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Vierzehntes Kapitel

Die Bärenjagd. Die Indianerspur. Besorgniß. Auf der Lauer. Das liebende Mädchen. Der Todfeind. Das Blut. Bestürzung. Die Verfolgung.

 

Am zweitfolgenden Morgen, als kaum der Tag angebrochen war, erschienen vor des Directors Wohnung einige achtzig dieser Indianer, von ihrem Häuptlinge geführt, und von einigen vierzig Hunden gefolgt.

Alle ritten ihre besten Pferde, und Alle waren mit langen einfachen Büchsen, und mit Bogen und Pfeilen bewaffnet. Auch hatten sie in ihrem Gefolge eine Anzahl von Frauen und Mädchen, so wie Packthieren, welche letztere Pfannen und Kupferkessel trugen.

Der Director war schon bereit, sein Pferd wurde vorgeführt, und Burg, der sich die Erlaubnis von ihm erbeten hatte, mitreiten zu dürfen, stellte sich ein. Die Hunde des Directors mußten Heute zu Hause bleiben.

Der lange Jagdzug setzte sich nun, von dem Häuptling und Schubbert geführt, in der San Sabastraße hinauf in Bewegung, und verließ das Thal von Friedrichsburg auf dessen Westseite, wo die Reiter durch eine enge Schlucht in die Gebirge eindrangen.

Es war ein reizend schöner Morgen, die Luft war kühl und stärkend, und der Himmel spannte sein tief blaues Zelt wolkenfrei über der wilden Berglandschaft aus. Die Pferde, als könnten sie die Jagd kaum erwarten, tanzten ungeduldig unter kurzem Zügel, und schnaubten und schäumten über das Gebiß, doch die Indianer saßen ernst und schweigend auf deren mächtigen Rücken, nicht ein Wort, nicht ein Laut kam über ihre Lippen. Der Director bemerkte dies, indem er zu Youngbear sagte:

Wie kommt es, daß so viele Deiner Leute beisammen so stumm bleiben können? Wenn eben so viel Weiße zusammen sind, so hört das Reden, Lachen und Scherzen gar nicht auf.

Weil der Indianer immer nur Eines thut, und was er thut, ganz thut und mit seiner ganzen Seele dabei ist, antwortete der Häuptling, Ihr Weißen habt an zu vielen Dingen Freude, und freut Euch darum über keines recht. Unsere Freuden sind weniger, aber größer. Du wirst es sehen, wenn die Jagd beginnt, welche Lust die Delawaren daran haben.

Berg auf, Berg ab, ohne Weg und Steg, waren die Reiter einzeln hintereinander wohl eine Stunde lang vorwärts geritten, als sie von einer Höhe in ein Thal hinabblickten, welches, nicht viel über tausend Schritt breit und zu beiden Seiten von hohen senkrechten Felswänden begrenzt, sich so weit nach Südwesten hinstreckte, daß man sein Ende nicht erkennen konnte. Dasselbe war durch einen Bach bewässert und mit üppigem Gras bewachsen, wo das umherliegende Gestein sein Aufkommen nicht hinderte, denn das ganze Thal war mit kolossalen Felsblöcken angefüllt, die wie hineingeworfen nebeneinander und übereinander anfgethürmt zerstreut lagen, und durch die dazwischen emporragenden uralten Lebenseichen und Palmen einen wilden, malerisch schönen Anblick boten.

Der Häuptling hatte sein Roß angehalten, und sagte zu dem Director, in das Thal hinunterzeigend:

In diesem Grund schlafen viele fette Bären, und hier erwartet die Delawaren eine große Freude. In frühern Zeiten haben wir in jedem Jahre hier eine reiche Jagd gehalten, seit Ihr Weißen aber in diesen Bergen wohnt, habe ich keine große Jagd hier machen mögen, weil Du ein Freund davon bist und der Jagdgrund Dir gehört. Du hast aber zu wenige Bären hier geschossen.

Nicht einen einzigen, erwiederte Schubbert, ich bin niemals in dies Thal gekommen, es ist mir gänzlich unbekannt.

So wird Dein Herz sich sehr erfreuen, denn so viele Bären wirst Du nie zusammen gesehen haben, wie Du Heute schauen sollst. Willst Du nun mit mir und den Leuten reiten, welche die Bären aus ihrem Schlafe wecken, oder willst Du mir den Andern dort unten auf sie warten, bis sie vor uns fliehen und Dir entgegenlaufen? Es ist bös reiten zwischen dem Gestein, fuhr Youngbear fort.

So will ich mich dort unten anstellen und die Bären erwarten, antwortete der Director, worauf der Häuptling noch bemerkte;

Du mußt lange warten, denn wir reiten hier auf der Höhe hin bis an das Ende des Thales, welches über drei Meilen lang ist, und dann jagen wir in demselben auf Dich zu. Laß Dein Herz nicht durch Ungeduld plagen.

Hierauf reichte er Schubbert fröhlich die Hand, und ritt, von der größern Zahl der Jäger und von sämmtlichen Hunden gefolgt, davon, während einige zwanzig der Indianer bei dem Director zurückblieben und ihm nun auf einem ziemlich steilen Büffelpfad in das Thal hinab nachritten. Die Frauen und Mädchen aber mit den Packthieren blieben auf der Höhe zurück.

Bald hatte Schubbert mit seinen Begleitern den Grund erreicht, durch welchen sie sich nun in kurzen Entfernungen von einander aufstellten, so daß sie denselben von Felswand zu Felswand in gerader Linie besetzt hielten.

Alle waren abgestiegen und befestigten ihre Pferde in ihrer Nähe hinter, oder zwischen dem Gestein. Darauf nahmen die Indianer ihre Pfeifen zur Hand, und legten sich rauchend in das Gras nieder, um die Jagd zu erwarten.

Der Director hatte sich in der Mitte des Thales an dem Bache einen Platz gewählt, wo er hinter sich zwischen zusammenliegenden Felsblöcken sein Pferd in Sicherheit bringen konnte, und folgte dann dem Beispiel der Indianer, indem er eine Cigarre entzündete, und sich am Ufer des rauschenden Wassers niederließ.

Die Sonne schien warm und wohlthuend in das einsame Thal herab, dessen Stille nur durch den fröhlichen Gesang der Vögel unterbrochen wurde, die, mit ihrem glänzend bunten Gefieder in den Sonnenstrahlen blitzend, hin und her schwirrten und sich des heiterer warmen Morgens freuten. Unzählige buntgefiederte Geyer schwebten in weitere Kreisen lautlos über dem Thal, und hier und dort ließ ein weißköpfiger Adler von der Spitze einer Felskuppe seinen gellenden Schrei ertönen.

So war wohl eine Stunde verflossen, als plötzlich in weiter Ferne nach dem andern Ende des Thales hin das Jagdgeschrei der Delawaren kaum hörbar ertönte, und Schubbert die Schützen zu seinen beiden Seiten, wie von elektrischen Funken berührt, aufspringen und ihre Büchsen ergreifen sah. Er rief dem einen zu seiner Rechten zu, daß es noch lange Zeit dauern würde, ehe die Bären kommen könnten, da dieselben sich nicht übereilten, doch der Indianer winkte ihm, und rief:

Panther und Jaguar schnell!

Der Director hatte auch seine Büchse erfaßt und hatte kaum zehn Minuten vor einem Felsstück gestanden, als er in der Ferne vor sich zwischen dem Gestein etwas Glänzendes hin und her blitzen sah, und plötzlich ein mächtiger goldgefleckter Jaguar in flüchtigen Sätzen herangejagt kam.

Er wandte sich aber von dem Wasser ab, und sprang geraden Wegs auf den nächsten Indianer zu, der tief auf das Knie gesunken, die Büchse auf ihn gerichtet hielt.

Bis auf vierzig Schritte hatte das Thier den Schützen erreicht, als dieser, ohne sich zu bewegen, einen kurzen Schrei ausstieß, und der Jaguar im Sprunge stutzte und sich umschaute. In demselben Augenblick aber gab der Indianer Feuer, und das prächtige Thier rollte sich im Todeskampf in seinem Blute.

Bald darauf fiel weiter zur Linken nach der Felswand hin abermals ein Schuß, womit ein andrer Schütz einen Panther erlegt hatte.

Nun kamen Rudel von Hirschen und Antilopen herangejagt, und zogen in wilder Flucht durch die Schützenlinie, ohne daß ein Schuß nach ihnen gethan worden wäre, denn jetzt konnte man bald den Bären entgegensehen.

Das Jagdgeschrei wurde immer deutlicher, immer wilder, die für das Jägerohr so reizende Musik der jagenden Hunde erschallte durch das Thal, und dazwischen knallten die Büchsen der heranziehenden Jäger, daß die Berge den Donner weithin wiedergaben.

Da erschienen in der Ferne zwischen dem Gestein die fliehenden schwarzen Gestalten mehrerer Bären, hin und her rannten sie durch den Grund, und einer derselben kam in eiligen Sprüngen vom Bache herab auf den Director zu. Dieser ließ ihn bis auf kurze Entfernung an sich herankommen, und schoß ihn durch den Kopf, so daß das Thier, wohl den Knall nicht mehr hörend, todt zu Boden sank.

Nach dem Schuß wandten sich die übrigen Bären, welche sichtbar waren, sofort, und rannten in dem Thale zurück, doch auch von dort her schallten ihnen Büchsenschüsse entgegen.

Je näher die Jäger kamen, um so mehr Bären zeigten sich, sie wandten sich aber bei jedem Schuß wieder von der Schützenlinie ab.

Wohl einige zwanzig dieser mächtigen Thiere waren jetzt zwischen den heranreitenden und den angestellten Jägern zusammengetrieben, und immer noch bedacht, sich durch heimliche Flucht in Sicherheit zu bringen, als sie die Reiter gewahrten, die Hunde zwischen sie geriethen, und sie nun wüthend rückwärts und vorwärts den Jägern zum Kampf entgegenstürzten.

Das ganze Thal schien zu beben unter dem Jagdgeschrei, dem Donner der Büchsen und dem Gebell der Hunde, und in wilder Verwirrung hatte die Jagd ihren Höhepunkt erreicht. Hin und her sprangen und sprengten die Indianer ihren Kameraden zu Hülfe, wenn dieselben von Bären angegriffen wurden, oder verfolgten diese, wenn sie sich auf die Flucht begaben.

Doch in sehr kurzer Zeit war dieser Beschluß der Jagd vorüber, und neun mächtige Bären lagen in nicht großer Entfernung von einander gestreckt.

Außer diesen aber hatten die Reiter während des Treibens noch vier solcher Thiere und auch einen Jaguar erlegt, so daß die ganze Jagdbeute ans dreizehn Bären, einem Panther und zwei Jaguaren bestand. Wahrscheinlich aber war noch manches der Thiere verwundet entflohen, und hatte den Tod mit sich fortgetragen.

Mittlerweile hatten sich die Frauen und Mädchen eingefunden, bald brannten auf dem Ufer des Baches mehrere Feuer, und nun ging es an das Zerwirken der Bären, während eine Anzahl Reiter in dem Thale zurückritt, um die entfernter liegenden Thiere mittelst ihrer Pferde herbeizuschleifen.

Die bei weitem größere Zahl der Bären war durch Pfeilschüsse getödtet, und mehrere von ihnen hatten einige zwanzig Wunden von diesen Geschossen erhalten.

Während nun die Indianerinnen mit dem Ausspannen der Häute, dem Aufhängen des Fleisches und dem Auslassen des Fetts beschäftigt waren, ritten die Männer in allen Richtungen davon, um Hirsche zu erlegen und deren Häute herbeizuschaffen, damit die Weiber das Bärenöl in dieselben einfüllen könnten.

Youngbear und der Director verweilten in dem Lager, und labten sich an den Leckerbissen, welche der Bär dem Jäger bietet, als sich aber die Sonne zu neigen begann, kehrten sie mit der größeren Zahl der Indianer nach Friedrichsburg zurück, während die andern bei den Weibern blieben, da dieselben erst am folgenden Tage ihre Arbeit beenden konnten.

Der Ertrag des bei dieser Jagd gewonnenen Bärenöls füllte achtzehn Hirschhäute, und war den Friedrichsburgern ein sehr erwünschten Zuwachs der Vorräthe in dem Vereinsgebäude.

Nur noch wenige Tage verweilte Youngbear mit seinem Stamm in der Nähe der Stadt, und er wiederholte, es wäre ihm leid, daß er Rudolph diesmal nicht sehen würde, indem er nicht auf der Straße hinab nach Braunfels, sondern mehr westlich in den Bergen hinunter nach der Medina ziehen wolle, auf welchem Wege er noch reiche Bärenjagden zu machen gedenke. Er trug dem Director viele Grüße an Rudolph auf, und ließ ihm durch denselben sagen, daß er sich, sobald das junge Laub sich zeige, zum Hochzeitsfeste einfinden werde.

Sage ihm, Youngbear sei der Freund des jungen Adlers und auch der Freund der weißen Taube, und darum sei er der Todfeind Kateumsi's, dessen Scalp er ihm bringen werde.

Nach diesen Worten verabschiedete sich der Häuptling bei dem Director bis auf Wiedersehen im Frühjahr, und verließ die Gegend.

Rudolph kehrte wenige Tage nach dem Abzug der Delawaren nach Friedrichsburg zurück, seine Abwesenheit aber hatte keine günstige Veränderung in seiner Stimmung hervorgerufen, im Gegentheil, er war noch niedergeschlagener, noch mehr in sich versunken, als vor seiner Reise; der einzige Freudenquell, das einzige Versöhnungsmittel mit seinem Schicksal war ihm ja fern gewesen, Ludwina hatte ja seine Seele nicht erheitern können!

Um so günstiger aber wirkte nun das Wiedersehen mit ihr, das Glück ihrer Nähe ergriff ihn jetzt noch mächtiger, als vorher, und es schien während mehrerer Wochen, als habe er den Sieg errungen über die finstern Gewalten, die ihm das Dasein so verbittert hatten.

Dennoch wurde er, wenn er allein in seiner Wohnung war, wieder mehr und mehr an das gräßliche Ende seines Vaters erinnert, es ließ ihm Nachts keine Ruhe zu Hause, und obgleich ihm der Director gesagt hatte, daß Kateumsi jetzt an dem fernen Brazosflusse jage, so ergriff er doch wieder, wenn in der Stadt Alles im Schlafe lag, die Büchse, und durchschlich ihre Umgebung in der dumpfen Hoffnung, dem Feinde zu begegnen.

Eines Morgens, als er mit anbrechendem Tage von einer solchen instinctmäßigen Wanderung zurückkehrte und sich Nimanski's Wohnung nahete, um an ihr vorüberzugehen, wurde er freudig überrascht, indem Ludwina das Fenster öffnete und frohlockend winkte. Rasch eilte er zu ihr hin, sie kam ihm unter der Verandah schon entgegen und empfing ihn mit dem ganzen Zauber ihrer unbegrenzten Liebe. Rudolph aber war erstaunt, sie schon so früh auf zu finden, und als er nach der Ursache fragte, sagte sie:

Der Hund war während der ganzen Nacht so ungewöhnlich unruhig, er rannte immer hinter das Haus und knurrte und bellte, und wollte sich durchaus nicht zufriedenstellen lassen, obgleich ich Einigemale an das Fenster ging und ihm zusprach. Es ist irgend Etwas in der Nähe gewesen, am Ende ist wieder ein Jaguar angekommen, der aus meine Ziege speculirt; er mag sich aber in Acht nehmen, denn so sicher, wie ich lebe, ich schieße nach ihm. In der Nacht kann er ihr nichts thun, da sie im Stall fest verwahrt ist, aber ich habe schon daran gedacht, ob ein solches Raubthier nicht einmal den armen Leo tödten und mit sich fortnehmen könnte?

Rudolph hatte aufmerksam Ludwina's Mittheilung angehört, und sagte, noch halb in Gedanken versunken:

Freilich könnte ein Jaguar, oder ein Panther es thun, denn ein Hund ist ein Lieblingsraub von ihnen, ich habe manchen treuen guten Hund in dieser Weise verloren. Ich will doch einmal nachsehen, was es gewesen ist, der Thau liegt noch auf dem Grase, und da kann man leicht die Fährte erkennen.

Hiermit sprang er durch die Einzäunung hinaus, und schritt dann, seinen aufmerksamen Blick auf den Boden vor sich geheftet, hinter das Haus und langsam über die Grasfläche fort.

Er beschrieb einen weiten Bogen nach den Bergen hin, als er plötzlich eine Schleiffährte durch das nasse Gras bemerkte, welche nach Nimanski's Wohnung zeigte. Er folgte derselben bis in einige Entfernung von der Einzäunung, dann aber führte sie ihn im Bogen um dieselbe, und von da nach den Bergen zurück.

Es war Rudolph eiskalt durch die Glieder gefahren, denn auf den ersten Blick erkannte er, daß es die Spur eines Menschen war, die nur von einem Indianer erzeugt sein konnte; denn von den Bewohnern der Stadt war er selbst sicher der Einzige gewesen, der die Nacht nicht zu Hause verbracht hatte.

In dem Grase konnte er den Abdruck des Fußes nicht erkennen, darum folgte er nun der Fährte mit schnelleren Schritten nach der Höhe hin, wo sie das Gras verlassen mußte.

Die Spur führte ihn geraden Wegs nach jenem Pfade, auf welchem damals Kateumsi von den Bergen herabgekommen war, als er mit seiner wilden Schaar Ludwina nachjagte und in die Stadt stürmte.

Kaum erreichte Rudolph den Pfad, wo derselbe sich am Berge hinauf wand, so sah er auch den leisen Abdruck der mit Mokassins bekleideten Füße des Indianers; denn der schwere Thau hatte den trocknen Boden befeuchtet, und die nasse Erde war an dem Fuße des nächtlichen Wanderers hängen geblieben.

Rudolph verdoppelte nun seine Schritte den Berg hinauf, um die Fährte so weit wie möglich zu verfolgen, ehe die Sonne dieselbe verwischen werde. Im Sturmschritt eilte er hinan, jede Sehne war gespannt, er fühlte keine Ermüdung, sein Blick hielt die kaum sichtbare Spur fest, und athemlos und in Schweiß gebadet langte er an der steinigen Höhe an, wo damals Ludwina von den Wilden erblickt worden war.

Hier konnte man die Fährte nicht mehr erkennen, und Rudolph vermied es, die Höhe zu ersteigen, um nicht etwa von den Indianern gesehen zu werden; denn jetzt war in Rudolph's Herzen die Hoffnung, seinem Todfeind zu begegnen, wild ausgelodert.

Mit jedem Augenblick wurde es ihm mehr zur Gewißheit, daß es Kateumsi gewesen sei, der die Spur hinterlassen hatte, und das Haar wollte sich Rudolph bei dem Gedanken sträuben, daß das Ungeheuer nun auch Anschläge gegen seine Braut, oder deren Vater brüte.

Es ergriff ihn mit Angst und Wuth zugleich, und die Büchse in seiner Faust schüttelnd, schwur er, nicht zu rasten, nicht zu ruhen, bis er dieses menschliche Raubthier getödtet habe. Seinen Weg kannte Rudolph nun, und daß er wiederkommen werde, daran zweifelte er keinen Augenblick.

In stürmischer Aufregung schritt er auf dem Pfade zurück, mit sich selbst uneins, ob er Ludwina und ihrem Vater seine Entdeckung und seine Vermuthungen mittheilen sollte, er fürchtete, dadurch deren Ruhe zu stören, und war auch überzeugt, daß sie gegen sein nächtliches Lauern in den Bergen eifern würden.

Anderseits war es gut, wenn sie es wußten, daß ihnen Gefahr drohe und wenn sie auf ihrer Hut waren, denn möglicherweise konnte der Wilde, während Rudolph auf dem Pfade Wache hielt, von einer andern Seite erscheinen, und seine That vollführen.

In der Nähe des Hauses selbst zu wachen, hatte Vieles gegen sich, denn es war vorauszusetzen, daß der Indianer zur Ausführung seines Planes eine dunkle Nacht abwarten werde, und dann war es auf der ebenen Grasfläche schwieriger, einen Schuß nach ihm zu thun, als auf dem Pfade in den Bergen, wo er jedenfalls nahe zu Rudolph herantreten würde. Es war auch wahrscheinlich, daß er diesen Weg beibehalten werde, da er es nicht vermuthete konnte, daß seine Spur entdeckt worden war.

So überlegend, nahete sich Rudolph Nimanski's Wohnung, und beschloß endlich, über seine Vermuthung, daß Kateumsi es gewesen sei, zu schweigen, wohl aber zu sagen, daß die Fährte von einem Indianer herrühre.

Ludwina sprang ihm fröhlich entgegen, und ihr Vater erwartete ihn mit einem freundlichen Morgengruß unter der Verandah.

Du bist ja wieder sehr früh draußen gewesen, Rudolph, sagte der Major zu diesem mit einem leisen Vorwurf in seinem Ton.

Ich hoffte einen Hirsch zu schießen, hatte aber kein Glück, antwortete der Jüngling, und that sich Gewalt an, seine Aufregung zu verbergen Dann wandte er sich zu Ludwina, und sagte:

Es ist ein Indianer gewesen, den Leo in vergangener Nacht gewittert hat, ich habe seine Spur in den Bergen deutlich gesehen. Ihr müßt vorsichtig sein.

Nach einer kurzen Pause fügte er aber noch hinzu: Vielleicht hat der Kerl nur sehen wollen, ob es etwas zu stehlen gäbe.

Ein Indianer? versetzte der Major, hast Du Dich nicht geirrt.

Nein, von Irren konnte keine Rede sein, der Indianerfuß war so deutlich ausgeprägt wie möglich, erwiederte Rudolph, und irgend einen Zweck hat der Wilde dabei gehabt, in der Nacht hier bis an das Haus zu kommen, und dann direct wieder auf demselben Wege zurückzugehn; denn ich konnte auch noch seine Spur hierher erkennen.

Ludwina's Züge waren ernst geworden, und mit ängstlichem Tone sagte sie:

Wenn er Dir nur nicht hat aufpassen wollen, Rudolph – es ängstigt mich, Du gehst manchmal erst spät von uns, und gewöhnlich hast Du gar keine Waffen bei Dir.

Nein, nein, gute Ludwina, sei unbesorgt, fiel ihr Rudolph schnell in das Wort, was sollte ein Indianer für ein Interesse dabei haben, gerade mir aufzulauern, und einen so weiten Weg in der Nacht darum zu machen. Nein, er ist zufällig in der Nähe gewesen, und hat gedacht, daß er vielleicht etwas Wäsche, die zum Bleichen in das Gras gelegt wäre, erbeuten könne. Doch gut ist es, vorsichtig zu sein, man darf den Fall mit Weltge nicht vergessen.

Es ist ein wahrer Fluch, der in diesen Wilden über der Stadt hängt, nahm der Major das Wort, eben haben wir den Friedensschluß gemacht, und schon fangen diese Teufel sich wieder auf bösen Wegen zu zeigen an, denn in einer guten Absicht ist der Kerl doch nicht um dies Haus geschlichen.

Es trat ein ernstes Schweigen ein, welches der Major jedoch schnell brach, indem er lachend sagte:

Laßt sie nur kommen, Ludwina hat ja die Artillerie in Stand gesetzt, und wir Beiden werden ein solches Feuern beginnen, daß die ganze Stadt zusammenkommen soll.

Der erste Schuß bringt mich zu Euch, versetzte Rudolph, übrigens werde ich Abends immer meine Waffen mit hierher tragen, damit meine Ludwina keine Besorgniß wegen mir zu haben braucht.

Wirklich kam Rudolph auch an diesem Abend mit der Doppelbüchse und dem Waidmesser, als ob er auf die Jagd gehen wolle, zum Abendessen zu Nimanski's. Er erschien heiter und sorglos, blieb, noch bis gegen neun Uhr mit der Braut und dem Major vor dem Kaminfeuer plaudernd sitzen, und verabschiedete sich dann unter dem Vorwand, daß er den in vergangener Nacht entbehrten Schlaf nachholen wolle.

Ludwina gab ihm, wie immer, das Geleit bis an die Einzäunung, von wo er den Weg nach seinem Hause einschlug, als aber die Braut in das Haus zurückgegangen war, änderte er seine Richtung und eilte dem Bergpfade von Heute früh zu.

Es war ziemlich dunkel, denn der Mond stand im letzten Viertel und stieg erst gegen Morgen auf. Die Nacht war still, kein Lüftchen rührte sich, und man konnte auf weit hin das leiseste Geräusch hören.

Mit der gespannten Büchse unter dem Arme schlich Rudolph auf dem Pfade fort, und hielt Ohr und Auge in größter Thätigkeit. Er vermied selbst, durch seinen Tritt ein Geräusch zu machen, und schreckte zusammen, wenn ein Stein unter seinem Fuße knurrte, oder ein Reis brach.

So erreichte er den Fuß der letzten kaum noch zwanzig Schritte entfernten Höhe, und trat etwas seitwärts von dem Pfad nach einem Felsblock, den er sich am Morgen ausersehen hatte. Hinter demselben ließ er sich auf einem Stein, den er gleichfalls heute früh zu diesem Behufe dorthin gerollt, nieder, und hielt nun seinen spähenden Blick nach der Höhe hinan gerichtet, über welche hin er gegen den Himmel schaute.

Eine Todtenstille lag auf der Gegend, nur das fast niemals während der Nacht verhallende Geheul jagender Wölfe schallte bald nah, bald fern durch die Berge, und ein einsamer Whip poor will rief aus einer unweit stehenden immergrünen Eiche seinen eignen Namen mit klagendem, schauerlichem Tone durch die Nacht.

Rudolph saß unbeweglich und unermüdlich lauschend und spähend hinter dem Felsblock, doch der Feind erschien nicht. Rudolph fühlte auf dem Zifferblatt seiner Uhr nach der Zeit, es war schon nach Mitternacht. Er überlegte, daß, wenn der Wilde kommen wolle, er es vor dieser Zeit thun werde, da er wisse, daß alle Bewohner der Stadt im Schlafe lägen, und da er dann um so mehr Zeit in der Nacht zu seiner etwaigen Flucht vor sich habe. Es hielt ihn wenigstens nichts davon ab, so früh zu kommen, und warum sollte er es nicht thun, dachte Rudolph, und erhob sich von seinem Sitze. Dennoch blieb er regungslos stehen, und lauschte nach der Höhe hin – es wäre ja möglich, daß der Wilde gerade in diesem Augenblicke erschien.

Wieder verging eine Viertelstunde, und Rudolph schritt nun nach dem Pfad, um den Heimweg anzutreten, dort aber hielt es ihn abermals mit magischen Banden fest, es war ihm, als müsse der Todfeind erscheinen. Er kam nicht.

Rudolph eilte nun leisen Trittes den Berg hinab und nach seiner Wohnung, wo er nach einer guten Viertelstunde anlangte. Es war nach ein Uhr, als er sich auf sein Lager warf, und bald in tiefen Schlaf versank.

So wanderte er Nacht für Nacht nach der Höhe hinauf, und saß und harrte dort bis gegen Morgen, sein Erwarten, sein Hoffen wollte aber nicht in Erfüllung gehen.

Nach Verlauf von einigen Wochen saß Rudolph Abends wie gewöhnlich neben Ludwina, die Heute vorzugsweise heiter und glücklich bewegt war, und verstohlen hatte er schon Einigemale nach der Uhr gesehen, denn es zog ihn gewaltig fort nach der Höhe, doch das reizende süße Mädchen ließ ihn nicht von sich; sie hatte Kastanien geröstet und Nüsse aufgeschlagen, und hatte drei Gläser mit Punsch gefüllt, der nicht besser sein konnte.

Ich weiß gar nicht, warum Du jetzt immer so nach Hause eilst, sagte sie mit dem Finger drohend, sonst wurde es zwölf Uhr, und der Papa mußte uns an die Zeit erinnern, und jetzt ist es, als müßtest Du mit den Hühnern zur Ruhe gehen. Warte nur – wird Dir vielleicht die Unterhaltung Deiner Ludwina schon etwas Altes?

Bei diesen letzten Worten aber lachte sie hell auf, und ließ sich, zu Rudolph aufsehend, in dessen Arm sinken, der, in der Wonne des Augenblicks all sein Leid vergessend, das seelenvolle Mädchen an sein Herz drückte, und sagte:

O, Du mein Rettungsengel, Du mein Himmel, ich möchte ewig nichts Anderes hören. als Deine liebe theure Stimme. Ich muß aber Morgen zeitig im Vereinslocale sein, und habe auch noch einen Brief nach Braunfels zu schreiben, der früh abgeht. Ich muß Dich wirklich jetzt verlassen, Du gutes, süßes Mädchen.

Dabei erhob Rudolph sich, und der Major sagte:

Nun, wenn Rudolph noch zu schreiben hat, so wollen wir ihn auch nicht länger halten.

Dabei reichte er ihm herzlich die Hand zum Abschied, der Jüngling ergriff seine Büchse und seinen Hut, und Arm in Arm mit Ludwina verließ er das Haus. Noch ein letzter Kuß brannte auf seinen Lippen, als er im Sturmlauf den Bergen zurannte, denn es war schon nach zehn Uhr.

Als er aber den Pfad erreichte, mäßigte er seine Schritte, denn es wäre ja möglich gewesen, daß der Wilde ihm begegne, und dann kam es darauf an, wer den Andern zuerst bemerkte.

Noch kein Mal hatte es ihn mit solcher Macht hinauf gezogen – und doch, je näher er der Höhe kam, um so langsamer und vorsichtiger wurden seine Schritte. Endlich trat er seitwärts von dem Pfade, erreichte den Stein und ließ sich nieder.

Mit der Beruhigung, daß er noch zeitig genug gekommen sei, setzte er sich zurecht, und legte seine Büchse mit der Mündung auf das Felsstück vor sich. Doch Mitternacht erschien wieder, und Niemand ließ sich auf der Höhe blicken.

Die Sichel des neuen Mondes war schon längst versunken, die Sterne aber blitzten und funkelten in ihrer größten Pracht. Trotzdem, daß die Luft sich nicht regte, so war es doch kühl hier auf dem Berge, und es begann Rudolph zu frösteln, denn er war rasch daher geeilt, und hatte hier nun mehrere Stunden in dem leichten Anzug gesessen. Es war aber noch nicht weit über Mitternacht, und noch wollte er nicht aufbrechen.

Er lauschte und lauschte – Nichts ließ sich hören, und trotz, daß er seinen Rock zugeknöpft hatte, wurde die Kälte ihm immer unangenehmer. Er fühlte wieder nach dem Zifferblatt, es war beinahe ein Uhr.

Das war spät genug, jetzt kam der Wilde doch nicht mehr. Rudolph zog die Büchse von dem Felsstück zurück, legte die rechte Hand auf den Stein, auf dem er saß, und wollte sich so erheben, wandte aber zugleich seinen Blick nochmals nach der Höhe hin, da stieg eine schwarze Gestalt über dem Gestein empor, und der Wilde stand wie eine Silhouette vor dem sternblitzenden Himmel.

Es war Kateumsi, seine Form war nicht zu verkennen.

Das Herz Rudolphs setzte seine Schläge aus, sein Athem stockte, und er fühlte, wie seine Hand bebte, als er leise die Büchse an die Schulter hob und sie auf den Todtfeind richtete.

Lautlos schritt der Wilde auf dem Pfade heran, den starken Bogen in seiner Linken und ein Bündel Pfeile in seiner Rechten.

Die Büchse Rudolphs blieb auf ihn gerichtet, noch lagen zehn Schritte zwischen ihm und dem Wilden, da fuhr das Feuer aus dem Rohr, ein furchtbarer Schrei gellte von den Lippen des Indianers, der Bogen entfiel seiner Hand, mit seiner Rechten ergriff er seinen linken Arm, und in derselben Secunde herumspringend, schoß er unter wildem Kriegsgeschrei in langen Sätzen über die Höhe zurück.

Rudolph aber, wie der Panther, dessen Beute zu entfliehen sucht, stürzte ihm nach, hatte jedoch nur wenige Sprünge gethan, als sein Fuß in Etwas hängen blieb, er strauchelte, und zu Boden fiel. Er faßte nach dem Gegenstand an seinem Füße, es war des Indianers Bogen, durch welchen er getreten hatte.

Da schallte ein wildes Kriegsgeschrei aus dem jenseitigen Thale herauf, und Rudolph sah ein, daß er dem Fliehenden nicht weiter folgen könne. Knirschend vor Wuth, das Ungeheuer gefehlt zu haben, hätte er mögen die Büchse auf den Steinen zerschlagen, es war aber geschehen, und jetzt war es Zeit, auf seine eigne Sicherheit bedacht zu sein, denn das Höllengeschrei der wilden Horde kam rasch näher. Er hing den Bogen über die Schulter, und rannte nun, so schnell er es in der Dunkelheit vermochte, den Berg hinab der Stadt zu.

Als er das Thal erreicht hatte, blieb er stehen und lauschte nach den Bergen zurück, doch dort war Alles still, und das Kriegsgeschrei war verstummt.

Wie war es nur möglich, daß dieser Schuß fehlen konnte – dieser, der wichtigste Schuß, den Rudolph in seinem Leben gethan hatte!

Außer sich und wie verzweifelnd, rannte er nun nach Hause und in sein Zimmer, wo die Lampe auf dem Tische brannte. Er nahm den Bogen von der Schulter, und wollte ihn bei Licht betrachten, da sah er seine Hände von Blut roth gefärbt, und erkannte nun, daß dasselbe von dem Bogen kam, dessen eine Hälfte vollständig damit bedeckt war.

So ging die Kugel doch nicht fehl! jauchzte er auf, und hielt mit einem Gefühl von Wollust seinen Blick auf das Blut geheftet. Wohin aber hatte er den Wilden getroffen, der noch so schreien und so flüchtig rennen konnte?

Da fiel Rudolph ein, daß derselbe im Schuß seinen linken Arm ergriffen hatte, in welchem Augenblick wahrscheinlich der Bogen dessen Hand entfiel. Sicher hatte die Kugel ihm den Arm zerschmettert.

Warum durfte sie nicht sein Herz treffen! seufzte Rudolph, und schaute immer wieder auf das Blut, bei dessen Anblick ihm das zerschlagene Haupt seines Vaters vor die Seele trat.

O, dürfte er den Schuß doch noch einmal thun, er würde das Herz des Mörders sicher treffen!

Mit solchen halblaut ausgestoßenen Worten der Zerknirschung schritt er lange Zeit in dem Zimmer auf und ab, warf sich wiederholt auf sein Lager nieder. fand aber keinen Schlaf, und verbrachte den Rest der Nacht in der größten Aufregung. Kaum aber graute der Tag, als er seine Büchse wieder ergriff, und abermals nach dem Berge eilte, um die Spur des Wilden zu sehen.

Athemlos langte er auf dem Platze an, wo er nach ihm geschossen hatte, derselbe war deutlich genug durch das Blut bezeichnet, welches der Verwundete um sich verspritzt hatte, und nahe bei seitwärts von dem Pfade lagen die Pfeile zerstreut, welche der Hand des Indianers entfallen waren.

Rudolph las sie auf, und folgte dann dem Steig über die Höhe und an deren anderer Seite den Berg hinab, allenthalben lag auf demselben das Blut, wenn auch weniger, je näher er dem Thale kam. Auf halbem Wege dahin hielt er seinen Schritt an, es konnte ihm Nichts nützen, weiter zu gehen, und es drängte ihn nun; Ludwina und deren Vater, so wie auch dem Director die Kunde von Geschehenem zu überbringen.

Er eilte schnell zurück nach seinem Hause, nahm von dort statt der Büchse den Bogen und die Pfeile des Wilden mit sich, und erreichte Nimanskis Wohnung gerade, als Ludwina aus der Thür trat, um ihre Ziege in das Gras zu führen.

Hast Du Deinen Brief schon abgesandt? rief sie Rudolph mit liebevollem Gruß entgegen, und sprang, die Arme öffnend, auf ihn zu, als sie aber das Indianergeschoß in seiner Hand bemerkte, sagte sie überrascht:

Einen Bogen – mein Gott, wie kommst Du dazu?

Es ist Kateumsis Bogen, ich habe ihm denselben in vergangener Nacht abgejagt, leider habe ich ihm nur den Arm zerschossen, entgegnete Rudolph, den Bogen und die Pfeile Ludwina hinhaltend.

Du erschreckst mich, Rudolph, um des Himmels Willen, wie kamest Du mit dem fürchterlichen Menschen zusammen? versetzte das Mädchen geängstigt, worauf er ihr nun den Hergang der Begebenheit mittheilte.

Ach, Rudolph, es wird mir immer banger vor dem schrecklichen Wilden, Du hast ihn nun noch mehr gereizt, und er wird Alles daran setzen, um Rache an Dir zu nehmen, hub Ludwina mit angstvoller Stimme an, und schlang ihren Arm zärtlich um den Nacken des Jünglings.

Oder er wird eine Lehre daraus ziehen, daß wir Weißen eben so listig sein können, wie seines Gleichen. Böser gestimmt, als er es schon war, konnte er nicht werden, denn mit welchem Vorhaben schlich er sich in der Nacht nach der Stadt? Er gedachte irgend einen Mordplan auszuführen; so bald kommt er nicht wieder, entgegnete Rudolph, und ging dann mit Ludwina in das Haus, wo der Major ihn begrüßte, und nun auch mit großer Unruhe Geschehenes vernahm.

Hättest Du den Kerl nur todtgeschossen, rief er aus, und schüttelte den Kopf.

Es war zu finster, um richtig zielen zu können, und ich war in zu großer Aufregung, als das Ungeheuer so plötzlich erschien; ich hatte keinen Laut von ihm gehört, antwortete Rudolph noch immer sehr bewegt.

Konntest Du denn nicht den zweiten Schuß noch ihm thun? fuhr der Major fort.

Nach dem ersten Augenblick sah ich ihn vor dem Pulverdampf nicht, und dann flog er so pfeilschnell über die Höhe, daß ich kaum Zeit dazu gehabt hätte. Außerdem aber hat mir der Director auf die Seele gebunden, niemals, außer in der höchsten Noth, den zweiten Schuß nach einem Indianer abzufeuern, ehe ich den abgeschossenen Lauf wieder geladen hätte, da der Wilde sonst mit seinem raschen Pfeilschießen den Sieg davon tragen würde.

Nach kurzer weiterer Unterredung verabschiedete sich Rudolph, und eilte nun zu dem Director, der die Kunde gleichfalls mit großer Ueberraschung und mit dem Bedauern empfing, daß die Kugel nicht besser getroffen hatte. Kaum aber war Rudolph mit seinem Bericht zu Ende gekommen, als Jener Burg zu sich rufen ließ, und ihm auftrug, sofort sämmtliche Schützen aufsitzen zu lassen, und mit ihnen der Spur der Wilden zu folgen, so lange die Pferde es aushielten, ohne zu rasten, da es möglich sei, daß Kateumsi wegen seiner Wunde nicht weit reiten könne, und auch wahrscheinlich keine Verfolgung befürchte.

Holen Sie ihn bis Sonnenuntergang nicht ein, so kehren Sie Morgen um, und kommen Sie langsam zurück, treffen Sie ihn aber Heute an, so schießen Sie so viele von den Schurken nieder, wie Sie können, sagte der Director.

Burg empfing den Auftrag mit aufleuchtendem Blick, und ehe eine halbe Stunde verging, führte er seine vorzüglich berittene und bewaffnete Schaar im Galopp zur Stadt hinaus den Bergen zu. Rudolph aber, der auch mitreiten wollte, wurde von dem Director zurückgehalten.


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