Edward Bellamy
Ein Rückblick aus dem Jahre 2000 auf 1887
Edward Bellamy

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Vorwort.

Historische Sektion der Shawmut-Universität in Boston, am 26. Dezember 2000.

Für uns, die wir im letzten Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts leben und uns der Segnungen einer socialen Ordnung erfreuen, die so einfach und zugleich so logisch ist, daß sie nur der Triumph des gesunden Menschenverstandes zu sein scheint, ist es sicherlich, sofern wir nicht ausgedehnte geschichtliche Studien getrieben haben, schwer uns vorzustellen, daß die gegenwärtige Ordnung der Gesellschaft in ihrer Vollkommenheit weniger als hundert Jahre alt ist. Keine geschichtliche Thatsache ist jedoch besser bewiesen als die, daß es noch bis fast zum Ende des neunzehnten Jahrhunderts allgemeiner Glaube war, die alte industrielle Ordnung mit allen ihren schlimmen Folgen sei bestimmt, – möglicherweise mit einigen kleinen Ausbesserungen, – bis ans Ende der Tage zu dauern. Wie seltsam und beinahe unglaublich erscheint es, daß eine so wunderbare moralische und materielle Umwandlung wie die, welche seitdem stattgefunden hat, in einem so kurzen Zeitraum hat vollbracht werden können! Die Leichtigkeit, womit die Leute sich, als an etwas Selbstverständliches, an Verbesserungen ihrer Lage gewöhnen, welche, als man zuerst an sie dachte, nichts zu wünschen übrig zu lassen schienen, hätte nicht schlagender bewiesen werden können. Welche Betrachtung könnte besser geeignet sein als diese, den Enthusiasmus von Weltverbesserern zu dämpfen, welche auf die lebhafte Dankbarkeit künftiger Geschlechter rechnen?

Der Zweck dieses Buches ist, solchen Personen beizustehen, die eine bestimmtere Vorstellung von den socialen Gegensätzen zwischen dem neunzehnten und dem zwanzigsten Jahrhundert zu erlangen wünschen, jedoch vor dem trockenen Anblick der Geschichtsdarstellungen, welche den Gegenstand behandeln, erschrecken. Gewarnt durch seine Erfahrung als Lehrer, daß nüchternes Studium für gar ermüdend gilt, hat der Verfasser den belehrenden Ton des Buches dadurch zu mildern gesucht, daß er dasselbe in die Form eines Romans gebracht hat, welcher, wie er gern glauben möchte, auch an sich selbst nicht ohne jedes Interesse ist.

Der Leser, dem unsere modernen socialen Einrichtungen und deren zu Grunde liegende Prinzipien etwas so Selbstverständliches sind, mag zuweilen Dr. Leetes Erklärungen derselben ziemlich alltäglich finden; aber man muß dessen eingedenk bleiben, daß sie dem Gaste des Dr. Leete nicht selbstverständlich waren, und daß dieses Buch zu dem ausdrücklichen Zwecke geschrieben ist, den Leser für den Augenblick vergessen zu lassen, daß sie es für ihn sind. Noch ein Wort. Das fast allgemeine Thema der Schriftsteller und Redner, welche diese zweitausendjährige Epoche gefeiert haben, ist die Zukunft und nicht die Vergangenheit gewesen; nicht der Fortschritt, der gemacht worden ist, sondern der Fortschritt, der noch zu machen ist, immer vorwärts und aufwärts, bis das Menschengeschlecht seine unbeschreibbare Bestimmung erreicht hat. Das ist gut, ganz gut; aber es scheint mir, daß wir nirgends einen festeren Grund für kühne Ahnungen menschlicher Entwicklung während der nächsten tausend Jahre finden können, als indem wir auf den Fortschritt der letzten hundert einen »Rückblick« werfen.

Daß dieses Buch so glücklich sein möchte, Leser zu finden, deren Interesse an dem Gegenstande sie die Mängel der Behandlung übersehen lassen wird, ist die Hoffnung, mit welcher der Verfasser beiseite tritt und Herrn Julian West überläßt, für sich selbst zu sprechen.


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