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Der Troll

Es brach in das Gehöft des reichsten Erben
Auf einmal rätselhaftes Unglück ein,
Mißwachs und Seuche, Sterben und Verderben.

Verzaubert schienen Haus und Hof zu sein. –
Kein Glück, kein Lachen mehr, kein Freun, kein Frieden!
Kein Werk gedieh; kein Tag ging heiter aus.
Verzweifelt schrie der Mann: »Es ist entschieden,
Es lebt ein böser Geist in meinem Haus!
Das Unheilsgarn liegt in Gespensterhänden;
Unsichtbar waltet hier ein böser Troll!
Ich aber schwör's, ich will den Zauber enden,
Und wenn ich selber dabei enden soll!

Wild fing er an, die grause Jagd zu führen;
Kühn, ungefüge, heftig, wie er war,
Ging er daran, den Unhold aufzuspüren.

Erfolglos aber schwanden Jahr um Jahr, –
Da, in der Nacht einst, in des Frühmonds Schimmer,
Trat, wie aus einem schattenhaften Spalt,
Zu ihm, dem fiebernd Wachenden, ins Zimmer
Auf einmal eine schreckliche Gestalt.
»Jetzt weh dir, grauenvoller Unheilbringer! –«
Und tobend, glühend, wilden Zornes voll,
Warf sich der Mann, der hünenhafte Ringer,
Auf das Gespenst. –

Und er bezwang den Troll.
Er hielt ihn nieder an den starken Lenden,
Er kniete stöhnend auf des Feindes Brust,
Er hielt den blauen Stahl schon in den Händen. –

Da kam ihm eine ungestüme Lust,
Daß er dem Geist ins wilde Antlitz spähe;
Er bog sich nieder, keuchend, zitternd, dicht,
Und sah – in klarer grausenhafter Nähe,
Hohnvoll verzerrt –: sein eignes Angesicht!

Klirrend entfiel das Messer seinen Händen. –

Die Sage, die ich künden will, ist aus.
Und so muß manche dunkle Sage enden!

So haben manche ihren »Troll« im Haus.

*

 


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