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Stoppelsturz

Herbstdichter Nebel geht. Kaum daß ich mein Gespann
auf drei Schritt' vor mir überschauen kann.

Indeß die Hand den Pflugsterz richtend lenkt,
halt in die Furche ich den Blick gesenkt

und schaue in der Landschaft eigener Ruh
dem Pflug in seinem stillen Werkeln zu.

Da keimt ein Korn auf, das im Erntegang
der Ähre aus des Schnitters Hand entsprang.

Das träumt vom Frühling schon und Sommerglanz,
wiegt träumend sich in der Geschwister Kranz

und atmet schon den erntesatten Duft.
Da legt's die Scholle in die frühe Gruft

und reißt im gleichen Sturz und gleichen Schritt
jäh in den Tod ein saftig Unkraut mit.

Für ihre Sippe hat sich eine Maus
bestellt ihr wohlgefüttert Winterhaus.

Ist's draußen grimmig kalt, daß Gott erbarm',
sitzt sie mit Alt und Jung im Neste warm;

und kommt zum Frühjahr dann die magere Zeit,
hat sie für alle manches Korn bereit.

Da strich der Pflug und hat ein Ziel gesetzt;
in einem Schritt sie und ihr Haus zerfetzt.

Und nebendran blieb sterbend auf der Stell'
ein Regenwurm, des Pflugs wack'rer Gesell.

Ich hebe meinen Blick; der Nebelflor
wallt schwerer noch und dichter als zuvor.

Da geht mir eine Frage durch den Sinn:
Was ist des Guten und des Bösen Endgewinn?

Das Unkraut modert jetzt beim Edelkeim.
Was gut und schädlich ist, verfällt dem Tod anheim.

Was schlecht und nützlich ist, ein einziger Griff!
Und immer gleich bleibt sich des Pfluges Schliff.

So gehts im Stoppelsturz; und anders hält
der Tod es nicht, wenn er der Menschheit Furche schält.


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