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Margaret

»Margaret!
Nun versprich mir und reich' mir dein Hündchen,
Daß ihr nicht aus der Stube geht!
Hier ist Brot und ein Rauchwurstendchen!
Wieg', wenn's dämmert, den Plumpsack ein!
Bist mein tapfres Mütterlein!« – – – – –

Der so sprach, war ein sächsischer Reiter.
Kommandiert gegen Friedrichs Schar.
Margarete die war nichts weiter
Als ein Kind, noch nicht ganz sechs Jahr.
Aber wenn ihr Händlein am Morgen
In des Reiters Reiterfaust lag,
Wußte der: ich brauch' nicht zu sorgen
Für die Würmer den langen Tag!

Februartag. – Eiswettergrausen! –
Gegen den Lenz hin der Winter rast. – –
Alle Büsche und Bäume verglast
Und darüber Wildsturmesbrausen.
Alle Landwege tief verweht.
»Eia Popeia!« sang Margaret. – –
Doch der Plumpsack wollte nicht schlafen.
Von einer Weide mit goldenen Schafen,
Von einem Silberschlosse im Mond,
Drin das verstorbene Mütterlein wohnt,
Von dem Nix, der sein Goldhaar strählt,
Von dem Alp hat sie ihm erzählt.
Mit ihrem Fingerlein spielte sie Spiele,
Baute ihm Städte auf holpriger Diele
Von Kastanien und Eicheln und Moos,
Band ihm sein Röckchen, nahm's auf den Schoß,
Führte den Stolper vom Fenster zur Türe,
Spielte mit ihm, daß die Mutter ihn führe,
Die gekommen in gleißendem Glast,
himmelsschön, als ein hoher Gast.
Tischte ihm dann auf dem Herde sein Süppchen,
Machte das Holzscheit zum stattlichen Püppchen,
Saß, als die Dämmerung gruselig sank,
Singend bei ihm auf der Ofenbank.

Samtenes Dunkel floß in die Stube.
Nicht ins Bettchen wollte der Bube,
Zeigte draußen auf Mond und Stern.
»Feurio!« scholl es da laut von fern. – – –
All die Dunkelheit rollte zusammen.
Winziges Mütterlein, sieh mal die Flammen!
Überm Nachbarhaus gegen das Dach
Der Kathedrale lodert es jach.
Lohende Flammen, Rauch, der sich ringelt,
Schwarz ist der Marktplatz von Menschen umzingelt.
Mit einem Grausen, das keiner nennt,
Sagte das Mütterlein: »Lutz, – es brennt!«

Als sie die Flamme sah, wollte sie fliehen,
Rasch das Plumpsäcklein mit sich ziehen,
Aber, – – o Schreck –: des Vaters Gebot!
Glutrot ist die Stube durchloht,
Alles rennt, was im Städtchen gehauset,
Glühender Atem das Mägdlein umgrauset,
Und des Fensterleins Scheibe zerspringt. –
Margaretlein zittert und singt.

Leise sang sie. »Eia Popeia.
Schlafe Jungchen, was raschelt im Stroh?« –
Und der Sturm sang: Heia juchheia!
Und das Feuer sang: Furio!

Mitternacht. – – Fast kein Bett mehr, kein Bettchen,
Und keine Glocke, die's sagen kann! –
In das veräscherte, qualmende Städtchen
Jagte spornstreichs der Reitersmann.
Rasender Nachtsturm; – – Rauchwolken schaukeln. –
O die Bilder, die ihn umgaukeln,
O die grausige Angst und Pein –:
Margaret, – armes Mütterlein! – – – –

War zu stolz, um einen zu fragen. –
Erste Reiterfurcht hatt' ihn am Kragen.

»Ach du mein Herrgott, mein Häuslein steht!« –

Alles verbrannt rings! – – – Margaret
Lag wie ein Leichlein im wüsten Grauen,
Nein, wie ein Engelein anzuschauen,
Lebend, lieblich, nur still wie nie.

Der verängstigte Plumpsack schrie.
»Herzkind, sprich, wer hat euch gerettet?«
»Weiß nicht!« klang's.
›Der die Sterne kettet
In die strenge, ewige Bahn,‹
Dachte der Reiter, – – › der hat's getan!‹

*

 


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