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Botschaft

Der König reitet in die Moschee.
Bittende decken den Weg wie Schnee.
Eine schrille Stimme steigt empor:

»König, hör' – mich, – ich – suche – dein – Ohr!«
Doch sie ertrinkt in der andern Klage.

»König, – ich reite sieben Tage
Aus meinem Dorfe in deine Stadt.
Siebenmal kam ich und kniete totmatt
An deinem Wege mit diesem Ringe,
Daß ich dir eine Botschaft bringe.
Du gehst durch das Flehen, das dich umgellt,
Wie eine Perle durch Wasser fällt.
Mein Schrei ist wie Regen auf starrer Seide
Du streifst ihn achtlos von deinem Kleide,
Aber ich werf' ihn dir wieder empor!
König, höre, ich suche dein Ohr! –
Die, König, der du den Ring gegeben,
Hat nur noch wenige Tropfen Leben.
Ich rufe dich zu ihr! Sie kann nicht vergehn,
Bis sie den Liebsten wiedergesehn.
Ich soll dir künden, – – aber wie dringe
Ich in deine Blindheit mit meinem Ringe?
Deine satten Augen wollen nicht sehn.
König, ich schrei' mich in dein Verstehn!

Und plötzlich schrie er, – der König erblich, –
Wahnwitzig gell: »König, höre mich!
Stehe dem Haltschrei, der zu dir schreit,
Daß du nicht in der Ewigkeit
Wie ich hinter dir, hinter mir mußt jagen!« –

Da hat ein Wink in den Lärm geschlagen,
Daß Schweigen wie Eiswind drüber ging.
Der König ward sehend, sah den Ring,
Ward hörend, hörte die ferne Klage,
Und er ritt noch am selben Tage,
Daß er sieben Rosse verdarb,
Und küßte die Sterbende, ehe sie starb.

*

 


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