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Es darf nicht übersehen werden, daß unsere Lage auf der Erde eine sehr günstige für die Kenntniß des Weltgebäudes ist, in so fern wir auf einem nicht leuchtenden Körper wohnen. Befänden wir uns innerhalb der Photosphäre der Sonne, so würden wir von der Existenz der übrigen Sterne nichts wissen. – Demungeachtet ist nicht zu läugnen, daß auch den Planeten mehr oder weniger ein gewisses Selbstleuchten zugeschrieben werden kann, in so fern sie einen Theil ihres Lichtes nicht von der Sonne erhalten, sondern dies von einem phosphoresciren herzurühren scheint, das vielleicht in früherer Zeit größer gewesen sein mag. Als der Druck der Stoffe aufeinander anderer Art, vielleicht größer war, als der innere Zustand des Erdkerns, unabhängig von der Stellung gegen die Sonne, mehr Wärme ausstrahlte, können auch Lichterscheinungen durch tellurische Verhältnisse entwickelt worden seyn, welche sich vermindert haben. Noch jetzt aber erkennen wir, wahrscheinlich als ein Substrat der magnetischen Spannung, ein Leuchten der Erde, das an den Polen ausgestrahlt, und mit dem Namen des Nordlichts bezeichnet wird; so wie es nicht zu bezweifeln steht, daß auf der dunkeln Seite der Venus ebenfalls ein Lichtproceß stattfindet.

Schon lange hat man den Einfluß beobachtet welchen das Nordlicht auf die Magnetnadel ausübt, und neuere Untersuchungen bestätigen immer mehr den Zusammenhang dieses Phänomens mit der magnetischen Polarität der Erde. Das Resultat der genauen Beobachtungen, welche während der Nordpol Expedition des Capt. Parry über diese Naturerscheinung angestellt wurden, ist, daß sich das Nordlicht nicht so hoch über die Erdoberfläche hinauf zieht, als man vermuthet hat, und nach den Messungen in Cumberland haven nur etwa eine Meile hoch erscheint; auch hat man es oft unter Wolken beobachtet, die sehr niedrig lagen.

Man hat viel darüber gestritten, ob das Nordlicht von einem eignen Geräusche begleitet werde. Parry will es auf seiner 1ten Reise am Churchill Fluß gehört haben; Richardson dagegen, welcher den Capt. Franklin auf der Landreise in den nördlichsten Theile von Amerika begleitete, und ordentliche Tagebücher über dies Phänomen geführt hat, will während 200 Nächten, wo er Nordlichte beobachtete, nicht ein einzigesmal irgend ein Geräusch gehört haben.

Vielfältige Beobachtungen beweisen, daß die Magnetnadel plötzlichen Veränderungen ausgesetzt ist, welche beim Erscheinen des Nordlichts eintreten. Wenn diese leuchtenden Strahlen in Menge erscheinen, so ordnet sich die Substanz des Meteors fast immer in mehrere concentrische Kreisbogen, welche sich nach dem magnetischen Pole hinneigen, also von ihm angezogen werden. Sehr merkwürdig ist eine ähnliche Erscheinung im Kleinen, welche Davy und Arago entdeckt haben. Bei sehr starken Voltaschen Säulen erscheint bei dem Ueberströmen der electrischen Materie durch 2 Kohlen, eine Flamme von 3–4 Zoll Länge, welche das Nordlicht vorstellt. Arago hat durch einen Magnet, welcher den magnetischen Pol der Erde representirt, die Flamme abgelenkt, und zwar so, daß der Nordp. des Magnets sie anzog der Südpol sie abstieß.

Wenn wir es jetzt dahingestellt seyn lassen in wie fern die Erde ein magnetisches Licht verbreitet, so haben wir auf jeden Fall uns Glück zu wünschen, daß wir einen Körper bewohnen, der wenigstens nicht in hohem Grade selbstleuchtend ist.

Olbers hat zuerst die Frage aufgeworfen: weshalb es Nachts nicht so hell sey, als am Tage? bei der großen Masse von Sternen, bei den Millionen leuchtender Körper welche dichter od. dünner gewebt einen wahren Sternen Teppich über das Himmelsgewölbe decken? Diese Untersuchung hat auf die Annahme einer lichtextingirenden Materie, eines hemmenden Princips, in den Himmelsräumen geführt, wodurch die Lichtverbreitung mit wachsender Entfernung beschränkt wird. Auf diese Weise ließe sich auch die wunderbare Erscheinung der dunkelschwarzen Stellen (Kohlensäcke) erklären, die in der südlichen Hemisphäre sichtbar werden. Wenn man sich das Himmelsgewölbe aus vielen Sternschichten übereinander bestehend vorstellt, so sind diese schwarzen Flecken ein Durchbruch derselben, gleichsam längere Röhren, die in die Schichten hineingehen, und uns in die äußersten Gränzen des Weltraums einen Blick werfen lassen, von deren Entfernung wir gar keinen Begriff haben können, da nicht einmal das Licht davon bis zu uns gelangen konnte. Diese Bewandniß mag es mit dem großen Flecken im südlichen Kreuz haben, den wir uns gewissermaßen hier als ein Loch im Firmament denken können; anstatt daß die weniger dunkle 4–5 Mondbreiten große Stelle im Scorpion, wohl auch eine Oeffnung sein kann, aber nicht so tief hineingehend.

Wenn dieser lichtauslöschende Aether die Himmelsräume nicht erfüllte, so würden die Millionen Sonnen am Firmament eine Helle verbreiten, die uns, in einem Lichtmeere schwebend, hindern müßte die Sterne zu sehen. Der Ideenkreis würde sich in einem eingeschränkten Raume bewegen, während er jetzt die entferntesten Weiten umfaßt. – Auch auf die Entwickelung religiöser Gefühle müßte dieser Zustand einwirkend gewesen sein, da unstreitig nichts mehr geeignet ist, eine religiöse Begeisterung hervorzurufen, als die Betrachtung des Gesetzmäßigen in der Bewegung der Himmelskörper. – Alle tellurische Messungen würden sich nur höchst unvollkommen und unbequem ausführen lassen, da ein großer Theil derselben sich auf die Vergleichung entsprechender Messungen am Himmel gründet. Es würden uns noch die Pendelversuche übrig bleiben, um die Gestalt der Erde zu bestimmen; aber wie ungewiß, ob man ohne vorhergegangene allgemeinere Kenntniß, auf diese Versuche verfallen wäre. Die Schiffahrth würde ihrer sichersten Stütze, der Sternbeobachtung beraubt seyn, und die höhere Mathematik, in so fern sie auf die Berechnung der Bahnen jener entfernten Weltkörper angewendet wird, würde ganz fehlen. Wir sehen, daß die Kenntniß der Gestirne nicht allein vom größten Einfluß auf die Gefühle, sondern auch auf die Kultur des Menschengeschlechtes ist.

Eine Annäherung an den Zustand in dem die Existenz der Gestirne uns verborgen bliebe, finden wir temporair auf der Erde: und zwar nicht etwa unter den Polen, sondern in dem schönen Tropenklima von Peru, wo ein nebelartiger Dunst, (la garña) den Himmel Monate lang so verhüllt, daß man die Sonne nur als eine rothe Scheibe aufgehen sieht, (wie in dem denkwürdigen Jahre 1785, als ein dichter Heerrauch uns so lange den Anblick des Himmels entzog) und die Stelle des Mondes oft gar nicht unterschieden werden kann. – Eben deshalb, weil die Peruaner oft die Sonne wie durch ein Blendglas erblicken, waren sie auch schon im 16t Jahrhund. bei der Entdeckung von Amerika, mit den Sonnenflecken bekannt, wie dies Acosta in seiner Reise erwähnt.

Bei aller Sorgfalt in der Beobachtung der Lichterscheinungen, können wir doch den Täuschungen nicht entgehen. So erscheinen unserm Auge nur die Sonne und der Mond als Scheiben, alle andere Himmelskörper als strahlende Punkte: selbst die Planeten werden erst vor dem Fernrohr zu kleinen Flächen; dagegen verlieren die Fixsterne ihre Strahlen, und schrumpfen zu kleinen leuchtenden Punkten zusammen. Mit bloßen Augen findet man bei Fixsternen und Planeten die Polygonalfigur, und selbst Venus mit einem Durchmesser von 1 Min. zeigt sie noch sehr deutlich. Von ihr bis zum Monde, der ½° Durchm. hat, haben wir leider keinen Uebergang. Die interessante Frage muß also unentschieden bleiben: wie groß der scheinbare Durchm. eines Sternes seyn müsse, um mit bloßen Augen ihn als Kreis zu sehen?

Die nach den Individuen verschiedene Entfernung des deutlichen Sehens beruht auf der Beschaffenheit unseres Auges. Indem der von einem Bilde ausgehende Strahlenkegel vor oder hinter die Netzhaut fällt, also zu früh oder zu spät von derselben durchschnitten wird, erscheint in beiden Fällen das Bild undeutlich. Hieraus erklärt sich die scheinbare Dilatation der Sterne, welche von der Irradiation herrührt. Dieser Zerstreuungskreis bewirkt, daß beim Anblick des Mondes im ersten Viertel, die dunkle aschfarbne Scheibe kleiner zu seyn scheint, als der leuchtende Theil.

Die Polygonalfiguren der Sterne, welche einen andern Grund der Täuschung abgeben, scheinen ebenfalls auf der Construction des Auges zu beruhen, und abhängig von der Art zu seyn, wie dasselbe aufgeschlizt ist. – So ist die Zahl und Neigung der Strahlen verschieden, welche von verschiedenen Menschen an den Sternen bemerkt werden. Einige zählen bei Sternen 1te Größe 5–7, andere 8 Strahlen. Daß die Beschaffenheit des Auges darauf einwirkt, läßt sich beweisen, indem man nur das Auge zu drehen, d. h. den Kopf rechts oder links zu neigen braucht, um die Strahlen willkürlich zu supprimiren, od. auseinanderfahren zu lassen: wenn man den Kopf in vertikaler Richtung senkt, so verschwinden die obern Strahlen, u. umgekehrt, wenn man ihn hebt, die unteren.

Das Funkeln der Sterne ist nicht, wie man früher glaubte, eine Folge der Dünste in der Atmosphäre, sondern es beruht auf andern optischen Erscheinungen, für die man in dem neuesten System der Optik einen befriedigenden Grund gefunden hat. Schon der engl. Astronom Mitchell beobachtete, daß die scheinbare Größe des Sterns sich beim Funkeln momentan vermindere, u. daß dies intermittiren bis zu 5 mal in 1 Sek. vorkomme. Nach neueren Entdeckungen glaubt man, daß dies Phänomen mit der Interferenz des Lichtes zusammenhänge, nach der 2 Lichtstrahlen je nachdem sie in entgegengesetzter Richtung aus verschiedener Entfernung einander treffen, sich zerstören können, u. Finsterniß hervorbringen, oder wenn sie in derselben Richtung zusammen fallen sich addiren.

Schon im 17t Jahrh. hatte Grimaldi in Rom merkwürdige Versuche gemacht, über die Beugung und Diffraction des Lichtes. Thomas Young in London hat aber diese, so wie verschiedene Farben Erscheinungen, durch eine sinnreiche Hypothese, welche er das Princip der Interferenz nennt, unter einen gemeinsamen Gesichtspunkt zu bringen gesucht. Nur durch die Theorie der Vibration lassen sich diese Phänomene genügend erklären, für welche die Emanations Hypothese nicht ausreicht. Man nimmt an, daß wenn das Licht in Undulationen besteht, und die Undulation des einen Strahls das Maximum von Elevation bekommt auf demselben Punkte, wo die andere das Minimum bekommt, so hebt die eine Welle die Wirkung der andern auf, und es entsteht Dunkelheit. Wird dann der eine Strahl um eine halbe Welle retardirt, so fällt ihr Maximum von Elevation auf denselben Punkt, und sie addiren ihre Wirkung.

Die Wellenbewegung welche zwei in eine Flüssigkeit geworfene Steine erregen, können als Gleichniß dienen. An denjenigen Stellen wo die entstandenen Kreise sich berühren, wird die Bewegung entweder verstärkt, oder aufgehoben, je nachdem der Wellenberg oder das Wellenthal, (der convexe od. concave Theil) zusammenstoßen. So wie, wenn das Meer von Stürmen aufgewühlt wird, die coincidirenden Wellen ihre Wirkung auf eine so schreckbare Weise verdoppeln, so hemmen und vernichten sich dieselben, wenn der convexe u. concave Theil aufeinander treibt. Es entsteht Ruhe. Was bei der tropfbaren Flüssigkeit Ruhe ist, wird Finsterniß bei dem Lichte.

Da die uns umgebende gemengte Atmosphäre die Lichtwellen von entfernten Gestirnen, unser Auge nicht mit vollkommen gleicher Geschwindigkeit erreichen können, so entsteht durch ungleich zusammen treffende Undulationen momentan Finsterniß, od. erhöhtes Licht. Dies erklärt das Funkeln der Sterne, und eben daher findet diese Erscheinung in geringerem Maße statt, bei denjenigen welche uns im Zenit stehen, indem nach dieser Richtung sie uns näher sind, und das Aufeinanderstoßen nicht aliquoter Lichttheile weniger wahrscheinlich ist. Der größeren Reinheit der Atmosphäre wegen, in der selten eine Zerstreuung des Lichtes Statt findet, leuchten auch die Sterne unter den Tropen mit einem ruhigeren planetarischen Lichte. – Nach den Jahreszeiten ist der Anblick des tropischen Himmels ein sehr verschiedener. Wenn die Regenzeit eintreten soll, u. die wässrigen Dünste, welche zuvor die Atmosphäre aufgelöst enthielt, anfangen sich zu vereinigen, dann funkeln die Sterne mit so lebhaftem Glanze als bei uns. – Bei den leuchtenden Scheiben bemerkt man das Funkeln nicht weil bei diesen ein zerstörter Lichtpunkt sogleich durch einen andern ersetzt wird.

Man hat nicht ohne Erfolg das Prinzip der Interferenz zur Erklärung der Nebenfarben des Regenbogens, der Höfe an Sonne u. Mond, so wie der Farben feingestreifter Flächen angewendet. Ueber letztere Erscheinung haben Brewster in Edinburg u. Frauenhofer in München verdienstvolle Untersuchungen angestellt. Frauenhofer insbesondere hat diesen Versuchen die größte Vollkommenheit gegeben. Er fand, daß die schillernden Farben der Perlmutter von äußerst feinen Strichen od. Rissen auf der Oberfläche herrühren. Durch dergleichen feine, dem bloßen Auge unsichtbare, parallele Risse, in gleichem Abstande von einander, in solcher Menge gezogen, daß mehrere 1000 auf einen Zoll gehen, hat er metallischen Oberflächen eben diese Regenbogenflächen gegeben. In England hat man dies Farbenspiel feingestreifter Oberflächen zu Zierrathen angewandt.

Eine der unzweideutigsten Beobachtungen über die Beugung des Lichts, bietet sich dem Astronomen dar, wenn der am Himmel fortrückende Mond einen Fixstern bedeckt, welches man eine Occultation nennt, (für die Bestimmung der Länge so äußerst wichtig) oder einen bedeckten verläßt. In beiden Fällen scheint der Stern einige Sekunden lang unbeweglich an dem Rande des Mondes zu kleben, weil man ihn durch gebeugtes Licht sehen kann, wenn er selbst ein klein wenig hinter dem Monde steht.

Auch für den technischen Gebrauch hat man von diesen neueren Entdeckungen eine Anwendung gemacht, durch die Einrichtung eines Ariometers, od. Wollmessers. Ein Lichtstrahl welcher bei einem feinen Faden Wolle vorbei geht, erleidet eine Beugung u. bildet farbige Franzen od. Ringe, die um so breiter erscheinen als der Faden zarter od. dünner ist. In einem eignen kleinen microscopähnlichen Apparate. wird die Breite dieser Ringe gemessen, wonach sich die Feinheit der Wolle ergibt. So hat der Scharfsinn der Gelehrten eine schöne Entdeckung für das gemeine Leben anwendbar gemacht, und das ähnliche Instrument dient dazu die Güte der Wolle zu messen, u. die Natur der Weltkörper zu bestimmen.


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