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Achtzehntes Kapitel

Trauer. Der Glücksbote. Große Freude. Die Sehnsucht. Das Wiedersehen. Der Willkommen. Die verlassene Stadt. Der Hochzeitstag. Beschenkung. Die Polonaise. Der Gefeierte. Fröhlichkeit.

 

In Friedrichsburg herrschte unter der Einwohnerschaft die tiefste Trauer über das gräßliche Schicksal Ludwinas und zugleich die größte Besorgniß für die eigne Sicherheit, denn wer konnte sich wohl noch ruhigen Herzens zum Schlafe niederlegen, so lange dieses Raubthier, dieser Kateumsi, mit seiner blutgierigen Schaar die Gegend bewohnte! Niemand war mehr sicher, daß er nicht in dunkler Nacht von diesem Unmenschen in seiner Wohnung überfallen und niedergemacht würde, ehe ihm seine Nachbarn zu Hülfe kommen könnten, und Niemand war sicher davor, daß die Wilden sein Haus in Brand stecken möchten, und er erst durch die ihn umhüllenden Flammen aus seinem Schlafe geweckt werde.

Trauer aber, tiefe, innige Trauer über das Geschick Ludwinas war das vorhersehende Gefühl, und von Stunde zu Stunde mehrte sich die Angst um diesen Liebling; denn schon war ein Tag und eine Nach vergangen, seit Rudolph mit den Delawaren dem Räuber nachfolgte, und noch war keinerlei Kunde von ihnen eingelaufen.

Nimanski's Wohnung wurde nicht leer von Freunden, die den alten unglücklichen Vater zu trösten suchen und ihm ihre Theilnahme zeigen wollten, und unter diesen Freunden war der Director sehr oft zu sehen. Was halfen aber alle gut gemeinten Worte, alle die innigsten Beileidsbezeugungen, sie brachten das verlorene Glück, sie brachten Ludwina nicht wieder.

Mit dem vorrückenden heutigen Morgen aber steigerte sich die Spannung, das Verlangen nach Kunde über die Geraubte aufs Höchste, bald liefen die Leute nach dem Vereinsgebäude, bald nach Nimanski's Wohnung, um zu hören, ob noch keine Nachricht eingetroffen wäre, und wo zwei Menschen sich begegneten, hörte man auch die Worte:

Noch Nichts über Ludwina?

Immer aber wurde die Frage mit schmerzlichem Bedauern und leidvoller Miene verneint.

Der Morgen verstrich und die Mittagsstunde nahete, als der Director, vom Major Nimanski kommend, die San Sabastraße hinunterschritt, und man es ihm ansehen konnte, daß auch seine Hoffnung für die Rettung Ludwina's zu Ende ging. Fast aus allen Häusern, an denen er vorüberkam, sprach man ihn um Auskunft über die Geraubte an, er schüttelte aber nur traurig das Haupt, und ging weiter nach dem Vereinslocal.

Es war zwölf Uhr, und sicher die bei weitem größte Zahl der Friedrichsburger saß beim Mittagsessen, als plötzlich lautes Rufen und Lärmen am Ende der San Sabastraße erschallte, und Alles an die Fenster, oder an die Thüren rannte.

Da sprengte ein Delawaren-Indianer auf dampfendem, schweißbedecktem Rosse vorüber, gab jedoch weder durch Wort, noch durch Zeichen Antwort auf die Fragen, die ihm von beiden Seiten zugeschrieen wurden.

Wissen mußten aber die Leute, was der Delaware für Kunde bringe, und Essen und Trinken im Stiche lassend, liefen sie ihm nach, dein Vereinsgebäude zu.

Doch ehe noch der Indianer dasselbe erreichte, waren schon alle Beamten, alle Schützen, alle Diener aus dem Thor hervorgerannt, um zu sehen, was die Ursache des Lärms sei, als sie aber den Delawaren erkannten, standen sie sämmtlich verstummt und mit banger Ahnung auf ihren Zügen da, denn diesem Eilboten konnte man es nicht ansehen, ob er gute, oder böse Nachricht überbringe.

Auch der Director ging ihm bangen Herzens entgegen, und fragte ihn noch ehe er abgestiegen war, ob er Freude mit sich bringe, der Krieger gab aber keine Antwort darauf, sondern sprang erst aus dem Sattel, trat ernsten Blicks vor Schubbert hin, und sagte, ihm die Hand reichend, in feierlichem Tone:

Youngbear läßt Dir melden, daß die weiße Taube gerettet und Kateumsi getödtet sei.

Wie aus einem Munde schrie die ganze Versammlung jauchzend auf, daß es weit durch die Straße tönte und nach wenigen Augenblicken wurden die Jubelrufe von dem fernsten andern Ende der Stadt her beantwortet; denn es gab nur eine Veranlassung zur Freude: – gute Nachricht über Ludwina.

Der Delaware wurde fast schwebend in das Haus getragen, denn Alles drängte sich zu ihm, Jedermann wollte ihm die Hand drücken, Jedermann wollte noch Weiteres über Ludwina hören. Der Director nahm ihn jedoch bei der Hand, und führte ihn in das Speisezimmer, wo so eben das Essen aufgetragen war, doch ehe der Indianer eintrat, bat ihn derselbe, sein Pferd eine Stunde lang im Schritt umher führen zu lassen, welches Burg sofort einem Schützen auftrug, zu thun.

Schubbert sandte zugleich einen Boten mit möglichster Eile zu Ludwinas Vater, und ließ ihm die Freudenkunde überbringen. Dieselbe war aber schon von Haus zu Haus jubelnd weitergerufen worden, und kaum hatte der Bote die Hälfte der San Sabastraße durchschritten, als der Major, von Glück und Seligkeit beflügelt, ihm entgegenkam, und nach dem Vereinsgebäude stürmte.

Mit Freudenrufen wurde er, als er in die Thür des Speisezimmers trat, begrüßt, und Freudenthränen füllten die Augen des glücklichen alten Mannes, als er sich neben dem Director, dem Glücksboten gegenüber am Tische niederließ.

Der Delaware gab nun den vollen Bericht über die Rettung Ludwina's, und schloß damit, daß sie selbst noch vor Sonnenuntergang in der Stadt eintreffen werde.

Wohl niemals hat die ganze Bevölkerung einer Stadt solchen gemeinsamen, innigen Antheil an einer Freudenskunde genommen, als die Friedrichsburger an der Nachricht von Ludwina's Rettung, Alt und Jung war in Bewegung, und Alle harrten mit ungeduldigem Verlangen des Augenblicks, wo sie die geliebte, die gefeierte Freundin wiedersehen und begrüßen würden.

Die Männer aber konnten es nicht erwarten, bis die Gerettete zu ihnen zurückkehrte, sie mußten sie schon früher wiedersehen, mußten zu ihr hineilen, und zu Pferd und zu Fuß zogen sie ihr in die Berge, durch welche sie ihr Weg führte, entgegen. Auch der Director und der Major hatten kaum das Mittagsmahl beendigt, als sie auf flüchtigen Rossen die Stadt verließen, um die Ersten zu sein, die Ludwina ihren Jubel zurufen sollten.

Es war tief ergreifend, den alten Mann zu sehen, wie er von grenzenlosem Glück bewegt, sein Roß, mit welchem ihn der Director versehen hatte, zur Eile antrieb, wie sein Antlitz in Freude strahlte, und wie Thränen zugleich über seine Wangen rollten. Von Baum zu Baum, von Hügel zu Hügel sandte er seinen spähenden Blick vor sich hin, ob er das Glück seines Lebens noch nicht erschauen könne.

Bergauf, bergab ging es vorwärts, ohne der Rosse zu denken, und Meile auf Meile blieb unter deren schnellen Hufen zurück, da plötzlich als sie abermals einer Höhe zutrabten, stiegen über deren Rücken die drei Gestalten Ludwina's, Rudolph's und des Häuptlings auf.

O, großer Gott, mein Kind, Allmächtiger, ich danke Dir! rief der Major mit zitternder Stimme, trieb sein Pferd zum Galopp an, und sprengte nun vor dem Director hin den Hügel hinan, wo ihm mit lautem Freudenschreien Ludwina entgegenkam.

Der Alte sprang mit jugendlicher Schnelligkeit aus dem Sattel, in demselben Augenblick aber flog Ludwina von dem Rücken ihres Pferdes auf die Erde nieder, und fiel dem Vater in die Arme.

Es war ein ergreifender Moment, Beide weinten laut, und hielten sich umschlungen, als wollten sie sich nimmer wieder trennen, und tief bewegt standen der Director, Rudolph und Youngbear bei ihnen, und theilten ihr Glück, ihre Seligkeit.

Nach dem ersten Verwogen ihrer stürmischen Bewegung wandte sich Nimanski zu Rudolph und dem Häuptling, als wolle er sie zugleich mit seinen Armen umschlingen, doch Rudolph fiel zuerst an seine Brust, und dann preßte der Major den Häuptling an sein Herz und stammelte einige Worte des Dankes hervor.

Alle konnten lange Zeit ihrer überwältigenden Gefühle, ihrer Freudenthränen nicht Herr werden, dann aber hob Rudolph die Geliebte wieder auf ihr Roß, die Männer stiegen in ihre Sättel, und mit hochschlagenden, freudeerfüllten Herzen eilten sie nun auf ihrem Wege dahin der Stadt zu.

Einige Meilen vor derselben in einem Wiesengrunde kamen ihnen die Reiter aus Friedrichsburg, ihre Hüte schwenkend, jubelnd entgegen, und bewillkommneten unter tausend Segenswünschen die Gerettete, und bald darauf erschienen auch die Fußgänger aus der Stadt, um sie mit gleichen Gefühlen zu begrüßen.

So bewegte sich nun der zahlreiche Zug bei dem letzten glühenden Blick der Sonne dahin, immer mehr Freunde Ludwina's kamen ihr entgegen, und als sie nun aus der Bergschlucht in das Thal von Friedrichsburg einzog, da strömten die Mädchen und Frauen aus der Stadt auf sie zu, und gaben ihrer Freude durch Jauchzen und Jubeln Ausdruck.

Kaum aber ertönten diese Freudenrufe, als der Donner der Kanone Ludwina die Grüße der Stadt zurief, und die Berge rundum dieselben im Echo wiedergaben.

Von der wogenden glücksbewegten Menge umringt, erreichte Ludwina ihre, mit Kränzen und Blumengewinden geschmückte Wohnung, und dankte hier mit Thränen für die Theilnahme, für die Liebe, die man ihr erwiesen, denn die Bewegung ihrer Seele erstickte ihre Worte.

Nun aber wandten die Friedrichsburger ihre stürmischen Dankbezeugungen dem Delawarenhäuptling und seinen Kriegern zu, und geleiteten ihn im Triumph durch die Stadt nach den Vereinsgebäuden, wo er unter ihren donnernden Hurrahs mit dem Director eintrat.

Die ganze Bevölkerung von Friedrichsburg athmete an diesem Abend zum Erstenmale wieder frei auf, denn die drohende Gefahr, die unaufhörlich wie eine Gewitterwolke über ihnen geschwebt hatte, war verschwunden, Kateumsi, das menschliche Ungeheuer, der gefürchtete Wütherich war todt.

Heute wurden vor Schlafengehen die Waffen nicht nachgesehen und zur Hand gestellt, und manches heiße Dankgebet für die Befreiung von ewiger Besorgniß und Angst stieg in dieser Nacht zum Himmel auf.

Der folgende Morgen sollte die Friedrichsburger aber schon wieder in Bewegung setzen, denn ein frühzeitig von Austin eingetroffener Reiter überbrachte die Kunde, daß die Mormonen verschwunden seien, und ihre Stadt leer stände.

Unmöglich konnte man der Nachricht Glauben schenken, denn noch vor wenigen Tagen hatten dieselben geschnittenes Holz in Friedrichsburg abgeliefert, und eine Menge Neugieriger setzte sich zu Roß, und folgte dem Director, der sofort bei Empfang der Kunde sein Pferd bestiegen hatte, nach der Mormonenstadt.

Was man aber nicht für möglich gehalten hatte, fand man vor, die Stadt war verlassen, und keine Spur mehr von einem Mormonen zu sehen.

Mit mehr denn fünfzig kolossalen Kastenwagen, sämmtlich mit sechs, oder mit acht Ochsen bespannt, war das arbeitsame, energische Volk aufgebrochen, um sich durch die Wildniß einen Weg nach El Paso am Rio Grande zu bahnen, und von dort der Straße nach Santa Fé zu folgen, von wo es dann durch die Felsengebirge nach dem großen Salzsee, nach Neu Jerusalem, der Hauptstadt des Mormonenreiches, zu seinen Brüdern wandern wollte.

Da standen die netten Häuser, wie sie von ihren Bewohnern verlassen worden waren, nur alles Eisenwerk hatten dieselben mitgenommen Da stand die Mühle, gleichfalls aller eisernen Gegenstände beraubt, und da standen die kolossalen Rauchhäuser, in denen die Leute das Fleisch und den Speck ihrer sämmtlichen Schweine geräuchert hatten, mit offenen Thüren und ausgeleert.

Fort waren sie, die Mormonen, plötzlich und unerwartet, wie sie gekommen waren, auf einer Wanderung, deren Ende sie vielleicht erst binnen Jahresfrist erreichen würden, auf einer Wanderung, größtentheils ohne Weg, ohne Steg, durch die unzugänglichsten Gebirge, durch öde wasserleere Steppen, in fortwährendem Kampfe mit den Elementen und mit wilden Völkern, nur auf sich selbst bauend, und allen Hindernissen, allen Gefahren, allen Beschwerden und Entbehrungen die Stirne bietend.

Für Friedrichsburg war das Verschwinden der Mormonen ein sehr großer Verlust, und es war jetzt ein wahres Glück für die Stadt, daß die Straße nach Austin geschossen war, weil man von dort her während der Zeit, bis in Friedrichsburg selbst die Mühle aufgestellt sein würde, Mehl und Dielen beziehen konnte.

Gern hätte man nun sämmtliche leere Häuser der Mormonen nach der eignen Stadt hinübergeschafft, wenn dieses aber auch unmöglich war, so wanderte doch manches Stück aus der Hinterlassenschaft der Fremdlinge dorthin, und namentlich wurden die Häuser ihrer Dächer beraubt, und die herrlichen Cederholzschindeln nach Friedrichsburg gefahren.

Unter die guten Andenken, welche die Mormonen in Friedrichsburg hinterließen, mischten sich allerdings auch verschiedene, die ihnen keine sehr freundlichen Wünsche für ihre lange Reise erwarben, sie hatten sich mancherlei Betrügereien gegen die Friedrichsburger zu Schulden kommen lassen, und namentlich hatte ihr ehrenwerthes Oberhaupt, der Herr Gray, noch ganz in letzter Zeit unter vielerlei Vorspiegelungen mehrere tausend Dollars baares Geld von den Bewohnern der Stadt geborgt, und bei seinem schnellen Abzug das Wiedergeben vergessen.

Sie waren aber fort, und ganz Friedrichsburg würde nicht im Stande gewesen sein, sie in ihrer Wanderung aufzuhalten.

Sehr bald jedoch wurden die Mormonen aus der Erinnerung und von den Lippen der Friedrichsburger entfernt, denn ein, für die ganze Einwohnerschaft hocherfreulicher Tag nahte: der Hochzeitstag Rudolphs und Ludwinas.

Die ganze Stadt betheiligte sich an den Vorbereitungen dazu, um diesen Ehren- und Glückstag recht festlich zu begehen, und als er erschien, prangten alle Häuser im Schmuck von Blumen und Laubgewinden, und ihre Bewohner hatten ihren Feststaat angelegt.

Wie an dem Geburtstag der Stadt, war ein Tanzplatz hergerichtet, diesmal aber in dem Schatten des Eichenwaldes gegenüber den Vereinsgebäuden, abermals war Wein und Branntwein dorthin gebracht worden, den der Major hatte von Braunfels kommen lassen, um ihn zum Besten zu geben, und abermals waren die musikalischen Kräfte zusammen getreten, um die Feierlichkeit und Heiterkeit des Tages zu erhöhen.

Als der Morgen graute, verkündeten die Kanonen, daß der Festtag erschienen sei, in allen Häusern wurde es lebendig, und mit freudiger Hast besorgte man die häuslichen Angelegenheiten, um den Tag frei zu haben. Dann beeilte man sich, in den Staat zu kommen, um das glückliche Brautpaar aus Nimanski's Wohnung abzuholen, und ihm das Geleit zur Kirche zu geben.

Um zehn Uhr war die ganze Bevölkerung von Friedrichsburg vor Nimanski's Haus versammelt, als Ludwina mit Rudolph, ihrem Vater und dem Director aus der Wohnung trat, um nach der Kirche zu gehen, wobei sich ihnen nun die Menge in feierlichem Zuge anschloß.

Das Haus Gottes konnte auch diesmal die Andächtigen, die freudig Theilnehmenden nicht sämmtlich fassen, doch alle außerhalb desselben Verweilenden drängten sich an die Fenster und an die Thür heran, um einen Blick frei zu bekommen nach dem geliebten schönen Brautpaare.

Rudolph, im Schmuck der Jugend und der Kraft mit dem Ausdruck höchster irdischer Seligkeit auf seinen schönen, männlichen Zügen, Ludwina, das Bild vollkommenster weiblicher Schönheit, Anmuth und Lieblichkeit, den Zauber des Augenblicks auf ihrer Engelserscheinung.

Dem Pfarrer hatte es nicht an Stoff gefehlt, seine Rede reich auszustatten, und seine eigne wahre Verehrung für die Braut, sowie für den Bräutigam ließ jedes seiner Worte aus seinem Herzen kommen. Als er aber ihre Hände in einander legte, und des Himmels Segen auf sie herabrief, da traten ihm selbst Thränen der Rührung in die Augen, und es fand sich wohl unter der ganzen Versammlung nicht ein Augenpaar, welches nicht in Thränenglanz geschwommen hätte.

Nach beendigter Feierlichkeit aber wollte ein Jeder der Erste sein, dem jungen Paare seine Glückwünsche darzubringen und erst nach geraumer Zeit traten die Neuvermählten aus der Kirche, um nun auch die Freundlichkeiten der draußen Stehenden zu empfangen.

Man begab sich dann schnell nach Hause, um Rüstungen für die Freuden des Tages zu machen, und namentlich um den Ballstaat anzulegen.

Als Ludwina und Rudolph mit ihrem Vater kaum zu Hause angelangt waren, erschien der Delawarehäuptling mit vier Indianermädchen, welche die Geschenke trugen, die Youngbear seiner Freundin, der Frau seines Freundes, verehren wollte.

Es waren wahre Kunstsachen, und sie bestanden aus einer Menge aus Leder wunderbar schön gearbeiteter Gegenstände für den Gebrauch Ludwina's, außer diesen aber befanden sich die prächtigsten gegerbten Thierfelle zu Fußteppichen, Bettdecken und Satteldecken darunter.

Es war rührend, mit welcher innigen Freude der Indianer die frohe Ueberraschung Ludwina beobachtete, als sie Stück für Stück mit Ausrufen der Bewunderung betrachtete, und es Rudolph und ihrem Vater hinhielt, und als sie endlich mit wonnigem Lächeln dem Häuptling die Hand reichte, und ihm aus tiefstem Herzen für seine endlose Freundschaft dankte, da erglänzten Youngbears Augen in Freudenthränen, und aufs Tiefste bewegt, sagte er:

Schon oft hat Youngbears Herz in Freude hoch geschlagen, wenn er vom Eis des Berges im hellen Sonnenschein das weite blaue Land und fern das unbegrenzte Meer zu seinen Füßen sah, wenn er auf seines Rosses leichten Hufen mit Windes Eile in die Reih'n der wilden Büffelheerden jagte und reiche Beute dann nach seinem Zelte trug, wenn er im Kampf der Delawaren Kriegsruf laut erschallen ließ, und seine Feinde ihn besiegt um Gnade baten, doch keine Freude hat sein Herz so hoch beglückt, wie es der weißen Taube und des jungen Adlers Freundschaft thut.

Nachdem Ludwina ihrem halbwilden Freunde nun nochmals für die schönen Geschenke gedankt hatte, sagte sie, mit ihrem natürlichen Liebreiz ihm in die dunkeln Augen blickend:

Nun will aber Deine Freundin Dir auch ein Andenken an den höchsten Glückstag ihres Lebens, den sie ohne Deine Hülfe nie gefeiert haben würde, geben, damit Du recht oft an sie denken mögest, und bei diesen Worten nahm sie eine prächtige goldene, mit edeln Steinen besetzte Brosche von ihrem Busens, und steckte sie auf den rothen Shawl, der um den Nacken des Häuptlings geschlungen war.

So, sagte sie freudig, nun sieh einmal in den Spiegel, ob das nicht schön aussieht!

Youngbear stand noch entzückt über das neue Geschenk seiner theuern Freundin vor dem Glase, als der Major zu ihm trat, und ihm ein Paar, prachtvoll mit Silber ausgelegte Pistolen und einen kostbaren Hirschfänger mit den Worten reichte:

Und damit Du auch des Vaters Deiner Freundin, dem Du sein ganzes Lebensglück wiedergegeben hast, gedenken mögest, so nimm diese Waffen, vielleicht werden sie Dir in gefahrvollen Augenblicken treue Dienste leisten.

Youngbear war außer sich vor Wonne, und wußte gar nicht, was er thun sollte, um seinen Dank auszudrücken, um aber sein Glück noch bis auf den höchsten Punkt zu steigern, kam Rudolph mit einer wundervollen großen Spieldose zu ihm, und sagte:

Und damit Du auch des jungen Adlers nicht vergessen mögest, so soll Dich dieses Kunstwerk jeden Abend bei Deinem Lagerfeuer an ihn erinnern.

Dabei setzte er die Spieldose auf den Tisch, drückte die Feder, und im Augenblick begann sie eine deutsche Galoppade laut und mit reizendem Klang zu spielen.

Das war zu Viel für Youngbears Fassungsvermögen, er stand wie verzaubert da, und schaute auf das Instrument, als traue er seinen Augen und seinen Ohren nicht. Nachdem es aber endlich seine sämmtlichen Stücke gespielt hatte, und sein letzter Ton verklungen war, ergriff er Rudolph's Hand in größter Begeisterung, und sagte:

Du willst Youngbear den Zauber wirklich geben, damit er ihm gehöre und für ihn Musik machen muß, wenn er es befiehlt?

Ja wohl, bester Freund, die Dose gehört nun Dir, und muß spielen, wann Du es willst, entgegnete Rudolph, beglückt über die Freude die der Indianer an dem Geschenk hatte.

Dann zog er sie schnell wieder auf, indem er Youngbear anwies, wie dies geschehen müsse, und abermals spielte sie ihre Weisen zum größten Entzücken des Häuptlings. Dann sagte ihm Rudolph, er müsse sie, um sie recht laut spielen zu lassen, auf einen umgekehrten Kessel, oder eisernen Topf stellen, weil dadurch der Schall sich mehr entwickle.

Youngbear stand noch immer in stummer Bewunderung der erhaltenen Geschenke, als könne er seinen Reichthum noch nicht überblicken, da traten die zum Mittagsessen geladenen Gäste, unter welchen sich auch der Director befand, ein, und wurden freudig bewillkommnet.

Der Tisch war unter der Verandah gedeckt, und Youngbear erhielt seinen Platz neben Ludwina. Glück und Heiterkeit würzte das Mahl, welches die alten Diener Rudolphs köstlich bereitet hatten, der feurige Ungarwein des Majors erheiterte die Stimmung noch mehr, und Ludwina's Engelswesen wirkte bezaubernd auf die Gesellschaft.

Während geraumer Zeit schon schallten die dumpfen Töne der Tanzmusik von dem andern Theile der Stadt her zu Nimanski's Haus herüber, als der Director daran erinnerte, daß das junge Ehepaar sich jetzt wohl bei den fröhlichen Friedrichsburgern einfinden müsse, welche sicher schon lange auf dessen Erscheinen gehofft hätten.

Die Sonne war versunken, die Dämmerung zog schon über die Erde, als sich die Gesellschaft, Ludwina zwischen Rudolph und dem Häuptling voran, auf den Weg begab, und sich bald darauf dem Eichenwalde nahete; da verstummte die Tanzmusik, mit lauten Jubelrufen kam die froh bewegte Menge den Neuvermählten entgegen, und unter jauchzenden »Hochs« und stürmischem Tusch der Musik führte man sie durch die für sie errichtete Ehrenpforte von Blumen und Laubgewinden nach dem Tanzplatze.

Kaum hatten sie dessen Eingang erreicht, als die Musik eine Polonaise anstimmte. Ludwina warf einen fragenden Blick auf Rudolph mit einem Augenwink nach Youngbear, Rudolph nickte ihr zu, und nun ergriff sie rasch die Hand des Häuptlings und schritt, sich hoch und stolz erhebend, an seiner Rechten in den Kreis hinein.

Ein donnerndes Hoch für den Delawaren schallte aus tausend Kehlen und überstimmte die Musik, und jetzt erst erkannte der anspruchslose, edle Sohn der Wildniß, wie hoch er gefeiert wurde.

Man sah es ihm an, daß ihn die innere Bewegung, die ihn so plötzlich ergriff, übermannen wollte, er bebte, und seinen Augen entquollen Thränen, doch hoch und feierlich aufgerichtet schritt er, der Leitung seiner schönen Tänzerin folgend, vornehm dahin, als habe er den heiligsten Gang seines Lebens zu thun, und ihnen nach folgte die große Zahl der festlich geschmückten Paare.

Kaum aber war die Polonaise erklungen, als die Kanone der leitenden Tänzerin ihren Donnergruß zusandte, und Schuß auf Schuß während der ganzen Dauer des Tanzes ihren Freudenton durch das Thal von Friedrichsburg rollte.

Sobald dann die Musik verhallte, führte man Rudolph und Ludwina nebst dem Häuptling auf einen, mit Laubgewinde, Blumen und Kränzen reich geschmückten Thron an der Seite des Tanzplatzes, wo die junge Frau zwischen ihrem Gatten und ihrem Freunde Platz nahm.

Diesmal wurde die Freude der Friedrichsburger nicht gestört, lange noch, nachdem das junge Paar aus dem Kreise der Fröhlichen verschwunden war, ertönten wieder und wieder jubelnde Hochs für dasselbe, und die Sterne am Himmel verblichen, als die letzten Freudentöne in dem dämmernden Eichenwalde verhallten.

 

Ende.

 


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