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Das Duell

Der Morgen zog mit Rosenschimmer herauf. Steuben hatte nicht eine Sekunde geschlafen, sondern sein Testament gemacht, nachdem er Romanai acht Uhr abends noch empfangen hatte, des Kalibers der Waffen und sonstiger Arrangements wegen. – Friedrich II. haßte den Zweikampf. Er bestrafte ihn als Monarch nicht nur unerbittlich streng, er verabscheute ihn auch als Mensch aus tiefster Seele. Er mußte also nicht minder aus seiner objektiven Kaltblütigkeit durch des Grafen von Anhalt Schimpf gerissen worden sein, der in seinem Blute angetastete Hohenzoller mußte doch in dieser Sache über den Fürsten in ihm gesiegt haben. Eine sehr sonderbare Affäre war's, deren Veranlassung nur den nächsten Militärs um den König und den Beteiligten bekannt war, von welcher weder Generalleutnant von Koch, de l'Enfant noch Romanai ein Sterbenswort erfuhren, obwohl ihre Hilfe von Steuben zum Duell beansprucht worden war, diese Bitte aber durch einen der Person der Majestät so nahestehenden Mann wie von Krusemark überbracht wurde, welcher wissentlich eine – Ungesetzlichkeit beging, weil der Fall, den diese Herren nicht kannten und nicht kennen durften, anders nicht zu erledigen war.

Steuben hatte sich nach Erfüllung seiner letzten Pflicht als einen Sterbenden betrachtet, und in seine bisher so leidenschaftliche Seele war mit dem Todeswunsche zugleich eine merkwürdige Ruhe gekommen. – Schlag vier Uhr holte ihn de Romanai mit dem Pistolenkasten ab, Vogel saß auf dem Bock, und die Lindenstraße hinab ging's durch die Wälle, das Hallesche Tor hinaus. Die bekannten Sandkegel – die nächste, dünenhafte Bodenerhebung südlich Berlins –, heute »Kreuzberg« genannt, hatten damals an ihrem nördlichen Fuße eine »Kute«, wie der Berliner sagen würde, das heißt eine Art von Schlucht. Teils in und vor derselben lag eine Tabagie mit Obstgarten, von dem dunklen Tannengehölz überhöht und eingerahmt, welches damals besagte Sandkegel, ähnlich wie die anstoßende Hasenhaide noch heute, bedeckte. Dieser Ort hatte einen etwas schattenhaften, düstern Charakter und einen ebensolchen Ruf. Er heißt noch heute der »dustere Keller« und ist eine historische und berühmte Kneipe Berlins. Gar oft frühmorgens hat sich hier eine Affäre, Leben um Leben, abgespielt, von welcher nachmittags die »biederen Mitglieder der französischen Kolonie« keine Ahnung hatten, wenn sie beim Kaffee, der Pfeife, der Vossin oder Spenerin saßen, um dem Wandel der Zeiten tiefsinnig nachzudenken. –

Die Tabagie war erreicht, der Morgen, wie überhaupt der Sommersanfang dieses Jahres, schön und erfrischend zugleich. Generalleutnant von Koch und de l'Enfant waren bereits angelangt, ebenso ein Regimentsarzt, nur die Gegenpartei fehlte noch. Die Begrüßung fand ohne viel Redensarten statt, der Wirt war, wie immer, informiert. Die Friedrichsdore waren für ihn das Beste dabei, alles übrige hatten ja – »die Herren unter sich abzumachen«! –

Steuben und seine Begleiter sollten nicht lange warten. Zwei Equipagen langten an, in der einen Graf Anhalt und Krusemark, in Mäntel gewickelt, in einfacher Leutnantsuniform, nebst zwei fremden Offizieren der Berliner Garnison, welche General von Hülsen als verläßlich bezeichnet hatte. In dem anderen Wagen war durch Decken, Kopfkissen und dergleichen Bequemlichkeiten auf des Grafen Veranlassung hin für denjenigen Vorsorge getroffen, »der es nötig haben werde«. Der alte Kammerdiener Ludwigs von Anhalt saß auf dem Bock. –

Man begrüßte sich stumm und traurig. Steuben war ergeben und still, wie jemand, der die Ewigkeit erwartet, weil das Leben ihm nichtig geworden ist. Der Graf dagegen, dessen Gesicht hektische Röte bedeckte, war überaus nervös erregt. Seine Augen blitzten, seine Brust arbeitete, man sah, er wollte treffen, wenn er schoß! Seine ganze Seele krankte an dem Schimpf, der nur im Herzblut des Beleidigers abgewaschen werden konnte.

Der Gerechtigkeitssinn, der schwere Ernst der Sache, die eigentümliche Stellung der Männer, welche sie ausfochten, alles machte den Anwesenden die höchste Unparteilichkeit und Sorgfalt zur Pflicht. Nachdem der Platz gewählt und ausgemessen war, die verschiedenen Augenzeugen des trüben Dramas ihre üblichen Plätze eingenommen hatten, traten die Gegner auf neun Schritt Distanz einander gegenüber. Es war ausgemacht worden, daß beide auf »drei« zugleich schießen sollten und nur völlige Kampfunfähigkeit eines der Beteiligten als gültige Genugtuung angesehen werden dürfe.

Die kurze Entfernung zwischen den Gegnern und die zuletzt genannte Bedingung machten es mehr als gewiß, daß der Kampf einen tödlichen Ausgang nehmen werde. Steuben hegte nicht nur den lebhaften Wunsch, mit seinem Leben den Bruder Sophiens zu versöhnen, er hatte auch fest in sich beschlossen, ihn nicht zu treffen.

Koch kommandierte: »Eins! – Zwei! – Drei!« Die Schüsse krachten a tempo. Graf Anhalt und Steuben standen unverletzt.

»Ich ersuche den Herrn Gegner, besser zu zielen!« rief Ludwig von Anhalt bitter. »Mir scheint, er gibt seiner Waffe eine absichtlich falsche Richtung!«

»Wenn ich nicht fürchten müßte, den Herrn Grafen nochmals zu beleidigen,« erwiderte Steuben ruhig, »so würde ich ihn ersuchen, selbst besser sein Ziel zu nehmen. Tue jeder, was er vermag!«

Frische Pistolen wurden gebracht. Das verhängnisvolle Kommando erschallte wieder, und die Rohre krachten. – In demselben Augenblick, da an Steubens Schläfe des Gegners Kugel so dicht vorbeisauste, daß sie die gedrehten Locken seiner Perücke auseinanderriß, sank Graf Anhalt blutend zu Boden.

Einen Augenblick stand Steuben starr, dann tat er einen herzzerreißenden Schrei. – »Er ist erschossen! Ich habe ihn getötet! Romanai, Ihre Pistole! Er soll nicht ohne mich vor Gottes Gericht treten!« Damit suchte der unglückliche Mann seinem Sekundanten dessen Pistole zu entwinden.

De l'Enfant wie Koch rissen ihn von Romanai los. »Unsinniger,« rief der Generalleutnant, »wollen Sie das Unheil noch mehr vergrößern?«

»Halten Sie sich still, Kapitän, im Namen des Königs!« sagte von Krusemark. »Der Graf ist schwer, aber nicht lebensgefährlich verwundet!«

»Gott sei gelobt!« erwiderte Steuben bebend und wankte zu dem am Boden Blutenden. Er warf sich neben ihm auf die Knie, ergriff des Grafen Hand, und während Tränen seine Stimme erstickten, sagte er: »Verzeihen Sie einem Rasenden, der in der Leidenschaft nicht wußte, was er sagte! Das härteste Los will ich gern tragen, wenn Sie vergessen können, daß ich Sie beleidigte!«

»Sie haben mir als Mann von Ehre Genugtuung gegeben«, sagte der Graf matt. »Ich verzeihe Ihnen gern und achte Sie, wenn ich Sie auch – bemitleiden muß!« Er drückte ihm leise die Hand. Dann ließ ihn Blutverlust und Erregung in Ohnmacht fallen.

»Um Gottes willen, Doktor,« stöhnte Friedrich von Steuben, »sagen Sie mir, welchen Ausgang die Verwundung nehmen wird?«

»Die Kugel ging ihm in die linke Hüfte, dort sitzt sie. Tödlich ist die Wunde nicht, aber sie kann es werden, falls es nicht gelingt, die Kugel bald zu entfernen.«

»Um meines Seelenfriedens willen, tun Sie alles!« –

Unheimliche Stille folgte. Die Ohnmacht benutzend, gab sich der Arzt die größte Mühe, das Geschoß zu finden, bevor Geschwulst und Entzündung dies unmöglich machten, und es gelang ihm, die Kugel glücklich herauszuziehen.

Steuben, der mit einer Angst und Sorgfalt, welche genugsam seine Reue und alte Liebe zu des Grafen bekundete, dem Arzt Beistand geleistet hatte, beruhigte sich nicht eher, als bis er geholfen hatte, den Gegner in den zweiten Wagen zu bringen und möglichst bequem zu betten. Krusemark, ihn beobachtend, stand sinnend bei dem Schlage.

Als der Graf untergebracht war und der Arzt neben ihm Platz genommen hatte, trat Steuben zu Krusemark und legte salutierend die Hand an den Hut: »Herr Generaladjutant, ich melde mich zum Arrest!«

»Es ist gut, Kapitän. – Die Herren von Romanai und de l'Enfant bringen Herrn von Steuben ins Schloß auf sein Zimmer. – Ich danke Ihnen allen und ersuche Sie im Namen Sr. Majestät um strengste Diskretion! Ich werde den Herrn Grafen seiner Familie übergeben und dann dem Könige Meldung tun.«

»Darf ich noch eine Bitte aussprechen, Herr Generaladjutant?«

»Ich stehe zu Diensten!«

»Sagen Sie der Gemahlin und Schwester des Herrn Grafen, sie möchten einem Verzweifelten, einem sinnlosen Toren ihr Mitleid nicht gänzlich verweigern!«

»Verlassen Sie sich darauf, Herr von Steuben, ich werde bei den Damen wie anderwärts Ihr Fürsprecher sein. Keiner hätte schicklicher, ehrenhafter und gefühlvoller handeln können wie Sie; ich hätte nur gewünscht, dies wäre zu Ihrem Heile eher geschehen!«

Steuben verbeugte sich trübe und trat zwischen seine Sekundanten. Langsam fuhr der Wagen mit dem Verwundeten fort, Krusemark mit seinen Begleitern und Generalleutnant von Koch stiegen in die andere Equipage, welche vorauf eilte, um die gräfliche Familie auf den Unglücksfall vorzubereiten, Koch hatte vorher seinem alten Kameraden Steuben schmerzlich die Hand gereicht. Betäubt und matt nahm dieser in dem Fiaker Platz, seine Sekundanten gegenüber. Wenige Minuten später war die Walstatt leer und von dem Vorfall nichts zurückgeblieben als eine Lache Bluts, die der Wirt vorsichtig mit einer Lage Sand bestreute. Der »dustere Keller« hatte wieder einmal seine alte Schuldigkeit getan. –

Steuben war Arrestant. Er sah niemand als Vogel, der ihn bediente und aus der königlichen Küche mit Bedürfnissen versah. Tage und Nächte schlichen ihm bleiern so dahin, erfüllt von den Vorwürfen seines Gewissens, von der Erwartung des Ausganges der Krankheit Anhalts. – Sein eigenes Los war ihm gleichgültig geworden. Verflogen war die heißblütige Leidenschaft, welche ihn hingerissen hatte, zu tun, was seiner besseren Natur völlig widersprach, verlöscht die törichte Eitelkeit und Überhebung in dem Blute des ehemals so teuren Freundes, das er vergossen hatte. In ihm lebte nichts mehr als die schwermütige Liebe seiner Jugend und die Entsagung alles dessen, was Glück heißt.

Die Bitte, Krusemark möge ihn über des Grafen Zustand beruhigen, konnte er nicht zum zweiten Male aussprechen, da der Generaladjutant auf ein in diesem Sinne an ihn gesendetes Billet gar nicht geantwortet hatte. Man schien es als einen Teil seiner verdienten Strafe anzusehen, Steuben in der Folter der Erwartung über die Folgen seiner Tat zu erhalten. Vogel, still und traurig, sah das Elend seines Herrn, und es ging ihm tiefer zu Herzen, als er sich merken ließ. Er dachte nach, wie er ihm helfen, ihm einigermaßen seine Gewissenslast erleichtern könne. Die Wahrheit zu wissen, das sah Vogel ein, war für Steuben besser als diese nagende, aufreibende Ungewißheit. Da Karl gestattet war, in die Stadt zu gehen, um Bestellungen und Aufträge seines Herrn auszurichten, so benutzte er nach den ersten paar Tagen die Gelegenheit, sich an der Tür des »Hotels Anhalt« bei der Dienerschaft nach Sr. Gräflichen Gnaden Gesundheit zu erkundigen, indem er sagte, er komme im Auftrage Steubens. Vogel war dem Lakaien bekannt genug und so wurde seinen Bitten gewillfahrt. Die ersten acht Tage hatte Ludwig von Anhalts Entzündungsfieber so zugenommen, daß allerdings sein Leben in äußerster Gefahr schwebte; vom zehnten Tage an besserte es sich aber. Die Eiterung der Wunde ging vorüber, sie schloß sich und begann zu heilen. Gegen Ende der dritten Woche, dank des Grafen kraftvoller Natur, war selbst die Möglichkeit jeder Gefahr ausgeschlossen. – Alle Stadien derselben hatte Friedrich von Steuben mit ihm im Geiste durchlebt und mehr gelitten als der Kranke. Er war aber Vogel höchst dankbar für die Auskunft und hatte ihn täglich in die Wilhelmstraße gesandt, um direkte Nachrichten zu empfangen.

Ende dieser dritten Woche erschien plötzlich Krusemark auf Steubens Zimmer. »Kapitän, Se. Majestät will Sie heute nach der Tafel sehen. Sie haben nicht mehr als Adjutant, sondern in einfacher Kapitänsuniform – doch mit dem Degen zu erscheinen!«

»Das war wohl selbstverständlich für mich, Herr Generaladjutant. Ich sage tiefgefühltesten Dank, daß mir wenigstens meines Königs Degen vor ihm verstattet ist, wäre es auch das letztemal.«

Die Stunde der Audienz kam. Steuben fühlte in tiefster Seele, wie er seinem erzürnten und hartstrafenden Monarchen gegenüberzutreten habe, seinem geliebten Herrn, der fast väterlich mit ihm verkehrt, ihn an seine Seite genommen, so ausgezeichnet, dem seine Eitelkeit aber so schlecht diese ungewöhnlichen Gnaden gedankt hatte, mit denen er überschüttet worden war.

Zur festgesetzten Zeit trat er, von Krusemark eingeführt, ins Kabinett Friedrichs II. – Steubens Antlitz war fahl, seine hohe, straffe Erscheinung gebeugt, körperlicher wie geistiger Verfall prägte sich in seiner ganzen Erscheinung aus. Bei dem König befanden sich, außer Krusemark, der Herzog von Bevern, Mylord Marishall und einige andere engere Freunde aus seinem Hofstaat.

Friedrich II. trat langsam auf den Unglücklichen zu, streng und vorwurfsvoll war seine Miene. »Dahin also hat Er's in Seiner wahnwitzigen Narrheit gebracht, Er – Er jämmerlicher Kerl, daß ihm nun nichts mehr bleibt im Leben?! So hat Er also Gott und seinen Monarchen außer Augen gesetzt, daß man sich schämen muß, Ihn vordem hoch gehalten, an ihm Tugenden vermeint zu haben, die Er entweder nie besaß oder die doch so insolide waren, daß eine leidenschaftliche Verblendung genügte, sie zu verlieren? Was hat Er Uns denn nun noch zu sagen? Was denkt Er denn, daß sein Geschick ist?«

»Majestät,« erwiderte Steuben gepreßt, »ich vermag nur zu erwidern, daß jede Strafe, die Höchstsie über mich verhängen werden, lange nicht so groß sein kann als die Strafe meines eigenen Gewissens! Mich hat eine Leidenschaft übermannt und völlig mein Wesen verkehrt, die lächerlich, die verderblich sein mag, die aber menschlich ist. An ihrer Torheit möge Ew. Majestät die Gewalt und Tiefe derselben ermessen. Das ist meine aufrichtige reuige Meinung, sie soll aber keineswegs eine Entschuldigung meines Verhaltens sein.«

»Ja, ja, Steuben, Sein fortune bei Dame Katharina, weil Er'n schöner Kerl ist, und daß Wir Ihn auch gern hatten, das machte Ihm den Kamm schwellen!«

»Selbst in diesem Augenblick gerechtester Entrüstung, Majestät, kann ich nicht glauben, daß Ihr Urteil mich als Charakter gar so niedrig anschlägt. Mag sein, daß Eitelkeit mein Fehler war, aber er war nicht der Fehler eines hirnlosen Laffen, einer gemeinen Seele! Der Mann, welchen der erste Kriegsheld und König seiner Zeit wert achtete, ihn neben sich zu dulden, der durfte eitel genug sein, sich für was Besonderes zu halten. Wenn ich auch entehrt, als Bettler sterbe, mag es denn sein! Unbeachtet, im Winkel aber sterbe ich nicht, denn der Ruhm wird mein einsames Grab immer verklären, daß die Leute sagen müssen: der Alte, der dort fault, war doch des großen Friedrich Adjutant! Dies Gefühl wird weder die Reue eines ganzen Lebens, noch Ew. Majestät schwerster Zorn aus meinem preußischen Herzen reißen!«

Des Königs Antlitz ward milder. »Ja, ja, darin hat Er recht, das kann Ihm selbst unser Herrgott nicht nehmen. Ich hätte Ihn aber für vernünftig genug gehalten, mit solcher Ehre zufrieden zu sein und sein Auge nicht so keck zu erheben!«

»Nicht keck bloß, sagen Sie frech, Majestät! Sie kennen aber die Stärke des Gefühls nicht, das Sie tadeln, und das mich ins Elend brachte! Ich hätte die Komtesse eben nie sehen müssen, um noch ich selbst zu bleiben!«

»Genug! Das Kapitel ist abgetan!«

»Für ewig, Majestät!«

»Ewig ist nichts, Er Narr, als Gott! Nicht einmal das Andenken der besten Könige! Er muß nun freilich die Folgen seiner Handlungsweise tragen! Als Adjutant ist er – nicht entlassen, aber zur Disposition gestellt, damit Er mir die Kompetenzen nicht verliert. Er soll nicht darben! Er ist als Kapitän zur Armee zurückversetzt!«

»Majestät! – Ist – ist das meine Strafe?« Steubens Stimme brach, er fiel aufs Knie und bedeckte schluchzend des Königs Hand mit Küssen.

»'s ist 'ne menschliche Schwachheit von Uns«, lächelte Friedrich. »Er hat zu viel Stimmen in Unserem Herzen, die für ihn bitten, und genug Stimmen Seiner alten Freunde rings um Uns, die meinen Gefühlen akkompagnieren. Sein Vorteil ist, daß man Ihn eben gut leiden kann. – Steh Er auf, ich bin nicht unser Herrgott! Er wird also als Kapitän und Kompaniechef im Regiment Salmuth weiterdienen, das jetzt in Dresden steht!«

Steuben erhob sich totenbleich. »Majestät! Die – die Festung wäre mir gesünder!«

»Wir diktieren Ihm die Strafe aber!«

»Das können Ew. Majestät aber unmöglich wollen! Ich habe zwar interimistisch nur dies Regiment unter Durchlaucht von Bevern kommandiert, aber ich habe es doch kommandiert, habe es gegen die Franzosen bei Kassel ins Feuer geführt. Den Schimpf kann ich nicht tragen, im Frieden unter denselben Offizieren zu dienen, die vor dem Feinde mich als ihren Leiter sahen. Ich würde an der Verachtung meiner Kameraden, an der Despektation der Mannschaften zugrunde gehen!«

»Wenn Er nicht wiederum ein kläglicher Tor ist, nehme Er nur mit dem Kompaniechef Seine Strafe auf sich. 's ist gut, wenn Er sich in Demut übt, dabei kann Er bei jedermann nur gewinnen!«

Steubens Gesicht ward dunkelrot. »Wenn ich bei einem gewissen Handel gefallen wäre, ich wäre glücklich! Wenn Ew. Majestät mich auf die Festung setzte, ich wäre zufrieden! Wenn Ew. Majestät mich fortjagte, so hätte ich das verdient! Wenn aber Ew. Majestät mich im aktiven Dienst vom Regimentskommandeur zum Kompaniechef degradieren, dann lassen Sie mir nur noch die Wahl, mit einer Kugel solche Ungnade zu quittieren. Jetzt, Majestät, bitte ich um das, was ich nie für möglich gehalten hätte, ich bitte um meinen Abschied.«

Der König fuhr zurück. »Ist das Sein letztes Wort?«

»Mein letztes Wort ist: Festung, wenn's auch zeitlebens ist oder Entlassung.«

»Und was will Er tun?«

»Außer Landes gehen!«

»Wohin?«

»Das, Majestät, weiß ich noch nicht, nur das weiß ich, nach Rußland gehe ich nicht.«

»So gehe Er, da Er auf seinen harten Kopf besteht! Den Abschied kriegt Er aber nicht, er soll Kapitäns- und Adjutantensalär wie seine Domherrndotation fortbeziehen. Erst wenn Er in 'nes fremden Staats aktiven Dienst zu treten Gelegenheit hat, wo Seine Subsistenz sicher ist, dann mag Er auf Grund dessen Seinen Abschied einreichen.«

»Das ist eine weit großmütigere Gnade, als ich nach diesen schweren Tagen erhoffen durfte.«

»Sie ist Ihm nicht mit gar gutem Willen gegönnt, denn er sollte Preuße und mein aktiver Offizier bleiben! Wir sehen aber, Er will eben mit Gewalt weg, will alle Hoffnung in der Heimat fahren lassen, alle Unsere guten Absichten vereiteln! Er muß am besten wissen, was Ihm gut ist.«

»Mir ist nur noch die Fremde gut, Majestät, Glück in der Heimat, das Glück, was ich ersehnte, finde ich nie!«

»Er hat nur den rechten Weg dazu verfehlt! Hat Er irgendnoch etwas zu wünschen?«

»Nach dieser gnädigen Entlassung, Majestät, habe ich allerdings noch eine schwermütige Bitte auf dem Herzen.«

»Nun?«

»Graf Anhalt ist so weit in der Genesung, daß er Besuch empfangen kann. Ich möchte ihn einmal sehen, ihm Lebewohl sagen und die Versicherung geben, daß meine Person nie mehr seinen Weg kreuzen wird. Ich möchte den Seinigen alles abbitten, was meine Verblendung ihnen zugefügt hat.«

»Das ist christlich und sehr hübsch von Ihm, aber es geht nicht an, Krusemark mag der Familie Seinen Gruß bestellen. Der Graf hat – ehrenwert und hochherzig genug – den Seinen nicht die Art der Beleidigung mitgeteilt, welche Grund des Duells gewesen ist. Sein Besuch würde vielleicht zu Erörterungen führen, die besser unterbleiben!«

»Oh, mein erhabener König,« brach Steuben flammend aus, »ich habe geahnt, daß der erlauchte Graf edelherzig den Seinen die Größe meiner Schuld verschweigen werde! Sie darf aber der Dame nicht verschwiegen bleiben, welche diese Beleidigung gleich sehr wie ihn angeht!«

»Wozu soll das? Will Er sich und sie denn ganz zerfleischen?«

»Ich muß so handeln, Majestät! Die Komtesse hat mich geliebt, oh, mir sagt's mein Herz, sie liebt mich noch, wird immer mich lieben, wo ich auch bin, wird an mir ewig kranken, und mein Vergehen wird ihr ewiges Elend sein! Nur daß sie mich verachtet, kann sie heilen! Ihr Heil ist aber der einzige Trost meines Gewissens!«

Friedrich II. war sehr bewegt, seine Umgebung nicht minder. – »Das ist wahrhaftig mein alter Steuben wieder, den Wir so lieb hatten, der Steuben, der in sich die Wiedergeburt seines eigenen neuen Mensches trägt! Ja, Er muß weg! Er muß der Komtesse das sagen, Er hat sehr recht! Zieh' Er etliche Tage in 'nen Gasthof, Krusemark wird Ihn bei dem Grafen anmelden, wird die Sache vorbereiten.« Der König reichte seinem entlassenen Lieblinge die Hand. »Geh Er mit Gott, die ewige Liebe, die vorher schon dem Menschen seinen Pfad vorschreibt, wird über Friedrichs Adjutanten walten und seines Kriegsherrn, seines Meisters Ihn würdig machen! Wo Er auch sei, lasse Er gleich von sich hören!«

Auf der Lindenstraße gab es damals eine Ausspannung, zum »Roten Roß« genannt, einen jener Gasthöfe niederen Ranges, in denen bescheidene Reisende, welche Bauern und Fuhrleute nicht genierten, billiges Unterkommen fanden. Dorthin war Steuben mit seinem Diener Vogel gezogen. Außer zwei Mantelsäcken, dem Pistolenkasten und im Futterale Degen nebst Reitpeitsche, die Gefährten seiner Schlachten, führte er nur noch einen nicht sehr großes Holzkoffer bei sich, verschiedene militärische und andere Werke, alte Exerzierreglements, seine Dienstpapiere und übrigen Utensilien enthaltend, wie ein unverheirateter Militär sie eben zu besitzen pflegt. In der Stadt hatte er bei Generalleutnant von Koch, de Romanai und de l'Enfant Abschiedsbesuche gemacht, und da er erklärte, in fremde Dienste zu treten, wie irgend Aussicht auf Krieg vorhanden sei, baten ihn die beiden letzteren, seine alten Genossen als Knoblochs Adjutanten, er möge dann ihrer denken und ihnen auch Stellen verschaffen, sie wollten mit ihm dienen, wo es sei, denn das Garnisonieren im Frieden gefalle ihnen nicht. Er gab ihnen sein festes Versprechen.

Zwei Tage nach der letzten Audienz beim Könige besuchte ihn Krusemark im »Roten Roß«. Er teilte ihm mit, die gräfliche Familie von Anhalt erwarte ihn am Nachmittag, alles sei eingeleitet. Er übergab ihm zugleich die vom Könige vollzogene Bewilligung, »daß Unserem ehemaligen Flügeladjutanten und Kapitän Friedrich von Steuben ein unbeschränkter Urlaub unter dem Charakter als Major von der preußischen Armee gnädigst erteilt sei«. Gerührt nahm Steuben diese letzte Gnade seines Fürsten als Zeugnis von dessen Liebe hin.

Nachmittags trat er seinen letztem Gang in Berlin – den schwersten seines ganzen Lebens – an.

Der alte Kammerdiener des Grafen empfing ihn wie immer und führte ihn in das Zimmer des Patienten, bei dem die Gräfin sich allein befand. Leopold Ludwig von Anhalt saß am geöffneten Fenster nach dem Garten zu in einem Lehnstuhl zwischen Betten, wohl noch recht bleich, aber er rauchte doch seine Pfeife wieder, und die »Nachrichten über Staats- und gelehrte Sachen« lagen auf seinem Schoße.

»Gott grüße Sie, lieber Steuben!« Er streckte ihm freundlich die Hand entgegen.

Überwältigt von seinen Gefühlen umarmte Steuben weinend den Kranken, dann küßte er der Gräfin Hand. »Ich habe nur ein Wort – Verzeihung, erlauchte Frau, gnädigster Graf! Wenn Sie meiner je gedenken, so denken Sie an mich wie an einen jungen, allzu eitlen Mann, der durch das Übermaß seiner Leidenschaft nicht bloß sein Glück zerbrach, sondern das von Menschen gefährdete, die seinem Herzen viel teurer sind als er sich selbst!«

»Das, Steuben, ist auch die schönste Rache, daß wir jetzt wirklich wissen, wir seien Ihnen teurer als Ihre eigene Person! Sie haben schwer gefehlt, aber zehnmal schwerer gebüßt, jetzt ist's damit genug. Haben Sie die letzte Prüfung dieser Stunde hinter sich, dann können Sie mit dem Bewußtsein scheiden, Sie lassen Freunde hier zurück, die Ihrer nie anders als in Liebe und Hochachtung zu denken vermögen! – Gehen Sie – gehen Sie in den Garten zu Sophie. – Ihre Anwesenheit greift mich jetzt noch ein bißchen an, in 'ner Stunde bin ich schon fester vor Ihnen. – Gehen Sie nur ganz ruhig, ich bin mit Ihrer Absicht einverstanden.«

Die Gräfin war sanft und höflich gewesen, aber wortkarg. Sie trug in ihrem Herzen Steuben das Duell doch noch nach, obwohl sie weder dessen Ursache kannte, noch diesen liebevollen Empfang des Gegners durch den Gemahl begriff, noch weniger aber einsah, wozu jetzt noch ein heimliches Zwiegespräch zwischen Steuben und Sophie dienen solle. Gleich vielen vortrefflichen Ehefrauen aber, welche merken, daß Dinge hinter ihrem Rücken vorgehen, beschloß sie, auf den Charakter ihres Mannes vertrauend, die Aufklärung der Zeit zu überlassen.

Durch denselben Pavillon, auf dieselbe Blumenterrasse trat jetzt Steuben, sah den reizenden dunkelbelaubten Garten, über welchem sich der Junihimmel wölbte, welche Zeugen seines übereilten Fehltritts gewesen waren. Hier blieb er stehen, die Hand auf sein schlagendes Herz gepreßt, um noch einmal dies alles in sich als Bild zu fangen, das Bild des verlorenen Paradieses, das ihn durchs Leben als Erinnerung begleiten sollte. – Da regte sich etwas unweit von ihm – Sophie, die ihn, auf einem Gartenstuhle dicht am Hause sitzend, beobachtet hatte und nun aufstand.

»Sie kommen, uns Lebewohl zu sagen, lieber Friedrich«, sagte sie, ihm mit Engelsruhe die Hand reichend.

»Ein ewig Lebewohl, Komtesse, ja. Ich bitte Sie aber, die Gnade zu haben, einen Unwürdigen nicht mit so trautem Namen anzureden, ihn nicht so sanft und edel zu behandeln – er verdient es nicht. Oh, Sie wissen ja noch nicht, wie tödlich er nicht bloß Ihren Bruder, nein, Sie beleidigt hat, und daß es Dinge gibt, die das Herz nie verzeihen kann!«

»Sie sollen mich nicht in dem Augenblicke des Scheidens in meinen Gefühlen irremachen, die unabänderlich sind und mit mir sterben werden. Zweifellos haben Sie Unrecht getan und uns Gram bereitet, dafür müssen Sie ja büßen. Wir büßen aber mit Ihnen, da wir Sie für immer entbehren müssen! Wie groß auch die Beleidigung sei, die meinen Bruder gezwungen hat, Sie zu fordern, diese Beleidigung, Steuben, wäre Ihnen unmöglich gewesen, wenn Ihre Liebe zu mir nicht mächtiger wäre als Ihre Vernunft, als die Erinnerung an Ihre Würde, als die Erwägung, daß Sie die eigene Liebe morden aus übermächtiger Leidenschaft. Ludwig hat mich auf Ihre Eröffnung insoweit vorbereitet, als er mir sagte, Sie würden mir gestehen, wie groß und unverzeihlich Ihre Beleidigung gewesen sei. Gut denn, nennen Sie sie, aber je schwerer sie ist, desto tiefer nur werde ich empfinden, daß ich Ihrer Leidenschaft Ideal und Inhalt gewesen bin und ein Mann mich bis zur beiderseitigen Vernichtung geliebt hat und ewig lieben muß, der einer Kaiserin Reizen und den höchsten Gütern des Glücks, des Ehrgeizes und Stolzes zu widerstreben wußte. Ja, Friedrich, um Katharinas Willen ließen Sie – ein simpler Leutnant, Ihr teures Preußen nicht, um meinetwillen aber lassen Sie Vaterland, Ihres großen Königs Gunst, lassen alles, selbst das fernste Hoffen! Steuben, wenn auch dies Herz, das Sie verliert, mir brechen sollte, es wird im Tode doch auch von einem kaiserlichen Stolz auf Ihre Liebe erfüllt bleiben!«

»O Gott, mein Gott, auch diese Prüfung noch! – Haben Sie doch Erbarmen, angebetetes Mädchen, mit mir, o nein, mit sich – noch mehr mit sich selber! Vernichten Sie doch nicht das einzige, wenn auch schreckliche Mittel, welches ich ergreife, Sie sich selbst wiederzugeben, Ihrer Stellung und Ihrer Zukunft, das einzige Mittel, was zwischen uns eine ewige Kluft zieht und Sie durch Scham wie Empörung zwingt, eine Schranke zu setzen zwischen mir und Ihnen – die der namenlosen Verachtung!«

»So sollte ich Sie deshalb nur von heute an verachten, um Sie vergessen zu können, um frei vom Gefühl der Liebe zu Ihnen zu werden, um fähig zu sein, einst in eines anderen, besseren Mannes Armen die Verirrung zu belächeln, Sie geliebt zu haben. – Bei meiner Eltern Seligkeit, Sie lassen mich zu tief in Ihr aufopferndes Gemüt, in die Größe Ihrer Leidenschaft blicken, als daß ich nicht Ihr teures Andenken, Friedrich, mit aller Kraft in meiner Brust festhalten sollte! Und durch welches Wort haben Sie denn mich und den Bruder so beleidigt, der nur mit schwerstem Gewissen daran zu gehen fähig war, Rache an Ihnen zu nehmen? Soll ich das Wort Ihnen nennen? Soll ich es erraten und Ihnen beweisen, wie sehr ein liebend Weib, einer Seherin gleich, das ahnen kann, was man vor ihr verbirgt? Sie sind von adeligen Eltern, Friedrich, nichts haben Sie – aber alles, was wir an Ihnen lieben, haben Sie durch Ihr Schwert, Ihre Treue, durch den Adel in Ihrer Brust erreicht! In diesem Selbstgefühl, bei Ihrer Inbrunst für mich, wurden Sie von meinem Bruder mit Ihrem Antrage abgewiesen! Da erinnerten Sie sich im Zorn Ihrer niedergetretenen Gefühle, daß ich wie er ein –«

»Sprechen Sie es nicht aus!«

»Ich sprech' es aus – daß ich ein Bastard bin! – Steuben! –« Sophie senkte das Haupt, und ihrer Stimme Ton ward leise wie ein zitternder Hauch. »Sie nur allein, kein lebender Mann sonst – Sie durften in so großem Liebesgrolle solch Wort aussprechen, denn ich gehöre ja Ihnen, ich bin das beste Stück Ihres Herzens! Den Frevel, den ein Mann an seinem eigenen Ich, an seiner Seelen Seele begeht, kann man ein ganzes Leben lang beweinen – lieben muß man ihn darum doch! Diese Überzeugung kann keines Königs Machtgebot, kann keines Bruders Rücksicht zerstören! Ich tue meine Pflicht, wenn ich dem Glück entsage, Ihr Weib zu sein, das Glück aber zu verlieren, mich von Ihnen allein und über alles geliebt zu wissen, es hieße für mich soviel wie sterben!«

»So liebe, liebe mich, Sophie, so heiß und sehnsuchtsvoll, wie ich dich liebe!« Er umarmte sie sanft und küßte sie.

Da – jauchzend, schluchzend hing sie an Steubens Halse und küßte ihn mit flammendem Munde. »Jenseits der Gräber!« rief sie zu ihm auf, ganz Hoffnung und dennoch Entsagung.

»Sophie, mach mir das Scheiden nicht so erbarmungslos schwer! Willst du mir ein Zeichen deiner Liebe mitgeben – oh, schenk mir dein Miniaturbild, das ich auf dem Kamin so oftmals stehen sah. Es wird nicht nur dein hohes, reines Bild mir stets erneuern und klar erhalten, es wird auch der Genius sein, der mich stets an meine Pflicht mahnt! Nie mehr erkenne ich wie jetzt, wie tief ich in meiner Raserei irrte! Die edle Liebe, die du mir schenktest, hat nur in einem fürstlichen Herzen Raum, dem Herzen, das allgewaltig, groß und licht, Himmel und Erde zu umfassen weiß!« –

Hand in Hand schritten sie ins Haus, im Pavillon trennten sich beide. Während Sophie ihr Bild holte, trat Steuben wieder in des Grafen Zimmer.

»Ich hatte, bevor Sie kamen, lieber Steuben, mir hier mein Fenster, wie Sie sehen, öffnen lassen, des Tabakrauchs wegen. Ich kann nicht dafür, daß ich also ziemlich alles hörte, was mir so nahe auf der Terrasse gesprochen wurde.«

»Was konnte ich denn tun, teuerster Graf?« erwiderte Steuben in stumpfer Resignation.

»Nichts, Friedrich, als was Sie getan haben. Es ist vergebens, gegen Gottes Fügung zu streiten! Gibt der Himmel Ihnen Glück, mein Freund, so daß Sie sich sagen können, Sie vermögen Sophie vollendet zu beglücken, soweit als es ein Erdenmensch nur kann, dann – hier meine Hand, mein Wort, dann ist Sophie die Ihre, und selbst meines Königs Mißfallen soll mich unbedenklich machen!«

»Mein teurer Graf, mein –«

»Nennen Sie mich Ludwig! Doch still von törichten Hoffnungen, Sophie kommt! Sehen Sie Ihren Weg, Gott gibt das Ende!«

Sophie trat ein, ihr Bild, in einem Etui verschlossen, in der Hand. Sie reichte es Steuben ohne ein Wort zu sagen.

»Sie werden ihr dafür, sobald Sie können, das Ihrige senden, Friedrich«, sagte der Graf ernst. »Und nun – umarmt euch! – Lebe wohl, teurer Steuben, lebe wohl!«

Vor den Ihrigen umfingen sich Sophie von Anhalt und Friedrich von Steuben – zum letzten Male.

Zwei Stunden später blies der Postillion den »Major zur Disposition« zum Halleschen Tor hinaus, am »dustern Keller« vorbei, nach Halle.


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