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Achtzehntes Kapitel.
Die Ostgoten

Mehr als Dreiviertel-Jahrhundert hatten die Ostgermanen das Hunnenjoch getragen, bis sie es brachen. Am mächtigsten schienen unter den Siegern die Gepiden, deren König Ardarich zuerst das Banner der Befreiung geschwungen hatte.

Aber von den nun Befreiten fiel die größte Rolle zu den Ostgoten.

Ihnen war Pannonien überlassen worden Dies konnte formell nur durch Westrom (? D.) geschehen. Die Verhandlung aller Völker über die neuen Sitze aber scheint hauptsächlich mit Kaiser Marcian, dessen Gebiet am meisten beteiligt war, geführt worden zu sein, von dem auch die Ostgoten nach Jordanis Kap. 62 ihren Tribut empfingen. Möglich, daß die endliche Regulierung, die gewiß unter Vernehmung Valentinians III. erfolgte, sich bis nach dessen Tod hinzog und Marcian, der dessen Nachfolger Maximus gewiß nicht anerkannte, sich von da an als Namensherrscher auch über die Ostgoten ansah., das ungefähr ein Fünftel des heutigen Ungarn auf dem rechten Donauufer nebst einem schmalen Streifen des östlichen Österreich mit Wien, ferner die Königreiche Slavonien und Croatien mit der (ehemaligen) Militärgrenze und eine lange, bis beinahe zum 31. Längengrade in das jetzige Krain hineinreichende Spitze an der obern Save umfaßte.

Dieses Gebiet zerfiel durch den Lauf der Drave naturgemäß in zwei Hauptteile, wovon der größere – zum heutigen Ungarn gehörig – nördlich, der kleinere aber, die Nebenländer und den gedachten Teil von Krain umfassend, südlich von genanntem Flusse lag.

Beide sonderten sich in Ober- und Niederpannonien, durch eine fast vertikal von Raab bis zur bosnischen Grenze gezogene Linie, einschließlich bei letzterem der von Galerius errichteten Provinz Valeria um den Plattensee.

Drei Fürsten, Amaler Bluts, Vandalars Söhne, Valamer, Theodemer und Videmer herrschten über die Ostgoten. Sie teilten sich in den Besitz, blieben aber einträchtig im Rate. Valamir intor Scarniungam et Aquam nigram, Theodemir juxta lacum Pelsois, Vidimir inter utrosque. Die genannten Flüsse sind unbekannt, stände aber der Name Aqua nigra mit dem der Stadt Aquae südlich Wien (des heutigen Baden) in Verbindung, so würde dies Mansos Erklärung jener Namen durch Raab und Leitha entsprechen.

Der älteste und schon unter Attila angesehenste der Brüder, Valamer, erhielt den größern und zugleich gefährdetsten Teil südlich der Drave, während von dem Gebiete nördlich derselben Theodemer den östlichen niederpannonischen, Videmer den westlichen oberpannonischen Strich in Besitz nahm.

Die Entscheidung des Befreiungskampfes fiel wahrscheinlich in den Beginn des Jahres 454 Attila kann vor dem März 453 nicht mit dem Heere zurückgekehrt sein, wonach wir dessen Vermählung und Tod etwa in den Juni setzen möchten. Die Teilungsverhandlung unter seinen Söhnen, der Entschluß und die Vorbereitung zum Aufstande mögen auch viel Zeit weggenommen haben. Doch bleibt es immer möglich, daß die Befreiungsschlacht auch schon zu Ende des Jahres 453 stattfand. Siehe Dahn. Könige II., S. 62, 63.. Sei es nun in diesem schon oder erst im folgenden 455, – Attilas Söhne versuchten nochmals das Waffenglück gegen die Ostgoten, die sie für leichter besiegbar als die Gepiden halten mochten. Da diesem Kriege notwendig die neue Niederlassung der Hunnen, dazu die Verhandlung mit Konstantinopel, sodann aber die Sammlung und Rüstung eines Heers vorausgehen mußten, so glauben wir dessen Beginn frühestens nicht vor dem Winter 454/5 annehmen zu können.

Die Sarmaten und einige der Hunnen, letztere wohl als Herren ersterer, hatten den über vierzig Meilen langen Streifen Mösiens südlich der Donau, von der Grenze Slavoniens bis Castra Martis (etwa zwölf Meilen östlich von Widdin) inne Die Stelle lautet bei Jordanis c. 10: Ornata patria (d. i. das den Ostgoten angewiesene Pannonien) civitatibus plurimis, quarum prima Sirmis extrema Vindomina (diesen wurden daher die Städte mit abgetreten). Sauromatae vero, quos Sarmatas diximus et Cemandri, et quidam ex Hunnis in parte Illyrici ad Castra Martenam urbem sedes siti datas coluere. Wir glauben nun, daß der Ausdruck ad Castra Martenam nicht durch um oder bei dieser Stadt, sondern durch bis zu übersetzt werden muß (? D.), d. h. daß der ganze gegen vierzig Meilen lange Streifen südlich der Donau von Pannoniens Grenze bis zu Castra Martis diesen Völkern oder Parteien überlassen wurde.

Die übrigen weiter abwärts liegenden Donaugegenden sind nämlich nach Jordanis, der in seiner Beschreibung von West nach Ost geht, andern Völkern überwiesen worden, und es wäre so unnatürlich als unpolitisch gewesen, wenn Ostrom gerade den westlichsten, entferntesten Teil seiner illyrischen Provinzen für sich behalten und den nähern östlichen den Barbaren abgetreten hätte. Nur die befestigten Städte darin, welche für Sarmaten und Hunnen ohnehin keinen Reiz hatten, hat es sich unstreitig vorbehalten, wie wir dies gerade von der entferntesten, Singidunum (Belgrad), mit Sicherheit erfahren, von den übrigen daher, soweit sie nicht zerstört waren, um so mehr annehmen müssen. Je mehr aber durch diesen Vorbehalt der Sitz der Barbaren beschränkt wurde, um so weiter mußte die Ausdehnung des ihnen überwiesenen platten Landes sein.

, stießen also im Westen an Valamers Gebiet, in welches sie nun, wohl durch Zuzug entfernterer Stammgenossen verstärkt, so plötzlich einfielen, daß dessen Brüder davon gar nichts wahrnahmen, woraus unwiderleglich folgt, daß Valamers Gebiet an das der Hunnen grenzte und die seiner Brüder nicht zwischen beiden lagen. Der König mag sich durch die Sümpfe der Save gedeckt und dort einige Verstärkung an sich gezogen, der hunnische Kampfdurst aber in einem für deren Reiterei ungünstigen Terrain angegriffen und sich dadurch eine schwere Niederlage zugezogen haben. Die Reste der Hunnen läßt Jordanis (Kap. 52) in den Teil Skythiens fliehen, den der Danaprus Man hat unter diesem unbekannten Namen den Dnjepr oder Borysthenes verstehen wollen. Die Kritiker haben die früher gewöhnliche Lesart Danubii nach den Handschriften wieder in Danapri (andre haben Danabri) verwandelt. Dies ist aber, wenn man den Dnjepr dafür annimmt, bei der Entfernung von siebenundzwanzig Längengraden, und da wir später Attilas Sohn Dhenzik wieder an der Donau finden, schwer denkbar, was jedoch nicht ausschließt, daß manche Horden sich bis zu ihren entferntesten Stammgenossen zurückgezogen haben können. Daß Dhenzik übrigens fortwährend an der Donau saß, wird nicht nur durch Jordanis, Kap. 63, sondern auch durch Priscus (Fragment I, 20, p. 162) bestätigt, worin er übrigens Dengizich genannt wird. (Siehe aber Dahn, Könige II, S. 62.) bespüle, welchen sie in ihrer Sprache Hunniwar nannten, wofür offenbar Danubius, d. i. Donau zu lesen ist.

Indem der Bote mit der Meldung des Sieges bei Theodemer ankommt, findet er dessen Haus in Freuden, weil demselben soeben von seiner Konkubine Ereliva ein Sohn, Theoderich, geboren worden ist, der nämliche, den die Geschichte den Großen genannt hat. Wir glauben dessen Geburt, die hiernach erst am Ende des Krieges erfolgte, aus obigen Gründen wahrscheinlicher in den Beginn des Jahres 455 als in das Jahr 454 setzen zu müssen, wie dies von andern Forschern geschieht. Wohl eher 454; s. Dahn, Könige II, S. 63.

Sieben Jahre hindurch wird nun von den Goten nichts wieder berichtet. Um diese Zeit, also bald nach Severs Regierungsantritt im Westreich, etwa im Jahre 462, erinnerten dieselben durch eine Gesandtschaft nach Konstantinopel an die in Rückstand gebliebene Zahlung der gewöhnlichen, Geschenk benannten, Jahrgelder.

Hier findet diese Gesandtschaft einen andern gotischen Häuptling, Theoderich, den Sohn des Triarius, dessen wir später ausführlicher gedenken werden, in der Blüte von Macht, Ehren und Soldgenuß, sieht sich selbst aber zurückgesetzt. Diese Nachricht erbittert die Fürsten; sie greifen zu den Waffen und durchziehen raubfahrend und verheerend das römische Illyricum. Dabei müssen sich auch Hunnenscharen den Ostgoten angeschlossen haben, wie wir aus Priscus (Bruchstück I, 21, S. 162–164) ersehen, welches notwendig diesem Feldzuge angehören muß, weil Aspar, der im Jahre 471 getötet ward, darin als kommandierend angeführt wird, ein andrer Krieg zwischen Oströmern und Goten aber vom Jahre 447 bis zum Jahre 473 nicht bekannt ist.

Das von Priscus berichtete Ereignis selbst, wobei es dem römischen Untergeneral Chelchal, einem gebornen Hunnen, gelang, die Ostgoten zum Bruderkampfe wider ihre hunnischen Streitgenossen aufzureizen, hat übrigens zu wenig historischen Wert, hier nähere Erwähnung zu verdienen.

Unerachtet des hierbei erlangten Vorteils aber bequemte sich Kaiser Leo doch zum Frieden, durch den die Nachzahlung aller Rückstände und regelmäßige Fortgewährung des Jahrgeldes verbürgt ward.

Als Geisel, wie dies gewöhnlich war, verlangte und erhielt derselbe dabei den achtjährigen Theoderich, wozu sich dessen Vater Theodemer nur auf dringendes Zureden seines Bruders Valamer entschloß. (Jordanis, Kap. 52.)

Dadurch kam der Knabe nach Konstantinopel, wo er zehn Jahre lang blieb; dadurch bildete sich in ihm jene merkwürdige Verschwisterung von Barbaren- und Römertum aus, welche für ihn und die Geschichte seines Volkes vom tiefsten Einflüsse ward.

Nachdem der Friede mit Rom also befestigt war, wandte sich die Kriegs- und Raublust der Goten zehn Jahre hindurch nur gegen benachbarte Völker –: Unternehmungen, welche durch des Jordanis Schreibart und mehr noch durch dessen unglaubliche geo- und ethnographische Unwissenheit in großes Dunkel gehüllt sind.

Zuerst griffen dieselben (nach Kap. 53) die Sadager im Innern Pannoniens an (qui interiorem Pannoniam possidebant). Da dies kaum die in ganz andrer Gegend erwähnten alanischen Satagaren gewesen sein können, so vermuten wir darin den Namen einer sarmatischen Gaugemeinde, die im alten Jazygenlande zwischen Donau und Theiß (das aber niemals zu Pannonien gehörte) ihren Sitz hatte. Sogleich eilte Dhenzik, Attilas Sohn, der also damals in der Nähe seinen Aufenthalt gehabt haben muß und vielleicht Oberherrlichkeit über jene Sarmaten beanspruchte, denselben zu Hilfe, indem er mit allem Volke, das er aus verschiedenen hunnischen Stämmen an sich ziehen konnte, vor die (von den Goten behauptete D.) Festung Bassiana an der untern Save (Neusatz) zog.

Dies schaffte zwar den Sarmaten Luft, die Hunnen aber wurden aus dem Gebiete der Goten so nachdrücklich wieder hinausgeschlagen, daß sie von dieser Zeit an keinen Angriff auf dieselben mehr wagten.

Dafür nun trat ein andrer Feind auf, die »Suaven« Quia Dalmatiis Suavia vicina erat, nec a Pannoniis multum distabat, praesertim ubi tunc Gothi residebant., d. h. Sueben. (Jordanis, Kap. 53–55.)

Daß Sueben an der obern Save saßen Die Nachricht, daß die Sueben inmitten Pannoniens am Plattensee gelagert hätten, scheint an sich unwahrscheinlich, obwohl wir uns das durch den damaligen bewaldeten Zustand des im Innern weniger angebauten Landes allenfalls erklären können. Dies hat nun Köpke S. 144 veranlaßt, den See Pelso für den an der westlichen Grenze Pannoniens gelegenen Neusiedlersee zu erklären.

Wir wollen diese Ansicht nicht aus dem Standpunkte der alten Geographie bestreiten, wenngleich auch aus diesem, nach Aurelius Victor (c. 40) und der bekannten Lage der Provinz Valeria, die Identität des Pelso und Plattensee um so weniger bezweifelt werden kann, da des Galerius Ableitung eines Teils seiner Gewässer in die Donau noch heute in der Sarmitz sichtbar ist. Weit entscheidender ist nämlich der viel spätere Ursprung des Neusiedler Sees überhaupt, den Bredetzky in einer Monographie über ihn in dessen Beiträgen zur Topographie Ungarns, Wien 1804, S. 49–131, nachgewiesen hat. Wir enthalten uns des Urteils über diese Arbeit, die uns, wenngleich nicht allenthalben kritisch verfaßt, im Wesentlichen doch überzeugt hat, beziehen uns aber noch auf die Autorität Büschings und Mannerts, die sogar in älteren Werken dasselbe gesagt haben. Siehe Büschings Erdbeschreibung vom Jahre 1788, II, S. 360 und Mannerts Geographie der Griechen und Römer vom Jahre 1792, S. 694. (Vergl. aber auch Dahn, Könige II, S. 62.)

, erhellt auch aus Prokop (d. b. G. I, 15 u. 16), wobei jedoch der Zweifel möglich ist, ob derselbe dabei nicht bloß die Bewohner der Gegend an der Save (Savia, Suavia) im Sinne gehabt habe. Doch wird die Existenz deutscher Ansiedler daselbst auch durch spätere Nachrichten außer Zweifel gesetzt (s. Zeuß, S. 589–591).

Im Leben St. Severins, das so viele und spezielle Ereignisse jener Zeit anführt, werden außer den Rugiern nur noch Thüringer, Alemannen und Heruler genannt, zugleich aber auch Kap. 22 ein Hunimund (also gleichen Namens mit des Jordanis Suebenkönige, der aber selbst nicht König genannt wird), der mit wenig Barbaren (ohne Angabe der Nationalität derselben) Batava (das heutige Passau) einnahm.

Der Hauptsitz der »Suaven« muß nördlich der Donau, vielleicht östlich der Gran, zwischen Skiren und Sarmaten gesucht werden. Möglich aber, daß auch ein getrennter Teil derselben damals schon an der Save saß und diese »Nordsueben« im Verein mit letzteren in Dalmatien raubten, mit ihrer Beute aber durch Pannoniens Wälder in die Heimat zurückeilten.

Nach dieser Ansicht würde freilich in Severins Hunimund, dessen Vorkommen bei Passau auf die Alemannen hinweist Dafür könnte man auch die Worte des Jordanis anführen: Quibus Suavis tunc junct aderant etiam Alemanni, ipsique Alpes erectas omnino regentes, unde nonnulla fluenta Danubio influunt. (Die Alemannen sind eben selbst Sueben, Suaben. D.), nur eine zufällige Namensgleichheit anzunehmen sein.

Die Ereignisse selbst erzählt nun unser Gewährsmann in Folgendem.

Der Suebenkönig Hunimund habe auf dem Wege nach Dalmatien (dum ad praedandas Dalmatias transit) einige gotische Herden beraubt. Als derselbe nun durch Pannonien zurückgekehrt sei, habe Theodemer, weniger um jenes Verlusts willen, als zur Abschreckung für die Zukunft, die am See Pelso lagernden Hunnen in der Nacht überfallen und deren König mit dem ganzen Heere gefangen genommen, demselben aber bald darauf verziehen, ihn sogar als Sohn adoptiert und in die Heimat entlassen.

Der undankbare Hunimund aber habe die Skiren nördlich der Donau, die bisher im Frieden mit den Goten lebten, gegen dieselben aufgewiegelt und mit ihnen die Goten unversehens überfallen.

In der ersten Schlacht sei der tapfere Valamer geblieben, in des Kampfes Fortsetzung aber fast das ganze Volk der Skiren aufgerieben worden. (Kap. 53.)

Darauf hätten sich die geängstigten »Suaven« mit den Sarmatenkönigen Beuca und Babai verbunden, die Reste der Skiren, unter deren Führern (primates) Edeco und Hunulf, sowie auch Gepiden, Rugier und andres Volk an sich gezogen und endlich mit gewaltiger Streitmacht am Flusse Bolia (Ipoly) Lager geschlagen. Theodemer aber, nach Valamers Tode das Haupt der Goten, habe sie daselbst mit seinem und seines Bruders Videmer Heere angegriffen und dergestalt auf das Haupt geschlagen, daß deren mehr als 10 000 die Wahlstatt bedeckt hätten.

Dies ist nun die Schlacht, mit der wir oben Odovakars Wanderung durch Noricum nach Rom in Verbindung brachten. (Kap. 54.)

Einige Zeit darauf sei Theodemer, im Winter über die gefrorne Donau gehend, den »Suaven« in den Rücken gefallen und habe sie nebst den ihnen verbündeten Alemannen besiegt, ausgeraubt und fast unterworfen (devicit, vastavit et paene subegit). (Kap. 55.)

Dies ist wiederum eine ganz verworrene, durchaus unverständliche Nachricht. Daß die Alemannen unter ihrem Könige Gibuld damals in das westliche Noricum vordrangen, ersehen wir auch aus dem Leben St. Severins (besonders Kap. 19 und 27), nirgends aber, daß sie die Ens überschritten hätten, ja zuletzt (Kap. 27) werden noch deren Angriffe auf das westlich von Passau gelegene Quintana erwähnt.

Will man daher des Jordanis Worten glauben, so hätte Theodemer zuerst im westlichen Ungarn, etwa zwischen Gran und Wag über die Donau gehen, von da längs dieses Stromes an fünfundvierzig Meilen weit durch das ganze Rugenland aufwärts marschieren und endlich denselben zwischen Linz und Passau zum zweiten Male rückwärts überschreiten müssen, um Alemannien zu verheeren und zu unterwerfen, was doch undenkbar erscheint.

Vielleicht ist jene Angabe sonach dadurch zu erklären, daß die nach ihren Niederlagen erschöpften Sueben, in deren und der Skiren Gebiet viel Länderei herrenlos geworden sein mag, zu ihrer Verstärkung stammverwandte Alemannen (Siehe aber Note 944. D.) aus dem Westen an sich gezogen hatten, welche nun ihr Schicksal teilten.

Wir sind am Schlusse der Kriege Valamers und Theodemers gegen die germanischen Grenzvölker, wobei wir freilich die, wenn auch Jordanis, dem Lobredner der Goten, wenig entsprechende Vermutung nicht unterdrücken können, daß die eigentlichen Urheber und Anfänger wohl nicht die Schwachen, sondern die Starken gewesen sein mögen, deren Rauf- und Raublust uns ja sonst schon genügend bekannt ist: (dieses Umsichgreifen der Goten nach Norden und Osten hat alle Nachbarn zurück und so wohl auch die Markomannen zuletzt nach Bayern gedrängt D.).

Nach jenem letzten Winterfeldzuge war es nun, als Theodemer, in Folge zehnjähriger treuer Bewahrung des Friedens mit Ostrom, seinen Sohn Theoderich, der bereits das achtzehnte Jahr erreicht hatte (octavum decimum peragens annum) mit reichen Geschenken von Kaiser Leo zurückempfing, was also nach Obigem in den Winter 472/3 fallen dürfte. (Kap. 55.)

Mit ihm tritt die Geschichte der Goten in eine ganz neue Phase.

Gleich nach der Rückkehr versammelte er ein starkes Gefolge (und andere Bewaffnete D.) um sich, so daß er beinahe 6000 Mann zusammenbrachte, mit denen er eines Tages plötzlich auf eigne Faust über die Donau setzte, den siegesstolzen Sarmatenkönig Babai, der unmittelbar vorher den römischen General Camundus geschlagen hatte, überfiel und tötete: die Siegesbeute überbrachte er aber seinem Vater.

Darauf nahm er den Sarmaten noch das feste Singidunum (Belgrad), dessen sie sich bemächtigt hatten Dies ergibt, daß die Römer diesen Platz (und so gewiß auch noch viele andre) Mösiens, wenn auch Sarmaten und Hunnen in der Umgegend angesiedelt waren, fortwährend behauptet hatten., wieder ab, gab es aber nicht den Römern zurück, sondern fügte es dem väterlichen Gebiete hinzu.

Nun nahm, also beginnt Jordanis sein 56. Kapitel, weil die Umgegend ausgeplündert war, der Rauberlös ab, dem Volke aber, das der Krieg bisher ernährt hatte, ward der träge Friede widerlich. Da bestürmte dasselbe mit lautem Rufe Theodemer, er möge es fortführen, wohin er auch wolle. Dieser berief den Bruder Videmer und beredete ihn, mit seinem Heere nach Italien zu ziehen, wo damals (vom März 473 bis Juni 474) Glycerius regierte, während er selbst als der Stärkere das mächtigere Ostreich angreifen wolle. Jordanis spricht hier von einer Losziehung (missaque sorte) zwischen beiden Brüdern, widerspricht sich aber selbst, indem er den Grund anführt, an welchem Theodemer den Angriff des Ostreichs wählte (ipse vero ceu fortior ad fortius regnum Orientale quidem accederet).

Videmers weitere Geschicke haben wir oben berichtet; über Theodemers Unternehmen dagegen läßt uns Jordanis völlig im Dunkeln, weil er nach bis dahin leidlich geordneter Darstellung auf einmal wieder am Schlusse des 56. Kapitels zehn- bis fünfzehnjährige Ereignisse so verworren durcheinander wirft, daß uns selbst der Versuch, dieselben zu ordnen, müßig erscheint.

Nur Theodemers Tod und die vorausgegangene, vor einer Versammlung des zustimmenden Heers erfolgte Ernennung seines Sohnes Theoderich zum Nachfolger entnehmen wir noch aus dieser Quelle. Tillemont (VI, 3, S. 851) setzt dies in das Jahr 475, Manso in 474 oder 475, welcher letztern Annahme wir insoweit beistimmen, als Theoderich jedenfalls bald nach Zenos Sturz im Herbste 475 bereits regierte. Daß Malchus und die übrigen Byzantiner, auch der Anonymus Valesii, Theoderich den Sohn Valamers, statt Theodemers nennen, ist zwar verwunderlich, der Autorität Cassiodors Var. VIII, 5 und selbst des Jordanis, der ja noch des großen Königs Zeitgenosse war, gegenüber aber offenbar irrig. Marcellin sagt zum Jahre 482: Theodericus cognomento Valamer. Derselbe führte also zugleich den Namen seines Oheims, und aus diesem Beinamen haben die Griechen den seines Vaters gemacht. Über die Sache selbst sind übrigens die neueren Forscher einverstanden.

Glücklicherweise wird nun die gedachte Lücke, größtenteils wenigstens, durch die Fragmente des Malchus ausgefüllt, deren Verständnis nur durch die verworrene Aufeinanderfolge derselben in zwei Sammlungen wesentlich erschwert wird. Vergl. Köpke, S. 149–161. Dieser hat S. 155, Anm. 3 die Bruchstücke des Malchus ebenfalls geordnet, was mit uns zwar nicht genau, aber doch im Wesentlichen übereinstimmt. (Vergl. aber auch Dahn, Könige II, S. 67–73.)

Es sind deren überhaupt fünfzehn, von denen die Bonner Ausg. der Script. Hist. Byzant., Teil I, in der ersten Sammlung, p. 231 bis 243 sechs, in der zweiten aber von p. 244–268 deren neun enthält. Von diesen betreffen jedoch sieben, nämlich I. 1 3 5, so wie II. 3 4 5 und 6 andres, beziehentlich Unerhebliches, so daß für die Verhältnisse der Goten im Ostreiche nur acht verbleiben, von denen I. 2 und II. 2 sich lediglich auf Theoderich, den Sohn des Triarius, die sechs übrigen aber nämlich I. 4 6, II. 1 7 8 und 9 zugleich auf den unsrigen beziehen.

Diese letztern sind es nun, welche uns hier vorzüglich angehen. Ordnung und Inhalt der Fragmente des Malchus, welche Theoderich, Theodemers Sohn betreffen.

Gleichzeitig mit Vidimers Zug nach Italien unter des Glycorius Regierung vom 15. März 473 bis 23. Juni 474, also ebenfalls im Jahre 473 bricht Theodemer nach Jordanis (c. 56), über die Save gehend, nach dem Osten auf; Richtung und Erfolg seines Vordringens sind ungewiß, weil Jordanis (c. 57) zehnjährige Ereignisse durcheinander wirft. Gewiß ist nur, daß er viele Städte eroberte und zerstörte (Malchus, p. 237) und nach seines Vaters Tode gegen Ende des Jahres 475 sein Hauptquartier ad Novas in Niedermösien an der Donau (Sistova) hatte.

Gegen Ende des Jahres 475 ward Kaiser Zeno durch Basiliscus gestürzt und aus Konstantinopel vertrieben. Der Triarier erklärte sich für den Tyrannen und spielte an dessen Hof eine Rolle (Malchus, p. 238 und 273), während Zeno Theoderichs Hilfe anrief (Anonym. Valesii) Zeno misit ad civitatem Novam, in qua erat Theodoricus, dux Gothorum filius Walameris, et eum invitat in solatium sibi adversus Basiliscum., welche dieser auch gewährte. (Ennodius Paneg. 3, 3, p. 444/5.)

Im Jahre 477 etwa im Juli bemächtigte sich Zeno des Throns wieder. Da wurde Theoderich zum Patricius und Feldherrn στρατηγός (v. 254, Z. 10) kann hier keinen anderen Sinn haben. ernannt und mit Wohlwollen überhäuft (Malchus, p. 237, 246, 254 und 267).

1. Gegen Ende 477. Hier tritt nun Malchus 1. Fragment ein, das in der Bonner Ausgabe unter I, 4, p. 237 aufgeführt ist.

Die Goten des Triariers (nicht dieser selbst) suchen durch eine Gesandtschaft Zeno mit ihrem Fürsten wieder zu versöhnen. Der Senat erklärt auf Befragen: zwei Gotenfürsten Sold zu zahlen, reiche der Schatz nicht aus. Hit welchem von beiden der Kaiser aber Freundschaft pflegen wolle, sei ihm überlassen. Darauf spricht sich Zeno wider den Triarier aus, also für Fortdauer des Foedus mit Theoderich.

Hierauf das 2. Fragment, II, 8, p. 264).

2. Jahr 477. Nachdem der Kaiser und Senat geschworen, mit dem Triarier nicht einseitig Frieden zu schließen, bricht Theoderich von Marcianopel in Niedermösien unfern der See (Schumla) auf und rückt zu den Hämuspässen vor, findet zwar die versprochenen römischen Hilfstruppen nicht, muß aber doch über den Hämus gedrungen sein (Malchus, p. 254). Da stößt er auf den Triarier, der nach leichten Gefechten Theoderichs Truppen vom Bruderkriege, durch den die Römer nur beide Teile verderben wollten, abzubringen weiß.

Das Volksheer, auch die Frauen (p. 267), werden meuterisch und drohen mit Abfall, wenn Theoderich nicht Frieden schließe. Dies geschieht, und beide Fürsten schicken Gesandte nach Konstantinopel.

3. Jahr 478, 2. Hälfte. Unmittelbar hieran schließt sich das 3. Fragm. I, 6, p. 240. Die Gesandten der nun verbündeten Gotenfürsten kommen in Konstantinopel an. Theoderich sagt, weil die Römer ihm nicht Wort gehalten, sei er zum Frieden mit dem Triarier gezwungen worden. Jetzt verlange er Abtretung der Gegend, wo er stehe, Getreide bis zur Ernte und Ablieferung der Steuern an ihn.

Der Triarier dagegen fordert die Stellung zurück, die er unter Leo bekleidet, nebst allen Gehaltsrückständen sowie Freilassung seiner noch gefangenen Angehörigen.

Zeno neigt sich mehr zu Theoderich, setzt dessen Beschwerde Gegenbeschuldigungen entgegen und macht ihm ungeheuere Versprechungen, wenn er den Triarier bekriege und besiege.

Theoderich aber verweigert den Bundesbruch. Darauf sammelt der Kaiser ein Heer, an dessen Spitze er selbst tritt. Eifrig von Gotenhaß erfüllt, strömen die Truppen zusammen. Kleine Vorteile werden gegen beide Fürsten erlangt, namentlich wird Theoderichs Gefolgschaft von der langen Mauer, bis zu der sie vorgedrungen, zurückgeschlagen. Als aber Zeno in die alte Feigheit und Untätigkeit zurückfällt, wird das streitlustige Heer so unwillig, daß er es, um einem Aufstande zuvorzukommen, auflöst und in die Winterquartiere gehen läßt.

4. Winter 478 bis Frühjahr 479. Fragment II, 7, p. 263. Zeno bemerkt, daß Theoderich schwächer, der Triarier durch neuen Zuzug (vielleicht von Theoderichs Heer) stärker geworden ist, sucht daher mit dem Triarier Frieden zu schließen, stellt aber so harte Bedingungen, daß derselbe nicht darauf eingeht. Da bereitet sich Zeno zu kräftigem Kriege vor.

Die Stelle dieses Fragmentes ist weniger sicher, dasselbe kann indes wohl nur mit 5 in Verbindung gebracht werden, so daß es diesem unmittelbar vorausgeht, letzteres dabei zum Teil aber wieder in die Zeit von 4 hineingreift.

In diesem Fragmente selbst findet sich nämlich keinerlei Zeitbestimmung, selbstredend aber muß der mißlungene Friedensschluß dem gelungenen (5) vorausgegangen sein. Übrigens dürften die Worte des Originals und deren Aufeinanderfolge in den Auszügen 4 und 5 kaum ganz richtig wiedergegeben worden sein.

5. Fragm. II, 9, p. 267. Zeno sucht nach Auflösung seines Heeres um jeden Preis Frieden mit dem Triarier. Theoderich hat sich inzwischen nach dem Rhodope zurückgezogen und Thrakien verwüstet. Der Triarier freut sich, daß der »Freund und Sohn« genannte nun Feind geworden und schließt Frieden mit Zeno, indem er die günstigsten Bedingungen an Sold und Ehren erhält, namentlich zum Magister militum einer der beiden Heere ernannt, Theoderich aber seiner Würden, die ersterer nun erhält, entsetzt wird.

6. Jahr 479 bis in den Herbst. Fragm. II, 1, p. 241. Das vollständigste und interessanteste aller.

Theoderich hat, von den Römern aus Thrakien herausgeschlagen, merklichen Verlust erlitten und zieht sich westlich nach Makedonien zurück. Er nimmt und plündert Stobi, dringt von da wieder östlich vor und nähert sich Thessalonich, wo sich die Einwohner zu tüchtigem Widerstande vorbereiten. Zeno schickt Gesandte an ihn ab.

Theoderich stellt die Verwüstung tunlichst ein, ordnet Gegengesandte ab und zieht mit Schonung nach Heraklea, was hier – es gibt deren zwei – nur das westliche sein kann. Darauf kommt der Patrizier Adamantius mit ausgedehnter Vollmacht bei ihm an. Dieser bietet Theoderich Pantalia Unstreitig die Umgegend der Stadt Pantalia an dem obern Margus (Morava in Serbien) im alten Dardanien unfern der Pässe von Succi. zur Niederlassung an und Geld, um die Goten bis zur nächsten Ernte daselbst zu erhalten. Die Gegend war in des Triariers Nähe gewählt, um beide Fürsten durch einander in Schach zu halten.

Darauf sucht Theoderich den Goten Sidimund, der als römischer General in Epirus stand, vielleicht sogar ein Amaler war (εκ μὲν τη̃ς αυτη̃ς φυλη̃ς τὸ ανέκαθεν όντα, p. 248), für sich zu gewinnen.

Dieser weiß in seiner Eigenschaft als römischer General die Hauptstadt Epidamnus (Durazzo) zu berücken und zu schrecken. Sofort eilt Theoderich auf diese Nachricht dahin, verbrennt Heraklea, weil ihm die in der Zitadelle eingeschlossenen Einwohner nichts geben wollen, legt an der Spitze seines Heeres im Fluge die vierundzwanzig Meilen bis Epidamnus zurück und bemächtigt sich dessen (p. 248).

Nun begibt sich Adamantius mit dem tapfern Sabinianus, der in Edessa kommandierte, nach Lychnidus (neunzehn Meilen von Epidamnus), das Theoderich nicht zu nehmen vermocht hatte. Von hier aus, mit großer Schwierigkeit wegen des Zusammenkommens, persönliche Verhandlung zwischen letzterem und Adamantius. Interessante Aufschlüsse über Theoderichs Vorgeschichte im Ostreich in den gegenseitigen Beschuldigungen. Als derselbe mit den Römern verbunden gegen den Triarier zu Felde gelegen, hätten diese ihn angeblich vernichten können.

Theoderich schwor, das Anerbieten Pantalias anzunehmen, aber nicht jetzt, sondern erst im nächsten Frühjahr 480, weil sein Volk der Ruhe bedürfe. Dann wolle er mit 6000 Mann und einem römischen Heere die Goten in Thrakien vernichten, um an des Triariers Stelle als römischer Feldherr das Land zu verwalten oder auch, wenn der Kaiser befehle, Nepos aus Dalmatien (Hier taucht zuerst, und zwar, wie es scheint, als Theoderichs, nicht des Kaisers, Vorschlag, der Gedanke des Abzugs der Goten in das Westreich auf. D.) vertreiben. Darüber ist neue Instruktion vom Kaiser einzuholen.

Auf Theoderichs Verlangen, p. 266, Z. 3: nach Erfüllung seiner Versprechen an des Triariers Stelle zum Magister militum ernannt zu werden, ist übrigens zweifellos, daß dies Fragment dem unter 5 nachfolgt.

Inmittelst erfährt Sabinian, daß eine starke gotische Kolonne mit Theoderichs Mutter und Bruder Theodemund und vielem Trosse von Candavia auf der Straße nach Epidamnus heranziehe. Er legt diesen einen Hinterhalt und überfällt sie. Theodemund und dessen Mutter retten sich durch Abbruch einer Brücke, 5000 Mann mit 2000 Wagen und vieler Beute aber werden gefangen. (Vergl. Marcellin zum Jahre 479.) Da beschließt der Kaiser, auf keinen Frieden einzugehen, vielmehr den Krieg fortzusetzen.

Um dieselbe Zeit, wo Rikimer in Westrom schaltete, hatte auch das Ostreich seinen Rikimer in der Person des Goten Aspar, nur einen ungefährlichern, weil Zahl und Macht der Barbaren, den Nationaltruppen gegenüber, in diesem nie die Höhe erreichte wie in jenem. Aspar hatte den Thrakier Leo auf den Thron erhoben, ward diesem aber bald höchst lästig und gefährlich, so daß sich der Kaiser, um ihn zu befriedigen, sogar genötigt sah, im Jahre 470 einen seiner Söhne zum Cäsar zu ernennen: er fand bald aber doch Kraft genug, sich des Machtgenossen im Jahre 471 durch Tötung zu entledigen.

Aspars Gemahlin hatte einen Bruder, oder was uns wahrscheinlicher dünkt, Bruderssohn, namens Theoderich, Sohn des Triarius, welchem Theophanes den Beinamen Στραβός, der Schielende, gibt, den wir den Triarier nennen werden.

Durch seinen mächtigen Oheim begünstigt hatte dieser eine hohe Stellung in römischem Dienst und gewiß auch großes Vermögen erlangt, was er benutzte, sich ein unter dem Namen von Föderierten von ihm allein abhängiges Heer aus gotischen Zuzüglern aller Art zu bilden, das in der Provinz Thrakien kantoniert war.

Nach Aspars Sturze erhob sich, von dem Gedanken an Blutrache wie von dem Anspruch auf dessen persönliche Erbschaft und Machtstellung getrieben, der Triarier wider den Kaiser, rückte vor Konstantinopel (Theophanes, p. 101), muß aber damals beschwichtigt worden sein, da er erst im Jahre 473 seine Forderung wieder erneuert und nach Einnahme der Stadt Arcadiopolis mit Leo Frieden schließt, durch den er im Jahre 473 das ungeheure Jahrgeld von 2000 Pfund Goldes (fast so viel als Attila) empfängt, zum Magister militum beider Waffen ernannt, zugleich aber auch, was die Hauptsache war, als »Herrscher« (αυτοκράτωρ (»König« (βασιλεύς); vergl. über die Bedeutung dieses Verlangens gegenüber dem Heer: Dahn Könige II, S. 69. D.)) der Goten anerkannt wird, worauf er an sich doch weder durch Geburt noch durch irgendwelchen uns bekannten Wahlakt Anspruch hatte. (Malchus I, 2, p. 234.)

Dies mag um die Zeit von Theodemers Einfall in das Ostreich geschehen sein und eben dieser den Kaiser vielleicht zu obigen, fast unglaublichen Zugeständnissen vermocht haben.

Dürfen wir Jordanis (Kap. 56) trauen, so zog Theodemer, nachdem er über die Save gegangen, zuerst den Margus hinauf, eroberte Naissus, Castra Herculis und von da Ulpiana am obern Strymon, unfern der Provinz Thrakien. Nachher aber muß er, gezwungen oder freiwillig, wieder zurückgegangen sein, da wir seinen Sohn und Nachfolger Theoderich gegen Ende des Jahres 476 ruhig in Niedermösien finden, wo er zu Novä (Sistowa) an der Donau sein Hauptquartier hatte.

Plötzlich wandelte sich durch des Basiliscus Empörung die Szene, indem dieser mit Hilfe seiner Schwester Verina, Leos Witwe und dessen Nachfolgers (Zeno) Schwiegermutter, letztern stürzte und aus Konstantinopel vertrieb.

Da erklärte sich der Triarier für den Tyrannen, an dessen Hof er eine Zeitlang eine große Rolle spielte (Malchus, p. 273), Theoderich aber für den legitimen Kaiser, der ihn durch eine Gesandtschaft in seinem Wohnort um Hilfe bat (Anonymus Valesii), und diese (nach des Ennodius Panegyricos III, 3) erhielt, ohne daß uns jedoch über deren Art und Erfolg etwas bekannt ist.

Nach Zenos Rückkehr auf den Thron, ungefähr im Juli 477, ward nun der Triarier selbstredend aller Ehren und Bezüge entsetzt und Theoderich damit belohnt (wenn dieser auch wahrscheinlich nicht den vollen Betrag des jenem bewilligt gewesenen Jahrgelds empfing): ja, der Kaiser nannte letztern seinen Freund und Sohn.

Um dieselbe Zeit ungefähr, wahrscheinlich noch vor Ablauf des Jahres 477, bat eine Gesandtschaft der föderierten Goten des Triarius, nicht dieser selbst also, den Kaiser um Versöhnung mit ihrem Herrn. Zeno befragte den Senat, welcher die Staatskasse für unvermögend erachtete, zwei gotische Fürsten zugleich zu besolden, demselben aber frei anheimstellte, mit welchem von beiden er Freundschaft pflegen wolle. Dieser berief eine Heeresversammlung, vor welcher er sich auf das Bitterste wider den Triarius aussprach, worauf die vereinten Offiziere und Abgeordneten letztern für einen Staatsfeind erklärten. (Malchus I, 4, p. 237)

Hiernach ward das Bündnis mit Theoderich nicht nur erhalten und befestigt, sondern derselbe nunmehr auch aufgefordert, wider den Triarier zu Felde zu ziehen, wozu ihm ein römisches Hilfskorps zugesagt ward.

Wir zweifeln nicht, daß der von Eifersucht wider seinen Nebenbuhler erfüllte Erbe des Amaler-Throns den vermeinten Emporkömmling alles Ernstes zu vernichten strebte. Allein es fügte sich anders.

Nachdem Kaiser und Senat auf Theoderichs Verlangen eidlich versprochen hatten, mit dem Triarier nicht einseitig Frieden zu schließen, auch Ort und Zeit der Ankunft der Hilfstruppen verabredet worden war, brach Theoderich zu Anfang 478 von Marcianopel (Schumla) mit seinem Heer auf, muß auch, wie wir aus einer andern Stelle (p. 254) ersehen, den Hämus schon überschritten haben, fand aber keine römischen Truppen, sondern nur den Feind. Dieser Wortbruch mag ihn, noch mehr dessen Volk verstimmt haben. Das benutzte der an Schlauheit unstreitig seinem erst dreiundzwanzigjährigen Gegner überlegene Triarier, dessen Truppen wider ihren König aufzuwiegeln. Friedlich die Vorposten anreitend, schalt er Theoderich einen Knaben und Volksverderber, der die römische Politik nicht durchschaue, deren Ziel nur das gegenseitige Aufreiben der Goten durch sich selbst sei, um blut- und mühelos beider jetzt getrennter Parteien Herr zu werden. Darin hatte er in der Tat auch nicht Unrecht und das fühlten Theoderichs Krieger richtig heraus. Die Stellung der Germanen zu ihrem Fürsten war eine eigentümliche: tiefe Treue, aber keine Unterwürfigkeit. Das Nationalgefühl und Römerhaß gewannen im Volke die Oberhand: Theoderich, dessen Geist erkennend, gab zu rechter Zeit nach und schloß Frieden mit dem Triarier, worauf beide Gesandte nach Byzanz schickten. (Malchus II, 8, p. 264–267.)

Durch den seinigen klagt nun Theoderich den Kaiser, welcher ihn im Stiche gelassen, des Wortbruchs an, fordert Abtretung der Gegend, wo er stehe, mit den hier bereits erhobenen Steuern, und Getreidelieferung, wodurch allein er sein Volk vom Raube zurückhalten könne; der Triarier aber verlangt die vollständige Erfüllung von Kaiser Leos früherem Versprechen (s. oben und Malchus p. 234) unter Nachzahlung aller Rückstände.

Dem Kaiser fehlte es nicht an geeigneter Ausflucht und Gegenrede, schließlich aber suchte er Theoderich doch noch zum Kriege wider den Triarier zu bewegen, indem er ihm für dessen Besiegung ungeheuere Summen und die Tochter des Kaisers Olybrius, Valentinians III. Enkelin, zur Ehe versprach.

Da aber der junge König, seinem letzten Bündnisse treu, alles zurückweist, zieht Zeno in Person, nach Sammlung von Truppen, gegen beide zu Felde, erlangt auch einige Vorteile, namentlich wird Theoderichs Gefolgschaft, die bis zu der langen (fünf Meilen vor Konstantinopel von einem Meere zum andern geführten) Mauer vorgedrungen war, von da zurückgeschlagen. Nach kurzem Kraftaufschwunge fällt der Kaiser jedoch wieder in die angeborne Indolenz zurück, worüber das kampflustige Heer so unwillig wird, daß er es aus Furcht vor Empörung auflöst und, wohl früher als nötig, im Jahre 478 in die Winterquartiere zurückführt. (Malchus I, 6, p. 240–243.)

Hierauf folgen nun zwei Fragmente des Malchus (II, 7, p. 263 und II, 9, p. 267), welche dem Winter 478/9 angehören müssen.

Theoderich hatte sich, Thrakien gründlich verwüstend, nach dem Rhodope-Gebirge zurückgezogen, mag aber durch Krieg und Mangel aller Art viele Leute verloren haben, während der Triarier sich, vielleicht durch Zuzug von jenem, verstärkt hatte.

Das bewog den Kaiser nunmehr, mit letzterem zu verhandeln, was zwar, nach dem ersten Fragment, an Zenos großen Forderungen und geringen Zugeständnissen zunächst scheiterte (so daß derselbe zu Fortsetzung des Kriegs Truppen aus Asien berief), schließlich aber doch dahin zustande kam, daß dem Triarier Sold für 13 000 Mann, das Magisterium militiae und überhaupt alles bewilligt ward, was er unter Basiliscos gehabt hatte. (Malchus a. a. O., p. 268.)

Hierdurch war Theoderichs Lage offenbar wesentlich verschlimmert, worüber uns nun das vollständigste und anziehendste jener Bruchstücke (II, 1, p. 244–258) weitere Kunde gibt.

Im Jahre 479 muß der Krieg gegen denselben früh wieder begonnen haben, da wir ihn nach schweren Verlusten durch die römischen Feldherren tief nach Makedonien zurückgezogen finden, wo er indes die Stadt Stobi einnimmt und zerstört, ja sogar durch das Gerücht seines Anzuges Thessalonich in Schrecken setzt. Darauf diplomatische, durch den Kaiser eröffnete Hin- und Hersendung, wobei Theoderich durch Einstellung aller Feindseligkeiten gegen die Landesbewohner seine Friedensgeneigtheit bekundet. Endlich langt der Patrizier Adamantius mit ausgedehnter Vollmacht bei ihm an und bietet demselben die Gegend von Pantalia (am obern Margus in Dardanien an der Straße nach Thrakien) zur Niederlassung mit seinem Volk an, so wie Geld zur einstweiligen Verpflegung des letzteren.

Inmittelst hatte Theoderich aber seinen Stammgenossen (Vielleicht Amaler; s. Könige II S. 72. D.), den römischen Heerführer Sidimund, der große Besitzungen in Epirus hatte, aufgefordert, ihm zur Eroberung dieser Provinz behilflich zu sein, worauf derselbe auch aus nationaler Vorliebe einging: er wußte durch falsche Vorspiegelung unter römischer Firma die Bewohner der Hauptstadt Epidamnus (Durazzo) am ionischen Meere für Theoderich zu gewinnen, die Garnison aber dergestalt zu schrecken, daß dieselbe den Platz räumte.

Hiervon benachrichtigt eilte der König von Heraklea im westlichen Makedonien mit größter Schnelligkeit und Kühnheit an der Spitze der Vorhut über die unwegsamsten Gebirge herbei, wird zwar von dem festen Lychnidus (Ochrida) zurückgewiesen, bemächtigt sich aber doch im Fluge der wichtigen Hafenstadt Epidamnus. Adamantius läßt ihn sogleich über diese Tat zur Rede setzen und rückt bis Edessa im Westen Makedoniens nach, wo der tapfere Sabinianus kommandierte, der sogleich mit größtem Eifer Truppen zusammenzog. Theoderich erklärte sich fortwährend zum Friedensschlusse bereit, doch fand die persönliche Verhandlung darin Schwierigkeit, daß Sabinian die eidliche Verbürgung der Sicherheit der Gesandten oder Geiseln verweigerte.

Endlich ward durch Adamantius selbst, der sich mit nur zweihundert Reitern mutvoll Epidamnus näherte, eine Zusammenkunft vermittelt, die beide Teile dem Abschluß nahe brachte, da der König sich bereit erklärte, im nächsten Frühjahre Epirus zu verlassen und sich nach Dardanien zu begeben, von da aber mit sechstausend seiner tapfersten Krieger einem römischen Heere wider den Triarier zu Hilfe zu ziehen, nach dessen Vernichtung er sodann die von jenem bekleideten Würden, das römische Bürgerrecht und eine bleibende hohe Stellung im Reiche verlange. Auch sei er, wenn der Kaiser dies vorziehe, bereit, Nepos aus Dalmatien zu vertreiben. Da Nepos am 9. Mai 480 ermordet ward, ergibt dies mit Zuverlässigkeit den Zeitpunkt obiger, unstreitig erst in die zweite Hälfte des Jahres 479 fallenden Verhandlung. (Hier taucht also zuerst der Gedanke eines Abzugs Theoderichs in das Westreich auf. D.)

Dem erwidert Adamantius, daß er nur unter der Bedingung von Theoderichs sofortiger Entfernung zum Abschluß ermächtigt sei, über dessen Erbieten er also zuvörderst anderweite Instruktion einholen müsse.

Währenddessen erkundet Sabinian, daß ein starker gotischer Volkshaufe mit Theoderichs Bruder, dessen Mutter und zahlreichem Trosse von Candavia nördlich der Straße von Lychnidus nach Epidamnus durch die Gebirge herabziehe. Sofort bricht er gegen diesen auf, legt ihm geschickt einen Hinterhalt und überfällt ihn, da dieser sich der Ebene nähert, bei Tagesanbruch mit solchem Erfolg, daß kaum noch der Fürst und dessen Mutter durch rasche Flucht und Abbruch einer Brücke sich retten können, die ganze führerlose Menge aber, fünftausend an der Zahl mit zweitausend Wagen, gefangen wird.

Als nun dem Kaiser sowohl die Verhandlung mit Theoderich als dieser Sieg berichtet wird, befiehlt er im Vertrauen auf letztern die nachdrücklichste Fortsetzung des Krieges, womit leider unser Fragment aufhört.

Aus Marcellins Chronik zum Jahre 479 erfahren wir noch, daß Sabinian, den derselbe mit höchstem Lobe den großen alten Feldherren gleichstellt, zum Magister militum beider Waffen ernannt wird.

Jenen Sieg, setzt der Chronist hinzu, habe er übrigens mehr durch Geschicklichkeit als durch Tapferkeit erfochten.

Daß Theoderich schon vor diesem schweren Verluste, selbst nach der Einnahme von Epidamnus, immer noch in sehr bedrängter Lage war, ergibt sich aus dessen letzter Erklärung.

Nach schweren Märschen und blutigen Kämpfer, bei Hunger und Not in einem verwüsteten Lande, will er sich mit einem Fleck Erde begnügen, »wo sein Volk ruhig das Land bauen könne« (es ist stets das alte gleiche Ziel all dieser Wanderungen D.), und verlangt nur bis zur nächsten Ernte Lebensmittel, bietet sogar zu Verbürgung seiner Treue Mutter und Schwester als Geisel an.

Von jeder weitern Quelle verlassen, vermuten wir nun, daß sich Theoderich den Winter über mit Anstrengung noch in Epirus behauptete, im Jahre 480 aber, sei es mit oder ohne kaiserliche Erlaubnis, nach Dardanien zog, indem sich die Römer vor einem Verzweiflungskampfe gescheut haben mögen.

Da wandte sich im Jahre 481 plötzlich das Glück durch den Tod des Triariers, der nach einem unter dem Vorwande der Hilfeleistung gegen den Empörer Marcian unternommenen, aber erfolglosen Zuge nach Konstantinopel Tillemont (VI, 3, N. S. 1032) und Clinton (Fast. Rom. zum Jahre 479) setzen Marcians Empörung in das Jahr 479. Dieser gedenken näher Malchus und Candidus, Theodorus Lecior oder Anagnostes, der um das Jahr 518, Evagrius, der gegen Ende des sechsten Jahrhunderts schrieb und für Marcian Eustathius als Quelle anführt, endlich Theophanes (geb. 784, gest. 818). Von allen diesen ist aber gerade der letzte und späteste der einzige, welcher die Zeit des Ereignisses angibt, und dieselbe nach der Überschrift dieser Stelle auf das Jahr 471 n. Chr. Geb. oder das 5. Zenos setzt, wobei ersteres ganz irrig ist, letzteres aber allerdings auf 470 fallen würde.

Der völlig zuverlässige Malchus, p. 58, berichtet aber ausdrücklich, daß der Triarier jenen Zug nach Konstantinopel, den der Chron. Marcellin ausdrücklich in das Jahr 481 setzt, erst in Folge der Kunde von Marcians Empörung, also nach dieser, und zwar sogleich (ευθύς) unternommen habe; hiernach muß jene Rebellion im Jahre 481 selbst oder spätestens Ende 480 erfolgt sein.

Demzufolge stehen sich in dieser Frage nur zwei Autoritäten gegenüber: die des für Byzantinisches insbesondere sonst zuverlässigen Chronisten Marcellin, der nur etwa fünfzig Jahre nachher schrieb, und die des dreihundert Jahre spätern Kirchenhistorikers Theophanes. Wir müssen uns nach den Regeln der Quellenkritik unbedingt für ersteren erklären, wie dies auch die sorgfältigen Herausgeber des Malchus in der Bonner Ausgabe getan haben, welche das betreffende Fragment des Malchus, p. 258, ausdrücklich in das Jahr 481 gesetzt haben.

Hierzu kommt, daß Theophanes auch in andern Zeitangaben geirrt hat, indem er die Rückkehr Zenos um ein Jahr, das Erdbeben zu Konstantinopel um zwei Jahre früher angegeben hat. Vergl. Clinton zu den Jahren 278 und 280, wobei er an letzterer Stelle Marcellins Autorität ausdrücklich der des Theophanes vorzieht.

, von dem des Malchus der Zeit nach letztes Bruchstück II, 2, p. 258) handelt, auf der Rückkehr in seinen Wohnsitz durch einen Zufall das Leben verlor, was Marcellin, dem Jordanis (de regn.) und die Historia miscella wohl nur nachschreiben, unter diesem Jahre sehr umständlich berichtet.

Der Triarier, wenn auch anscheinend mehr verschlagen als tapfer, muß ein nicht unbedeutender Mann gewesen sein, dessen beraubt seine Scharen, die sich dem blutigen Hasse der Römer nun führerlos preisgegeben sahen, fast notwendig Theoderich sich anschließen mußten.

(In demselben Jahre starb auch, noch vor dem Triarier, Sabinian, den Marcellin dabei den Großen nennt.)

Durch solchen Machtzuwachs ermutigt, ergriff Theoderich sogleich wieder die Offensive, aber nicht gegen Thrakien und Konstantinopel, wo er nichts ausrichten zu können fühlte, sondern gegen Makedonien und Thessalien, dessen Hauptstadt Larissa er sich bemächtigte. (Marcellin.)

Da mußte der Kaiser im Jahre 483 sich zu demütigem Frieden bequemen. Der Reichsfeind ward zum Magister militum ernannt, zum Konsul designiert und erhielt das ganze ripensische Dakien nebst einem Teile Niedermösiens, mindestens vom Margus bis zum Jatrus, ein Gebiet von etwa 600–800 Quadratmeilen zur Ansiedelung seines Volkes. (Marcellin, Jordanis Kap. 57 und de regn.)

Drei Jahre lang wenigstens dauerte diese Freundschaft, während welcher Theoderich (nach Jord. Kap. 57) großenteils, namentlich als Konsul im Jahre 484, auf das höchste geehrt, in Konstantinopel lebte. Der Kaiser war in dessen Auszeichnungen so verschwenderisch und erfinderisch, daß er denselben als seinen Waffensohn adoptierte, dessen Denkbild zu Roß vor seinem Palast aufstellen ließ, ja ihm die seltene Ehre eines Triumphs auf kaiserliche Kosten bewilligte.

Solch eitles Blendwerk aber genügte Theoderichs Heldensinn nicht; weder er noch sein Volk konnten dauernde träge Ruhe (und Unsicherheit, Abhängigkeit der Existenz von Byzanz D.) ertragen. Schon im Jahre 487 wieder drang er, unter einem uns unbekannten Vorwande, hörend bis zu der nur etwa sechs Meilen von Konstantinopel entfernten Sommerresidenz Melanthias vor, kehrte aber, von jedem Belagerungsversuch absehend, nach Novä zurück. Marcellin, J. 487 und Prokop, d. b. Goth. I, 1 und II, 6. Gut und mit Recht sagt Köpke, S. 161 von ihm: »Er mußte sich überzeugt haben, daß das Ostreich in seinem Mittelpunkte Konstantinopel für die Germanen unüberwindlich sei. Gedeckt durch zwei Heere, hinter diesen Mauern, inmitten einer Bevölkerung, die erfüllt war von dem Gedanken der römischen Herrschaft und des (katholischen D.) Christentums, in den Formen einer zähen Verwaltungskunst und alt überlieferter Staatsklugheit, war es sicher unter allen Demütigungen und Gefahren. Diese Goten sehen ein: niemals würden sich die katholischen Massen ihrer arianischen Minderheit unterwerfen; sie erkannten, es sei vorteilhafter, das Druckwerk des Staates durch geschicktere Hände im Gange zu erhalten und sich des Ertrages zu bemächtigen, als selbst ein neues Reich zu errichten, in dem die besten Hilfsquellen sehr bald versiegt wären.«

Da entwarf Theoderich einen andern, weltgeschichtlich gewordenen Plan. Dürfen wir Jordanis, Kap. 57, trauen, so überzeugte er im Jahre 488 den Kaiser in einem längern Zwiegespräche – das freilich nach der Raubfahrt des Jahres vorher etwas Unwahrscheinliches hat (Richtiger wird dem Kaiser die Initiative zugeschrieben; Dahn, Könige II, S. 74–77; übrigens war der Gedanke wenigstens an Dalmatien schon 479 aufgetaucht. D.) – wie es für beide Teile das Vorteilhafteste sei, wenn er ihn nach Italien schicke, um dies und Rom, das Haupt der Welt, vom Joche des Tyrannen Odovakar zu befreien.

Gern sicherlich ging der Kaiser, um den schlimmen Gast loszuwerden, auf diesen Vorschlag ein.

Etwas abweichend, doch im Wesentlichen übereinstimmend lauten die andern Quellen, deren Würdigung jedoch nicht hierher, sondern in die Geschichte der Gründung des Ostgotenreichs in Italien gehört.

So schließen wir dies Kapitel mit dem Abzuge des Königs nach Italien, wozu er, nach Marcellin, noch im Jahre 488 aufbrach.


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