Claude Anet
Ariane
Claude Anet

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IV

Ihr Leben kam in regelmäßige Bahnen. Tagsüber sahen sie einander nie, denn Ariane war an der Universität und er ging seinen nicht unbedeutenden Geschäften nach. Er war Bevollmächtigter eines großen internationalen Petroleumkonzerns, dessen ausgedehnte Interessen er bald in Amerika oder London, bald in Japan oder Paris zu vertreten hatte und für den er in Rußland eben schwierige Verhandlungen führte, die eine weitere Ausbreitung der Gesellschaft im Kaukasus bezweckten. Einmal speiste er zu Mittag mit seiner offiziellen Freundin, der Baronin Korting, der schönsten Frau in Moskau, die über seine geringen Bemühungen um sie nicht wenig erstaunt war. Er zerbrach sich den Kopf, um Entschuldigungen zu finden.

Aber jeden Abend traf er um halb neun seine kleine Studentin in der Sadowaja, jeden Abend gingen sie zu Fuß zum Hotel National, jeden Abend ruhten sie in dem warmen, dunklen Zimmer, um jeden Abend, wenn es Mitternacht schlug, sich anzukleiden und in lebhaftester Unterhaltung in entgegengesetzter Richtung zurückzuwandern.

Sie hatte über alle Gegenstände feststehende Ansichten, die sie mit großer Entschiedenheit vorbrachte und gegen die sie keinerlei Widerspruch duldete. Sie entwickelte Grundsätze von radikalstem Materialismus, in denen keinerlei Gefühl eine Daseinsberechtigung hatte und Mitleid und Liebe unbarmherzig verspottet wurden. Manchmal machte es ihm Vergnügen, durch ein einziges Wort die Luftschlösser ihrer Systeme zu zerstören, die sie sorgfältig aufgebaut hatte; gewöhnlich ließ er aber ihrer üppigen Phantasie freien Lauf. Sie schwärmte dann wie berauscht in der Welt ihrer Ideen. Und er bewunderte immer von neuem das gesunde Sprühen ihres Geistes auf allen Gebieten, die quellende und klare Kraft ihrer Gedanken. Konstantin Michael kannte viel von der Welt, in London, New York, Rom und Paris war er gewesen. »Nur noch ein Hauch von Schmiegsamkeit,« dachte er, »jene Anmut des Benehmens, wie man sie doch nur in Europa lernt; nur noch die Ausdrucksweise der dortigen guten Gesellschaft wäre nötig und es gäbe keine einzige von allen Hauptstädten der Welt, in der diese kleine Russin nicht nach kurzer Zeit und nach entsprechender Einführung wahre Triumphe feierte. Die größten Geister wären hingerissen von ihr.«

Er konnte sich keine entzückendere Gefährtin denken. Sie befeuerte seine Gedanken und hielt ihn in atemloser Spannung ihrer immer wieder neuen Pläne und Ideen.

Er fühlte in ihr den unerschöpflichen Reichtum der russischen Natur, dieses Verschenken, dieses Verschwenden, dieses Ausströmenlassen seiner selbst, wie nur sie es gestattet. »Es fehlt diesem Mädchen nur ein methodisches Ordnen ihrer Gedanken, um sie die höchsten Stufen erreichen zu lassen, aber vielleicht mehr noch die Führung durch einen überlegenen Mann. Leider aber sind die hiesigen Männer einer solchen Aufgabe nicht gewachsen.« So dachte er über sie.

Täglich erwartete Konstantin ungeduldig die Stunde, die ihn mit Ariane zusammenführte. Er verglich sie mit der Baronin Korting, die ihn durch ihre Schönheit berückte, die gut, sanft, anspruchslos war, die aber von ihrem langen Leben in Europa ebenso unnatürlich geworden war, wie es die Gesellschaft in Frankreich und England ist. Er konnte ihr gewiß keinen Vorwurf machen – außer dem einzigen und größten: sie langweilte ihn.

Bei Ariane kannte er keine Langeweile, man vergaß selbst den Begriff davon in ihrer Nähe; so vielseitig war sie, unterhaltend, lustig, nachdenklich, voll Widersprüche in ihrem ganzen Wesen, launisch, eigensinnig, scheu, verschlossen in ihrer Eigenliebe, wie eine uneinnehmbare Festung.

Wenn sie mittags mit ihm speiste, fühlte er sich überglücklich, ein gemeinsames Abendessen, das seltener vorkam, wurde zu einem wahren Fest. Der lange Weg von der Sadowaja zum Hotel National wurde ihnen zu kurz. Sie hielten sich immer wieder auf, um in der Nacht zu plaudern und noch auf der Schwelle ihrer Tür sprachen sie lange weiter.

Aber in seinem Zimmer war es eine andere Ariane, die zum Vorschein kam. Er sah eine Frau vor sich, die ihm stets fremd blieb. Seit dem Tage, da er sie zum ersten Male besessen hatte, hatte er immer erwartet, daß die natürlichen Beziehungen, wie sie zwischen dem Geliebten und seiner Freundin zu herrschen pflegen, eintreten würden. Jetzt erkannte er langsam seinen Irrtum. Er glaubte sie besiegt zu haben und immer wieder wurde dieser Sieg in Frage gestellt. Er fühlte, daß er keinerlei Fortschritte machte; seine Freundin gehörte ihm niemals wirklich an, es war stets nur eine kurze Täuschung. In Wirklichkeit blieb sie unerreichbar fern und entschlüpfte immer wieder, wenn er sie bezwungen glaubte. Er küßte sie, sie ließ es zu und schien auch Vergnügen daran zu finden, niemals aber kam sie ihm auch nur mit einer leisen Regung von Zärtlichkeit entgegen.

Eines Tages machte er eine Bemerkung darüber. Die Antwort, die sie ihm gab, war wie ein eiskalter Wasserstrahl:

»Machen Sie sich nichts daraus, so bin ich immer.«

»Verwünschte Erziehung,« dachte Konstantin, »welche Idioten muß sie vor mir gekannt haben!«

Im Bett blieb sie nach wie vor »die Tote«. Trotzdem fühlte er manchesmal den Druck ihres Armes, der ihn an sie preßte. Einmal nur ließ sie sich soweit gehen, daß sie klagte aufstehen zu müssen, da sie sich zerbrochen vor Müdigkeit fühle. Es dauerte eine Woche, bevor sie gestattete, daß die Tür zum Salon, wo das elektrische Licht brannte, offenblieb. Und doch zeigte sie keinerlei falsches Schamgefühl; sie stieg aus dem Bett um ins Badezimmer zu eilen und wenn sie zurückkehrte, setzte sie sich unbekleidet vor den Toilettespiegel, um sich zu frisieren, mit der ganzen unbekümmerten Ruhe eines gutgewachsenen Mädchens, das nichts zu verbergen braucht.

Jede Begegnung war ein immer erneuter Kampf zwischen der Glut des Mannes und der Kälte der Frau. Das Verwirrende aber war, daß Konstantin diese Kälte als etwas Erzwungenes, Berechnetes empfand, als wäre sie durch einen starken Willen künstlich hervorgebracht. Er brauchte gar keinen Zwang, um Ariane ins Schlafzimmer zu führen, sie kam aus eigenem Verlangen, aber wenn sie einmal so weit war, schien sie einfach zu erstarren. Sie, die sonst keinen Augenblick zu schweigen vermochte, lag stumm mit offenen Augen da. Das Höchste, das er ihr in der ersten Woche zu entlocken vermochte, wenn er ihr jene unvergänglichen Sinnlosigkeiten ins Ohr flüsterte, die der Mann seiner Geliebten zuzuraunen pflegt, war ein halblautes: Nitschewo.

Draußen plauderten sie wie vertraute Freunde – im Schlafzimmer war sie immer wieder die Feindin, die er jedesmal neu bekämpfen mußte und die sich doch niemals als besiegt erklärte. Dieser Kampf erregte Konstantin maßlos, und er schwor, daraus als Sieger hervorzugehen; indessen aber war er durch dieses Verhalten Arianes bis ins Innerste verletzt.

Aber auch das waren nur Vorpostengeplänkel.

Am vierten oder fünften Abend, als sie sich ankleidete und er am Bettrand eine Zigarette rauchte, tat er ohne besonders darauf zu achten, zwei jener einfältigen Fragen, wie Männer sie nach einem Schäferstündchen zu stellen pflegen. Sie antwortete nicht, er wiederholte.

Ohne den Kopf zu wenden und ohne im Befestigen ihrer Strümpfe innezuhalten, sprach sie endlich mit einer Nachlässigkeit, als hätte sie für die Bosheit ihrer Worte keinerlei Empfinden:

»Ich warte nur auf die dritte Frage, die jetzt kommen muß, denn bisher haben alle Männer unter den gleichen Umständen dieselben drei Fragen gestellt.«

Konstantin erbleichte. Er hatte noch die Kraft sich zu beherrschen und kein Wort weiter zu sagen. Er warf seine Zigarette weg, ging ins Badezimmer und blieb ungewöhnlich lange dort. Als er zurückkam, war Mitternacht vorbei.

»Gehen wir«, sagte er nur kurz.

Sie kam zu ihm und lehnte sich an seine Schulter.

»Was haben Sie nur heute? Sie scheinen verstimmt zu sein. Ich bin doch nicht schuld ...?«

»Nein, kleines Mädchen, sicher nicht. Du bist reizend wie immer.« Denn er duzte sie jetzt, während sie nach wie vor beim »Sie« blieb.

Unterwegs debattierten sie heftig über eine philosophische Frage. Beide verteidigten hartnäckig, fast gereizt, ihre Ansicht. Endlich begann Konstantin laut zu lachen.

»Nein, wo wir jetzt schon einen Grund zum Streiten herholen!« Und er küßte Ariane, die sich noch wehrte.

Am nächsten Tage begannen die Feindseligkeiten von neuem. Diesmal aber in sehr zurückhaltender Form, da beide Teile darauf achteten sich keine Blöße zu geben. –

Konstantin reizte es zu wissen, warum Ariane, die doch wählen konnte, wen sie wollte, gerade ihn, Konstantin Michael, genommen und sich ihm schon bei der dritten Begegnung gegeben hatte. Er bildete sich nicht ein unwiderstehlich zu sein, auch liebte ihn Ariane nicht. Wie weit aber die Freiheiten, die junge Mädchen sich gestatten, auch immer gehen mögen, es war doch schwer anzunehmen, daß sie sich einen Geliebten nehmen, wie ein Mann, oft nur für eine Stunde, ein Mädchen nimmt. Warum nur war sie hier bei ihm? Auf Umwegen versuchte er Klarheit über diesen Punkt zu erhalten.

Er begann also von der wunderbaren Boris-Godunow-Aufführung zu sprechen und von dem ersten Eindruck, den Ariane auf ihn machte und der so merkwürdig zwischen junger Frau und Schulmädel schwankte.

»Und du, was dachtest du von mir, da doch der erste Eindruck entscheidend ist?«

»Ich? Ich sagte mir, das ist einer von denen, wie sie mir liegen. Denn ich gestehe, daß nach meinen Erfahrungen nur die blonden Männer Leidenschaft haben. Die Dunklen wirken vielleicht gut, aber das ist nur ein Strohfeuer. Man nimmt sie und es bleibt einem nichts in den Händen. Die Klugheit verlangt, daß man nach ein paar mißglückten Versuchen zu dem zurückkehrt, was man als gut erprobt hat.«

Sie schwatzte in dieser angenehmen Weise darauf los, als wenn sie vom Sonnenschein oder Regen dieses Maitages plaudern würde.

Konstantin glaubte eine gallbittre Medizin eingeträufelt zu bekommen. Er fühlte, daß man auf eine derartige Herausforderung nur mit einer Tracht Prügel richtig antworten könne. Aber es hieß obenauf bleiben und vorläufig nur Zeit gewinnen. Er nahm eine Zigarette, zündete sie an und mit einem gutgespielten, ungezwungenen Lächeln brummte er wohlwollend: »Ariane, Ariane! Das sind Sachen, die man sich vielleicht denkt, aber die man nicht sagt. Du bist doch nur eine kleine Halbwilde.«

»Oh, ich hasse das Heucheln und Lügen. Das ist mir zu schwierig, also sag' ich lieber alles, wie es mir durch den Sinn geht. Sie sollten das schon bemerkt haben. – Sie müssen zugeben, daß ich weder schlau noch berechnend bin. Mein Benehmen gegen Sie hat das bewiesen. Machen Sie mir daraus einen Vorwurf?«

Trotzdem es das einzig Diplomatische gewesen wäre, konnte er sich nicht überwinden, sie in die Arme zu nehmen und ihr durch Küsse die Lippen zu verschließen. Er fühlte noch immer einen bitteren Nachgeschmack, der nicht so leicht zu vertreiben war. Er begnügte sich mit einigen warmen, aber sehr allgemeinen Verwahrungen.

»Eigentlich gefällst du mir, weil du so ganz du selber bist. Das bringt zwar einiges Unangenehme mit sich, aber die Vorteile überwiegen. Tatsächlich sagst du manchmal mit einer Selbstverständlichkeit Dinge, derentwegen eine Frau in Europa eher sterben würde, als sie einzugestehen. Immerhin muß man zugeben, daß diese ein wenig primitive Offenheit auch nicht ganz ohne Reiz ist, wenn man einmal das erste staunende Erschrecken überwunden hat. Es ist sogar möglich, daß ich zum Schluß so pervers werde, davon restlos entzückt zu sein!«

Als aber Konstantin in dieser Nacht aus der Sadowaja nach Hause eilte, schüttelte er die Fäuste und machte seinem Zorn Luft. Er fühlte sich herausgefordert und verspottet von diesem kleinen Mädchen mit seiner unschuldigen Miene, das ihn an der empfindlichsten Stelle, seiner Eitelkeit, getroffen hatte, seine Wunde täglich wieder aufriß und ihn mit wahrhaft raffinierter Überlegung täglich neu vergiftete. Denn wie weit man die Aufrichtigkeit auch immer treiben will, so bleibt es doch notwendig, die Liebe und auch die nur sexuelle, mit gewissen Illusionen zu umgeben. Man darf nicht empfinden, daß man in den Armen einer Frau den mehr oder minder deutlichen Schatten aller seiner Vorgänger begegnet. Das sind Gedanken, die man normalerweise ausschaltet, wenn man nicht maßlos verliebt ist. Nun, Konstantin Michael dachte gewiß normal und fühlte sich sicher nicht verliebt! Wohl waren seine Sinne von ihr erfüllt, sie hatte den Duft einer eben gereiften Frucht, deren stellenweise Herbheit die Zähne so angenehm knirschen macht, aber von Liebe konnte doch keine Rede sein! Es hätte ihm daher leicht fallen müssen, ihre Vergangenheit zu vergessen.

Und da kam dieser Teufel in Mädchengestalt und erinnerte ihn unaufhörlich daran und zwang ihn, sie immer vor Augen zu haben. Zuerst hatte er angenommen, daß es nur aus einer gewissen Ungeschicklichkeit geschehe, aus jenem gewissen Mangel an Takt, wie ihn selbst die allerklügsten Frauen oft zeigen. Vielleicht waren auch Fehler in der Erziehung die Ursache; Tante Varwara, die allzu offenherzig alles mit ihrer Nichte besprochen hatte, konnte verantwortlich sein, und dieses ganze Milieu einer russischen Provinzstadt. – Es würde genügen, meinte er, Ariane einmal aufmerksam zu machen.

Aber sehr schnell erkannte er seinen Irrtum. Nein, es war kein bloßer Zufall, wenn sie so sprach. Er erriet darin einen wohldurchdachten Plan, einen überlegten Angriff, ein auf längere Zeit eingestelltes Verhalten. Ein sicherer Instinkt sagte ihm, daß Ariane wisse, wo er verwundbar sei und daß sie diese Waffe nicht aus der Hand geben werde. Und doch war es unmöglich, sie in dieser Weise fortfahren zu lassen ihm das Leben zu vergiften.

An diesem Punkt seiner Überlegungen machte Konstantin plötzlich halt. »Worüber zerbreche ich mir eigentlich den Kopf?« sagte er sich. »Ich halte jeden Abend ein entzückendes unverdorbenes Mädchen in den Armen und habe in ihr die unterhaltendste Ansprache gefunden, die ich jemals hatte. In einem Monat oder sechs Wochen werde ich Rußland verlassen und wir werden einander nie mehr begegnen; lassen wir den Dingen ihren Lauf.«

So sprach er, aber das waren nur Worte, denn im Innern fühlte er noch den bitteren Geschmack, den das Gift Arianes hinterlassen hatte. Da er sich an den Versuchen Klarheit zu erlangen zerstreute, dachte er weiter: »Warum lege ich eigentlich Wert auf die Vergangenheit dieses jungen Mädchens? So viel Wert? Steht sie mir vielleicht doch näher, als ich glaube? Ah, das wäre eine schöne Dummheit! Sich in ein junges Mädchen zu verlieben, das mir, abgesehen von seiner Vergangenheit, ohne jeden Widerstand in die Arme gesunken ist, wie es das bei jedem anderen getan hätte, der zufällig an meiner Stelle gewesen wäre. Sie ist reich durch ihre Jugend und durch ihren Geist; aber sie hat einen Fehler, der mir auf die Dauer unerträglich wäre: sie ist boshaft. Sie versteht es schon jetzt mich zu quälen, aber sie wird diese schändliche Kunst nur so lange üben, wie es mir gefällt, denn ich bin frei und an dem Tage, da es mir zu viel wird, gehe ich meiner Wege. Vorläufig ist es nur der Wunsch, ihre vorgetäuschte Kälte zu besiegen, der mich an sie fesselt, nichts anderes als dieser Wunsch.«

Er begann von der nahen Zukunft zu träumen. Wo würde er in einem Monat sein? In Konstantinopel oder New York? Jedenfalls weit genug von Ariane Nikolajewna. Er wird zu arbeiten haben und dann, wo immer er sein mag, wird es andere Frauen geben. Das Leben ist unerschöpflich; welche Lächerlichkeit daran zu denken, es unter dem schwarzen Mantel einer kleinen Studentin in Moskau zu begraben.

Konstantin Michael war rasch gegangen. Er kam gut gelaunt ins Hotel und nahm, bevor er in sein Zimmer ging, ein leichtes Abendessen. Als er dann seine Wohnung betrat, spürte er noch den schwachen Duft, den er eine Stunde früher am Nacken Arianes eingeatmet. Das Bett war in Unordnung. Es schien, als stiege ein Hauch von Wollust aus seinen Decken, die noch die Wärme ihrer beiden Körper behalten hatten. – Er fühlte ein unwiderstehliches Verlangen, Ariane in seine Arme zu pressen, ihr harte Worte zu sagen, ihr zu sagen, daß er der Herr sei und ihre Ungezogenheiten kein einziges Mal mehr dulden werde und – sie dann endlos zu küssen und zu liebkosen und eine ganze, lange Nacht bei sich zu behalten, neben ihr zu liegen, unter ihrer Berührung einzuschlafen und an ihren schlanken Körper gelehnt zu erwachen ... Und vielleicht würde er dann noch einmal jene Stimme hören, jene zitternde, kindliche Stimme, die er seither nicht vergessen konnte, die er immer wieder zu finden hoffte, auf die er, ohne es sich einzugestehen, wie auf ein Wunder wartete – jene Stimme, die am ersten Abend flüsterte: »Aber ich wehre mich ja nicht.«

Konstantin war auf dem Bettrand sitzen geblieben. Plötzlich sprang er auf:

»Aber ich werde ja närrisch. Ich werde dir zeigen, daß ich frei bin, kleine hergelaufene Ariane.«

Er lief zum Telephon, verlangte die Nummer der Baronin Korting. Trotz der späten Stunde war sie noch wach. Konstantin Michael teilte ihr mit, daß er jetzt endlich ein wenig frei sei und ihr zur Verfügung stehen könne, und bat sie, am nächsten Abend mit ihm zu speisen. Die Baronin verbarg nicht ihre Freude, mit der sie seine Einladung annahm.

Nächsten Abend gegen acht Uhr, als Ariane zu Hause war, rief er sie ans Telephon, um ihr mitzuteilen, daß er ein wichtiges geschäftliches Souper habe, daß er untröstlich sei, sie nicht zu sehen und daß er morgen wie gewöhnlich auf sie rechne.

Sie antwortete bloß: »Gut, also morgen«, und läutete ab.


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