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Der gute Rat

Eine reiche, ab er schon bejahrte Witwe, fühlte noch Lust zum Heirathen. Sie stürmte täglich den Pfarrer des Orts, ihr guten Rath zu ertheilen, da sie in ihren jungen, hübschen Knecht sehr verliebt war. Der Pfarrer, als ein kluger Mann, rieth ihr weder zu noch ab, sondern ermahnte sie bloß, die Sache wohl zu überlegen. Da sie indessen immer in ihn drang, so sagte er, sie sollte Acht geben, was das Geläut am Sonntag ihr rathen würde. Der Sonntag kam, und als mit 2 Glocken geläutet wurde, so glaubte die Witwe deutlich zu hören: nimm den Knecht! Nimm den Knecht! Denn die Verliebten sehen und hören, was sie wollen. Sie heirathete den Knecht, und bemerkte es bald, daß er nicht sie, sondern nur ihr Geld hatte haben wollen. Er mißhandelte sie, und sie war von der Frau zur Magd hinabgesunken. Da sie dem Pfarrer Vorwürfe seines Rathes wegen machte, so antwortete er; sie hätte warten sollen, bis mit allen, mit 3 Glocken geläutet wurde, da würde sie gehört haben: nimm nicht den Knecht! Nimm nicht den Knecht! Die arme Betrogne rief: Ach hätte ich das gewußt! Es war zu spät. Sie hätte früher bedenken sollen, daß Kapaunen und Kuhefleisch in einem Topf nicht zusammen passe; daß der alte Kalender mit dem neuen nicht übereinstimme; daß sich alte Spitalwaare nicht für einen neuen Kramladen schicke.


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