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Die Armringe

Zu Rolf Krake, dem in den Locken das Alter hing,
Trat in die Halle, leuchtend von Jugend, ein Edeling.
Riß die Tür auf und ließ, wie der Sturmwind, sie offen weit,
Stand vor Rolf Krake in Wildheit und Herrlichkeit,
Seine Blicke wie Blau und Gold auf Schwertstahl in eins geflammt,
Grüßte lärmend Rolf Krake, den hohen, der Thor entstammt,
Bot ihm laut seine Schwerthilfe an zu Land und See.

Und Rolf Krake verwand ein rasch aufzuckendes Weh,
Wehrte stark einem Zorn, der jäh zu dem Stürmischen schoß,
Nahm ihn auf zu seinem Vasallen vor Mannen und Troß,
Schenkte ihm, vom eigenen pulsenden Blute noch warm,
Den goldenen Armring von seinem mächtigen rechten Arm.
Als er ihn hingab, war's ihm, als schenkte er seine Kraft.
Leicht wog der Fremdling den Ring, lachte knabenhaft,
Reckte sich dann, daß sein Blick die Halle umfing,
Sprach: »Ich stehe zu dir, Rolf Krake, durch diesen Ring,
Stehe treu zu dir in der Mannen und Freunde Schwarm. –
Nun schenke mir auch deinen Armring vom linken Arm!«

Rolf Krake ward bleich, – hatte nie von Erbleichen gewußt.
Preßte krampfend die Hand auf die eisenbeschildete Brust,
Als zerdrücke er drin ein schleichendes, ringelndes Ding,
Doch zog voll Ruhe vom linken Arme den goldenen Ring.
Als schenk' er sich selbst weg, so war's ihm, als er ihn bot.
Hell lachte der Fremdling und strahlte wie Morgenrot:
»Als deiner Feinde Feind will ich zu dir stehn, jung zu alt!«
Und Rolf Krake sah stumm auf die herrische Jugendgestalt,
Und sah oft durch den Schwarm seinen gleißenden Armringen nach.
Der Fremde hielt groß, was sein lachender Mund versprach.
Hat mit Krakes Gesellen gezecht und schütternd gelacht,
Zog mit Krake und seinen Mannen zur Wellenschlacht,
Zog wie aus Sonnenhöhen den Ruhm auf Schild und auf Speer.
Rolf Krake ward grau, und der Held ward wie einstmals er.
Neben Krakes Königsruhm ging sein Waffenruhm über Land.
Rolf Krake saß oft, das sinnende Haupt in der Hand.
Gegen sich selber führte er harten, herrischen Krieg,
Bis sein Gönnen adlerhoch über sein Neiden stieg,
Bis er still ward und stolz an des herrlichen Recken Pracht.

Neben dem Strahlenden ritt der Greisende nun zur Schlacht.
Und es gab sich einst, daß jener fern hinter ihm stand.
Da fiel der Zügel machtlos aus Krakes Hand; –
Er wankte, als hielt' er des Lebens Rosse nicht mehr.
Auf leuchtendem Tier stob da strahlend der andere her.
Grollende Unmacht machte den Bleichenden warm.

Dann ließ er sich fallen. Und fiel in des Anderen Arm.
Noch ein Zucken der Scham. Doch der Andre umfaßte ihn,
Und mit brechendem Auge erkannte Rolf Krake – Odin.

Eine Goldklang strömende Stimme sprach voll und laut:
»Ich war's, in dem du opfernd dein einstiges Ich geschaut!
Deine beiden Armringe gabst du in meine Hand!
Und nun auf – auf goldroten Rossen nach Walhalls Land
In ewige Kraft und in ewiges Jugendglück!
Deine beiden Armringe geb' ich dir dort zurück!«

*

 


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