Felix Dahn
Der Vater und die Söhne
Felix Dahn

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XIII.

Bald nachdem die Vermählungsfeier, an der auch Hermenigild und Ingundis teilnahmen, vorüber war, berief der König seine nächsten Freunde und vertrautesten Räte zu einer wichtigen Besprechung: es waren meist Goten, aber auch Römer, sogar einer ihrer Priester, der milde und weise Isidor. Vor Eröffnung der Beratung teilte der König seinen Entschluß mit, durch Heer und Volk alsbald Rekared zu seinem Nachfolger wählen zu lassen, was einstimmig gebilligt ward: – ein Vorzugsrecht der Erstgeburt bestand ja in keiner Weise. Rekared schwieg: er kannte den Beschluß des Vaters als unwiderruflich und zu seiner Gattin sprach er: »Ich glaube selbst, es ist besser so fürs Reich der Goten. Der arme Bruder ist allzuweich.« – »Unverlässig ist er,« schloß Baddo. »Ich würde ihm nicht vertrauen.«

Dann verkündete der König Begnadigung aller, die sich an der Empörung beteiligt hatten: »Ich kann nicht den Anführer begnadigen und die Anhänger bestrafen,« meinte er. – »Aber wohl die Anstifter,« grollte Garding. »Leander, der das Ganze eingefädelt . . .« – »Und seinen Bruder Fulgentius, der ihm nach Kräften geholfen,« schloß Gardila. »Er hat – im Mönchsgewand – den Turm Hermenigilds erklettert.« – Isidor wagte einzufallen: »Die Rache ist mein, ich will vergelten, spricht der Herr.« – »Der Herr König in diesem Fall!« rief Leovigild. »Nein, guter Isidor. Schreib du weiter an deinem vielbändigen Werk, das verstehst du besser: – aber den Staat laß mir: – den versteh' ich besser. Deine beiden Brüder sind friedlos gebannt: sie sterben, werden sie ergriffen.« – »Leider werden sie sich nicht ergreifen lassen,« meinte Garding.

Der Herrscher fuhr fort: »Aber nicht bloß dies Einzelne wollt' ich mit euch beraten. Mein Sohn Rekared hat von jeher – und allmählich immer stärker – in mich gedrungen, die Strenge, die mir gegen die Papstkirche notwendig schien, zu mildern: die Katholiken nicht durch den Schrecken niederzuhalten als Feinde, durch Milde zu gewinnen als Freunde. Sprich nun, mein Sohn, zu unsern Freunden, wie du so oft zu mir gesprochen.«

Rekared erhob sich und begann: »Welch' arge Greuel erleben wir in diesem Reich, seit zuerst der unselige Streit der Bekenntnisse entbrannte! Welch' blutige Frevel vor alters und vor kurzem. ›Religionis erat tantum suadere malorum‹, sagte ein Dichter: nur die Religion kann soviel Unheil bewirken. Aber hier nicht die Religion, – verschiedene Bekenntnisse derselben Religion! Wieviel Blut ist geflossen um ein Jota, ganz buchstäblich: – ein Jota: ›homoiousios‹, wesensähnlich, sagen die einen von Christus, ›homoousios‹, wesenseins mit Gott, die andern. Und deshalb hassen und verfolgen sie sich auf Erden und verfluchen sich in die Hölle! Ich aber meine: das Wesen Gottes ist unerforschlich. Und solche Haarspalterei der Gelehrten darf nicht die zwei Hälften eines Reiches spalten. Ziehen wir heran, was uns eint, schieben wir zurück, was uns trennt. Der König hat vor Jahren ein großes Religionsgespräch angeordnet, die Bekenntnisse zu versöhnen: feindseliger sind sie auseinandergegangen als sie zusammengekommen sind! Laßt doch jeden glauben und bekennen was er will, vielmehr was er muß. Heben wir Goten alle Nachteile auf, welche die Römer, das heißt die Katholischen, in unserm Reich bedrücken: dann werden sie keinen Grund mehr haben, aufzustehen, und Byzantiner und Franken keinen Vorwand mehr, ihnen beizustehen. Schon hat die Ehegenossenschaft sich durchgesetzt trotz der Verbote beider Kirchen: katholisch war meine Mutter, katholisch ist mein Weib.«

Gedankenvoll hatte ihm der König zugehört: nun unterbrach er ihn: »Und katholisch wirst vielleicht auch du?« – Rekared zuckte: dann strich er mit der Hand langsam über die Stirn: »Vater, . . . das wirst du niemals sehen.« – »Wohlan,« so schloß Leovigild die Verhandlung. »Folgen wir dem Rat des künftigen Königs. Er hat die Folgen, die Verantwortung zu tragen: ich nur noch kurze Zeit. Isidor, bereite die Gesetzentwürfe vor.«



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