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Fünfzehntes Kapitel

Große Aufregung. Der Gründungstag. Eifrige Vorbereitungen zum Feste. Der Festmorgen. Grundsteinlegung. Das Festmahl. Der Tanz. Die Promenade. Am Kamin. Allein. Das Schreckensgesicht. Der Raub. Die Angst. Verzweiflung. Der wilde Freund.

 

Die Nachricht, daß der gefürchtete Wilde abermals die Sicherheit der Stadt durch nächtliche Besuche bedroht habe, setzte die Einwohnerschaft von Friedrichsburg wieder in große Aufregung, und die jungen Männer beschlossen, für die Folge, wie früher, Wachen aufzustellen.

Mit sehnlicher Spannung sah man der Rückkehr der Schützen entgegen, die jedoch erst am dritten Abend erfolgte. Sie waren den ganzen Tag ununterbrochen der Spur der Indianer gefolgt, bis die Dunkelheit ihrem Ritt ein Ziel setzte, doch die Wilden waren mit flüchtiger Fährte weiter gezogen, und hatten auf dem ganzen Wege nicht einmal gerastet.

Wochen und Monate verstrichen wieder, ohne daß sich ein Indianer hatte sehen lassen, denn auch die befreundeten Stämme mieden im Wintertag diese Berge, und wie früher, so auch jetzt, hatte man nach und nach alle Gefahr vergessen, die von Seiten der Wilden der Stadt drohte.

Es nahte auch mit dem herankommenden Frühjahr ein Tag, für Friedrichsburg von großer Bedeutung, und mit frohem Verlangen sah ihm die Einwohnerschaft entgegen. Es war der Jahrestag der Gründung der Stadt.

Er sollte diesmal recht feierlich, recht festlich begangen werden, und der Direktor wollte diesem Tage noch eine andere Denkwürdigkeit hinzufügen, indem er den Grundstein zu einer Kirche zu legen beschloß, die er in der Mitte der Stadt auf dem großen Platze zu bauen bereits begonnen hatte; denn die Grundmauern des aus Stein auszuführenden Gotteshauses hatten sich schon über die Erde erhoben.

Die Kaufleute, so wie die Wirthe in Friedrichsburg sorgten nun in Zeiten dafür, neue Waarenvorräthe aller Art von Braunfels heraufzuschaffen, und auch der Director ließ das Vereinslager mit allem Nöthigen versehen.

Aber auch in jedem einzelnen Hause, in jeder Familie wurden Vorbereitungen für das Fest getroffen, und Küche und Keller wurden dabei wohl bedacht, namentlich aber war es der Feststaat, dem man große Aufmerksamkeit widmete, und dessen Anschaffung mit vielen Schwierigkeiten verbunden war.

Besonders stieß das zarte Geschlecht auf unzählige Hindernisse, die Festtoilette zu completiren und sie einigermaßen in Einklang zu bringen, denn einen Unterschied der Person und des Standes kannte man hier nicht, und an diesem großen Festtage sollte auch die äußere Erscheinung der schönen Welt nicht zu auffallend von einander abweichen.

Ludwina, so wie bei jeder andern Gelegenheit, mußte auch hier wieder mit Rath und That aushelfen, und ein Glück war es, daß in letzter Zeit noch einige junge Damen frisch von Deutschland eingetroffen, welche in Putz- und Näharbeit sehr geschickt waren.

Sie hatten gute Tage, denn man bestürmte sie von allen Seiten mit Arbeit, und bot, wo sie erschienen, Alles auf, ihnen den Aufenthalt angenehm und heiter zu machen.

An hellfarbigen Stoffen zu Ballkleidern fehlte es nicht, zumal da es hier, fern von dem Luxus der civilisirten Welt, weniger auf eine kostbare Qualität ankam, als auf eine kleidsame Farbe und gefälligen Schnitt.

Kattun war die Losung, aus Kattun groß und klein geblümt, kreuz und quer gestreift, und in blitzenden sonnigen Farben, so wie in zarteren Mondscheintinten sollten die leichten Hüllen bestehen, in denen die schönen Friedrichsburgerinnen den Tanzplatz zieren wollten.

Noch vierzehn Tage lagen vor dem großen Feste, und in jedem Hause herrschte nun die emsigste Thätigkeit für die Vorbereitungen zu demselben. Die Jungfrauen besuchten einander, um die Anzüge zu mustern, es wurden Frisuren probirt, das Haar wild und unternehmend anfgethürmt, oder glatt von der Stirn zurückgestrichen und hinten in lange Schlangenlocken gekräuselt, es wurden künstliche Blumen hineingesteckt, die bei dem Wanderzug über den Ocean nicht vergessen worden waren, und fliegende bunte Bänder wurden darin angebracht.

Auch ein Musikchor hatte sich zusammengefunden, und hielt täglich seine Proben. Der Baß und die Pauke nur fehlten dabei, doch letztere wurde sehr glücklich durch ein leeres Mehlfaß ersetzt, über dessen beide Oeffnungen man Hirschhäute gespannt hatte, und welches Instrument ein nicht zu verachtendes Geräusch hervorzauberte.

Ein hysterisches Ohr freilich würde, wenn diese Künstlergesellschaft den Höhepunkt ihrer Begeisterung erreichte, manchen Ton vernommen haben, der eigentlich nicht zu rechtfertigen war, den sturmgewohnten Ohren der gesunden Friedrichsburger aber war es Alles Musik; es waren Klänge aus der lieben alten Heimath, es waren deutsche Walzer, Hopser und Galoppaden, und hier hieß es: »wer gern tanzt, dem ist leicht gepfiffen.«

Im Stillen wurden aber auch geistige Anstrengungen gemacht, um das Fest mit Würde und Feierlichkeit zu begehen. Namentlich war es der Pfarrer, dem dieser Tag eine große Aufgabe stellte. Dessen Wichtigkeit forderte zuerst eine ungewöhnliche Predigt während des Gottesdienstes, und dazu hatte der Geistliche noch bei der Grundsteinlegung zur Kirche eine bedeutungsvolle Rede zu halten. Und würdig wollte der biedere Mann seine Aufgabe lösen, denn während der letzten Wochen vor dem Feste zog er sich in die Einsamkeit zurück, um ungestört seinen ernsten Gedanken folgen zu können.

Außer ihm aber waren fast alle hervorragenden Persönlichkeiten unter der männlichen Bevölkerung der Stadt darauf bedacht, einige Worte in Bezug auf die Feierlichkeit vorräthig zu haben, für den Fall, daß die Gelegenheit sich ihnen bieten sollte, Zuhörer dafür zu bekommen.

Neben diesen Vorbereitungen war man aber auch in den letzten Wochen eifrig damit beschäftigt, in den Wirthshäusern und bei den Kaufleuten die Getränke zu prüfen, und von Abend zu Abend mehrte sich in erstern die Zahl der sich diesem Studium eifrig unterziehenden Gäste.

Von Seiten des Vereins jedoch wurden zur Verherrlichung des Festes die bedeutendsten Anstrengungen gemacht. Vor den Vereinsgebäuden ließ der Director einen kolossalen Tanzplatz herrichten, der Boden desselben wurde gestampft und so sauber geglättet, daß auch der zarteste Fuß leicht und ohne Hinderniß darüber hinschweben konnte, und rund um den Platz wurde eine Reihe von Bänken angebracht, um den vom Tanz erschöpften Paaren, so wie den nichttanzenden Damen einen Ruhesitz zu bieten.

Am Tage vor dem Feste ließ der Director nun aus den nahen Wäldern Bäume herbeifahren, welche sich so eben mit dem Frühlingslaub geschmückt hatten, so wie solche, welche ihr Grün nie verloren, und ließ dieselben um den Tanzplatz in die Erde graben und sie darin anfeuchten, so daß sie an dem morgenden Tage noch in der ganzen Fülle ihrer Schönheit prangen sollten.

Von den Vereinsgebäuden her war der Eingang in den Tanzplatz, und ihm gegenüber wurde ein Ausgang offen gelassen, von welchem eine ebenso erzeugte künstliche Allee nach dem nahen prächtigen Eichenwalde führte.

Neben dem Tanzplatz war eine hohe Tribüne für die Tonkünstler errichtet, und eine große Anzahl von roh aus Brettern gezimmerten Tischen und Bänken waren rund um denselben aufgestellt.

Der Abend vor dem so sehnlichst erwarteten Feiertag brach herein, und alle Proben, die der Toilette, der Reden und Toaste, der Musik und namentlich der Getränke wurden noch einmal durchgemacht, es war zu sehr später Stunde, als die letzten Lichter in Friedrichsburg erloschen, und manches schöne Auge schloß sich freudig mit dem Gedanken: Ach, nur noch eine Nacht!

Geschützdonner weckte die Einwohnerschaft der Stadt aus ihren süßen Träumen von Freude und Tanz, und verkündete ihr, daß dieselben nun Wirklichkeit werden sollten.

Wenn auch nicht Hundert und ein Kanonenschuß, so fielen doch fünf und zwanzig, diese aber um desto kräftiger. Der Tag begann eben, sein Licht über das Theil zu verbreiten, als die Stadt schon einem Ameisenhaufen glich, denn hin und her durch die Straßen eilten die geschäftigen Leute; fast ein Jeder hatte noch Etwas zu besorgen.

In den Fenstern und vor den Häusern zeigten sich auch bald Frauen und Mädchen in ihrem Sonntagsstaat, der aber gleichfalls durch die Geschicklichkeit der neuen Kleiderkünstlerinnen an Schönheit und Reichthum zugenommen hatte, und die Männer traten in ihrem besten Anzug mit der langen Pfeife in die Gartenthür, und betrachteten sich den Festtag.

Um acht Uhr aber füllten sich die Straßen mit Kirchengängern, denn heute sollte der Gottesdienst so früh gehalten werden. Das Haus konnte die Andächtigen nicht sämtlich fassen, doch da Thür und Fenster desselben offen standen, und der Pfarrer mit starkem Sprachorgan begabt war, so konnten auch die Leute außerhalb des Gebäudes seiner erbaulichen Rede folgen und mit in die erhebenden Gesänge einstimmen.

Alle waren tief ergriffen, denn die ganze lange Reihe von Gefahren, Mühseligkeiten, Entbehrungen und Leiden auf ihrer Wanderung aus der ruhigen deutschen Heimath, bis ihnen endlich hier ein Hafen der Ruhe bereitet worden war, trat bei den zu Herzen dringenden Worten des Pfarrers wieder lebendig vor ihre Erinnerung.

Manches Auge füllte sich mit Thränen, und blickte zurück zu dem Grabe eines Vaters, einer Mutter, eines Kindes, eines Bruders, einer Schwester, eines Geliebten, die sie auf ihrem Wege von der glühenden sandigen Golfküste herauf, hier, oder dort unweit der Straße eingescharrt, hatten zurücklassen müssen, doch Alle richteten ihre Blicke schließlich nach Oben, und sandten ihre stillen Dankgebete zu dem Lenker des Schicksals, der sie an seiner rettenden Hand hierhergeführt, und ihnen hier die verheißene neue Heimath gegeben hatte.

In wahrhaft feierlicher Seelenstimmung verließ die zahlreiche Versammlung das Haus Gottes, und wandte sich nun dem bevorstehenden festlichen Art der Grundsteinlegung zu.

Da der Zug nach dem Bauplatz aber erst um eilf Uhr von dem Vereinsgebäude aufbrechen sollte, so hatte man noch über eine Stunde Zeit, und benutzte dieselbe, um sich für die Strapazen des Tages durch ein Festfrühstück zu stärken.

Als die eilfte Morgenstunde jedoch nahete, sammelte sich die Einwohnerschaft von Friedrichsburg vor dem Vereinslocale, und ordnete sich dort in den Zug.

Der Pfarrer, der Schullehrer, der Waisenvater und die Waisen traten an die Spitze, dann kam der Director mit seinen Beamten, hinter ihnen folgte eine Abtheilung Schützen zu Pferd, ihnen schloß sich die von vier Maulthieren gezogene Kanone an, nach dieser erschien der Rest der Schützen zu Pferde, und nun folgte die männliche Bürgerschaft zwei und zwei nach, während das schöne Geschlecht sich in den Straßen, oder auch schon auf dem Bauplatz harrend aufgestellt hatte.

Der Zug war geordnet, und der Director war im Begriff, das Zeichen zum Aufbruch zu geben, als ein Reiter auf flüchtigem Rosse auf der Straße herangesprengt kam, und man in ihm den Delawarenhäuptling Youngbear erkannte.

In freudigster Aufregung sprang derselbe von seinem Pferde, eilte an dem Zuge hin bis zu dem Director, und sagte, ihm die Hand reichend:

Youngbears Herz soll sich mit Euch freuen!

Willkommen, Freund, entgegnete der Director herzlich, Du erscheinst zu froher Stunde. Ich habe wohl an Dich gedacht, konnte aber nicht hoffen, Dich schon hier zu sehen.

Die Delawaren lagen noch gestern Abend an den grünen Ufern der Guadelupe, entgegnete der Häuptling freudig bewegt, als Youngbears Ohr vernahm, daß seine Freunde in Friedrichsburg heute einen großen Tag feiern würden; da ließ er die Delawaren ihre Pferde besteigen, und nicht eher nahmen sie ihre Sporn ab, bis sie das Gras von der Pierdenales erreichten, wo jetzt ihre Zelte stehen. Youngbears Roß aber mußte ihn gleich weiter zu seinen Freunden tragen.

Nochmals herzlich willkommen, Youngbear, versetzte der Director, so trete gleich mit in den Zug ein.

Der Proviantmeister winkte nun dem Häuptling, an seine Seite zu kommen, dieser, von der ernsten Stille ergriffen, kreuzte seine Arme vor der Brust, und der Zug setzte sich in Bewegung.

Langsam und feierlich folgte er der San Sabastraße bis auf den großen Platz in der Mitte der Stadt, in dessen Mittelpunkt die Kirche sich erheben sollte. In weitem Kreise um die Baustelle reihten sich nun die Männer von Friedrichsburg, während die Frauen und Mädchen zwischen sie traten, um die Ceremonie mit anzuschauen.

Die Maurer waren bereits um die Vertiefung versammelt, welche man zwischen der Grundmauer offen gelassen hatte, und in der bereits der kleine Raum in dem Gestein hergerichtet war, in welchem die Documente über den Bau dieser Kirche niedergelegt werden sollten.

Eine tiefe Stille war eingetreten, da schritt der Pfarrer vor die Vertiefung, und begann nun mit lauter ernster Stimme seine Rede. Er erinnerte daran, wie noch vor so kurzer Zeit dieses Land eine Wildniß gewesen war, in dem nur wilde Indianer und wilde Thiere gehaust hatten, und wie unter dem Schutze des Allmächtigen und der christlichen Kirche jetzt diese blühende, schöne deutsche Stadt, weit entfernt von der civilisirten Welt, wie durch einen Zauberschlag geschaffen dastehe, ein Denkmal deutscher Kraft und Ausdauer.

Noch aber fehlte ihr der Hauptstützpunkt im Leben, das Haus Gottes, und dieses zu gründen sei man hier jetzt versammelt. Er sprach erbaulich und begeistert, und schloß seine Rede damit, daß er den Segen des Allmächtigen für dieses zu seiner Verherrlichung unternommene Werk erflehte, an welchem Gebet die Versammlung in tiefster Andacht Theil nahm.

Dann stimmte der Schullehrer ein Lied zum Lobe Gottes an, in welches alle umstehenden mit voller Stimme einfielen, und schließlich sprach der Pfarrer noch einen feierlichen Segen über den Bau.

Nun trat der Director mit der eisernen Kapsel in der Hand, in welcher die Documente verschlossen waren, zu den Maurern vor, und reichte sie dem Meister, der ihn als Bauherrn dann mit einer Ansprache begrüßte, und darauf die Kapsel in die Tiefe versenkte.

Der Schlußstein wurde auf die Oeffnung in der Grundmauer hinuntergelassen, und nun band der Meister dem Director ein Schurzfell vor, und reichte ihm die Kelle, damit er den ersten Kalk auf den Grundstein füge.

Nachdem dies vollbracht, reichte Schubbert dem Pfarrer die Kelle hin, der nun auch Kalk auf den Stein warf, und dann folgten in gleicher Weise die Beamten des Vereins. Die Maurer beendigten schnell die Arbeit, und als es geschehen war, sagte einer derselben den Segensspruch darüber. Sobald dessen letzte Worte aber verhallt waren, ließ die Kanone, welche man seitwärts auf dem Platze aufgefahren hatte, ihre Donnerstimme ertönen, und verkündete das Ende der Feierlichkeit.

Die Zuschauer drängten sich nun neugierig zu dem gelegten Grundsteine vor, um mit eignen Augen die vollbrachte Arbeit zu beschauen, und dann traten die Freunde zusammen, um sich über die bevorstehenden Freuden des Tages zu bereden, und so plaudernd nach Hause zu wandeln.

Vor dem Vereinsgebäude war man während dieser Zeit sehr thätig gewesen, denn dort im Schatten der Häuser hatte man einen langen Tisch gedeckt, an welchem fünfzig Personen Platz fanden. Der Director hatte die hervorragenden Persönlichkeiten der Stadt zur Tafel geladen.

Außerdem war aber weiter hin an einem der Gebäude ein langer Schenktisch aufgeschlagen, und dahinter lagen einige Fässer mit deutschem Wein und andere mit Branntwein, deren Inhalt der Director den Bewohnern der Stadt zum Besten geben wollte.

Es war zwei Uhr, als sämmtliche zur Tafel geladene Herren und Damen sich in dem Vereinslocale eingefunden hatten, und der Director mit ihnen hinausschritt, und sie sämmtlich sich an dem Tische niederließen.

Zu gleicher Zeit hatte das Musikchor die neben dem Tanzplatz errichtete Tribüne erstiegen, und begann nun die Tafelmusik mit dem alten Dessauer.

Sobald aber ihre gewaltigen Töne, namentlich die der Hörner und des Mehlfasses über die Stadt hinzogen, begannen deren Bewohner herbeizuströmen, und zwar jetzt in vollem Ballkostüm.

Zuerst, lustwandelte die fröhliche Menge in heitern Gruppen um den Tanzplatz auf und nieder, und die Jugend warf prüfende Blicke nach der Tafel hin, als verlange sie sehr nach Aufhebung derselben, weil dann der Tanz sofort beginnen sollte.

Die Tafel aber war viel zu vortrefflich besetzt, als daß die Gäste des Directors sobald schon daran gedacht haben würden, dieselbe zu verlassen, denn außer der wohlbeleibten Vereinsköchin hatten mehrere tüchtige Hausfrauen freundlich ihre Mitwirkung bei der Bereitung der Speisen geliehen, so daß wahre Meisterwerke der Kochkunst geschaffen worden waren.

Burg mit noch einigen Schützen hatte für die Braten gesorgt, unter denen namentlich die Bärenschinken und Bärenrippen, so wie die kolassalen wilden Truthähne hervorglänzten. Eine außerordentlich heitere und glückliche Stimmung lieferte die Würze des Mahles, welches durch unzählige Anreden und Toaste noch verherrlicht wurde.

Dabei spielte das Musikchor unermüdlich fort, und seine lustigen Weisen, so wie die Laute der Heiterkeit und des Frohsinns unter der Volksmenge machten es nothwendig, daß die Speisenden selbst sehr laut reden mußten, um von ihren Nachbarn verstanden zu werden.

Die Jugend hatte sich mit wachsender Ungeduld um den Tanzplatz gedrängt, und als die Tafelnden immer noch keine Miene machten, die Freuden und Genüsse der Mahlzeit zu verlassen, und die Musik nichts Anderes, als Tänze spielte, so meinten die jungen Leute, daß man danach ebenso gut tanzen, wie speisen könne, und sprangen lustig in den Tanzplatz hinein.

Kaum aber drehten sich die ersten Paare dort im Kreise, so strömte Alles hinzu, was noch Tanzgefühl in den Füßen hatte. In Sturmkolonnen zusammengedrängt, wirbelten die Paare in dem großen Kreise dahin, und man sah es ihnen an, daß sie ihrer Tanzlust lange Zwang angethan hatten und nun ihrer Leidenschaft alle Zügel schießen ließen.

Die Musiker machten jetzt instinktmäßig Fronte nach dem Tanzplatze, und namentlich die Trompete schmetterte ihre, durch Mark und Bein dringenden Töne unter die dahinwirbelnde Menge, deren Feuer noch mehr dadurch angefacht zu werden schien.

Da erhob sich der Director, indem er nach dem Tanzplatze zeigte, und die ganze Tischgesellschaft trat nun an den Kreis, um sich mit den Fröhlichen zu freuen.

Der Director ließ jetzt die Wein- und Branntweinfässer auflegen und das Schenkpersonal hinzutreten, um die schon harrenden Umstehenden zu bedienen.

Sobald der letzte Ton der Galoppade aber verhallt war, fanden sich auch die Tänzer mit ihren schönen Gefährtinnen bei dem Schenktische ein, um den deutschen Wein zu kosten; den Musikern aber brachte man denselben in Flaschen auf die Tribüne, um ihre verbrauchte Begeisterung sofort wieder ersetzen zu können.

Der Director befand sich während dieser Zeit in seiner Wohnung, wohin er seine nähern Freunde zum Kaffee geladen hatte, weil man von der Verandah aus das ganze Schauspiel überblicken konnte.

In dem Kreise der anwesenden Herren und Damen befand sich auch Ludwina an der Seite ihres Rudolph, doch Beide waren still, Beide fühlten sich nicht heimisch in dieser geräuschvollen Lust und Fröhlichkeit. Rudolph wurde durch jedes freudestrahlende Gesicht daran erinnert, daß ein geliebtes theures Antlitz unter der frohen Menge fehle, und das wehmüthige Gefühl, welches bei dieser Erinnerung an seinen Vater auf seine Züge trat, spiegelte sich in der Seele Ludwinas wieder.

Youngbear aber, der auch dem Director nach dessen Wohnung gefolgt war und zu dem Kaffee eine Cigarre bekommen hatte, hielt es nicht lange dort aus, so stürmisch hatte ihn die Neuheit dieser Lustbarkeiten, namentlich aber die Musik und der Tanz erfaßt. Er stand wie in einem Freudenfieber an einer Säule der Verandah, und schaute mit sehnsüchtigen Blicken nach den Tanzenden hin, wobei er wiederholt den Director fragend anblickte, weil er fürchtete, daß es ihm wohl nicht angenehm sein würde, wenn er ihn verließe.

Schubbert erkannte jedoch bald das Verlangen des Häuptlings und als derselbe ihn wieder lachend und nickend anschaute und nach dem Tanzplatz zeigte, sagte er, gleichfalls mit heiterer Miene:

Willst Du nicht dorthin gehen und unsere Jungfrauen tanzen sehen, Youngbear? Nimm Dir aber noch einige Cigarren mit, bei welchen letzten Worten er ihm solche reichte.

Youngbears schönster Tag seines Lebens, versetzte der Häuptling in höchstem Entzücken, so viel Glück hat sein Herz noch niemals gefühlt.

Damit warf er dem Director noch einen freudestrahlenden Blick zu, sprang über das Geländer der Verandah hinab, und war in einigen Augenblicken in der wogenden fröhlichen Menge verschwunden.

Die Sonne versank hinter den dunkelnden Bergen des Thales von Friedrichsburg, die Dämmerung zog in dasselbe ein, und der Himmel leuchtete in feuriger Gluth. Die Luft war warm wie an einem Sommerabend, und das Laub der um den Tanzplatz und in der Allee aufgestellten Bäume regte sich nicht. Kaum aber begannen nun die Sterne zu blitzen, als unzählige bunte Papierlaternen zwischen den Bäumen ihr magisches Licht auf das Gewoge der heitern Friedrichsburger warfen, und dem ganzen Bilde einen mährchenhaften zauberischen Ausdruck verliehen.

Auch in der Allee nach dem Eichenwalde hin prangten die bunten Lichter, und noch weit in den Wald hinein glühte hier und dort wie verloren eines derselben.

Die Freude, die Fröhlichkeit schien sich mit dem Einbruch der Nacht noch zu steigern, die Stimmen der Heiterkeit, der Lust wurden lauter, und ließen sich jauchzend und jubelnd vernehmen, und die Musik wurde immer gewaltiger, immer stürmischer.

Die Aufregung der Tanzenden aber hielt gleichen Schritt mit ihr, und man sah es diesen Glücklichen an, daß sie die ganze Welt mit ihren Sorgen vergessen hatten. Mit freudestrahlenden seligen Blicken schmiegten sich die schönen Mädchen in fliegendem Tanze in die kräftigen Arme der wonnetrunkenen Jünglinge, und manches glühende Wort, mancher heiße Druck, und manches beseligende Geflüster wurden gewechselt.

Es ging auf neun Uhr, als die Damen in der Wohnung des Directors sich erhoben, und sich bei ihm verabschiedeten; denn sie wußten, daß er mehrere Freunde, unter denen auch der Major Nimanski sich befand, zum Abendbrod zu sich gebeten hatte.

Von den anwesenden Herren begleitet, begaben sie sich nun zwischen die wonneberauschte Volksmenge, ergötzten sich an dem wild wogenden Tanze, wandelten in der feeenhaft beleuchteten Allee hin nach dem heimlichen Dunkel des Waldes, welches, nur hin und wieder durch ein einzelnes rothes Licht unterbrochen, manch trautes, auf dem weichen Grasteppich wandelnde Pärchen in seinen schützenden Schleier hüllte, und schlugen dann den Weg nach ihren Wohnungen ein.

Ludwina folgte der Gesellschaft in einiger Entfernung am Arme ihres geliebten Rudolphs, beseligt durch den Austausch ihrer Gedanken, ihrer Gefühle, das hohe vollkommene Glück, welches ihnen in wenigen Wochen durch ihre eheliche Verbindung zu Theil werden sollte.

Nachdem sie nach und nach von der übrigen Gesellschaft Abschied genommen hatten, wandelten sie Ludwinas Wohnung zu, und begrüßten aus vollem Herzen das stille traute Stübchen, den Zeugen ihres hohen, reinen Glückes.

Das Feuer in dem Kamin war trotz des darin ruhenden Stückes eines Baumstammes erloschen, und Rudolph beeilte sich, dasselbe wieder anzuzünden. Bald loderten die Flammen auch lustig empor, und die beiden Liebenden ließen sich Arm in Arm vor dem Kamin nieder, um die nahe Erfüllung all ihrer irdischen Wünsche weiter zu bereden.

Wie wohl that ihnen diese Ruhe, diese Stille im Gegensatz zu dem tobenden lärmenden Gewoge vor dem Vereinsgebäude, von woher nur einzelne dumpfe Laute der Trompete und der Pauke herüber tönten.

Wo bleibt der Vater? hub Ludwina, nach der Uhr über dem Kamin schauend, an, es ist beinahe eilf Uhr.

Der Director wird ihn nicht fortlassen wollen, und außerdem ist die Gesellschaft sicher so vergnügt, daß sie das Aufbrechen vergißt, versetzte Rudolph, indem er das Feuer in dem Kamin schürte, und fuhr dann fort, und tanzen werden die Leute bis die Sterne verbleichen. Uebrigens hat es mich gefreut, zu sehen, wie anständig und ordentlich es hergeht, ich habe doch auch nicht einen Betrunkenen bemerkt, und nicht ein böses Wort vernommen.

So wenig Freude ich an solchen Belustigungen auch habe, so gestehe ich doch, daß es mir wohlgethan hat, die Menschen so recht innig froh zu sehen; es war wirklich ein schönes Fest, sagte Ludwina, und wieder nach der Uhr blickend, setzte sie hinzu: Ich wollte aber, der Vater käme.

Ja, auch mir wäre es lieb, denn ich muß noch einmal hinuntergehen, um Youngbear abzuholen, der Heute Nacht bei mir schlafen soll. Ich habe ihm gesagt, er möge beim Tanze auf mich warten.

So solltest Du jetzt schnell hinlaufen und mit dem Häuptling den Vater hierherbegleiten, dann bekomme ich Dich doch noch einmal zu sehen, versetzte Ludwina.

Ich mag Dich nicht so allein hier lassen, Du Engel, antwortete Rudolph, die Braut liebkosend an sich ziehend.

O, wie oft bin ich Abends allein, und so lange werdet Ihr ja nicht ausbleiben. Komm, eile Dich, springe hin, damit Du bald wiederkehrst, sagte Ludwina, sich erhebend, küßte und herzte Rudolph, und gab ihm dann seinen Hut mit den Worten: So – nun schnell.

Als sie zusammen aus dem Hause schritten, trat Ludwina neben die Verandah, und befreite Leo von der Kette, rief dem Geliebten noch einen Gruß zu, sprang rasch in das Haus zurück, und verschloß die Thür.

Mit glücklich bewegtem Herzen ließ Ludwina sich in dem Schaukelstuhl vor dem Feuer nieder, warf noch ein Stück Holz darauf, und begann, sich in dem Stuhle wiegend, an einem Wollenschawl zu stricken, welchen sie für ihren Vater verfertigte.

Es war so still, so traulich um sie her, so daß der monotone Pendelklang der Uhr und das Zusammenschlagen der Strickstöcke Ludwina wie ein lautes Geräusch vorkamen.

Es war, seit Rudolph sie verließ, kaum eine Viertelstunde verstrichen, als plötzlich der Hund im Hofe anschlug. Ludwina warf ihren Kopf herum und horchte, doch Leo war wieder still.

Wieder begann sie zu stricken, als der Hund abermals ein wüthendes Gebell erhob, und zwar mit einem Tone, als ob er zwischen den Stacketen der Einzäunung hindurch beißen wolle.

Ludwina sprang erschrocken auf, in diesem Augenblick aber that der Hund einen geltenden Schmerzensschrei, und dann folgte ein kaum noch hörbares Wimmern.

Um Gottes Willen, was ist das? stieß Ludwina mit halb erstickter Stimme aus, und blieb, wie von Entsetzen gebannt, mit weit geöffneten Augen und abwehrend von sich ausgestreckten Händen regungslos in der Mitte der Stube stehen; doch Alles war wieder still.

Der erste lähmende Schreck war überwunden, dennoch war es Ludwina, als sträube sich ihr Haar empor; sie fühlte, daß sie bebte, und es lief ihr kalt durch die Glieder. Die kurze Ruhe jedoch, die abermals eingetreten war, gab ihr die Geistesgegenwart wieder.

Was sollst Du thun? dachte sie, und ihr Blick fiel auf die Gewehre an der Wand.

In dem Augenblick aber, als sie sich nach den Waffen hinwandte, wurde sie wieder durch ein Geräusch erschreckt, welches an dem Fenster zu sein schien und sie blieb abermals, nach demselben hinlauschend, unbeweglich stehen.

Das Geräusch dauerte fort, es war, als ob draußen an dem Fenster gewürgt werde, und jetzt sah Ludwina deutlich, wie der Fensterrahmen sich mit den kleinen darauf befestigten Vorhängen bewegte.

Allmächtiger Gott – hilf mir! rief sie entsetzt aus, sprang aber nach der Wand, hob die Doppelflinte herab, und spannte, nach dem Fenster stierend, beide Hähne.

Da flog die Fensterscheibe klirrend in die Stube, eine braune Hand hob den Vorhang empor, und Kateumsi's furchtbare Züge schauten nach Ludwina her.

Mit einem gellenden Schrei prallte sie zurück, doch im nächsten Augenblick warf sie das Gewehr an die Schulter, und schoß auf den Fleck, wo sie den Wilden gesehen hatte, denn der Vorhang war wieder niedergefallen.

Kaum aber erschütterte der Schuß das Haus, als dröhnende Axtschläge Hieb auf Hieb gegen die Hausthür fielen, so daß das ganze Gebäude zitterte.

Die lähmende Angst hatte Ludwina jetzt verlassen, und die Entschlossenheit der Verzweiflung war über sie gekommen.

Den Blick auf die Thür geheftet, hob sie auch die Büchse von der Wand, stellte sie neben sich an das Sopha, nahm die Pistolen herab und legte sie vor sich nieder und stand nun bleich wie der Tod, aber fest und ohne Wanken da.

Noch widersteht die starke Thür den Schlägen und Rudolph kommt schon zu meiner Rettung herangeflogen, denn den Schuß hat er gehört, dachte Ludwina und stierte auf die Thür, da flog dieselbe in Trümmer auseinander, und die höllischen Gestalten von Indianern stürzten in das Zimmer.

Ludwina gab Feuer, doch im nächsten Augenblick fühlte sie sich von mächtigen Armen umschlungen, ein Hülfeschrei erstarb auf ihren Lippen, und ihre Sinne schwanden.

War das nicht ein Schuß? rief Rudolph, der mit dem Major bei dem Tanzplatz zu Youngbear getreten war, und fuhr erschrocken herum.

Dein Ohr hat recht gehört, dort war der Schuß, sagte Youngbear, und zeigte nach der Gegend hin, wo Nimanski's Wohnung stand.

Allmächtiger – Ludwina! schrie Rudolph, von Verzweiflung erfaßt, und stürzte in fliegendem Laufe davon, der Häuptling aber schoß ihm nach, und hatte ihn bald eingeholt.

Youngbear – es war meine Braut, die geschossen hat! rief Rudolph im Dahinrasen.

Die weiße Taube? fragte der Häuptling.

Ja, ja, antwortete Rudolph, halb athemlos, Gott bewahre, daß Kateumsi –

Großer Geist – steh ihr bei! rief Youngbear im Dahinrennen, und setzte nach einigen Athemzügen noch hinzu: Die Delawaren sind nah!

Und nun stürmten sie nach dem Ende der San Sabastraße und über die dunkle Grasflur Nimanski's Wohnung zu.

Gerechter Gott, es ist geschehen! schrie Rudolph mit herzzerreißender Stimme, als er Thür und Fenster in dem Hause hell erleuchtet offen sah.

Wie vom Sturme getragen, schoß er nach der Einzäunung hin, deren Eingang stand offen, er stürzte in das vom Kaminfeuer erhellte Zimmer, da lagen die Trümmer der Thür, da lag die Doppelflinte, und am Eingang stand auf dem Teppich eine Lache von frischem Blut.

O Gott, o Gott! schrie Rudolph in rasender Verzweiflung, rang die Hände, raufte sich das Haar, und rannte wie wahnsinnig im Zimmer auf und nieder, da trat der Häuptling, der einige Augenblicke um sich schauend, regungslos da gestanden hatte, zu ihm hin, erfaßte ihn bei der Hand, und sagte mit fester entschlossener Stimme:

Der junge Adler darf seine Schwingen nicht hängen lassen, so lange Youngbear sein und der weißen Taube Freund ist, denn keines Delawaren Herz soll sich eher wieder der Freude öffnen, kein Delaware soll sich eher wieder ohne Waffen niederlegen, und kein Delaware soll die großen blumenreichen Grasländer eher wiedersehen, ehe die weiße Taube dem jungen Adler zurückgegeben ist, und ehe Kateumsi's Herz aufgehört hat, zu schlagen. Sei jetzt ruhig und stark, damit Dein Auge scharf und Deine Hand fest sei, mit Deiner Verzweiflung kannst Du der weißen Taube nicht helfen. Gehe hin, sattle Dein Roß, nimm Deine Waffen, und erwarte Youngbear mit seinen Kriegern hier.

Noch drückte der Häuptling dem Unglücklichen die Hand, und sprang dann in die Dunkelheit hinaus dem Vereinsgebäude zu, wo sein Pferd stand.

In wildem zügellosem Tanze brauste die fröhliche Menge in dem weiten Kreise des Tanzplatzes hin, die Musik spielte, wie mit heiser gewordenen Instrumenten eine jener stürmischen Galoppaden, wie sie in Deutschland am Schlusse öffentlicher Maskeraden gehört werden, wenn der Staub den bunten Gewändern alle Farbe genommen hat, und die Masken von der Athemgluth erweicht in Stücke zerfallen, und es schien, daß dieser Tanz kein Ende nehmen solle, denn so oft die Musik verhallen wollte, so oft wurde das Künstlerchor durch jubelnde Zurufe wieder zu neuen Anstrengungen angefeuert.

Sturm, Sturm, Sturm – raste es mit wehenden Gewändern und fliegenden Locken, Arm in Arm und Herz an Herz, wirbelnd im Kreise dahin, als plötzlich der Ruf:

»Ludwina ist geraubt!« erschallte, die Musik verstummte, und die Tanzenden wie durch einen Zauberschlag wie versteinert da standen.

Die Freude, die Wonne, die Lust war von den Zügen der Menge verschwunden, und Schreck, Entsetzen und Wuth trat an deren Stelle. Man drängte sich um die Schützen, welche die Nachricht überbracht hatten, und hörte nun, daß Youngbear fortgeritten sei, um seine Krieger zu holen, und mit ihnen den Räuber Kateumsi zu verfolgen.

Das Fest war vergessen, die Mädchen und Frauen flohen nach ihren Wohnungen, und die Männer traten zusammen, um zu berathen, was sie thun sollten, um Ludwina zu Hülfe zu eilen.

Sie blieben aber rathlos, denn was konnten sie thun, wie konnten sie dem Räuber folgen!

Bald hatte sich die ganze männliche Bevölkerung der Stadt bei Nimanski's Wohnung zusammengefunden, und sah dort den unglücklichen Vater Ludwina's mit der trostlosesten Verzweiflung ringen. Auch Rudolph erschien jetzt mit seinem Pferde und seinen Waffen, und wollte dem armen Alten Trost und Hoffnung zusprechen, doch bald stimmte er selbst in die Wehklagen des Majors mit ein, und alle die Männer, die zu ihnen traten, wurden von ihrem Schmerze, von ihrem Kummer hingerissen.

Auch des Directors theilnehmende und Rettung versprechende Worte blieben erfolglos, der Schlag war zu entsetzlich, zu ungeheuer, als daß der alte Mann sich unter dessen Schwere hätte aufrichten können.

Man trug ein Licht heraus, um die Spuren des Einbruchs außen an dem Hause zu betrachten, da fand man den treuen braven Hund mit einem Pfeil in der Brust todt an der Einzäunung hingestreckt liegen. Die starke Blutspur aber aus dem Zimmer über die Verandah hinab und aus der Einzäunung verrieth, daß die Räuber einen schwer verwundeten Menschen mit sich fortgenommen hatten.


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