er in seinem Büro.

»Vier Grad über Null in den Kühlräumen!« schrie er, als er zurückkam. Seine Maschinisten hörten ihn kaum. Die klebten schon an der nächsten Maschine und brachten sie im Laufe von knapp zwei Stunden auch in Gang.

MacClure war im Kesselhaus und feuerte die Heizer an. »Mehr Dampf, boys, drei Teile über den roten Strich dürft ihr geben. Wenn sich die Manometer verbiegen, nehme ich's auf meine Kappe.«

Zwei Maschinen liefen, liefen mit Überspannung und erhöhter Tourenzahl, als wollten sie das Versäumte nachholen.

»Fünf Grad über Null!« schrie MacClure und war dem Weinen nahe. »Bei acht Grad fängt das Fleisch an zu verderben.« Und er spülte und reinigte und putzte mit, daß seine spiegelblanke Hemdenbrust von einem greulichen Gewirr von Petroleumschmirgelspritzern bedeckt wurde. Um sechs Uhr morgens lief nicht nur die dritte, sondern es liefen auch die vierte und fünfte Maschine, denn um vier Uhr waren die Maschinisten der nächsten Schicht gekommen und arbeiteten mit, während diejenigen der ersten Schicht nicht daran dachten, nach Hause zu gehen. Um acht Uhr morgens liefen von den 24 Maschinen der Anlage acht Stück. Sie liefen mit vier Atmosphären Überdruck und mit festgebundenen Regulatoren und machten nicht mehr 120, sondern 180 Umdrehungen in der Minute. Aber das Unheil war aufgehalten. Seit einer halben Stunde war das Thermometer in den Kühlräumen nicht mehr gestiegen. Seit ein halb acht hielt es sich beständig auf sieben Grad über Null. Von diesem Moment an gewann die Hoffnung wieder Raum. In jeder weiteren Stunde kamen zwei neue Maschinen in Betrieb, und von zwölf Uhr mittags ab begann das Thermometer langsam, aber unverkennbar zu fallen. Von dieser Zeit an verringerte MacClure die Geschwindigkeit der Arbeit.

»Langsam, aber sorgfältig, Jungens. Ein einziges Schmirgelkorn, das zurückbleibt, kann uns ein heißgelaufenes Lager einbringen.«

Und während die Maschinisten nach seinen Weisungen in der vierzehnten Stunde ebenso zäh und eifrig arbeiteten wie in der ersten, lief MacClure mit der Ölkanne in der Hand, in Hemdärmeln, verschmiert und bespritzt zwischen den arbeitenden Maschinen hin und her, befühlte jedes Lager und überzeugte sich, ob es auch nicht eine verdächtige Erwärmung aufwiese. Dann wieder saß er am Telefon und telefonierte mit dem technischen Direktor wegen der Anwerbung neuer Maschinisten. Von zwei Uhr nachmittags an erschienen allerlei Leute, die vom Lohnbüro hergeschickt waren und behaupteten, Maschinisten zu sein. Viele davon waren nicht zu gebrauchen. Die wenigen, die paßten, nahm MacClure sogleich in Dienst. Die geworbenen Leute wurden an Ort und Stelle in Arbeitsanzüge gesteckt und mußten sofort mitarbeiten.

Um sechs Uhr abends hatte MacClure wieder vollzähliges Personal für drei Schichten zu acht Stunden, und alle Maschinen liefen. Aber noch einmal hieß es für die alten Leute der Nachtschicht acht volle Stunden aushalten, bevor sie sich der Ruhe hingeben konnten. Dreißig Stunden, nachdem John Workmann seine Wache angetreten hatte, übergab er seine Maschinen seinem Nachfolger. Aber bevor er die Halle verließ, rief ihn MacClure zu sich und schüttelte ihm die Hand.

»Well, Mr. Workmann, jetzt schlafen wir erst ordentlich aus. Heute abend reden wir weiter über den Vorfall. Ihre Leistungen sollen nicht unbelohnt bleiben.«


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