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3te Vorl.

Gleichsam die Skizze eines großen Bildes im Umrisse gebend, das nachmals in seinen einzelnen Theilen weiter ausgeführt werden wird, will ich im Allgemeinen die Abtheilungen bezeichnen, welche wir durchzugehen haben

Bei der Vergleichung unseres Erdkörpers mit den übrigen Planeten desselben Sonnensystems, finden wir, daß dieselben sich nicht in allen Verhältnissen ähnlich sind. – Die Körper auf unserer Erde sind geeignet einen dreifachen Zustand anzunehmen, indem sie entweder starr, tropfbar flüssig, oder elastisch flüssig erscheinen. Derselbe Fall kann nun z. B. auf dem Monde nicht statt finden, dem wir nach der Art seiner Bedeckungen, entweder gar keine, oder eine von der unsrigen sehr verschiedene Atmosphäre zusprechen müssen. Wenn der Luftdruck auf der Erde, am Ufer des Meeres einen Barometerstand von 28 Zoll hervorbringt, so würde derselbe auf dem Monde nur etwa ⅓ Linie betragen. Eben so müssen wir annehmen, daß auf dem Monde sich keine tropfbare Flüssigkeit befindet, wenigstens keine Meere. Denn da wir durch unsere Fernröhre im Stande sind, kleine Flächen auf dem Monde, etwa von der Größe wie Berlin, genau zu beobachten, so finden wir, daß auf demselben nirgend 2 Höhen sich gleich sind. Die Ebene auf dem Monde können daher keine Flüssigkeiten enthalten, die nach hydrostatischen Gesetzen ein Bestreben haben, sich au niveau zu setzen. Der Mond ist folglich höchst wahrscheinlich starr, wie die Aerolithen, ohne Luft und ohne Wasser. – Anders verhält es sich mit den übrigen Planeten, unter denen Jupiter und Saturn durch eine sichtbare parallele Zone ihre dichtere Atmosphäre verrathen. Die Kometen scheinen dagegen ganz luftförmige Gebilde, da selbst durch ihren Kern kleine Sterne erblickt werden können.

Was wir von der innern Beschaffenheit des planetarischen Körpers, den wir bewohnen, wissen, beruht auf sehr unsichern hypothetischen Vermuthungen. Denn wie gewagt sind die Schlüsse, die wir von den wenigen Fußen der uns bekannten Rinde, auf den Durchmesser der Erdmasse (1720 Meilen zu 23,000!) machen müssen!

Man glaubte früher annehmen zu können, daß Licht und Organismus in der engsten Verbindung stehe, daß Licht zur Hervorbringung eines jeden organischen Lebens erforderlich sey. Lavoisier erklärte daher durch die Behauptung, daß Feuer die organischen Stoffe hervorrufe, auf eine geistreiche Weise die alten Scythischen Mythen, und die Fabel vom Prometheus. – So unleugbar nun aber auch der Einfluß des Sonnenlichts auf die ganze Organisation ist, so hat man sich in der neuesten Zeit dennoch überzeugt, daß auch ohne Licht ein organisches Daseyn statt finden kann: ein Gegenstand mit dem ich mich in meiner frühesten Jugend beschäftigt habe. – In den tiefsten Bergwerken, selbst solchen die ohne Zimmerung fortgeführt werden, finden wir unterirrdische Pflanzen vegetirend, und grüne Keime, selbst phosphorescirend, in Luftarten (Kohlen und Wasserstoffgas) die der Vegetation nicht günstig sind. Beim Sprengen uneröffneter unterirrdischer Höhlen, in die nie ein Lichtstrahl gedrungen war, hat man die Stalactiten mit Usneen einem flechtenartigen Gebilde überzogen gesehen. – Auch in der Tiefe des Meeres, die fast eben so vollkommen als die Bergwerke jedes Lichtstrahls entbehrt, existiren grünende Vegetabilien. Jenseit der canarischen Inseln, holte ich aus der Tiefe des atlantischen Meeres, (240' tief) mit dem Senkblei einen vollkommen grünen Fucus herauf, dessen Blätter Ähnlichkeit mit dem Weinlaube haben. Diese Fucus Arten, welche in einer Tiefe von 6–800 Fuß üppig vegetiren, dienen zur Bezeichnung der Richtung der Strömungen im Meere. Von ihrem Standort losgerissen schwimmen sie von einer Breite zur andern, und bilden zusammengetrieben an der Oberfläche des Meeres grüne Inseln. Nach Bouguer's Berechnungen in seinem gelehrten Werke: »Ueber die Verminderung des Lichts beim Durchgang durch flüssige Körper« dringt nach ihrem ursprünglichen Standort kein Lichtstrahl, der nicht 2–3000 mal schwächer wäre als der Strahl des Mondlichtes.

Unsere geringe Kenntniß von der Erde gründet sich allein auf die Beobachtungen, welche, in die Rinde derselben eingetriebene Bergwerke, uns gestattet haben. Natürlich kann hier nicht die Rede seyn von denjenigen Bergwerken, welche auf Hochebenen, wie z.B. auf den mexicanischen Gebirgen 8–9–12,000 Fuß über der Meeresfläche eingeschlagen sind, sondern nur von solchen, welche mit dem Spiegel des Meeres gleich sind. Bisher hatte man die alten Gruben zu Ansin bei Valenciennes in Belgien (850 Fuß) für die tiefsten gehalten. Herr v. Dechen und v. Oeynhausen, soeben von einer geognostischen Reise zurückkehrend, die eine reiche technische und wissenschaftliche Ausbeute gewährt, haben durch barometrische Messungen die Gruben von Bal St. Lambert bei Lüttich, 1400 Fuß tief gefunden.

In England an den Küsten von Cornwales und von Cumberland giebt es Gruben in denen unter dem Meere selbst gearbeitet wird, um so merkwürdiger als der ganze Zwischenraum bis zum Meere nur etwa 8 Fuß beträgt. Bei Whitehaven gehen Gallerien von 5000 Fuß Länge unter dem Meere fort, ohne daß Gefahr damit verknüpft wäre. Ich bin selbst in diesen submarinen Gängen gewesen, und habe sie zu meinem Erstaunen keinesweges feucht sondern vielmehr staubig gefunden, da der Grund des Meeres durch den Druck des Salzwassers, wie mit einem dichten Cement überzogen ist.

Selbst eine oberflächliche Betrachtung der Rinde unseres Erdkörpers zeigt unverkennbar deutlich die mannigfaltigsten Spuren großer Umwälzungen, und zerstörender Katastrophen, welche auf demselben statt gefunden haben. Unter den Versteinerungen, welche uns in den verschiedenartigsten fossilen Organismen die Reste untergegangener Schöpfungen bewahren, finden sich jedoch niemals fossile Menschenknochen. Man hat dies früher zum Theil daher erklären wollen, daß menschliche Gebeine einer schnelleren Verderbniß ausgesetzt wären. Dies hat sich bei genauerer Untersuchung jedoch keineswegs bestätigt. In Aegypten bemerkt man keinen Unterschied unter menschlichen Mumien, und denen von Vierfüßern, wovon auch wir uns durch die interessante Sammlung des Herrn Passalaqua überzeugen können. So hat auch Cuvier bei Nachgrabungen, welche vor einigen Jahren in der alten Kirche Ste Géniévre statt fanden, Knochen von Menschen gesammelt, welche unter Clovis begraben worden sind und hat ihre Formen noch gut erhalten gefunden.

Alles was man unter den fossilen organischen Resten für Menschenskelette gehalten hat, rührt entweder von einem andern Thiere her, oder es gehört einer neueren Zeit an. Scheuchzer's homo diluvii testis ist von Cuvier für einen Salamander od. Achalotl erkannt worden, zur Gattung Proteus gehörend; so wie die neuerlich bei Marseille aufgefundenen, angeblichen Menschenknochen, für Abdrücke von Meerröhren. – Bei Köstriz sollten sich Menschenknochen in alten Gebirgslagern vorgefunden haben. Nach den sehr genauen Untersuchungen des um die Petrefactenkunde so verdienten Herrn v. Schlottheim zu Gotha ist diese Behauptung aber mehr als zweifelhaft. – Alle wahrhafte Menschenknochen sind entweder durch Erdfälle verschüttete, oder in alten Berggebäuden zurückgebliebene, oder in einer Incrustation eingehüllte Cadaver. Dies gilt auch von den auf Guadeloupe entdeckten versteinerten Menschengerippen, von denen Eines durch den Admiral Cochrane nach England gebracht worden. Es ist dies ein ziemlich wohl erhaltenes Skelett, doch ohne Kopf und rechten Arm; ohne Zweifel von einem Menschen. Dergleichen Gerippe kommen auf Guadeloupe häufig vor, und werden von den Einwohnern Galibi (wahrscheinlich eine Korruption von Caribi) genannt. Bemerkenswerth ist der Umstand, daß die Skelette alle in der Richtung von Ost nach West liegen, was auf die Vermuthung führt, daß vielleicht ein alter Caraïbischer Kirchhoff zu Grunde liegen kann. Das Gestein in welchem diese Reste vorkommen, ist ein Kalkstein- Conglommerat, mit vielen vom Meere ausgeworfenen Lytophyten und Madreporen, durch einen kalkigen Cement verbunden. Aehnliche Gebilde sind dem ganzen Archipel der Antillen gemein, und den Negern auf Cuba unter dem Namen Maçonne-bon Dieu bekannt. Man findet darin, oft in 24 Fuß Tiefe, die Trümmer von Gefäßen, sogar Mörser, Keulen, Aexte und andere Arbeiten von Menschenhand.

Bei den ungewissen Vermuthungen, welche selbst die uns bekannte, dünne äußere Erdschicht unseres Planeten, noch stets veranlaßt, solten wir uns der Untersuchungen über ihren Kern vielmehr ganz enthalten. Aber schon Montaigne sagt: wir haben ein schwaches Gesicht und viel Neugier, und es ist uns unmöglich nicht in diese verschlossene Tiefe dringen zu wollen.

Die nach dem Innern der Erde zunehmende Temperatur, deren Annahme nicht mehr zu den Hypothesen gehört, veranlaßt uns zu interressanten Schlüssen über den Zustand des Erdkerns. – Man hat Zweifel erhoben gegen die Beobachtung der in den Bergwerken beider Erdtheile mit zunehmender Tiefe sich konstant vermehrende Wärme. Man hat sie herleiten wollen von niedersinkenden, sich verdichtenden und also Wärme entbindenden Luftschichten, man hat sie der Menschen Nähe, der Wirkung des bergmännischen Geleuchtes zuschreiben wollen. Aber abgesehen davon, daß die geringe Erwärmung welche die Gegenwart der Menschen und der Grubenlichte (die sich genau berechnen läßt) hervorbringt, nicht in Verhältniß steht, mit dem Grade der zunehmenden Wärme, so haben neuerlichst die Versuche des geistreichen Physikers Arago alle Zweifel auf das Vollkommenste gehoben. Tief erbohrte Quellwasser (sogenannte artesische Brunnen) sind wärmer befunden worden, je größer die Tiefe ist, aus der die Wasser aufsteigen. In Artois hat man die aus einer Tiefe von 2–300' über den Wasserspiegel emporquellenden Gewässer 4–5° wärmer gefunden. – Hier ist jeder Verdacht einer äußeren Einwirkung entfernt; die Wasser bringen die Wärme mit sich, welche sie durch lange Berührung mit den Gestein-Massen in verschiedener Tiefe erhalten haben.

La Place hat berechnet, daß mit der Tiefe von 30 mètres (etwa 100 Fuß) die Wärme um 1° Reaum. zunimmt, und dem gemäß in einer Tiefe von 30–40 Meilen selbst Gußeisen schmelzen müßte. – Die neueren Ansichten der Physiker und Geognosten, und zwar der beobachtenden, nicht leer hypothesirenden Geognosten scheinen somit den alten Mythus vom Piriphlegeton, und von Hephästos allverbreiteter Werkstätte ins Leben zurückgerufen zu haben.

Welche Zweifel man auch, trotz der gerechten Verehrung die dem großen La Place gebührt, gegen die numerische Gewißheit seiner Rechnung erheben kann, so steht eine so merkwürdige und fast allgemein anerkannte Thatsache doch unstreitig mit dem in Verbindung, was die vulkanischen Erscheinungen uns lehren. Es scheint mir nämlich wahrscheinlich, daß dieselben aus einer sehr einfachen Ursache, aus einer steten oder vorübergehenden Verbindung zwischen dem Innern und Aeußern unseres Planeten entstehen. Diese Beobachtungen lehren zugleich, wie, unabhängig von der Schiefe der Ekliptik im frühesten, gleichsam jugendlichen Zustande der Erde, Tropen Temperatur und Tropen Vegetation unter jeglicher Zone entstehen, und so lange fortdauern konnten, bis durch Wärme Strahlung aus der erhärteten Erdrinde, und durch allmälige Ausfüllung der Gangklüfte mit heterogenen Gestein-Massen, sich ein Zustand bildete, in welchem, (wie Fourier in seinem tiefsinnigen Werke gezeigt hat) die Wärme der Oberfläche und des Luftkreises nur von der Stellung des Planeten gegen einen Central Körper, die Sonne, abhangt. (Nach Fourier kann sich die Temperatur in 30,000 Jahren nicht um 1° vermindern).


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