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12te Vorles.

Wenn bei Aufstellung des Naturgemäldes dessen Entwurf mich bisher beschäftigte, die einzelnen Theile der großen Gesammtheit gewissermaßen als coexistirend betrachtet wurden, so möge sich jetzt die Untersuchung anschließen, wie durch den Lauf der Jahrhunderte wir zu den Kenntnissen gelangt sind, deren wir uns jetzt erfreuen. Eine geschichtliche Entwickelung dieses Fortschreitens kann nicht erwartet werden, und ich begnüge mich mit der Andeutung, wie sich allmälig die Idee von der Einheit des großen Natur Ganzen verbreitet hat. Ein dunkles Gefühl, eine begeisterte Ahndung derselben, müssen wir selbst bei den sogenannten wilden Völkern voraussetzen; das vernunftmäßige Begreifen jenes Natur Ganzen kann sich aber nur bei gebildeteren Nationen vorfinden: so wie der Horizont der Erkenntniß sich in allen Wissenschaften erweitert, so rückt auch dieser Begriff uns näher und näher. Mit gewonnener geistiger Freiheit wird der Glaube an die Einheit der Natur, zur lebhaften Erkenntniß, zum klaren Begreifen.

Es ist viel und oft die Rede gewesen von sogenannten Urvölkern; man hat bald die Semiten dafür ausgegeben, bald die Atlanten, die Kelten, die Bewohner von Irak, endlich die Inder, während man, nach allen Beobachtungen annehmen kann, daß die Erkenntniß einer Natur Einheit sich bei allen wilden Völkern gleichmäßig entwickelt habe. Ueberhaupt ist wohl mit Recht die Frage aufgeworfen, und der Zweifel entstanden, ob jene uns in einem roheren Zustande erscheinenden Völker, ursprünglich Wilde zu nennen sind? ob man sie nicht vielleicht als Trümmer einer untergegangenen Kultur anzusehen habe, als gerettete Ueberbleibsel aus dem großen Schiffbruch des menschlichen Geschlechts? – Geschichtlich läßt sich hierüber nichts ermitteln, und wenn auf der einen Seite der vorgefaßte Glaube an eine primitive Naturweisheit, die Liebe zum Wunderbaren, die auf eine fast krankhafte Weise sich zu verbreiten scheint, geneigt macht, die Naturkenntnisse der Wilden zu überschätzen, so läßt sich anderseits nicht läugnen, daß auffallende Spuren vereinzelten Wissens unter ihnen angetroffen werden. – Es ist zwar natürlich, daß das einzig Geregelte das diese Wilden um sich sehen, auf sie gewirkt haben muß; die Eintheilung des Jahres braucht nicht von einer Nazion zur andern über gegangen zu seyn, und eine gewisse natürliche Astronomie hat gar nichts wunderbares.

Auffallender ist es, wenn in den Nächten am Orenoco, während meiner astronomischen Beobachtungen, die Aeußerungen meiner indischen Begleiter mich zu der Bemerkung veranlaßten, daß nicht nur übereinstimmende Benennungen der Constellationen, sondern auch anderweitige Kenntnisse vom Lauf der Sterne, sich bei solchen Völkern finden, die in ungeheuren Wäldern lebend, den Himmel fast nur wie durch eine Esse beobachten können; da man doch voraussetzen möchte, das jene Idee nur auf den großen Savannen entstanden seyn könne, die einen unbegränzten Ueberblick des Sternengewölbes gestatten.

Jedenfalls aber gehört die Annahme der entwickelten Naturweisheit bei den wilden Völkern, zu einer Sphäre des Glaubens, die unsern Untersuchungen fremd bleiben muß.

Merkwürdig ist, die bei allen früher gebildeten, abendländischen Völkern allgemein verbreitete Sage einer Naturweisheit, die von Norden her ihnen zugekommen sey. Nördlich vom Hymalaja hat der Kultus des Buddha und des Brahma seinen Ursprung genommen, und von dorther hat zuerst Bildung sich über die Inder verbreitet. Eben so stammen bei den Chaldaeern und Hellenen die bacchischen und orphischen Geheimnisse aus Thracien her, und alle ihre religiösen Sagen sind von Norden herabgekommen. Eine sonderbare mythische Person, der Hyperboräer Abaris, dem Luftwanderer, dem ein vorangehender Pfeil seinen Weg zeigt, finden wir sogar in Amerika wieder. Man ist so weit gegangen, diese Sage auf den Compaß zu beziehen, und darin eine Kenntniß der nach Norden wirkenden magnetischen Kräfte finden zu wollen. – Ich erinnere noch an den caucasischen Prometheus, den die Sage das himmlische Feuer den Völkern herabbringen läßt, und an Pythagoras, der mit seinem Schüler oder Diener Zamolxis zu den Hyperboräern zurückgekehrt seyn soll, wo in Phöbos altem Garten, glückliche und gesittete Völker einen goldreichen Boden bewohnten.

Wenn diese mannigfaltigen mythischen Einkleidungen uns nun auch bei den meisten wilden Völkern das Gefühl von der Einheit der Natur voraussetzen lassen, so dürfen wir ihnen doch keineswegs eine bewußte Erkenntniss derselben zutrauen, die eine begreifende Einsicht der Natur voraussetzt. Diese Kenntniß ist nicht bloßes Product der Intelligenz: sie kann nicht ausbrechen wie die Sprache, die in ihrer frühesten Entwickelung der epischen Poesie ihren Ursprung gab; langsam nur, im Laufe der Jahrhunderte, bei stets wachsender Erkenntniß, konnte der große Gedanke der Natur Einheit heranreifen, und als feststehende Ueberzeugung Wurzeln fassen.

Wir unterscheiden 6 Epochen, welche als Hauptmomente die allmälige Verbreitung dieser Erkenntniß bezeichnen

  1. die Jonische Naturphilosophie, und die Dorisch-Pythagorische Schule.
  2. die Züge Alexanders nach dem Osten.
  3. die Züge der Araber nach Osten und Westen.
  4. die Entdeckung von Amerika.
  5. die Erfindung neuer Organe zur Naturbeobachtung, d.h. Fernrohr, Wärmemesser, Barometer von 1591–1643.
  6. Coock's Weltreisen, die ersten nicht bloß geographischen Entdeckungsreisen, die den Grund legten, zu späteren physikalischen Expeditionen.

Wie überhaupt ein entscheidender Zwiespalt die beiden Stämme der Jonier und Dorier von einanderhält, so trennen sich auch die philosophischen Schulen der Jonier, und die des Pythagoras. Wenn die Erkenntniß der Jonier mehr auf einer sinnlichen Anschauung beruht, so finden wir bei den Doriern ein tieferes, ernsteres Streben, auf den Ursprung der Dinge zurückzugehen.

Thales, der Stifter der jonischen Schule erkannte in dem Wasser das Prinzip aller Dinge, und nach ihm war die Erde aus dem Urfeuchten hervorgegangen. Anaximenes meinte dagegen alles sey aus der Luft entstanden, und Anaximander nahm einen Grundstoff an, zwischen dem Feuchten und der Luft. – Wir finden in dieser Schule die Idee der Verdichtung und Verdünnung ausgesprochen, folglich schon den Begriff der Attraction und Repulsion. – Empedocles behauptete die Gleichartigkeit aller Materie, und bezeichnete die zuerst von ihm aufgestellten 4 Elemente als einen Zustand der Materie. Diese 4 Elemente haben durch viele Jahrhunderte sich erhalten, und erst in der neuesten Zeit ist es mit Mühe gelungen, sich davon los zu machen.

Es darf nicht übergangen werden, daß die jonische Schule in manchen Einzelheiten sehr richtige Beobachtungen angestellt hat. So untersuchte Diogenes von Apollonia die Respiration der Fische, und gelangte zu einem ganz richtigen Resultate. – Thales mag sich lange in Aegypten aufgehalten, und von den dortigen Priestern seine astronomischen Kenntniße mitgetheilt erhalten haben. Von ihm soll die Bestimmung des beweglichen Sonnenjahres herrühren, und sogar eine Sonnenfinsterniß vorausgesagt, oder errathen worden seyn. Die Verfinsterung trat ein, während die berühmte Schlacht am Halys, zwischen den Medern und Lydern statt fand, die mit der Flucht der durch das unerwartete Naturereigniß erschreckten Lyder endete.

Anaximander soll die ersten Sonnen Uhren aus Babylon nach Griechenland gebracht haben, wobei ich anmerken will, daß noch zur Zeit des Aristophanes, die Eintheilung der Zeit auf keine andere Weise bestimmt werden konnte, und daß wichtige Geschäfte, Einladungen zum Mittagessen, danach festgesetzt wurden, daß der Schatten 7 od. 8' Länge haben werde.

Die Schule des Pythagoras, welche durch Pherecydes mit der jonischen Schule zusammenhängt, liefert uns das erste Beispiel von einem weitverbreiteten Bunde, dessen Mitglieder sich überall zusammenfanden. Das sicherste und beste über die merkwürdige Erscheinung des Pythagoras, und über seine Lehre finden wir von seinem Schüler Philolaus aufgezeichnet. Hiernach läßt sich aussprechen, daß die Philosophie des Pythagoras eine Philosophie der Maaße und der Harmonie war: der erste Versuch des menschlichen Geistes, das numerische Element auf die Naturkunde anzuwenden, womit eine mathematische Symbolik in Verbindung stand.

Eine Eigenthümlichkeit dieser Gesellschaft war, daß auch Frauen an dem pythagoreischen Bunde Theil nehmen konnten.

Nach Philolaus befindet sich in der Mitte des Weltgebäudes ein großer Weltheerd: die Sonne ist ein Spiegel, welcher die Strahlen des Centralfeuers auf die Erde reflectirt. Die Ecclipsen werden durch eine Gegenerde (Antichthon) bewirkt, welche man später mit Amerika verwechselt hat. – Die Persönlichkeit des Pythagoras ist sehr ungewiß. Der Stifter dieser Schule wurde in der Folgezeit bei den Gnostikern und Neuplatonikern, zu einer völlig mythischen Person, indem man ihn bald mit seinem goldenen Schenkel Wunder thun ließ, bald ihn zu den Hyperboreern und Druiden hinaufführte. – Die Neupythagoräer, welche bis in die christlichen Zeiten reichen, haben wenig von der ursprünglichen Lehre erhalten. So stellt Plutarch den Pythagoras mit Numa zusammen, obgleich es erwiesen, daß fast ein Jahrhundert zwischen ihnen liegt.

Es ist nicht zu läugnen, daß dies System einen merkwürdigen Einfluß auf die Entwickelung der Folgezeit gehabt, und eingewirkt hat, auf zwei der größten Geister auf Copernicus und Keppler.

Wenn wir nunmehr übergehen zu den Ansichten welche Platon später entwickelte, so können wir nicht umhin den ungemeinen Scharfsinn zu bewundern, der ihn den Zusammenhang vieler Naturphänomene erkennen ließ. Besonders auffallend sind seine klaren Begriffe über die innere Verbindung der vulkanischen Erscheinungen, deren Entstehen er schon damals von kleinen localen Wirkungen unabhängig erklärte. Er stellte die Behauptung auf, daß im Innern der Erde ein Feuerstrom, der Pyrophlegeton, vorhanden sey, der durch die Vulkane mit der äußern Lufthülle in Verbindung stehe. – Diese Vorstellung ist später häufig mißverstanden worden; aber unstreitig liegt sie unserer heutigen Theorie, von der nach Innen zunehmenden Wärme, und einem glühenden Erdkern zum Grunde. – Auch über die äußere Gestaltung der Erdrinde hatte Platon großartige Ansichten, und betrachtete z. B. das mittelländische und schwarze Meer, von den Säulen des Hercules bis zu dem Phasis, als ein großes Becken, eine Niederung, worin die Griechen, wie er sich spöttisch ausdrückte, gleich Fröschen wohnten. – Sogar der erste Ursprung der neuesten Wissenschaft, der Krystallographie läßt sich bei Platon nachweisen, indem er die Bemerkung machte, daß die Flächen polyedrischer Körper unter bestimmten Winkeln aneinanderstoßen, und er darin einen Unterscheidungsgrund derselben auffand. Auch die Gebirgsarten trennt er in zwei verschiedene Gruppen, indem er ihren Ursprung zum Theil aus dem Wasser, zum Theil aus dem Feuer herleitet.

Den 2ten großen Hauptmoment in der Entwickelungsgeschichte des menschlichen Geistes bezeichnet der Zug Alexander's, der um so mehr Veranlaßung wurde, eine großartigere Ansicht der Natur zu gewähren, als früher der Horizont sehr beengt, und der Verbreitung allgemeiner Naturerkenntnisse wenig günstig gewesen war. Selbst die innerhalb eines beschränkten Raumes unternommenen Reisen wirkten eher nachtheilig, indem besonders der Anblick von Aegypten zu mannigfaltig falschen Annahmen verleitete. Das enge Flußthal, die Delta Bildung am Ausfluß des Nil, das Steigen und Fallen des Flusses, die etesischen Winde, alles dies sind Localphänomene, die nur irrthümlich auf dem ganzen Erdkörper in ähnlicher Art vermuthet werden können.

Vor Alexanders Zuge kannten die Hellenen die Tropenproducte nur durch den Handel, und obgleich Alexander die Tropenklimate nicht eigentlich berührte, so lernten doch die Griechen eine Menge tropischer Erzeugnisse an Ort und Stelle kennen. Die Länder am Indus haben einen Continental Zusammenhang mit Indien, und eben die Continuirlichkeit dieser Erstreckung vermehrt die Wärme unter diesen Breiten, und läßt die Producte ursprünglich heißerer Zonen in ihnen gedeihen. – Früher hatte Ctesias in seinem Lügenbuche zuerst die persischen Wunder gepriesen; wenn er nach der Art mancher Reisender, der Wahrheit auch oft zu Nahe trat, so hat er doch das Verdienst die Griechen auf viele Tropenproducte aufmerksam gemacht zu haben. –

H. von Schlegel stellt selbst die Vermuthung auf, daß die Lesung des Ctesias den Alexander vielleicht zu seinem großen Zuge veranlaßt haben möchte.

Es sind uns so viele Relationen von diesem Zuge aufbehalten worden, daß wir im Stande sind ihn genau zu verfolgen. – Zu den neuen Gegenständen welche die Aufmerksamkeit der Griechen besonders erregten, gehörten Bäume, von einer solchen Höhe, daß die Pfeile nicht bis zu ihrem Gipfel hinaufreichten. Sie fanden ferner die Frucht der Bananen, und eine Menge fremdartiger Thiergestalten. (Ich will hier die geistreiche Bemerkung des eben erwähnten Gelehrten, H. von Schlegel, einschalten, der in dem mit seltsamen Thieren überladenen Indien, die Ornamente ihrer Architectur nach Thieren gebildet findet, wogegen in dem bewässerten, pflanzenreichen Aegypten die Formen von den Pflanzen entlehnt sind.)

Am Indus sahen sie zuerst Elephanten, die als titanische Ochsen angeführt wurden. In der Schlacht bei Arbela geriethen 15 Streit-Elephanten des Darius in die Gewalt der Griechen, und es ist nicht unwahrscheinlich, daß eben diese Elephanten später von Pirrhus nach Italien übergeführt wurden.

Auch die Monson Winde erregten Aufmerksamkeit, welche in bestimmten Jahreszeiten, nach entgegengesetzten Richtungen wehend, der Schiffahrt vom südlichen Afrika nach Ostindien bald hinderlich, bald förderlich sind. – Nearch glaubte im Indus den Nil zu erkennen – nicht bloß wegen der Krokodille welche man diesem Flusse allein eigen wähnte, sondern hauptsächlich des periodischen Steigens und Fallens wegen, das man fälschlich von dem geschmolzenen Schnee, nicht aber von den tropischen Regengüssen herleitete.

Was die Menschenracen betrifft so bemerkte man in Indien zuerst, daß nicht alle Aethiopen gleicher Farbe und Gestalt sind, sondern sich in verschiedene Stämme theilen. Wie jetzt, kam man schon damals auf die Vermuthung, daß das Klima Einfluß auf das Menschengeschlecht übe, und schrieb es der Wirkung der feuchten Luft zu, daß die Negerartigen Völker in Indien kein Wollhaar haben.

Alexander selbst drang nicht bis in das eigentlich cultivirte und sehr bevölkerte Indien vor, wohl aber nach ihm Seleucus Nicator, der einen gewaltigen Eroberungszug von Babylon bis an den Ganges unternahm, von welchem er unter andern 500 Elephanten mit zurückbrachte. Auffallend ist es, daß die Griechen damals nicht die indischen Zahlen kennen gelernt haben, welche so sehr viel später, wahrscheinlich über Persien nach Arabien eingewandert, und erst im 13ten Jahrh. durch die Araber nach Europa gebracht worden sind. Wie wichtig die Erfindung war, durch 9 Zeichen, und den Werth der Position alle möglichen Gruppen von Zahlen auszudrücken, wird dann besonders klar, wenn man bedenkt, wie beschwerlich die römischen Zahlen, durch ihre Juxtaposition die kleinste Rechnung machen, und wie man, so lange man sich derselben bediente, in der Arithmetik unmöglich vorwärts kommen konnte.

Daß die Griechen viel von den Chaldäern in der Himmelskunde lernten, ist um so wahrscheinlicher als in Babylon eine eigne Priesterkaste, die den Belus Tempel bewohnte fast ausschließend mit astronomischen Beobachtungen beschäftigt war. Die wunderliche Architektur des Gebäudes, das dieser Zunftgenossenschaft zum Wohnsitz diente, hat ein besonderes historisches Interesse.

Eine Himmelhohe Treppen Pyramide diente zu gleicher Zeit zum Grabmal, zur Sternwarte, und zum Tempel, und läßt uns den berühmten Thurm zu Babel nicht verkennen. – Merkwürdig ist, daß derselbe Typus der Architektur sich in Amerika wieder findet, und daß den zu Anfang des 16ten Jahrhunderts in Mexico aufgeführten Tempel Gebäuden eine ganz ähnliche Idee zu Grunde liegt.

Wohl mit die schönste Frucht der Züge des Alexander, ist das Werk des Aristoteles. Wenn wir auch nicht annehmen wollen, daß, wie Plinius erzählt, 1000 Vogelfänger und Schützen im Heere Alexander's angestellt gewesen, um alles bemerkenswerthe für ihn einzusammeln, so müssen wir doch ein reiches Ergebniß dieser Bestrebungen anerkennen. Indeß hat Aristoteles unverkennbar die Tendenz eine nüchterne Naturbeschreibung an die Stelle des Gedankens von der Einheit der Natur zu setzen. – Sein Hauptwerk ist die Naturgeschichte, in der sich der Geist des Sammelns, der ihm vor allen eigen ist, besonders ausspricht. Auf seiner schönen Villa hatte er für die damalige Zeit eine gewiß einzige Naturalien Sammlung, auf die Alexander 500 Talente gewandt haben soll.

Später wurde in Alexandrien nach diesem Muster ein Museum angelegt, dem bald eine Bibliothek folgte. In vielen Städten Vorderasiens wurden ebenfalls Bibliotheken zusammengebracht, so daß selbst ein Mangel an Papyrus entstand, dessen Ausfuhr in Aegypten man zu verbieten sich veranlaßt sahe.

Unter den um die Naturwissenschaft verdienten römischen Schriftstellern nimmt Strabo eine ausgezeichnete Stelle ein, der in Augustus Gefolge die meisten Provinzen des römischen Reiches durchwanderte: wir haben von ihm eine physische Erdbeschreibung, in der vortreffliche Beobachtungen enthalten sind.

Plinius 37 Bücher gehören zu den großartigsten Unternehmungen der alten Welt, in wissenschaftlicher Hinsicht. Der Plan des Werks war jedoch zu umfassend angelegt, um in allen Theilen auf gleiche Vollendung Anspruch machen zu können. Ich will hier nur erwähnen, daß Plinius unter andern die Meinung bestimmt ausspricht: daß ein gemäßigtes Klima die Ausbildung des menschlichen Geistes am meisten begünstige, während zu große Kälte an den Polen ihn austrockne, zu große Hitze unter den Tropen ihn versenge.

Unter Hadrian kam der ganze Wust der morgenländischen Theosophie mit den Neuplatonikern und Gnostikern nach Rom, während vom Kaiser besonders die aegyptischen Religionen begünstigt wurden. – Von den Gnostikern kann man annehmen, daß sie wieder auf die Idee von der Einheit der Natur zurückführten. Es ist gewiß daß sie Chemie studirten, und manche schöne Entdeckung machten. Sie lernten hierin von den Phöniziern und Aegyptern, von denen es bekannt ist, daß sie sich ganz besonders mit dem Studium der Natur der Stoffe beschäftigten: so wie denn auch vieles was man in den aegyptischen Gräbern findet, eine tiefe chemische Kenntniß verräth, wovon wir uns durch die schöne Sammlung des Herrn Passalaqua überzeugen können, deren Besitz wir der Munifizenz des Königs danken.

Vom Caligula weiß man, daß er eine große Neigung zur Goldmacherei hatte, und aus dem Schwefelarsenik das edle Metall herzustellen glaubte.

Beiläufig möge hier die Etymologie des Wortes Chemie eine Stelle finden. Plutarch erwähnt zuerst χυμεια, indem er damit Aegypten bezeichnet, als das Land des Cham. Auf dem berühmten Rosettaschen Stein, dessen Inschrift den ersten Schlüssel zur Entzifferung der aegyptischen Charaktere gegeben hat, findet sich das Wort stets um damit Aegypten auszudrücken. Da nun auf Koptisch mit demselben Ausdruck der Begriff schwarz bezeichnet wird, so scheint Chemie, aegyptische Kunst, schwarze Kunst vollkommen gleichbedeutend.


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