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I.
Eine Brautfahrt durch Prokuration

Die Ehe durch Prokuration, also der bindende Abschluß eines Ehekontraktes durch Bevollmächtigte, ist nur ein Vorrecht fürstlicher Persönlichkeiten, von dem noch bis über die Mitte unseres Jahrhunderts hinaus besonders von regierenden Herren Gebrauch gemacht wurde. Der Grund für dieses staatsrechtlich anerkannte Kuriosum lag nahe genug; er hatte seine Ursache in den erschwerten und mangelhaften Verkehrsmitteln vergangener Tage, die ein persönliches Erscheinen zu dem wichtigen Akte zu einem Opfer an Zeit, Beschwerden, Geld und noch manchem andern machte, wovon wir heutzutage keine Ahnung haben. Zudem erforderte das persönliche Erscheinen eines regierenden Herren solch einen Apparat an Repräsentation, Ceremonieen und dergleichen mehr, daß die Ausgabe kleinere Fürstenhöfe einfach ruinieren mußte, und die weite Reise selbst dem hohen Bräutigam, abgesehen von allem anderen, sich zu einem schwer und bedächtig zu erwägenden Ereignis gestaltete. Die Bekanntschaften der fürstlichen Paare wurden damals durch das Portrait gemacht, nachdem der betreffende Gesandte die Präliminarien und diplomatischen Einleitungen besorgt hatte. Wenn dann der betreffende Maler recht geschmeichelt hatte, man sich gegenseitig gefiel, und der Ehevertrag zur beiderseitigen, oder auch nur einseitigen Zufriedenheit wohl verklausuliert und perfekt geworden war, so sandte der hohe Bräutigam seinen Bevollmächtigten an den betreffenden Hof, und dieser vermählte sich im Namen seines Herrn mit der fürstlichen Braut, um sie dann unter der nötigen Eskorte in ihre neue Heimat zu geleiten, wo die Trauungsceremonie »persönlich« unter großem Pomp wiederholt wurde.

Unsere Zeit mit ihren vorgeschrittenen Verkehrsmitteln hat die Eheschließung durch Prokuration zu einem völlig überflüssigen Schattenbilde gemacht, das eigentlich nur in dringenden Verhinderungsfällen noch Berechtigung hätte. Doch auch in diesen Fällen scheinen die Fürsten unserer Zeit sich von der veralteten Institution emanzipieren zu wollen, wie ja die Vermählung des jetzigen Kaisers von Rußland beweist, welche diesen Schritt durch die besonderen Umstände doch sicher gerechtfertigt hätte. Ist nun aber schon die Ehe durch Prokuration für uns Kinder des neunzehnten Jahrhunderts zu einem Kuriosum geworden, wieviel mehr muß uns nicht eine Brautfahrt durch Stellvertretung eigen anmuten! Da finden wir in Genealogien, Stammbäumen, Ahnentafeln und Geschichtswerken die trockene Notiz, daß König Jakob II. von England sich in zweiter Ehe am 30. September 1673 durch Prokuration mit der Prinzessin Maria Beatrice von Modena vermählte und die persönliche Eheschließung am 21. November desselben Jahres zu Dover erfolgte. Die genealogischen Werke fügen dem noch die Geburts- und Todesdaten hinzu – doch nur vereinzelt erzählt uns die in großen Zügen schreibende Geschichte, daß die schöne Gemahlin des letzten regierenden Stuartkönigs nach vielerlei inneren und äußeren Drangsalen in der Verbannung ihr gottseliges Leben beendet. Aber wie um den zarten Sprößling des Hauses Este, um diese wahrhaft königliche Lilie mit den klassischen Zügen und den tief-schwermütigen Augen geworben wurde, das ist eine Komödie mit Rührscenen, deren Aufzeichnung wir dem alten Kavalier verdanken, der für König Jakob II. auszog, eine Braut zu suchen.

König Jakob hieß damals noch Herzog von York und galt, da die Ehe seines Bruders, König Karl II., mit Katharina von Braganza kinderlos war, für den präsumtiven Thronerben. Späterhin so unpopulär, schließlich verhaßt und endlich vertrieben, war Jakob Stuart damals der Liebling des Volkes und als Lordadmiral der Flotte der Held des Tages. Es war aber niemals eine Gabe der Stuarts, das weise zu erhalten, was ihnen ein gütiges Geschick verlieh, und so beging auch Prinz Jakob Stuart, Herzog von York, im Jahre 1660, 27 Jahre alt, den thörichten Jugendstreich, entgegen den Wünschen seines Volkes und seiner Familie, die Dame seines Herzens, Lady Anna Hyde, zum Altare zu führen und sie zur Herzogin von York zu machen. Sie war die Tochter des Lordkanzlers von England, Thomas Hyde, Graf von Clarendon, der sicherlich damals der unpopulärste und bestgehaßte Mann der vereinigten Königreiche war. Daß der Herzog von York sich durch diese unbesonnene Heirat die Liebe der Engländer entzog und sich bald genug mit der Unbeliebtheit seines Schwiegervaters identifizierte, ist darum kein Wunder, – doch der rasche Schritt war einmal geschehen, und erst der Tod der Herzogin von York im Jahre 1671 gab dem Prinzen eine Freiheit wieder, die er gar nicht einmal begehrte, da die Ehe eine durchaus glückliche war, denn Jakob war damals noch nicht der Schmetterling, welcher der edlen Beatrice von Modena soviel des Herzwehs verursachen sollte. Die Herzogin von York hinterließ ihrem Gemahl zwei Töchter, die beide ihrem Vater als Königinnen folgten, die älteste als Maria II., die jüngere als Anna I., und beide haben sie durch ihr unkindliches Betragen gegen ihren unglücklichen Vater sich ein Andenken gestiftet, das in dem Pamphlet seinen Ausdruck fand:

»There is Mary, ›the Daughter‹, and Willy, the cheater,
and Georgie, the drinker, and Annie, the eater!"

Der erste unbesonnene Schritt in Jakobs II. verantwortlicher Laufbahn als Erbe der Krone war ihm aber durchaus keine Lehre gewesen, und abermals stand er hart an der Schwelle einer neuen Thorheit, indem er sein Herz an eine schöne junge Witwe, Lady Susanna Bellasyse verlor, ihr ein schriftliches Eheversprechen gab, und sie in der That auch zur zweiten Herzogin von York gemacht hätte, wenn der höchst erzürnte König sich nicht ins Mittel gelegt und die Angelegenheit mit seiner ganzen Autorität zum Abschluß gebracht hätte. Lady Bellasyse trat übrigens sofort freiwillig zurück, als sie sah, daß ihr Eintritt in die königliche Familie nicht gewünscht wurde, und behielt zum Andenken an jene Epoche nichts als eine beglaubigte Kopie des Dokumentes ihres feierlichen Verlöbnisses mit dem Herzog von York, für den der König sofort in Negociationen behufs einer standesgemäßen Vermählung trat, um ihn dadurch vor ferneren Herzensthorheiten zu schützen. Die Wahl des Königs für seinen Bruder war auf eine Prinzessin des Hauses Österreich gefallen, auf die Erzherzogin Claudia Felicitas, eine Tochter des Statthalters von Tyrol, Erzherzogs Ferdinand Carl und seiner Gemahlin Anna von Medici. Die Verhandlungen um die Hand der schönen neunzehnjährigen Prinzessin kamen zu einem glücklichen Abschluß, und des Herzogs von York treuer alter Freund Henry Mordaunt, Graf von Peterborough, wurde als Stellvertreter seines Herren zu dem Eheabschluß durch Prokuration nach Innsbruck zum Heimbringen der Braut entsendet, doch infolge mancherlei Intriguen konnte der vortreffliche alte Kavalier erst im März 1673 abreisen, begleitet von einer Chatulle mit Juwelen im Werte von 20 000 Guineen, welche zum Geschenk für die fürstliche Braut bestimmt waren. Der Graf von Peterborough war es nun, der über seine Brautfahrt durch Prokuration einen höchst amüsanten und eingehenden Bericht hinterlassen hat, dessen Original sich heute noch in dem Archive des Hauses Mordaunt befindet und sicherlich ein sehr wertvoller Beitrag ist zu der Geschichte jener Zeit.

Als der Abgesandte des Herzogs von York endlich zur Heimführung der hohen Braut abreiste, und wir gehen wohl nicht fehl, wenn wir annehmen, daß sie es war, die bei dieser verspäteten Abreise ihre Hand im Spiele hatte, da lag Kaiser Leopold I. erste Gemahlin, die zarte, blonde Margaretha Tereza von Spanien, im Sterben, und ehe sie noch ihren letzten Atemzug that, beschloß der kaiserliche Witwer auch schon, die schöne, temperamentvolle Braut des Herzogs von York zur deutschen Kaiserin zu machen, und diese selbst willigte nur zu gern und zu schnell ein, den mächtigeren Thron zu besteigen. Der englische Gesandte in Wien, Sir Bernard Gascoigne kam zum Glück hinter die Intrigue der treulosen Braut, ehe der Graf von Peterborough Wien erreichte; er konnte ihn demnach in seiner verfehlten Reise aufhalten und ihm die ärgerliche Demütigung ersparen, wie ein genasführter Komödienonkel wieder abziehen zu müssen.

Um den verlassenen Bräutigam zu trösten, bot man ihm als Entschädigung die Hand von des Kaisers Schwester, Maria Anna, späteren Kurfürstin von der Pfalz an, doch der Herzog von York dankte sehr kühl für die freundliche Absicht, und befahl dem Grafen von Peterborough, sogleich seine Schritte weiter zu lenken, um eine andere Braut für ihn aus einer ihm übersandten Liste von fünf Fürstentöchtern nach eigener, sorgsamster und gewissenhaftester Prüfung ihres Charakters und ihres Äußeren auszuwählen, und der Graf von Peterborough zögerte nicht, sich auf die Brautfahrt zu begeben, und den delikatesten Auftrag auszuführen, der noch jemals einem Menschen erteilt worden war. Aus seinen eigenen Aufzeichnungen zu schließen, muß der alte Hofmann indes eine ganz hervorragend befähigte Vertrauensperson gewesen sein, der nicht allein seinen Herrn, dessen Charakter, Neigungen und Abneigungen aus dem Grunde kannte und studiert haben mußte, sondern auch die Gabe besaß, den inneren Wert eines Menschen sicher und zuverlässig auf Geist und Herz zu prüfen; nebenbei war er ein Kenner der Schönheit, der sich indes nicht blenden und bestechen ließ, sondern unbeirrt auf den inneren Wert prüfte.

Die erste und zumeist namentlich von dem französischen Hofe empfohlene Kandidatin auf der Liste des Herzogs von York war die verwitwete Herzogin von Guise, eine Prinzessin von Frankreich und Tochter des Herzogs Gaston von Orleans, Bruders König Ludwigs XIII. Ihre Schwestern waren die Großherzogin von Toskana, die Herzogin von Savoyen und die berühmte » Grande Mademoiselle de Montpensier«, fürstliche Häuser, in die hineinzuheiraten dem englischen Hofe ganz wünschenswert war. Aber der Graf von Peterborough sah die Herzogin und entschied in negativem Sinne, denn er fand sie »von schlechter Konstitution, wenig hübsch, unansehnlich und ein wenig verwachsen.« Zudem hegte der getreue Gesandte die Befürchtung zu naher Verwandtschaft, denn die Herzogin war ja in der That des Herzogs von York leibliche Base.

Die zweite Dame in seiner Liste nennt der Graf von Peterborough »Fräulein von Rais« und meint damit zweifellos eine Dame aus dem Hause der regierenden Grafen von Reuß. Jedenfalls war darunter eine der drei Töchter des Grafen Heinrich I. von Ober-Greiz zu verstehen, doch er sah von ihr ein so wenig einnehmendes Bild, daß er auf eine persönliche Bekanntschaft verzichtete, und alsbald die dritte der Kandidatinnen, die Prinzessin Maria Anna von Württemberg, ins Auge faßte. Sie war eine Nichte Herzog Eberhards III. und Tochter des 1671 in französischen Diensten gefallenen Prinzen Ulrich. Ihre Mutter, eine Prinzessin von Arenberg, hatte sich nach Flandern zurückgezogen und ihre Tochter unter dem Schutze des französischen Hofes in Paris zurückgelassen. Die Versorgung, welche die mittellose Prinzessin von der französischen Krone erhielt, bestand darin, daß man ihr in einem Pariser Kloster ein Heim anwies, das zwar ganz standesgemäß war, sie aber zu dem Leben einer Nonne verurteilte. Durch die Vermittelung eines englischen Geistlichen von hohem Range gelang es dem Grafen von Peterborough, Zutritt zu der Prinzessin zu erlangen, und was er in wiederholten Begegnungen von ihr sah und hörte, brachte ihn ganz zu der Überzeugung, die rechte Braut für seinen Herrn gefunden zu haben; ja, er glaubte ihr diese Überzeugung auch nicht vorenthalten zu dürfen. Nach seiner Beschreibung muß diese halb vergessene, verwunschene Prinzessin, die damals noch nicht ganz zwanzig Jahre zählte, eine äußerst sympathische, wenn nicht schöne Erscheinung gewesen sein, hochgebildet, bescheiden, liebenswürdig und jeder Zoll doch dabei die große Dame, schlank gewachsen wie die Tannen ihrer Heimat. Seine Berichte über sie autorisierten ihn bald genug, ihr in Aussicht zu stellen, daß man demnächst ihre Hand begehren würde, doch in der elften Stunde noch traf unerwartet Contreordre ein und ein expresser Kurier beorderte den Grafen, Paris sofort inkognito zu verlassen, und sich nach Düsseldorf an den Hof des Pfalzgrafen Philipp Wilhelm von Neuburg zu begeben, um dort dessen Tochter, die Prinzessin Eleonora, in Augenschein zu nehmen. Der Herzog von York beauftragte seinen Freund, ja recht genau zu prüfen, ob diese Prinzessin ihm geeignet erschiene, ihn, den Herzog, was ihr Äußeres, ihren Charakter und ihre Allüren beträfen, glücklich zu machen, und wenn nicht, sofort nach Paris zurückzukehren, um die Hand der Prinzessin von Württemberg für ihn zu erbitten.

Der Graf von Peterborough hatte, wenn auch in diesem Falle nur ungern, nichts zu thun, als zu gehorchen, und reiste, nur begleitet von seinem ständigen Kavalier und Kurier, Signor Varasani, ab. Daß er in Cöln sogleich von dem englischen Ministerresidenten begegnet und erkannt wurde, scheint den Grafen sehr irritiert zu haben. Dem Wirt des Gasthauses gegenüber, in welchem er in Düsseldorf abstieg, gab er sich als einen Vergnügungsreisenden aus, der die Stadt zu sehen wünsche. Gelegentlich eines Nachmittagsgottesdienstes in der Jesuitenkirche hatte der Graf Gelegenheit, den Hof ganz nahe zu sehen, doch leider trug die Prinzessin dabei eine Kapuze, die ihr ganzes Gesicht verhüllte, so daß nichts übrig blieb, als sich dem Hofe unter dem Vorwande zu nähern, er gehöre zur Suite des englischen Gesandten in Cöln, und hätte den Wunsch, sich auf seiner Durchreise dem Pfalzgrafen vorzustellen, ein Wunsch, der ihm mit so großer Bereitwilligkeit gewährt wurde, daß man wohl annehmen darf, der Pfalzgraf sei auf anderm Wege schon von der Mission des englischen Gentleman unterrichtet gewesen. Diese Annahme fand Bestätigung in der Art, wie der Pfalzgraf während der bewilligten Audienz das Gespräch auf den englischen Hof brachte und dann bemerkte, er habe gehört, daß der Herzog von York sich wieder zu vermählen gedenke. Ärgerlich entgegnete der Graf, ihm sei davon nichts bekannt, und als er kurz darauf um die Erlaubnis bat, auch der Pfalzgräfin, einer hessischen Prinzessin, seine Huldigung zu Füßen legen zu dürfen, wurde er mit einer Bereitwilligung zu der hohen Dame geführt, die ein volles Verständnis der Situation voraussetzen ließ. Die Pfalzgräfin ihrerseits schob sofort ihre Tochter, die Prinzessin Eleonora, in den Vordergrund unter dem Vorwande, daß sie des Französischen nicht mächtig genug sei, und das achtzehnjährige Fürstentöchterlein machte in einer Weise den Dolmetsch, daß sich dem guten Grafen die Absicht der Situation immer klarer aufdrängte. Er beschreibt die Prinzessin Eleonora als eine der lichtesten Blondinen mit dem schneeigsten Teint, die er je gesehen, hübsch, wohlgewachsen, aber er fürchtet, sie würde sicherlich sehr fett werden! Ihren Geist fand er nicht sonderlich hervorragend. Diese Beobachtungen alle, verbunden damit, daß man ihm alsbald einen Kammerherrn des Kurfürsten nachsandte, um ihn unter ein kleines Kreuzverhör zu setzen, bewogen den Grafen, Düsseldorf sogleich wieder zu verlassen, ohne von seiner eigentlichen Mission auch nur das Geringste verraten zu haben. Die Prinzessin Eleonore hat es dem Herzog von York ihr Leben lang nicht vergeben, daß sein Abgesandter kam, sie zu sehen, ohne ihre Hand zu erbitten, und dieser Haß hat Früchte gezeitigt, die damals freilich niemand vorausahnen konnte. Denn das Schicksal wollte es, daß der kleine Pfalzgraf von Neuburg nicht nur Kurfürst von der Pfalz wurde, sondern der mächtige Rival des Herzogs von York, Kaiser Leopold I., machte nach seiner kurzen Ehe mit der schönen Claudia Felicitas von Österreich die blonde Eleonora von der Pfalz zu seiner dritten Gemahlin und zur Kaiserin – erst die begehrte, dann die verschmähte Braut des englischen Thronerben freiend. Sie schenkte ihrem Gemahl nicht weniger als siebzehn Kinder, darunter die späteren Kaiser Joseph I. und Karl IV., und die große Animosität, die man am Hofe des deutschen Kaisers gegen den späteren Jacob II. hegte, ist ganz sicherlich auf den gekränkten Stolz der Kaiserin Eleonora zurückzuführen.

Der Graf von Peterborough kehrte nach seiner verfehlten Mission nach Paris zurück in der sicheren Voraussetzung, dort eine Ordre vorzufinden, die ihn ermächtigte, feierlich um die Prinzessin von Württemberg für den Herzog von York zu werben, doch er rechnete ohne den Faktor, daß die berüchtigte »Freundin« seines Königs, die Herzogin von Portsmouth, die Fäden der Intrigue inzwischen in ihre Hand genommen und die Heimführung der ihr unbequemen Prinzessin mit Glück zu hintertreiben gesucht hatte. Die Braut, welche diese höchst insolente Allmächtige des englischen Hofes für den Herzog von York inzwischen ausgesucht hatte, war die Prinzessin Marie Françoise von Lothringen-Elboeuf, Tochter Herzog Karls III. von Elboeuf und der Prinzessin Katharine-Elisabeth de la Tour d'Auvergne, der Schwester des großen Marschalls Türenne, den der Herzog als seinen ehemaligen militärischen Vorgesetzten hoch verehrte. Diese Brautwahl wäre insoweit sicher keine schlechte gewesen, aber als der Graf von Peterborough kam, die Prinzessin zu sehen, fand er in ihr ein Kind von kaum dreizehn Jahren vor, zurück hinter ihrem Alter, so daß er diesen Plan sofort und definitiv aufgab, wenn ja auch eine erst zu erziehende Herzogin von York der Herzogin von Portsmouth freilich am besten und bequemsten gepaßt hätte.

Vielleicht war diese junge Braut auch nichts anderes als das Mittel zum Zweck der Herzogin von Portsmouth, denn während der Graf von Peterborough wegen jener in Negociationen trat, intriguierte diese so erfolgreich gegen die württembergische Prinzessin, daß der Graf, als er nun vor der Unmöglichkeit dieses neuen Heiratsprojektes stand, sich gezwungen sah, auch jenes fallen zu lassen. Das ging dem alten Herrn sehr nahe, und so voll war sein Herz von Mitgefühl für die schwere und unsäglich bittere Enttäuschung der armen Prinzessin Maria Anna, daß er in seinem Berichte gesteht, er hätte es nicht mehr gewagt, ihr unter die Augen zu treten.

Nach dieser einen, verfehlten Hoffnung, nach jenem einen zerronnenen Traum, der ihr Freiheit, Glanz und eine Königskrone lockend und nahe genug gezeigt, verschwand die »Pensionärin der Krone Frankreichs« wieder hinter ihren standesgemäßen Klostermauern, in denen sie auch schon im Jahre 1693 zu Grabe getragen wurde, – »Eine Rose, gebrochen, ehe der Sturm sie entblättert«. –

Und nun, nach all den langen Mühen, den vielen vergebenen und kostspieligen Reisen, hatte der Herzog wiederum keine Braut. Doch es stand noch ein Name auf der Liste des Grafen von Peterborough, – Prinzessin Maria Beatrice d'Este von Modena, die einzige Schwester des regierenden Herzogs. Noch ehe er seine Brautfahrt angetreten, hatte der Graf das Bildnis der jungen Prinzessin gesehen, und er erklärte feierlich, daß dies Porträt es ihm von vornherein angethan hätte mit seinen wunderbaren, dunkeln, unschuldvollen Augen in dem jungen Antlitz, von dem ein wunderbar helles Licht von Schönheit ausging und zugleich auch ein Zug von Wahrheit und Herzensgüte, so daß es den alten Herrn überzeugte, er hätte in diesem jungen Wesen seine Herrin und das Heil Englands gefunden.

Wie wir wissen, durfte der Graf von Peterborough seinem Herzen in dieser Sache nicht unbedingt folgen, sondern mußte erst Brautschau halten über die anderen Fürstentöchter, die dem englischen Kabinett begehrenswerter erschienen, und obgleich er von allen diesen nur für die Prinzessin von Württemberg eine besondere Vorliebe gefaßt, so gab er doch den Gedanken an die schlanke Lilie von Este nicht auf, und er hatte mehrfache Unterredungen mit dem Abbé Riccini, dem Gesandten von Modena in Paris, welche den Zweck seiner gesuchten Informationen recht deutlich erkennen ließen. Leider hörte er dabei, daß die Prinzessin entschlossen sei, den Schleier zu nehmen und von ihrer Mutter in diesem Entschluß lebhaft unterstützt wurde; doch der Graf fand, daß solch ein Entschluß bei einem jungen Mädchen von kaum fünfzehn Jahren so schwer nicht ins Gewicht fiele und gab seinen Lieblingsgedanken so ohne weiteres nicht bei sich selber auf. Als dann auch die Brautschau bei der kleinen Prinzessin von Elboeuf negativ ausfiel, erhielt er einen Befehl des Königs von England, sich ohne Verzug nach Modena zu begeben. In dieser königlichen Ordre ist es recht amüsant zu lesen, wie König Karl II. nur von einem verfehlten diplomatischen Auftrag des Grafen in Wien spricht, über die fünf inzwischen interviewten Prinzessinnen aber einfach hinweg und zur Tagesordnung übergeht. Der diesmalige Auftrag lautete indes hier ganz klar und bestimmt und enthielt das Beglaubigungsschreiben an die Herzogin-Regentin von Modena behufs Bewerbung um die Hand ihrer Tochter für den Herzog von York.

Der Graf von Peterborough trat seine Reise frohen Herzens sogleich an, aber die Sache begann nicht ermutigend, da er nach kaum drei Tagesreisen von einem Briefe angehalten wurde, in welchem der Sekretär der Herzogin-Witwe ihn darüber informierte, daß eine Weiterreise zwecklos sei, indem die Prinzessin entschlossen wäre, den Schleier zu nehmen und die Herzogin ihn darum bitten lasse, seine Reise aufzugeben. Das that der Graf nun allerdings nicht, so unangenehm ihn auch der Echec berührte, – er spielte den Erstaunten, gab sich für einen Vergnügungsreisenden aus, und – setzte seine Reise fort. In Turin angelangt, erwartete ihn derselbe Bescheid wie in Lyon, doch der dortige französische Gesandte war ganz seiner Ansicht, nämlich, daß man niemals so heiß speise, als gekocht würde, und mit Geduld und Ausdauer sich immer etwas erreichen lasse. Auf den Rat dieses weisen Mannes hin begab sich der Graf direkt nach Piacenza, wo er sich fürs erste häuslich niederließ. Daß man jede seiner Bewegungen sorgsam verfolgt hatte, bewies der Umstand, daß schon am dritten Morgen nach seiner Ankunft der Sekretär der Herzogin bei ihm erschien und ihm ein Schreiben seiner Herrin übergab, in welchem sie zwar das in Lyon und in Turin Gehörte wörtlich wiederholte, jedoch dem Grafen, als dem Abgesandten eines so mächtigen Königs, es schuldig zu sein glaubte, ihm die Gründe ihrer Ablehnung mündlich darlegen zu müssen und im übrigen darauf hinwies, daß das Haus Este noch andere Prinzessinnen besäße, welche es sich zu Ehre rechnen würden, dereinst den Thron Englands zu schmücken.

Es scheint den guten Grafen über alle Maßen empört zu haben, daß man ihm mit der Ablehnung einer Offerte ins Haus fiel, ehe er dieselbe noch gemacht hatte, und darum beharrte er seinerseits eigensinnig genug darauf, nur ein Vergnügungsreisender zu sein, dem es völlig fern läge, jemanden mit Dingen zu belästigen, die ihm unangenehm schienen, und – blieb in Piacenza.

Der alte Herr war jedenfalls ein ganz richtiger Rechner, der zudem wußte, mit wem er es zu thun hatte. Denn die Herzogin-Witwe und Regentin von Modena war ja eine der berühmten Nichten des Kardinals Mazarin, die Tochter seiner Schwester, die wunderschöne, geistvolle Laura Martinozzi, Gräfin von Fano, dereinst die angebetete Herzensflamme eben jenes Herzogs von York, der nun – ihr Schwiegersohn werden wollte. Sie damals zu heiraten, hatte Prinz Jakob wohl kaum geträumt, und der Kardinal hätte sich auch gehütet, seine Nichte an einen verbannten Prinzen zu verheiraten, der nicht einmal das Hemd auf dem Leibe sein Eigen nannte. So wurde die schöne Laura Herzogin von Modena, und derselbe arme Prinz kam nun als Erbe eines der mächtigsten Throne mit großer Pracht und Herrlichkeit um die Großnichte des berühmten Kardinals zu werben. Das Bild hatte sich verschoben.

Man darf der Herzogin von Modena aber dennoch kein kokettes Zurückweichen, um anzuziehen, vorwerfen. Sie kannte ihre Tochter und hatte den Fall mit ihr besprochen, als das erste Gerücht von den Absichten des Herzogs von York zu ihr drang. Maria Beatrice war damals noch nicht ganz fünfzehn Jahre alt, und wenn man einen Menschen je mit einer Lilie vergleichen darf an Erscheinung und Seele, so verdiente sie sicher diesen hochpoetischen und vielsagenden Vergleich. Sie war groß, schlank und biegsam gewachsen und, wie alle Südländerinnen, weit ihren Jahren voraus; ihr Gesicht war von einer wahrhaft klassischen Schönheit, durchgeistigt von dem Ausdruck einer Reinheit und Herzensgüte, der ihm etwas Engelhaftes verlieh. Was ihre geistige Ausbildung anbelangte, so schrieb und sprach sie außer ihrer Muttersprache französisch und lateinisch, malte recht ansprechend und war eine leidenschaftliche und vortreffliche Musikerin. Von den königlichen Wissenschaften der Geschichte und Geographie hatte sie keine blasse Ahnung, sie wußte nicht, daß es ein Königreich England gäbe und daß der König einen Bruder habe, war ihr natürlich noch fremder. Jedenfalls brach sie in einen Strom von Thränen aus, als die Herzogin ihr vorsichtig auseinandersetzte, welch' brillante Zukunft ihrer durch jenes Eheprojekt warte, erklärte nur im Kloster glücklich sein zu können und meinte naiv genug, für einen Herrn von vierzig Jahren wie den Herzog von York sei doch eine Braut von dreißig, wie ihre Tante z. B., weit passender. Das Resultat dieser und noch vieler anderer Unterredungen war, daß die Herzogin dem Grafen von Peterborough schließlich offiziell die Hand einer ihrer unvermählten Schwägerinnen als Ersatz für die ihrer Tochter antrug, was der Graf ebenso offiziell und definitiv ablehnte, da diese Prinzessinnen gar nicht seinen Idealen einer Braut für seinen Herrn entsprachen. Inzwischen aber trat in der Person des Marquis d'Angeau, der im Namen des Königs von Frankreich eintraf, die Angelegenheit in eine neue Phase, und der vielgewandte Diplomat wendete seinen Hochdruck so geschickt an, daß der Graf von Peterborough in Piacenza schon nach sehr kurzer Zeit den Wink erhielt, nach Modena zu kommen, da man dort jetzt geneigt sei, seine Eröffnungen mit günstigeren Ohren zu hören. Ob die Überredung der großen Jugend der Prinzessin gegenüber eine sehr schwierige war, bleibe dahingestellt, die Herzogin hat sicher das ihrige dazu beigetragen, geblendet von der glänzenden Zukunft ihres Kindes.

Vielleicht that sie's in der besten Absicht, vielleicht nur aus Ehrgeiz, wer kann das entscheiden? Daß sie in die Zukunft nicht sehen konnte, wird niemand ihr übel nehmen, daß sie hingegen so schwer irren und verkennen konnte, daß sie ihr Kind thatsächlich seinem wahren Beruf entriß, indem sie es den schützenden Klostermauern entzog und zwang, einem fremden, ungeliebten, gefürchteten Gatten sich zu vermählen, das steht freilich auf einem andern Blatte.

Mit dem letzten Einwande der Herzogin, es bedürfe zum Perfektwerden der Angelegenheit nun noch des päpstlichen Dispenses für die Prinzessin, um einen Fürsten heiraten zu können, der sich bisher noch nicht offen zur katholischen Kirche bekannte, (der Herzog von York war mit seiner ersten Gemahlin thatsächlich schon 1671 zu der katholischen Kirche übergetreten) waren die diplomatischen Schwierigkeiten für den Grafen von Peterborough indes noch lange nicht beendet. Die Herzogin hätte kein Mazarinisches Blut in den Adern haben müssen, wenn sie nicht versucht hätte, aus der Gelegenheit allerhand Münze zu schlagen, und das hat sie denn auch redlich gethan, wie der Graf in seinen Memoiren treulich und grimmig berichtet.

Von Rom kamen inzwischen recht entmutigende Nachrichten an, denn der Papst zeigte sich der Heirat durchaus abgeneigt und wurde darin von dem Kardinal Altieri auf das nachdrücklichste unterstützt. Der Graf aber ließ sich nicht abschrecken und erlangte trotz der ungünstigen Lage der Dinge die Gunst einer persönlichen Begegnung mit der Prinzessin, die er, um seine eigenen Worte zu gebrauchen, schildert wie folgt: »Sie ist groß und bewunderungswert gewachsen, ihre Haut ist von durchsichtigem Weiß, ihr Haar schwarz wie Kohle, ebenso ihre Augenbrauen und Augen, aber die letzteren sind so voll von Licht und Sanftmut, daß sie blenden und bestricken zugleich. Ihnen scheint von der Natur eine eigene souveraine Macht verliehen zu sein, die Macht zu töten und zu retten, und in ihrem ganzen Antlitz, welches im reizendsten Oval gebildet ist, sind all die Züge, all die Schönheit, und alles, was ein menschliches Wesen groß und anmutig macht, vereint.« Die Unterredung muß indes doch den ganzen Witz des Grafen erfordert haben, denn er berichtet, wie die Prinzessin nicht umhin gekonnt habe auszusprechen, sie wundere sich, warum man gerade um ihre Hand mit solcher Ausdauer werbe, da es doch noch so viele und würdigere Prinzessinnen in der Welt gebe, und wenn es gelänge, eine Einwilligung von ihr zu erzwingen, so wäre dieselbe sicher nicht ihren Neigungen entsprechend, welche sie auf ein ganz anderes Leben hinwiesen. Ja, sie beschwor den Grafen sogar unter Thränen, auf seinen Herren einzuwirken, damit er davon Abstand nähme, gerade sie mit seiner Werbung zu verfolgen.

Das war ja nun deutlich genug, doch der Graf, der ganz von dieser lilienhaften Schönheit bezwungen war, bat sie um Verzeihung, wenn er ihr nicht gehorchen dürfe, weil er der Überzeugung wäre, daß sie das Heil seines Vaterlandes sei. Auf dieses Argument verstummte Maria Beatrice, doch nicht weil sie geschmeichelt, sondern weil sie einfach am Rande der Verzweiflung angelangt war. Der alte Diplomat aber fand es angezeigt, sich über das unfreundliche Benehmen der Prinzessin zu beschweren und erhielt die tröstliche Zusicherung, daß die Weigerung der jungen Fürstin ohne Bedeutung sei, denn in Italien pflegten die jungen Mädchen immer nur diejenigen Männer zu heiraten, welche ihnen von ihren Eltern ausgesucht würden.

In der That war von einem Wollen oder Nichtwollen der Prinzessin überhaupt schon lange keine Rede mehr. Der Konsens aus Rom traf nicht ein und die Herzogin entschloß sich nach langen Skrupeln, ihre Tochter ohne Konsens, auf Frankreichs Rat zu vermählen, doch die Schwierigkeit war, einen Priester zu finden, der dazu bereit war. Der Bischof von Modena weigerte sich schlankweg, aber endlich fand sich ein armer englischer Jakobist, Namens White, der nichts zu gewinnen und nichts zu verlieren hatte, und das arme Opferlamm wurde an den Altar geschleift. Nicht gerade an den Haaren natürlich, wie in einem Schauerromane, aber doch mit Worten, durch den Befehl ihrer Mutter, dem sie es wagte, sich zum erstenmale entgegenzustellen. Das Resultat war natürlich eine völlige Niederlage, ein absolutes Brechen jedes eigenen Willens, ein stummes, scheues Gehorchen unter der Geißel bitterer Worte.

Und so trat der Graf von Peterborough denn am 30. September 1672 unter unerhörtem Pomp an den Traualtar, um im Namen seines Herrn, des Herzogs von Jork und Albany, die Prinzessin Maria Beatrice von Este sich zu vermählen, getraut durch einen ungehorsamen, armen, englischen Priester, nicht nur ohne päpstlichen Dispens, sondern im direkten Widerspruch mit dem römischen Verbot dieser Heirat. Am Tage darauf wurde in der Kathedrale ein feierliches » Te deum« gesungen, was der Bischof anscheinend ohne Widerspruch geschehen ließ.

Die stumme Resignation der jetzigen Herzogin von York brach indes völlig nieder, als der Augenblick ihrer Abreise in ihre neue Heimat nahte. Sie schrie und weinte Tag und Nacht in einer solchen Agonie der Verzweiflung, daß alles um sie ratlos war, und erst, als die Herzogin sich entschloß, sie zu begleiten, wurde sie wieder ruhiger, und man konnte an die Abreise denken. Erwähnt sei nebenbei, daß die Abwesenheit der Herzogin einer Gegenpartei den Boden gab, sie von der Regentschaft abzusetzen. – ein Umstand, wegen dessen sich Maria Beatrice späterhin die bittersten Vorwürfe über ihr kindisches Betragen machte.

Die endlos lange Reise war überdies noch eine recht schwere Prüfung für die arme junge Braut, und die Überanstrengung von Geist und Körper bewirkten, daß sie, kaum in Paris angelangt, einen zum Glück nur leichten Anfall von Nervenfieber hatte, der sie in ihrer Reise um einen Monat aufhielt. Staatsvisiten von und an den Hof von Versailles waren trotz des Inkognitos natürlich unvermeidlich und scheinen die zarte junge Frau recht ermüdet zu haben. Trotzdem aber schob sie selbst den Augenblick ihrer Abreise nach England in einem natürlichen Gefühl der Furcht so weit hinaus als möglich, und während sie das that, war in England selbst eine starke Partei thätig, um zu verhindern, daß sie überhaupt kam. Der Vorwand dazu waren die Bedenken, die sich gegen die Konfession der jungen Fürstenbraut erhoben, der wahre Grund war der beabsichtigte Ausschluß des Herzogs von York von dem Throne, der, nachdem alle anderen Mittel fehlgeschlagen, die Heirat zu verhindern, endlich auch in dürre Worte gekleidet und dem Könige als Forderung gestellt wurde.

Der König lehnte das Ansinnen kurz und entrüstet ab, und am 21. November landete Maria Beatrice von Modena in Dover, empfangen von dem Herzoge, ihrem Gemahl, der sie in seinen starken Armen unter dem Jubel der Zuschauer an den Strand trug, hingerissen von ihrer einzigen Schönheit. An demselben Tage noch fand die feierliche persönliche Vermählung statt, und damit endet auch der Bericht von der Brautfahrt des Herzogs von York durch Prokuration.

Die von der schönen jungen Braut selbst bekannte anfängliche Abneigung gegen ihren um so viel älteren Gemahl verwandelte sich bald genug in eine so tiefe und reine Liebe, wie sie nur einem so reinen Herzen entsprossen kann; es wäre wohl auch das erste Herz gewesen, das der schöne, ritterliche Stuart nicht bezwungen hätte. Leider hat er durch seine zahlreichen Untreuen dieses reine, stolze und edle Herz aufs grausamste verwundet, gekränkt und verletzt, doch hat er nicht vermocht, sich diesen reichen Schatz zu entfremden. Treu hat Maria Beatrice zu ihrem königlichen Gemahl gestanden in den Tagen des Glanzes wie in der Trübsal, in Flucht, Verbannung und Armut, von ihren vielen Kindern blieb ihr nur eines, der seiner Rechte so schmählich beraubte Prinz Jakob, und vor ihr schied auch Jakob II. aus diesem Leben, das er so leicht genommen, das ihm aber das Schwerste gebracht. Siebzehn Jahre hat ihn Maria Beatrice überlebt, und sie endete, wo sie gehofft hatte zu beginnen: im Kloster. Unter den Nonnen von Chaillot bei Paris lebte sie den Rest ihres reinen, fleckenlosen Lebens dahin bis zu ihrem gottseligen Tode, und die Aufzeichnungen, die sie hinterließ, sind nur der Spiegel ihres Charakters, der immer mild gegen andere, immer streng gegen sich selbst war.


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