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1. Die Schule bis zur Reformation. Wie wir schon früher erfahren haben, war eine Schule hier bereits um die Mitte des 15. Jahrh. vorhanden. Daß es eine Lateinschule war, geht schon aus der S. 49 erwähnten Urkunde hervor, wonach »der Schulmeister, der ein Mesner ist« mit seinen Schülern lateinische Gesänge singt; noch mehr aus den spärlichen Schulakten aus der 2. Hälfte des 16. Jahrh. (s. u.!) Es war ferner eine sog. »Stadtschule«, d. h. eine solche, welche von der bürgerlichen Gemeinde, nicht etwa von der Kirche, gegründet worden war. Dem steht nicht entgegen, daß der Schulmeister zugleich Mesner war. Man wird eben sonst keine taugliche Lehrkraft gehabt haben. Sicher aber ist – und das weist auf städtische Gründung – daß die Stadt um 1558 das »Nominationsrecht« (Ernennungsrecht) des Schulmeisters »seit undenklichen Zeiten« besitzt.
Der Lehrplan einer niederen Lateinschule des Mittelalters beschränkte sich auf das Latein, die Musik, d. h. die Einübung der gebräuchlichen kirchlichen Gesänge, und auf etwas Religion, d. h. das Auswendiglernen des (lateinischen) Vaterunsers, des Glaubens, der 10 Gebote, des Ave Maria, des » Benedicite«, des » Gratias« u. dgl.
Ueber die Schulverhältnisse der badischen Markgrafschaft im Mittelalter, ja bis in das 17. Jahrh. herein, wissen wir nur sehr wenig, da auch die sämtlichen Schulakten im J. 1689 zu Grunde gegangen sind (S. 176); doch ist noch eine »Ordnung der Schule zu Baden« aus dem J. 1541 erhalten und wir können annehmen, daß diese oder eine ähnliche Ordnung auch im übrigen Baden, so auch hier, in Geltung war (vgl. Z.O.Rh., Band 22).
In den Verzeichnissen der Studierenden auf deutschen (und ausländischen) Hochschulen im 15. und 16. Jahrh. finden sich zahlreiche Namen mit dem Vermerk: »aus Besigheim«, darunter sind sicher auch vereinzelte Studenten, die aus den Amtsflecken gebürtig waren (Löchgau, Walheim) und Besigheim als Heimatort angaben, weil sie dort die Lateinschule besucht hatten. Es ist als gewiß anzunehmen, daß diese jungen Leute die Hochschule unmittelbar von ihrer heimatlichen Stadtschule aus bezogen haben; denn so etwas wie ein Gymnasium, als Mittelding zwischen Lateinschule und Universität, gab es damals noch nicht. Daraus schon würde folgen, daß im Besigheim des 15. Jahrh. eine Lateinschule bestanden hat.
In den Matrikeln (Verzeichnissen) der Universität Basel begegnen uns: Johann Keßler 1469, Johann Kleinmann 1471, Joh. Heiliger 1471, Johannes »de (aus) Besicken« 1476-85; derselbe in Rom 1489-1500; derselbe ist wohl auch gemeint mit dem Joh. de Bes., Speierer Diözese 1469. – In Bonn: Herr Joh. Pluß, magister in artibus, de Bes., Studierender der Rechtswissenschaft, ist geistlichen Standes, worauf das »Herr« hinweist, 1462. – In Heidelberg: Heinr. Mutscheler (Löchgauer Name) 1406, Heinr. Bluos 1419, Harbrecht (Walheimer Name) 1416, Konr. Pluosz, Geistlicher, 1417-18; ferner Gregorius Pluoz 1432, Berthold Harbret (Harbrecht, Walheim) 1431, Nikolaus Nickel 1433, Kaspar Macellatoris (Metzler) 1463, Burkard Bluos 1469, Martin Wilhelm (Löchgauer Name) 1469, Joh. Kleinmann 1473, Ludwig Hennsler (Hessigheim?) 1483, Joh. Bartenbach 1485, Balthasar Pistoris (Becker, von Walheim?) 1498, Alexius Beßler 1498, Sebastian Hilt 1501, Lukas Helger 1503, Joh. Braun (Kirchheim am Neckar?), Philipp Beßler 1505, Philipp Keßler 1510. – Auf der Universität Tübingen, gegründet im J. 1477, erscheint gleich in diesem Jahr ein Wendelin Lemp, ferner: Matthias Zehender; Simon Currificis (= Wagner) 1478-83, und andere. – Wir nennen noch Friedr. Jodocus Ströli (auch genannt als Karmelitermönch in Eßlingen) 1500, Peter Gößlin und Joh. Ber(t)sch 1513, Joh. Vollant 1516, Hieronymus Fabri (= Schmied) 1517. Lehrer sind in Tübingen Fr. Schaupp und Melchior Münster, beide aus Besigheim. In Freiburg sind 1460-1541 nur 2 Studierende aus B. genannt, darunter Frater Jodokus Ströwlin (s. oben!); als Lehrer: Isaak Volmer, Matthias Zehender 1476, Joh. Simler (jetzt »Semler«) 1500. – Der schon früher erwähnte Fritz Hardar (Harder) von B. ist vor und um 1447 Student auf mehreren Universitäten.
Das Dunkel, welches auf der alten Besigheimer Schule ruht, lichtet sich etwas um die Mitte des 16. Jahrh. Wir erfahren, daß bei der »ersten Visitation« (1556) der Stadt ihr Recht, das sie »vor alter und lenger dann sich Menschen gedechtnus erstrecken mag« gehabt hat, bestätigt wurde, nämlich »die Collatur und Lehenschaft ainen Schulmaister anzunemen und zu beurlauben«. Die Unterhaltungskosten übernahm damals die G.V., wogegen sie den Schul- und Mesnerzehnten, der bisher in der Verwaltung der Stadt gewesen, an sich zog. In einer Urkunde vom J. 1558 wird weiter bestimmt, daß jeder neue Schulmeister zu der fürstlichen Kanzlei zu senden und dort zu »präsentieren« sei, um darauf »examiniert und konfirmiert« zu werden. »Und ist dieser Zeit ains Schulmaisters Besoldung, so Ime jährlich auß der G.V. zu Besigkhaim gefell soll gegeben werden, Namblich an Gellt LXX (70) gulden, Rockhen X, Dinckhel XX Malter, Wein IIII Aymer. Unnd an sollicher Besoldung gibt gemaine Statt B. wider um die G.V. jährlichs XX Pfd. hl., darzu järlichs dem Schulmaister drey Gaab Holtz. – Entgegen ist ain Jeder Schulmaister schuldig, ainen taugenlichen gelerten Provisorem, damit die schul versehen (sei), In sainer Cost und Besoldung zu unterhalten«.
Schon 2 Jahre nach der »ersten Visitation« sah sich die Stadt in die Lage versetzt, sich um ihr Ernennungsrecht zu wehren. Die Behörde hatte den alten Schulmeister, Martin Spretter, »den man nach altem Brauch vor 14 Jahren auf vierteljährliche Kündigung angenommen hatte«, als einen von der Stadt »angemaßten« Schulmeister seines Dienstes erlassen. Auch wollte sie die Schulmeistersbesoldung nur noch bis Fronfasten Crucis weiterreichen. Die Stadt legte nun durch Melchior Nördlinger bei den geistlichen Räten zu Pforzheim Verwahrung ein. Was die Entlassung des Schulmeisters betreffe, so sei ihr weniger an dessen Person als an der »Kollatur« der Stelle gelegen. Sie sei bereit, sich nach einem anderen Manne umzusehen, ihn nach Pforzheim zu schicken etc., wie in erster Visitation abgeredet worden sei. Der Stadt wurde darauf ihre Kollatur wieder zugestellt. Sie wandte sich nun (1558) an Mr. Melchior Münster in Tübingen, ein Stadtkind, damit er sich für sie nach einem gelehrten, geschickten, tauglichen und etwas betagten Gesellen umsehe. Das geschah denn auch. Der neue Schulmeister war Andreas Jüngling von Stuttgart, aus redlichem, ehrlichem, aufrechtem Geschlecht, allhie ein Stadtkind, hatte bisher in Güglingen 6 Jahre lang die Schul versehen. Er wurde auf die Besoldung des vorigen Schulmeisters (S. 205) angenommen. (In Walheim wird 1522 ein Hans Jüngling genannt.)
2. Die äußere Entwicklung der Schule bis zum Jahre 1800. Die Schule war bis 1556 zweifellos einklassig gewesen und blieb das vermutlich auch in den nächsten Jahrzehnten. Der Provisor genoß bei dem Schulmeister Wohnung und Kost und wird im gleichen Raum wie dieser unterrichtet haben, indem er etwa die jüngeren Jahrgänge übernahm. Möglich ist allerdings, daß schon damals zwei Klassen bestanden. In diesem Fall hätte der Schulmeister, wenn er keinen Provisor hatte, was bei Andreas Jüngling zeitweise vorkam, eben »Abteilungsunterricht« gegeben. Die Nachfolger Jünglings, welcher 1575 wegen hohen Alters und weil er schlechte, mitunter gar keine Provisoren gehalten (z. B. Christoph Glitz von ? 1574), entlassen wurde, hatten regelmäßig einen Provisor neben sich. Im J. 1595 kam der Provisor darum ein, ihm eine fixe Besoldung zu setzen. Er genieße bei seinem Präzeptor einen sehr schmalen Tisch und nur 10 fl. Besoldung, da doch der Präzeptor seinerzeit, als er Provisor gewesen, einen »ausbindig« guten Tisch gehabt habe und 16 fl. Besoldung. Die Visitationskommission bezeichnete eine fixe Besoldung als wünschenswert. Es wurde ihm denn auch im Herbst dieses Jahres eine Besoldung von 39 fl. geschöpft, dazu an Frucht 5 Sri. 6 Viertel Roggen und 6 Sri. 3 Viertel Dinkel, an Wein 1 Eimer 1 Imi. Weiter bat der Provisor, der sich verheiraten wollte, daß ihm das Mesner- (früher U. l. Fr. Pfründ-) Haus, sowie einige Gulden von der Besoldung des Mesners eingeräumt werden möchten. Auch das wurde ihm bewilligt, wenn nicht sofort, so doch bald darauf. Dagegen verhielten sich gegen den Vorschlag der Behörde, das Mesneramt überhaupt mit dem Provisorat zu verbinden, sowohl der Pfarrer wie der Magistrat ablehnend. Das Uhrenrichten und Läuten, meinte auch der Provisor, sei etwas Mühevolles (»wie wahr«, fügt der Pfarrer hinzu) und würde ihn hindern, der Schule und der Jugend fleißig abzuwarten. Daraus folgt, nebenbei bemerkt, daß das Mesneramt schon früher, wahrscheinlich um 1556, von dem Schulamt abgelöst worden war.
Im J. 1595 muß auch die Scheidung der Schüler in zwei Klassen erfolgt sein, wenn es nicht schon vorher geschehen war. Die Schule des Provisors entwickelte sich von da an mehr und mehr zu einer ausschließlich deutschen Schule; doch scheint der Provisor noch ziemlich lange auch die Anfangsgründe des Lateinischen gelehrt zu haben, also zugleich »Kollaborator« (in unserem Sinn) gewesen zu sein. Wenigstens wurden die Bewerber um das Provisorat regelmäßig auch im Lateinischen geprüft. Und wenn später nicht mehr, so verstanden doch die Provisoren des 17. Jahrh. alle noch das Latein; manche bekleideten auch vor- oder nachher anderwärts lateinische Schulstellen. Noch der Provisor vom J. 1759 ist vorher lateinischer Provisor zu Bietigheim gewesen. (Im J. 1611 ist noch von dem »lateinischen Provisorat« die Rede.)
Die Provisorsschule selbst aber ist spätestens um die Mitte des 17. Jahrh. durchaus deutsch. So heißt es im J. 1649, Provisor Brauhard habe bei dem Provisorat allein deutsche Kinder zu unterrichten; 1654 hat der Präzeptor die lateinischen Schulknaben (17), der Provisor die »teutschen« (23) und die Mägdlein (34). – Im J. 1687 heißt Mutschler »der neue Provisor und teutsche Schulmeister«.
Bis zum J. 1754 blieb es bei je einer lateinischen und einer deutschen Klasse. Im genannten Jahre wurde dem Provisor die Haltung eines Subprovisors (auf seine Kosten) auferlegt; dazu kam 1778 noch ein » Stadtprovisor«, so daß man bis in den Anfang des 19. Jahrh. 3 deutsche Lehrkräfte (und Klassen) hatte: den Schulmeister (früheren Provisor), den (früheren Sub-) Provisor und den Stadtprovisor.
Ein zweiter Lateinlehrer mit dem Titel » Kollaborator« wurde im J. 1778 angestellt. Zu seinem Unterhalt hatten etliche gutgesinnte Leute gegen 1000 fl. zusammen geschossen. »Der lateinische Provisor ist mit der Versicherung aufgestellt worden, daß die hiesigen corpora (Kassen) mit seinem Gehalt nicht beschwert werden sollen« (G. P. 1781). Aus der G. V. wurde ihm im J. 1787 das schon einige Zeit her genossene Gratial von 2 Sri. Roggen und 2 Scheff. Dinkel »für beständig abzureichen« verwilligt.
Die Mädchen wurden von 1595 an wahrscheinlich von der Provisorsfrau unterrichtet. Wenigstens machte im J. 1595 Provisor Mich. Manlius den Vorschlag: »Weil die Schulstub in des St. Cyriakus Pfründhaus für so viele Knaben (diesen Winter über an die 150) schon ohne dies ganz und gar zu eng ist, so könnten die Medlin, deren bei 40 unsere Schul besuchen, in dem Mesnerhaus zu meiner zukünftigen sponsa (Frau) in die Schul gehen und im Lesen, Schreiben und Catechismo unterrichtet werden; so könnte von uns Schuldienern den lateinischen und deutschen Knaben, die nicht wenig durch die Medlin müssen versäumt werden, desto mit mehr Fleiß abgewartet werden.« – Im J. 1649 heißt es, die Provisorsfrau habe »jederzeit« die Mägdlein gehabt. Sicher scheint jedenfalls dies zu sein, daß die Mädchen von 1595 an stets getrennt von den Knaben unterrichtet wurden, sei es durch den Provisor im Abteilungsunterricht, sei es durch dessen Frau. – Für die Mädchenschule erhielt der Provisor (1670 »nach altem Herkommen«) eine Holzgabe.
Im J. 1682 errichtete man eine selbständige Mädchenschulstelle mit einer eigenen Lehrerin. Auf ergangene Aufforderung meldete sich u. a. die Frau eines (Handwerkers) Hans Hammer. Sie wurde gefragt, ob sie lesen, schreiben, singen und »betten« könne. Antwort: »Ja, getrawe sich, mit Hilf Gottes und Beystand ihres Ehemanns der Schuol vorzustehen«. Sie wurde nun auf ein Vierteljahr zur Probe angenommen, gegen eine feste Belohnung. Im J. 1683 wurde eine Frau Rieger mit der Klasse betraut. Ihr Mann leistete ihr Beistand, so viel er eben von seinem Handwerk abkommen konnte. Das Jahr darauf erhielt die Stelle der bisherige Provisor; auf das Provisorat wurde der bisherige Präzeptor bestellt und dessen Stelle ausgeschrieben. Beide Lehrer sträubten sich freilich heftig gegen diese Herabsetzung, »meinend, ihre Studien erstrecken sich auf etwas Höheres«. Aber es half nichts; schon seit langem war über den schlechten Zustand der hiesigen Schule geklagt worden, so daß man endlich auf Abhilfe hatte bedacht sein müssen. Uebrigens ging die »Mägdlinsschule« schon im J. 1690 wieder ein.
Bis zur Mitte des 16. Jahrh. heißt der ständige Lehrer ausschließlich »Schulmeister«; dann, bis etwa 1600, abwechselnd » Präzeptor« und ( lateinischer) Schulmeister«; von 1600 an nur noch »Präzeptor«. – Der » Provisor« wird im 17. Jahrh. daneben auch » Kollaborator« genannt oder » lateinischer« (später » deutscher«) Provisor; im 18. Jahrh. wird die Bezeichnung » teutscher Schulmeister« gebräuchlich. Vom J. 1759 an heißt er nur noch » Schulmeister«; der Titel »Provisor« geht auf den anfangs so genannten »Subprovisor« über.
3. Die » Schulbedienten.« Die Präzeptoren des 17. u. 18. Jahrh. waren meistens Theologen, welche den Schuldienst so bald wie möglich mit dem Pfarramt vertauschten. Einige bekleideten schon vor ihrer Ernennung eine Pfarrstelle, z. B. Mr. Jak. Bersch, 1635-37, vorher »adelich Liebensteinischer Pfarrer« in Ottmarsheim, »ein guter Organist«. Den einen und andern konnte aber seine Laufbahn auch abwärts führen, so ist Joh. Jak. Brauhart 1643-49 hier Präzeptor (und zugleich Provisor), wird dann, weil er im Lateinischen schlecht gegründet, entlassen, ist gleich darauf hier Provisor und wird noch 1649 deutscher Schulmeister in Backnang. Georg Steph. Herold wird 1684 zum Provisorat »removiert«.
Was die Herkunft betrifft, so begegnen wir neben Württembergern auch allerlei ausländischen Persönlichkeiten: Joh. Eli. Waldeisen (1649 bis 57) ist gewesener Rektor zu Wimpfen; Joh. Wachsring (1575-97) ist von Torgau gebürtig, Herold (1651 ff.) von Pforzheim, Fr. Wagner (1690-95) von Nürnberg, vorher Präzeptor am Gymnasium zu Durlach; Joh. Jakob Heisch (1703-98) ist Sohn eines Bäckerzunftmeisters in Eßlingen; die übrigen sind Württemberger. Die Stadt wandte sich bei Erledigung der Stelle meist nach Tübingen; so wird noch im J. 1759 an die Herren Professores dort geschrieben.
An Bewerbern fehlte es nie. Im J. 1689 z. B. melden sich Mr. Sutorius, Stipendiat von Tübingen (nachdem man bei dortiger Fakultät um ein feines Subjectum als Stellvertreter angesucht), ferner Mr. Heller, gleichfalls Stiftler, Ludovici, Präzeptor zu Durlach, Fr. Wagner, exulierender Präzeptor von ebendort. Im J. 1752 sind »Petenten« (Bewerber) ein Walheimer Vicarius, ein stud. phil. von Tübingen, ein Präzeptor von Münsingen etc.
Auch die Provisoren verschrieb man sich, anfangs wenigstens, regelmäßig aus Tübingen. Es sind durchweg Zöglinge des Stifts; welcher Güte, werden wir gleich sehen.
Im J. 1576 bittet Wachsring um einen »taugenlichen Collaborator, der mit seinen Schulern praecipua latinae grammaticae (die Hauptstücke der lateinischen Grammatik) docieren und repetieren« könne. Man möge ihm unter den famulis einen geeigneten Provisorem zuweisen. Man erinnere sich hier, daß früher etliche famuli aus dem herzoglichen Stipendium auf das gemelte Provisorat geschickt worden seien. – Die Tübinger ließen sich nun unter dem Gesinde etliche bezeichnen, bei denen keine Hoffnung ferneren profectus (Fortschritts) wäre. Es fand sich nur einer, Nikolaus Ulrich Balneator (Bader) von Stuttgart, 2½jähriger Stipendiat, bisher ziemlich unfleißig, trägen Geistes, ist auch etwan bezecht heimkommen. »Er hat keine sonderlichen Fortschritte spüren lassen, sind auch keine zu hoffen, daher man ihn gern ziehen läßt, zumal an Leuten kein Mangel. Er mag sich in Baden oder in der Pfalz nach einem Dienst umsehen, sollen ihn aus Gnaden pro viatico 4 fl. gereicht werden.« Bader selbst, welcher ganz in Schulden verstrickt ist, meint, es wäre beiden, ihm und der Schule(?) geholfen, wenn er die Stelle erhielte. Er wurde auch angenommen und hielt sich nach Stadtschreibers Zeugnis (1577) gut. Zwei Jahre später erlangte er sogar einen württembergischen Kirchendienst. Sein Nachfolger, Albertus Veigelius (Veihel) von Beutelsbach, »hat ein gut ingenium, ist aber seinen Studien nicht gar fleißig obgelegen; ist zu fürchten, daß er sich nicht bessere; ein anderer könnte an seiner Statt mit besserem Nutzen das Stipendium genießen«. – Im J. 1610 wird Mich. Leo (Löw) vom Pädagogarcha in Stuttgart auf ein »gemein lateinisch Provisorat« in Besigheim examiniert. Er hat sich allein im Supinum von cognosco verstoßen. Sonsten ist er im Lateinischen genügend. Der Stiftsprediger schickt ihn nun hieher, »damit man es mit diesem Leoni versuche. Wird vielleicht ein frommes Schäflein werden, wozu ich ihn auch ernstlich ermahnet habe«. Leo war 4 Jahre vorher seines Ungehorsams und Frechheit wegen (»wie ich freibekenne«) aus dem Kloster Maulbronn, wohin er 1604 von Adelberg aus gekommen, »gnädiglich« entlassen worden, »weil das Glück unbeständig und sich bald mit dem Menschen umbschlecht (umschlägt), auch die Jugend allzeit mehr zu Bösem denn zu Gutem geneigt ist«. Er hat aber, wie er selbst berichtet, seine »Mißhandlung« (Missetat) mit innigsten Tränen beweint und ist mit einem merklichen Schaden witzig geworden; hat (seit 1606) viel ferne Länder durchzogen, viel Widerwärtigkeit befahren; gar oftmals sind ihm von Widersachern, Papisten und Kalvinisten, gute Bedingungen angeboten worden; er ist aber seinem Glauben treu geblieben.
Im J. 1654 meldet sich ein deutscher Schulmeister aus Bissingen. Er hat bei seinem Examen in Stuttgart eine deutsche Komposition extemporiert, die Briefe Ciceros fein gelesen, gut exponiert, doch sind ihm die grammatischen Regeln ausgefallen. Griechisch kann er lesen, aber nicht weiter als deklinieren; skandiert in poësi das Tetrastichon, versteht sich auf Musik. Wird für genügend gehalten, zumal er in Besigheim mehrenteils teutsche Kinder haben wird. – Ein Joh. Ge. Scherer, Notarius publicus, meldet sich 1660, der auch im Latein geprüft wird.
Sonst sei noch genannt: 1595 Mich. Manlius aus Schwäb. Hall, Jodokus Pfingsthorn (1620), ein Proselyt aus dem Papsttum, Joh. Thein, bei Koburg gebürtig, Mr. Abrah. Bohl, 1652–54 Präzeptor in Blaubeuren, dann hier Provisor.
Die persönlichen Beziehungen der beiden Schuldiener, des lateinischen und des deutschen, waren im 18. Jahrh. meist die denkbar schlechtesten. Ursache ewiger Zerwürfnisse war namentlich der Organistendienst, welcher ursprünglich ein Anhängsel der Präzeptoratstelle war, aber allmählich an den Provisor überging. Der Präzeptor hatte dagegen nun nichts einzuwenden, wohl aber gegen den ihm zugemuteten Verzicht auf die Besoldung (12 fl.). Aehnlich war es mit den Abdankungen, dem Leichengesang und dem » directorium musices« (Leitung der Kirchenmusik). Am widerwärtigsten war dem Präzeptor die Aufsichtspflicht über seine Schüler im Gottesdienst. Der Präzeptor erachtete sich eben mehr und mehr als zu gut für diese Dienste und suchte sich ihnen auf jede Weise, die Mittel des Streiks und der Schikane nicht ausgenommen, zu entziehen. Der Stadtpfarrer, zwischen beide Parteien gestellt, hatte dabei seine liebe Not, ein halbwegs erträgliches Verhältnis aufrechtzuerhalten.
4. Wahl, Ernennung und Besoldung der Schuldiener. Die Wahl der Schuldiener wurde nach der seit ältesten Zeiten bestehenden Gewohnheit (1764) vorgenommen vom Vogt, beiden Geistlichen und dem Magistrat. Die Bewerber mußten sich persönlich stellen und wurden auf ihre Kenntnisse geprüft. Am Angebot fehlte es fast nie. Die fortgesetzten Kriege trieben viele Schuldiener ins Elend und an die Stelle der fahrenden Schüler des Mittelalters waren die fahrenden Lehrer getreten. Es muß anerkannt werden, daß sich die Stadt stets redliche Mühe gab, tüchtige Kräfte zu gewinnen. Jedoch auch solche Gesichtspunkte, welche dem Interesse der Schule eigentlich fremd sind, gaben mitunter bei der Wahl den Ausschlag, so die Begünstigung durch den Vogt, so auch etwa die Rücksicht auf die Witwe des Vorgängers (z. B. 1760), beidemal übrigens unter Widerspruch des Stadtpfarrers.
Der Erwählte hatte sich bei dem Kirchenrat in Stuttgart (früher in Pforzheim bzw. Karlsburg) zur Prüfung und Bestätigung zu stellen. Die Anforderungen waren nach unseren Begriffen sehr bescheiden; z. B. muß Schulmeister Nennich (1764) schreiben den Spruch: »Was wahrhaftig etc.«; im Rechnen erhält er die Aufgabe: 645 356 : 356; außerdem wird er im Lesen, Katechismus und in der Musik geprüft. Nach seiner Examinierung und Bestätigung hatte der Gewählte (auch der Präzeptor) in die Hände des Spezials die »gewohnliche Promission« (Gelübde) auf den in der großen Kirchenordnung enthaltenen »Staat« (Amtsverpflichtung) zu erstatten.
Wie schon 1758, so wurde auch in der Folgezeit das Nominationsrecht der Stadt, je länger, je öfter, von der Regierung angefochten (z. B. 1690, 1721, 1725, 1759) trotz wiederholter Bestätigung (z. B. 1595 und 1634). Endgültig wurde es der Stadt erst im J. 1849 entzogen.
Die Besoldungsteile der lateinischen und deutschen Schulstelle(n) können wir hier im einzelnen nicht aufführen (betreffend die Besoldung des Präzeptors um 1746 vgl. St.R. und G.P. 1746, betr. die des Provisors vgl. namentlich Kons.R.). Das Schulgeld der Knaben, der lateinischen und der deutschen, bezog der Präzeptor (das der deutschen Knaben von 1757 an der deutsche Schullehrer). Das von den Mädchen fiel ebenfalls dem Provisor zu, jedenfalls schon vor 1649, aber nicht vor 1595. Es betrug ursprünglich 2 sch. (vierteljährlich), dann 3 sch.; nach 1634 wurde es vorübergehend auf 15 kr. erhöht. Auf Beschweren der Bürgerschaft wurde es um 1660 auf 10 kr. für die Knaben, auf 8 (1690: 10) kr. für die Mädchen herabgesetzt. Für arme Schulkinder kam das Almosen auf.
Im allgemeinen waren die Schuldiener nie (wenigstens vor 1800) so gestellt, daß sie große Reichtümer ansammeln konnten. Noch 1791 muß der Präzeptor Landwirtschaft treiben und Kostgänger halten, um sich durchzubringen. Und doch: »Ist ein beschwerlicher und gesundheitszusetzender Dienst unter allen officiis, so ists gewislich die Schul; das hab ich unterthäniger Supplikant (Präzeptor Rock, um 1746) als ein alter Praktikus und in labore scholastico (Schularbeit) stehender Diener sattsam erfahren.«
Immerhin konnte Provisor Jod. Pfingsthorn 100 fl. für arme Schüler stiften und 100 fl. für Salz und Schmalz; Sigm. Heinr. Mutschler (1725–59) 60 fl. zu Schulkreuzern.
Die Frage, welche Kasse bei Errichtung neuer Stellen oder bei Besoldungserhöhungen für die Kosten aufzukommen habe, gab Anlaß zu oftmaligen Streitigkeiten zwischen der Stadt und der Behörde, so namentlich als es sich um die Schöpfung einer Besoldung für den Subprovisor handelte. Die Herrschaft schob der Stadt, dem Almosen und dem Provisor, die Stadt der Herrschaft, auch dem Präzeptor und Provisor die Bestreitung der Kosten zu. Die Stadt machte geltend, daß die G.V. den Schul- und Mesnerzehnt eingezogen hätte. Es habe mit den geistlichen Gefällen hier (und im Amt) eine andere Bewandtnis als im übrigen Land. Anderswo sei der »Heilige« den Kommunen belassen worden, hier nicht; man habe hier nur das Almosen, welches zudem noch seine Angebühr am großen Zehnten (1/6) habe in die G.V. übergeben müssen (1565), wogegen allerdings die Stadt jährlich 20 Pfd. ins Almosen reiche. Die Herrschaft ihrerseits meinte, die G.V. habe seinerzeit mit den Schulgefällen nur die damaligen, im G.L.B. fixierten Schullasten übernommen, nicht aber alle in der Folgezeit neu hinzutretenden. – Noch im J. 1865 ff., als eine Gehaltserhöhung der Mädchenschulstelle angeordnet wurde (laut Gesetz vom J. 1858 und 1865), kam es hierüber zwischen der Stadt und der Kgl. Staatsfinanzverwaltung zu einem Prozeß, welchen jedoch die erstere verlor (St. R.).
Im J. 1618 wurde sogar das Amt zur Bestreitung einer anbefohlenen »Addition« für den Provisor (10 fl.) herangezogen, obwohl die Amtsorte einwandten, sie hätten ihre eigenen Schulen, der Provisor in der Amtsstadt gehe sie nichts an (nach V.B. 1605 muß Provisor Hunger leiden; man hat allgemein Mitleid mit ihm, daher Spezial einen Zuschuß beantragt).
5. Die Lateinschule insbesondere. Die Schülerzahl beim Präzeptor beträgt 1649: 8, 1654: 17, 1661: 12, 1676: 17, 1684: 15 (dazu informiert Präzeptor 8 deutsche Schüler), 1694: 19, 1703: 13, 1724: 9, 1730: 13, 1739: 25, 1744: 37, 1773: 16, (Kollaborator 12 bis 14), 1783: 8 (18), 1785: 19 (18), 1791: 13 (16), 1795: 8 (14), 1802: 12 (13), 1804: 17 (13), 1807: 18 (9).
Abteilungen sind es 1654: 4 (5 Schüler komponieren), 1661: 3 »Dekurien«: 5 Schüler komponieren, 3 konjugieren, 4 sind Inzipienten; 1676: 7 alphabetarii, 5 deklinieren und konjugieren, 5 ex- und komponieren. Griechisch lernt keiner. Die Eltern wollen es nicht haben, sagen, die Kinder dürften nicht studieren. Im J. 1692 sind es 4 Abteilungen: 6 lesen und buchstabieren, 6 deklinieren und konjugieren, 4 lernen die Syntax oder fangen an zu komponieren, 3 fangen das Graecum an. – Zu den niederen Klöstern hat Präzeptor Rock in 19 Jahren seines Hierseins 9 Subjekte geliefert (G.P. 1752).
Im J. 1732 ist zu befürchten, daß die Lateinschule völlig in Abgang komme, weil immer weniger Eltern »Subjekta« darein zu schicken sich entschließen wollen. Man beschließt, in der deutschen Schule diejenigen Knaben auszuwählen, welche gern Latein lernen wollen. – Im J. 1758 will man Eltern fähiger Kinder dazu vermögen, diese in die Lateinschule zu schicken. Die Beichtväter wollen die Eltern dazu zu überreden suchen, damit die Lateinschule nicht vollends eingehe. Und da fast kein Lateinschüler ad altiora (zu studieren) begehrt, so sollen die für das Griechische bestimmten Stunden für den Unterricht einiger Subjekta in der Geographie, Arithmetik und Geschichte verwandt werden. – Im J. 1777 wären verschiedene Eltern geneigt, ihre Knaben in die Lateinschule zu schicken. Da nun ohnedies die deutsche Schule übersetzt ist, so will man einen ledigen lateinischen Provisor anstellen. Bisher hat der Diakonus Seitz (dessen Werk, nach V.B. 1779, die Errichtung der Kollaboraturklasse ist) die Anfänger in seinem Haus unterrichtet.
Einige Schulbücher sind in den Alm.R. (z. B. der vom J. 1685) aufgeführt; das Bücherinventar der Präzeptoratsklasse im J. 1795 s. im V.B. – Die ersten Landkarten werden im J. 1758 angeschafft.
Die ordentlichen Wochengottesdienste hat (1756) der Präzeptor mit seinen Schülern zu besuchen. Die Schüler sind Paar um Paar vom Lehrer in die Kirche zu führen. Zu besserer Beaufsichtigung ihrer Schüler wird beiden Lateinlehrern ein Stand im Chor, bei der Sakristei, eingeräumt (1783). Der Präzeptor soll auch das Singen üben und zu dem Ende jeden Samstag einige Strophen aus einem passenden Liede singen lassen (1756).
Die Visitation der Lateinschule wurde schon im 17. Jahrh. jährlich 2mal durch einen Pädagogarchen von Stuttgart vorgenommen. Sie wurde mit einer Mahlzeit beschlossen. An die Kinder wurden »Pretzeten« und Papier verteilt (1687).
6. Die deutsche Schule. Die allgemeine Schulpflicht stand seit der Reformation im Grundsatz fest; jedoch dauerte es lange, bis sie in ihrer ganzen Strenge durchgeführt wurde. Das gilt namentlich von den Mädchen. Das Verhältnis der die Schule besuchenden Knaben und Mädchen ist 1595 = 150:40, in den Alm.R. 1602–1606 = 5:1 (bei armen Kindern, welchen das Schulgeld bezahlt wird), 1654 = 40:30 (mit den Lateinern), 1661 = 50:38 (ebenso), 1685 = 71:47 (ebenso). Je länger je mehr entsprechen aber die Zahlen dem Verhältnis der Geschlechter überhaupt.
In Walheim, Hessigheim, Mundelsheim ist das Verhältnis im J. 1654 = 34:8 bzw. 30:12 bzw. 38:24.
Im Winter ist die Schülerzahl in der deutschen Schule meist etwas höher als im Sommer. Im J. 1703 sind es Knaben (Mädchen) im Winter 55 (58), im Sommer 48 (53), im J. 1724 im Winter 58 (92), im Sommer 59 (88), im J. 1748: 56 (80) bzw. 45 (40), im J. 1763: 79 (83) bzw. 67 (76), im J. 1783: 73 (96) bzw. 67 (86), im J. 1794 immer noch (in der Oberklasse) 80 (104) bzw. 68 (84). – Verglichen mit der absoluten Seelenzahl war die Gesamtzahl der schulpflichtigen Kinder früher erheblich höher als jetzt.
In Groß-Ingersheim ist das Verhältnis im J. 1744: im Winter 72 Knaben, 56 Mädchen, im Sommer 15 Knaben, 12 Mädchen.
Noch im 18. Jahrh. ist die Zahl der Schulversäumnisse ziemlich hoch. Nicht selten wird einzelnen Kindern (Mädchen), welche man daheim braucht, erlaubt, im Sommer wegzubleiben oder nur etwa 1 oder 2 Stunden zu kommen; das jedoch nur, wenn sie im Lernen nicht zurück sind. Im J. 1729 wird beschlossen, künftig von allen Kindern, welche nicht kränklich sind, Schulgeld einzuziehen, ob sie kommen oder nicht. Das wird den Schulbesuch (im Sommer?) vielleicht heben. So wird es auch anderwärts, z. B. in Beilstein gehalten. Im J. 1772 gehen von 209 pflichtigen Kindern nur 185 in die Schule; übrigens ist auch für diese schon der Raum viel zu eng. Es wird, nach einem übrigens befangenen Bericht des Vogts Essich vom selben Jahr, hier allgemein geklagt, daß die Kinder so unfleißig kämen. Bei den Visitationen freilich sind immer alle Tafeln besetzt; die Mütter schicken ihre Kinder, wenn sie nur laufen können, haufenweise, um einen Wecken oder Papier zu erhaschen, was zu reichen doch verboten ist, aber von den Scholarchen dennoch gestattet wird.
Die Abrügung der Schulversäumnisse geschah durch Verhängen einer Geldstrafe (15 kr.) oder einiger Stunden Turns oder »Zuchthauses« (um 1730).
Der Eintritt in die Schule erfolgte früher in der Regel im 6., die Entlassung im 13. (von 1772 an im 14.) Lebensjahre. Den Abcschützen wurde wohl, um ihnen zur Schule größere Lust zu machen, ein Halbkreuzerweck gereicht (1790).
Solche Personen, welche »Schreibens nit bericht« sind und darum einen andern statt ihrer z. B. unterschreiben lassen, kommen in den B.M.R.-Beil. des 17. Jahrh. nicht ganz selten vor. Das mag die Schuld des 30jährigen Kriegs sein, in dessen schlimmster Zeit die Schule ganz eingestellt wurde. – Besser stand es mit den Kenntnissen vor dem Krieg, wie ein im A.P. verzeichneter Fall zu beweisen scheint (um 1617). Es brachte nämlich der Schulmeister von Walheim vor dem Stadtgericht klagbar an, der Knecht Walker von dort heiße ihn auf offener Straße einen Schelmen und Dieb; er bitte um »Kehr und Wandel«. Walker: es sei also beschaffen. Als sie beide einmal in Winzelhausen gewesen und unterwegs auf die heilige Schrift kommen, nämlich daß kein Sperling uff den Boden falle ohne den Willen Gottes, habe der Schulmeister gewollt, es stehe im capitul Matthäi am 6ten; er aber gewollt Matthäi am 10ten capitul und also daruff miteinander 1 Imi Wein gewettet; wer's verspiel und nit halt, der solle ein c. v. Schelm heißen. Als sie nun zu Ottmarsheim »daruff gelugt«, hab es sich befunden, daß er, Schulmeister, es verspielt. Der Schulmeister gestand den Sachverhalt im ganzen zu. Walker sei ihm bei Winzelhausen bekommen und sei gleich mit der heiligen Schrift herfür kommen und habe gewettet wie obvermeldt etc.
Eine Sommerschule in unserem Sinn wurde erst gegen die Mitte des 19. Jahrh. eingeführt. Geistliche und Lehrer sahen die Einstellung der Sommer-Nachmittagsschule freilich als einen Rückschritt an, konnten aber nicht umhin, dem Antrag der städtischen Kollegien stattzugeben, in Anbetracht der Verhältnisse. Die Behörde gab nur ungern, zunächst immer nur je auf ein Jahr, ihre Erlaubnis. Im J. 1856 wurde die Genehmigung auf unbestimmte Zeit, aber stets widerruflich, erteilt.
Die Trennung der Geschlechter wurde im Dezember 1807 anbefohlen, war aber im J. 1811 noch nicht vollzogen, da der Magistrat große Bedenken hatte.
Ueber das innere Leben der Schule erfahren wir bis in die 2. Hälfte des 18. Jahrh. hinein wenig. Dann aber werden die V. B. und die Pf. B. mitteilsamer. Es wird nicht nur über den Stand der Schulklassen im allgemeinen Bericht erstattet, sondern auch die einzelnen Fächer und ihre methodische Behandlung werden berücksichtigt, so daß wir den Entwicklungsgang der Schule, namentlich das Aufkommen der Realfächer, eines nach dem andern, ziemlich genau verfolgen können. Wir können auf das einzelne hier unmöglich eingehen und verweisen auf die angeführten Quellen. Nur das sei erwähnt, daß im 2. Jahrzehnt des 19. Jahrh. die Stephani'sche Methode in vielen Schulen des Bezirks eingeführt ist. »Sonst gilt die gewöhnliche, welche sich allmählich vom Mechanischen reinigt und sich auf das Verständigen der Kinder beruft, woran, neben den Bemühungen der Ortsgeistlichen, die Schullesegesellschaften und Konferenzen unstreitig großen Anteil haben« (V. B.).
Eine Sonntagsschule, welche vom Pfarrer gehalten wird, ist im Pf.B. 1749 erwähnt; eine Nachtschule für die ledigen Söhne, im Winter an 4 Wochentagen, wird 1801 eingerichtet, woran sich die Geistlichen, der Präzeptor und der Kollaborator, der Provisor und der Feldmesser beteiligen. Eine Industrieschule ist 1797 noch nicht vorhanden, wird aber auch nicht als nötig betrachtet, da die Kinder allhie nicht dem Müßiggang überlassen, sondern zu Feld- und Hausgeschäften so sommers wie winters angehalten werden.
Die Visitation wurde auch in der deutschen Schule zweimal jährlich vorgenommen. Nach Alm.R. 1604 ff. erhielten die Kinder zum Schluß Papier, 1687 Papier und Federkiele, dazu Visitationswecken (welche 1786 auch für die Lateiner bewilligt wurden). An der sich anschließenden Mahlzeit nahmen teil: Pfarrer, Vogt, Diakonus, beide B. M., Stadtschreiber, Almosenpfleger, Waisenrichter und die drei Schulbedienten (10. Jan. 1687).
Um das Jahr 1800 steht das Prämienwesen in hoher Blüte, entsprechend der damaligen Richtung in der Pädagogik überhaupt. Es werden 1802 und 1803 bei der Visitation Geldprämien (je 3 oder 6 kr. aus der Almosenkasse) ausgeteilt für fleißigen Schulbesuch oder für vorzügliche Leistungen in einzelnen Fächern oder für solche, welche Billets in der »goldenen Kapsel« haben. Es giebt aber auch eine »schwarze Kapsel«; 4 rohe Kinder, die Billets darin haben, werden »erinnert«. Darunter sind Joh. Chr. A. und Jak. Fr. Schl., 2 Knaben, welche wenig Gefühl für das Gute und Edle zeigen. – Sonst werden Fleißige und Unfleißige in ein Buch eingetragen, das bei den wöchentlichen Schulbesuchen und bei den Visitationen vorgelegt und abgelesen wird (1797). Im J. 1804 werden an 3 Knaben und 3 Mädchen 6 Synodalprämien je 15 kr. bis 1 fl. »zu innigster Rührung der Prämiierten und Ermunterung der ganzen Schul feierlich und mit angehängter gar kräftiger Erinnerung ausgeteilt« (Pf.B., wo auch die Namen der Glücklichen verewigt sind).
7. Ein Ortsschulfonds wurde im Frühjahr 1811 begründet, welcher im J. 1841: 840 fl. Kapital besaß. Er war zunächst für die deutsche Schule gesammelt worden, hauptsächlich aus Opfern am Konfirmationstag, am Ernte- und Herbstdankfest u. s. f. Doch wurden auch Bedürfnisse der lateinischen Schule daraus bestritten. In den 1840er Jahren wurde vom Oberstudienrat eine Teilung angestrebt, wogegen das Konsistorium mit Berufung auf die Gem.-Verordnung 1810 Widerspruch erhob. Es mußte doch der Lateinschule eine gewisse Summe zugeschieden werden, die aber dem Studienrat nicht groß genug war (1846, vgl. Kons.R.).
8. Schule und Geistliche, Schule und Magistrat. Soviel nach sämtlichen noch vorhandenen Quellen geurteilt werden kann, haben sowohl die Ortsgeistlichen wie die Speziale die Interessen der Schule stets mit Eifer wahrgenommen. Die Lehrer erhalten in den Pf.B. und V.B. meist ein gutes, oft ein glänzendes Lob, ihr Eifer wird anerkannt, ihre finanzielle Besserstellung wird empfohlen und betrieben. Wir können nicht finden, daß die Schule als Stiefkind behandelt worden sei.
Auch der Magistrat redet stets mit Achtung von Schule und Lehrern und zeigt sich um die Gewinnung tüchtiger Kräfte aufrichtig bemüht. Wenn er in Gehalts- und dgl. Fragen zaghafter vorging, als Pfarrer wie Lehrern oft lieb war, so ist das noch kein Beweis von mangelndem Wohlwollen. So urteilt denn auch z. B. Pf.B. 1749: » Magistratus ist bisher im Schulwesen nicht hinderlich gewesen«. Das ist allerdings ein eingeschränktes Lob, welches mehr den Eifer des Berichterstatters als den des Magistrats bekundet. Noch bedenklicher lautet V.B. 1739: »Die weltlichen Vorsteher bekümmern sich nichts um die Schule; sie würden dieselbe fast lieber in Abgang statt in Aufnahme kommen sehen« (vgl. auch V.B. 1724). Nun, nehmen wir an, daß hier die Regel durch die Ausnahme bestätigt werde!
9. Die Schule in den Amtsflecken. In Walheim hat jedenfalls seit der Reformation eine Schule bestanden. Nach G.L.B. 1587 »soll fürder die Annehmung eines Schulmeisters jederzeit mit Wissen und Willen der Markgrafschaft oder dero Amtleut zu Besigheim beschehen, damit derselbe zuvor durch dero geistliche Rät getreulich examiniert werde«. Jederzeit soll er auf Erfordern der Herrschaft in der Visitation und im Synodus (zusamt dem Pfarrer) erscheinen. Schule und Mesnerei sind derzeit »zusammengestoßen«. »Die von Walheim haben bisher nach Willkür eines Pfarrherrn einen Mesner angenommen und mit der Markgrafschaft Stab verglübdet.« Den Mesner besoldete Kloster Denkendorf (nach Vertrag vom J. 1527). Der Schulmeister wurde von der Gemeinde besoldet, behaust und beholzt. Im J. 1661 werden die Walheimer aufgefordert, dahin zu trachten, daß der Schulmeister nicht allein im Winter, sondern auch im Sommer Schule halte. In Hessigheim besuchen 1600 ziemlich viel Knaben sommers und winters die Schule (G.L.B. 1555 und 1587 tut einer Schule dort keine Erwähnung). Im J. 1682 heißt es: »Vor diesem hat ein Pfarrherr alldort die Schule gehalten« (jedenfalls während dem 30jährigen Kriege).
In Löchgau »ist vordem das Schulamt dem Mesneramt angehängt gewesen und man wünscht, daß es wieder so gehalten werde. Derzeit (1578) versieht der Diakonus die Schule.« Dem hatte sie aber nie recht eingeleuchtet; man hätte längst gern einen andern gehabt. Im J. 1587 sind Schule und Mesnerei wieder »zusammengestoßen«. Sowohl der Schulmeister wie der Mesner werden von den beiden Herrschaften (Württemberg und Baden) abwechselnd angenommen. Geldbesoldung: 10 fl. und das Schulgeld, von jedem Knaben alle Fronfasten 5 sch.
In Mundelsheim wird 1595 und 1600 die Schule vom Diakonus versehen (in Freudenthal 1626 vom Pfarrer).
In allen Amtsorten besaß die Gemeinde (Pfarrer, B.M., Gericht und Rat) das Nominationsrecht.
10. Ueber die Entwicklung des Schulwesens in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrh. werden wir sehr genau durch die K.K.P. unterrichtet. Wir hören da z. B. in den zwanziger Jahren vom Bestehen einer Knaben-Handarbeits(Strick-)schule, mit welcher sich (wie bei der Industrieschule der Mädchen) ein Unterricht im Singen, Kopfrechnen, in der biblischen, württembergischen und Reformations-Geschichte, Naturgeschichte und Naturlehre verbindet (!), dessen Erfolge sehr gerühmt werden. Die Anlage einer Baumschule hält man nicht für nötig, da die Gemeinde sowieso eine solche besitzt, welche auch der Schule zur Verfügung gestellt wird. Wohl aber wird beschlossen, ein Giftpflanzengärtchen im Ochsengraben anzulegen. Der Oberamtsarzt ist bereit, zunächst den Lehrer in die Geheimnisse dieses Zweiges der Pflanzenkunde einzuweihen. – Man sieht, es wurde damals an der Hebung der Schule eifrigst gearbeitet.
Weniger befriedigend stand es je und je mit der Schulzucht, trotz allem Appell – im Geiste jener Zeit – an den gesunden Menschenverstand, das Ehrgefühl und das eigene Interesse der Knaben. Ein mindestens originelles Mittel, den sittlichen Stand der Oberklasse festzustellen, wurde im J. 1819 angewendet. Jeder Knabe sollte die 2 brävsten und die 2 unartigsten seiner Kameraden benennen. Die Abstimmung ergab 11 brave Knaben und 15 böse Buben. Ihre Namen sind im K.K.P. getreulich aufgezeichnet.
Doch soll damit nicht gesagt werden, daß das Verhalten der Schüler vor 1800 über allen Tadel erhaben gewesen sei. So heißt es um 1778: wenn der Lehrer der deutschen Schulen die Knaben züchtigt, so drohen sie, auszutreten und in die Lateinschule zu gehen (kommt heutzutage nicht mehr vor). Dadurch wird der Lehrer schüchtern gemacht und ist nimmer so keck, abzustrafen.
Reihenfolge der Präzeptoren. Andreas Jüngling 1560, Joh. Wachsring 1574, Ludwig Distler 1598, Jakob Parst (Bersch) 1635, Joh. Wenger 1636, Christi. Wachsring 1638, Ezechiel Studion 1638, Daniel Ziegler 1640, Jakob Brauhardt 1643, Elias Waldeisen 1649, Georg Steph. Herold 1651, Phil. Samuel Kurtz 1684, Fr. Wagner 1690, Joh. Fr. Spohn 1695, Joh. Jak. Heisch 1704, Benoni Germanus Seiz 1708, Kaspar Ludw. Majer 1716, Joh. Theodor Rock 1733, Christi. Friedr. Speidel 1752, Joh. David Hailer 1754, Joh. Fr. Gumprecht Baumann 1790.