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Drittes Kapitel

Königin, Witwe und dennoch Königin

Juli 1560 bis August 1561

Nichts hat die Lebenslinie Maria Stuarts so sehr ins Tragische gewendet, als daß ihr das Schicksal alles an irdischer Macht so trügerisch mühelos in die Hände gibt. Ihr Aufstieg erfolgt in derart raketenhaft geschwinder Kurve – mit sechs Tagen Königin von Schottland, mit sechs Jahren Braut eines der mächtigsten Prinzen Europas, mit siebzehn Jahren Königin von Frankreich –, daß sie das höchste Maß an äußerer Macht schon in Händen hält, noch ehe ihr inneres Leben wahrhaft begonnen hat. Alles fällt ihr aus unsichtbarem Füllhorn scheinbar unerschöpflich zu, und nichts davon ist durch eigenen Willen erworben, durch eigene Kraft erkämpft, nichts Mühe und nichts Verdienst, alles Erbe, Gnade und Geschenk. Wie im Traume, wo alles flughaft-farbig vorüberflieht, erlebt sie sich im Hochzeits-, im Krönungskleide, und ehe sie mit wachen Sinnen diesen verfrühten Frühling begreifen kann, ist er schon verblüht, verwelkt, vorüber, und sie erwacht enttäuscht, geplündert, beraubt, verstört. In einem Alter, da andere erst zu wünschen, zu hoffen, zu begehren beginnen, hat sie bereits alle Möglichkeiten des Triumphes durchschritten, ohne Zeit und Muße gehabt zu haben, ihn auch seelisch zu erfassen. In dieser Vorschnelle ihres Schicksals ist aber auch das Geheimnis ihrer Unruhe und Ungenügsamkeit im Samenkorn verschlossen: wer so früh die Erste eines Landes, einer Welt gewesen, wird sich nie mit kleinem Lebensmaß mehr bescheiden können. Nur schwache Naturen verzichten und vergessen, die starken aber fügen sich nicht und fordern auch das übermächtige Schicksal zum Kampfe heraus.

In der Tat, wie ein Traum geht diese kurze Königszeit in Frankreich dahin, wie ein hastiger, unruhiger, angstvoller, sorgenvoller Traum. Die Kathedrale von Reims, wo der Erzbischof dem blassen kranken Knaben die Krone auf das Haupt drückt und die schöne junge, mit allen Juwelen des Schatzes geschmückte Königin inmitten des Adels wie eine schmale, schlanke, noch nicht voll erblühte Lilie aufleuchtet, schenkt ihr einen einzigen, farbig vorstrahlenden Augenblick, sonst meldet die Chronik keine Feste und Fröhlichkeiten. Das Schicksal läßt Maria Stuart keine Zeit, jenen troubadourischen Hof der Künste und der Dichtung zu schaffen, von dem sie träumte, keine Zeit auch den Malern, das Bild des Monarchen und seiner schönen Gattin in Prunkgemälden festzuhalten, keine Zeit den Chronisten, ihren Charakter zu schildern, keine Zeit dem Volke, seine Herrscher kennen oder gar lieben zu lernen; wie zwei hastige Schatten, von bösem Wind gejagt, fliehen diese beiden Kindergestalten in der langen Reihe der Könige von Frankreich vorüber.

Denn Franz II. ist krank und von Anbeginn zu frühem Tode gezeichnet wie ein Baum im Wald. Ängstlich, mit schweren, müden, wie vom Schlaf aufgeschreckten Augen, blickt aus rundem, gedunsenem Gesicht ein fahler kleiner Knabe den Betrachter an, und ein plötzlich einsetzendes und darum unnatürliches Wachstum schwächt noch mehr seine Widerstandskraft. Ständig wachen die Ärzte um ihn und raten dringend zur Schonung. Jedoch in diesem Knaben pocht ein törichter, kindischer Ehrgeiz, hinter seiner schlanken, sehnigen Gemahlin, die Jagd und Sport leidenschaftlich liebt, nicht zurückzubleiben. Er zwingt sich gewaltsam zu hitzigen Ritten und körperlichen Anstrengungen, um sich Gesundheit und Männlichkeit vorzutäuschen; aber die Natur läßt sich nicht betrügen. Sein Blut bleibt unheilbar matt und vergiftet, schlimmes Erbteil seines Großvaters Franz I., immer wieder fallen Fieber ihn an, bei jedem scharfen Wetter muß er zu Hause sitzen, ungeduldig, ängstlich und müde, ein kläglicher Schatten, von der Sorge vieler Ärzte umringt. Ein solch armer König weckt an seinem Hofe mehr Mitleid als Ehrfurcht, im Volke dagegen gehen bald böse Mären um, er sei leprakrank und bade im Blute frischgeschlachteter Kinder, um zu genesen; finster blicken die Bauern dem kümmerlichen Jungen nach, wenn er fahl und langsam auf seinem Rosse vorbeitrabt, die Höflinge aber beginnen schon vorausdenkend, die Königinmutter, Katharina von Medici, und Karl, den Thronerben, zu umscharen. Mit solchen matten, schwachen Händen vermag man die Zügel der Herrschaft nicht lange straff zu halten; ab und zu malt der Knabe mit steifer, ungelenker Schrift sein »François« unter Dokumente und Dekrete, aber in Wahrheit regieren die Verwandten Maria Stuarts, die Guisen, statt seiner, der nur um eines kämpft: sein bißchen Leben und Kraft möglichst lange festzuhalten.

Eine glückliche Ehe, falls es überhaupt eine wirkliche gewesen, kann man ein solches In-Krankenstuben-Beisammensein, ein solches stetes Sorgen und Behüten kaum nennen. Aber nichts wiederum läßt annehmen, daß diese beiden Halbkinder sich nicht vertragen hätten, denn selbst ein so bösartig geschwätziger Hof, an dem Brantôme jede Liebschaft in seinem »Vie des dames galantes« verzeichnete, findet über Maria Stuarts Verhalten kein Wort des Tadels oder der Verdächtigung. Lange ehe sie die Staatsraison vor dem Altar verbunden, waren Franz und Maria Stuart Kameraden gewesen, kindliche Spielgemeinschaft hatte sie längst vereint und das Erotische darum kaum eine wesentliche Rolle bei diesen Halbkindern gespielt: es wird noch Jahre dauern, ehe in Maria Stuart die Fähigkeit leidenschaftlicher Hingabe erwacht, und Franz, der fiebermatte Knabe, wäre der letzte gewesen, sie in dieser verhaltenen, tief in sich verschlossenen Natur zu erwecken. Gewiß hat gemäß ihrem mitleidigen und gefällig gutmütigen Wesen Maria Stuart ihren Gemahl auf das sorglichste gepflegt, denn wenn schon nicht vom Gefühl, so mußte sie doch vom Verstande her wissen, daß all ihre Macht und Herrlichkeit an den Atem und Herzschlag dieses armen siechen Knaben gebunden war und daß sie ihr eigenes Glück verteidigte, indem sie sein Leben behütete. Aber für wirkliches Glücklichsein war in dieser Spanne Königszeit überhaupt kein Raum; im Lande regt sich hugenottischer Aufruhr, und nach dem berüchtigten Tumult von Amboise, der das Königspaar persönlich bedroht, muß Maria Stuart der Herrscherpflicht einen traurigen Tribut abstatten. Sie muß anwesend sein bei der Hinrichtung der Rebellen, muß zusehen – und der Augenblick wird sich tief in ihre Seele eingraben, vielleicht wird er aufleuchten wie ein magischer Spiegel in einer andern, eigenen Stunde –, wie mit verschnürten Armen ein lebender Mensch auf den Block niedergepreßt wird, wie mit hartem Henkerschlag, mit einem dumpfen, knirschenden und dröhnenden Ton die Axt in den Nacken fährt und ein Haupt blutend in den Sand kollert: ein Bild, grausig genug, jenes glänzende der Krönung von Reims auszulöschen. Und dann jagt eine schlimme Botschaft die andere: ihre Mutter, Marie von Guise, die für sie Schottland verwaltet, ist im Juni 1560 gestorben, das Erbland hinterlassend in religiösem Zwist und Aufruhr, Krieg an den Grenzen, die englischen Truppen tief in den Gemarken, und bereits muß Maria Stuart Trauergewand tragen statt des festlichen, das sie kindisch erträumt. Die Musik, die geliebte, muß schweigen, der Tanz anhalten. Aber schon pocht abermals die knöcherne Hand an Herz und Haus. Franz II. wird schwächer und schwächer, das vergiftete Blut in seinen Adern hämmert unruhig hinter den Schläfen und braust in den Ohren. Er kann nicht mehr gehen, nicht mehr reiten und muß im Bett von einem Ort zum andern getragen werden. Endlich bricht die Entzündung eitrig in seinem Ohre durch, die Ärzte wissen keine Hilfe mehr, und am 6. Dezember 1560 hat der unselige Knabe ausgelitten.

Und abermals wiederholt sich – tragisches Symbol – die Szene zwischen den beiden Frauen Katharina von Medici und Maria Stuart an einem Sterbebett. Kaum hatte Franz II. den letzten Atemzug getan, so weicht Maria Stuart, weil nicht mehr Königin von Frankreich, an der Tür hinter Katharina von Medici zurück, die jüngere Königswitwe muß der älteren den Vortritt lassen. Sie ist nicht mehr die erste Frau des Reiches, sondern schon wieder nur die zweite; in einem einzigen Jahr ist der Traum zu Ende und Maria Stuart nicht mehr Königin von Frankreich und einzig noch, die sie gewesen vom ersten Augenblick an und bleiben wird bis zum letzten: Königin von Schottland.

 

Vierzig Tage dauert gemäß dem Zeremoniell des französischen Hofes die strengste Trauerzeit einer Königswitwe. Während dieser unerbittlichen Klausur darf sie ihre Gemächer nicht für einen Augenblick verlassen, in den ersten zwei Wochen darf niemand außer dem neuen König und seinen nächsten Verwandten sie in dem künstlichen Grabgewölbe, in dem abgedunkelten und nur mit Kerzen erhellten Raum besuchen. Nicht wie die Frauen des Volks kleidet sich in diesen Tagen die Königswitwe in das düstere Schwarz, die ewig gültige Farbe der Trauer, denn ihr allein ziemt der »Deuil blanc«. Weiß die Haube über dem blassen Gesicht, weißbrokaten das Kleid, weiß die Schuhe, die Strümpfe, nur dunkel der Flor über diesem fremden Geleucht, so trägt sich Maria Stuart in jenen Tagen, so zeigt sie uns Janet in seinem berühmten Gemälde und so schildert sie Ronsard in seinem Gedicht:

»Un crespe long, subtil et délié
Ply contre ply, retors et replié
Habit de deuil, vous sert de couverture,
Depuis le chef jusques à la ceinture,
Qui s'enfle ainsi qu'un voile quand le vent
Soufle la barque et la cingle en avant,
De tel habit vous étiez accoutrée
Partant, hélas! de la belle contrée
Dont aviez eu le sceptre dans la main,
Lorsque, pensive et baignant votre sein
Du beau cristal de vos larmes coulées
Triste marchiez par les longues allées
Du grand jardin de ce royal château
Qui prend son nom de la beauté des eaux.«

Und in der Tat, kaum in einem andern Bilde hat das Sympathische und Milde dieses jungen Antlitzes sich sieghafter dargetan als hier, da eine ernste Besinnlichkeit das sonst unruhige Auge verklärt und die einförmige schmucklose Farbe die reine Blässe ihrer Haut heller aufleuchten läßt; in der Trauer fühlt man das Edle, das Königliche ihrer Menschlichkeit ungleich deutlicher als bei den Bildern von vordem, die sie in Prunk und Pracht ihrer Würde darstellen, überhäuft mit Juwelen und geschmückt mit allen Insignien der Macht.

Diese edle Melancholie spricht auch aus den Strophen, die sie selbst in diesen Tagen als Totenklage dem verstorbenen Gemahle widmet, Verse, die nicht unwürdig sind ihres Meisters und Lehrers Ronsard. Selbst nicht von königlicher Hand geschrieben würde diese leise Nänie zum Herzen sprechen durch den schlichten Ton ihrer Aufrichtigkeit. Denn keineswegs einer leidenschaftlichen Liebe zum Verstorbenen rühmt sich hier die Zurückgebliebene – nie hat Maria Stuart im Dichterischen gelogen, immer nur in der Politik –, einzig ihre Verlorenheit und Verlassenheit läßt sie sprechen:

»Sans cesse mon cœur sent
Le regret d'un absent
Si parfois vers les cieux
Viens à dresser ma veue
Le doux traict de ses yeux
Je vois dans une nue;
Soudain je vois dans l'eau
Comme dans un tombeau
Si je suis en repos
Sommeillant sur ma couche,
Je le sens qu'il me touche:
En labeur, en recoy
Toujours est près de moy.«

Daß diese Trauer Maria Stuarts um Franz II. mehr als eine poetische Fiktion, daß sie ein ehrliches und aufrichtiges Bedauern gewesen, ist nicht zu bezweifeln. Denn mit Franz II. hat Maria Stuart nicht nur einen wohlgesinnten, nachgiebigen Kameraden, einen zärtlichen Freund verloren, sondern auch ihre europäische Stellung, ihre Macht, ihre Sicherheit. Bald wird die kindliche Witwe den Unterschied spüren, wie viel es bedeutet hat, die Erste an einem Hofe, die Königin gewesen zu sein, und wie wenig, plötzlich die Zweite zu werden, eine Pensionistin von des Nachfolgers Gnaden. Erschwert wird diese an sich schon bedrückende Lage durch die Feindseligkeit, die ihr Katharina von Medici, ihre Schwiegermutter, kaum daß sie wieder die erste Frau am Hofe geworden ist, entgegenbringt; es scheint, daß Maria Stuart einmal diese hochfahrende und heimtückische Mediceerin durch ein törichtes Wort tödlich beleidigt hat, indem sie verächtlich die geringe Herkunft der »Kaufmannstochter« mit ihrer eigenen, von Geschlecht zu Geschlecht ererbten Königswürde verglich. Solche Unbedachtsamkeiten – auch gegen Elisabeth wird sich das unberatene, ungestüme Mädchen ähnliche zuschulden kommen lassen – sind zwischen Frauen verhängnisvoller als offene Beleidigungen. Und kaum gelangt Katharina von Medici, die ihren Ehrgeiz zwei Jahrzehnte lang erst um Diana von Poitiers, dann um Maria Stuarts willen bezähmen mußte, zu politischer Macht, so läßt sie die beiden Gestürzten ihren Haß herrisch und herausfordernd fühlen.

Aber Maria Stuart – deutlich tritt jetzt der entscheidende Zug ihres Charakters ans Licht: ihr unbändiger, unbeugsamer, männlich harter Stolz – wird nirgends bleiben wollen, wo sie nur Zweite ist, nie wird ihr hohes und heftiges Herz sich mit einer kleinen Stellung, mit einem halben Rang begnügen. Lieber wählt sie das Nichts, lieber den Tod. Einen Augenblick denkt sie daran, sich für immer in ein Kloster zurückzuziehen, allen Rang abzuschwören, da sie den höchsten in diesem Lande nicht mehr erreichen kann. Aber noch ist die Verführung des Lebens zu groß, noch wäre für eine Achtzehnjährige ewiger Verzicht wider die innere Natur. Und dann: noch immer kann sie für die verlorene Krone eine andere, eine ebenso kostbare, eintauschen. Schon meldet sich der Gesandte des Königs von Spanien als Werber für Don Carlos, den zukünftigen Herrn zweier Welten, schon sendet der österreichische Hof geheime Unterhändler, die Könige von Schweden und Dänemark bieten ihr Thron und Hand. Und schließlich ist noch immer die Erbkrone ihr eigen, jene von Schottland, und noch immer der Anspruch auf die andere, die nachbarliche, die englische Krone in Schwebe. Immer harren ja noch unermeßliche Möglichkeiten dieser mädchenhaften Königswitwe, dieser eben erst zu voller Schönheit herangeblühten Frau. Nur sind sie nicht mehr wie vordem geschenkt und entgegengetragen vom Schicksal, von jetzt ab muß alles errungen werden, mit Geschick und Geduld zähen Gegnern abgekämpft. Aber mit so viel Mut im Herzen, mit so viel Schönheit im Antlitz, mit so viel Jugend im heißen blühenden Leibe kann man auch höchstes Spiel unbedenklich wagen. Und mit entschlossener Seele tritt Maria Stuart in den Kampf um ihr Erbe.

Freilich: der Abschied von Frankreich wird ihr nicht leicht. Zwölf Jahre hat sie an diesem fürstlichen Hofe gelebt, und das schöne, reiche, sinnlich freudige Land war ihr schon mehr Heimat geworden als das Schottland der versunkenen Kindertage. Hier sind die mütterlichen Verwandten, die sie umhüten, hier die Schlösser, in denen sie glücklich gewesen, hier die Dichter, die sie rühmen und verstehen, hier die leichte, die ritterliche Anmut des Lebens, der sie sich im tiefsten zugeboren weiß. Von Monat zu Monat zögert sie darum, obwohl längst auf das dringlichste berufen, mit der Rückkehr in ihr eigenes Königreich. Sie besucht in Joinville, in Nancy ihre Verwandten, sie wohnt in Reims der Krönung ihres zehnjährigen Schwagers, Karls IX., bei; immer sucht sie, wie von geheimnisvoller Ahnung gewarnt, anderen und anderen Vorwand, um die Reise zu verschieben. Und es ist, als warte sie eigentlich auf irgendeine Schicksalsfügung, welche ihr die Heimfahrt nach Schottland ersparte.

Denn so neu und unerfahren die Achtzehnjährige in Staatsdingen auch sein mag: dies muß Maria Stuart doch schon erfaßt haben, daß in Schottland harte Prüfung ihr bevorsteht. Seit dem Tode ihrer Mutter, die für sie als Regentin das Erbe verwaltete, haben die protestantischen Lords, ihre schlimmsten Gegner, die Oberhand und verbergen kaum ihr Widerstreben, eine gläubige Katholikin, eine Anhängerin der verhaßten Messe, ins Land zu rufen. Offen erklären sie – der englische Gesandte meldet es begeistert nach London –, »man solle die Reise der Königin von Schottland noch um einige Monate verzögern, und wären sie nicht zu Gehorsam verpflichtet, so würde ihnen wenig daran liegen, sie überhaupt zu sehen«. Heimlich haben sie längst schlimmes Spiel getrieben, sie haben versucht, der Königin von England den nächsten Thronberechtigten, den protestantischen Earl of Arran, als Gatten anzubieten und damit widerrechtlich Elisabeth eine Krone in die Hände zu schieben, die unzweideutig Maria Stuart gehört. Ebensowenig kann sie ihrem eigenen Stiefbruder, James Stuart, Earl of Moray, trauen, der im Auftrage des schottischen Parlaments zu ihr nach Frankreich kommt; denn er steht Elisabeth bedenklich nahe und vielleicht sogar besoldet in ihrem Dienst. Einzig ihre schleunige Heimkehr kann alle diese dunklen und dumpfen Intrigen rechtzeitig niedertreten, nur mit dem von ihren Ahnen, den Stuartkönigen, ererbten Mut kann sie ihr Königtum behaupten. Und so entschließt sich endlich, um nicht im selben Jahre die zweite Krone nach der ersten zu verlieren, Maria Stuart schweren Sinnes und düsterer Ahnung, einem Ruf zu folgen, der nicht aus ehrlichem Herzen kommt und den sie selbst nur mit halbem Vertrauen hört.

 

Aber noch ehe sie das eigene Reich betritt, muß Maria Stuart spüren, daß Schottland an England grenzt und daß eine andere als sie selbst dessen Königin ist. Elisabeth hat keinen Grund und noch weniger Neigung, dieser Rivalin und Kronanwärterin das Leben leicht zu machen, und mit zynischer Offenheit bekräftigt ihr Staatsminister Cecil jedes feindselige Vorgehen: »Je länger die Angelegenheiten der schottischen Königin unsicher bleiben, um so besser für die Sache Ihrer Majestät.« Denn noch ist der Zwist jenes papierenen und gemalten Thronanspruchs nicht ausgetragen. Zwar hatten die schottischen Abgesandten in Edinburgh einen Vertrag mit den englischen abgeschlossen, in dem sie im Namen Maria Stuarts sich verpflichteten, Elisabeth »for all times coming«, also für immerdar, als die rechtmäßige Königin von England anzuerkennen. Aber als dann der Vertrag nach Paris gebracht wurde und es galt, die Unterschrift unter die zweifellos gültige Abmachung zu setzen, waren Maria Stuart und ihr Gatte Franz II. ausgewichen; die Anerkennung will ihr nicht in die Feder, nie wird sie, die einmal mit dem Wappen den Anspruch auf die englische Krone wie eine Fahne vor sich her tragen ließ, diese Fahne senken. Sie ist allenfalls bereit, ihr Recht aus Politik zurückzustellen, aber nie wird sie zu bewegen sein, offen und ehrlich auf ihr Ahnenerbe zu verzichten.

Eine solche Zweideutigkeit des Ja und Nein kann Elisabeth nicht dulden. Die Gesandten der schottischen Königin haben in ihrem Namen den Vertrag von Edinburgh unterschrieben, folglich, erklärt sie, sei Maria Stuart verpflichtet, diese Unterschrift einzulösen. Eine Anerkennung sub rosa, eine heimliche Zusage, kann Elisabeth nicht genügen, denn für sie als Protestantin, deren halbes Reich sich noch immer leidenschaftlich zum Katholizismus bekennt, bedeutet eine katholische Prätendentin nicht nur Throngefahr, sondern Lebensgefahr. Wenn die Gegenkönigin nicht klar auf jede Art des Anspruchs Verzicht leistet, ist Elisabeth nicht wahrhaft Königin.

Elisabeth befindet sich, niemand kann es leugnen, in dieser Streitsache zweifellos im Recht; aber sie setzt sich selber schleunig ins Unrecht, indem sie einen so großen politischen Konflikt in kleinlicher und mesquiner Weise auszutragen sucht. Immer haben Frauen in der Politik die gefährliche Eigenschaft, bloß mit Nadelstichen ihre Rivalen zu verwunden und Gegensätze durch persönliche Bosheiten zu vergiften; auch jetzt begeht die sonst klarsichtige Herrscherin diesen ewigen Fehler der politischen Frauen. Maria Stuart hat für die Reise nach Schottland formell einen »safe conduct« – wir würden heute sagen: ein Durchreisevisum – angesprochen, was man ihrerseits sogar als einen Akt der Courtoisie, der formellen amtlichen Höflichkeit deuten kann, denn der gerade Seeweg in die Heimat steht ihr ohnedies offen: wenn sie über England reisen will, so bietet sie damit ihrer Gegnerin stillschweigend die Möglichkeit freundschaftlicher Aussprache. Elisabeth aber ergreift sofort die Gelegenheit, um ihrer Rivalin einen Stich zu versetzen. Sie erwidert die Höflichkeit mit einer groben Unhöflichkeit und erklärt, sie verweigere insolange Maria Stuart den »safe conduct«, als sie den Vertrag von Edinburgh nicht unterzeichnet habe. Um die Königin zu treffen, beleidigt sie die Frau. Statt der kraftvollen Geste der Kampfandrohung wählt sie die boshafte und kraftlose der persönlichen Kränkung.

 

Nun ist von dem innerlichen Konflikt dieser beiden Frauen der Schleier abgerissen, mit harten, heißen Augen stoßen Stolz und Stolz gegeneinander. Unverzüglich läßt Maria Stuart den englischen Gesandten zu sich rufen, und leidenschaftlich fährt sie ihn an: »Nichts schmerzt mich mehr, als daß ich mich so sehr vergessen konnte, von Ihrer Gebieterin, der Königin, diese Gunst zu verlangen, die ich gar nicht zu verlangen brauchte. Ich benötige ebensowenig ihre Bewilligung für meine Reise wie sie die meine für ihre Reisen und kann auch ohne ihren Paß und ihre Erlaubnis in mein Königreich zurückkehren. Denn obwohl der verstorbene König alle Hindernisse in Gang setzte, um mich abzufangen, als ich in dieses Land kam, wissen Sie doch, Herr Gesandter, daß ich heil herübergekommen bin, und ebenso würde ich gute Mittel und Wege finden, auf gleiche Art heimzugelangen, wollte ich meine Freunde anrufen ... Sie haben mir offen gesagt, daß Freundschaft zwischen der Königin und mir wünschenswert und für uns beide zum Vorteil wäre. Ich habe jetzt einigen Grund anzunehmen, daß die Königin nicht dieser Meinung ist, denn sonst würde sie mir mein Ansuchen nicht so unfreundlich abgelehnt haben. Es hat den Anschein, daß sie mehr Gewicht auf die Freundschaft der Ungehorsamen unter meinen Untertanen legt als auf die meine, die der Gebieterin, die ich ihr gleich im Range bin, wenn auch geringer an Klugheit und Erfahrung, aber doch ihre nächste Verwandte und ihr nächster Nachbar ... Ich verlange von ihr nichts als Freundschaft, ich beunruhige nicht ihren Staat, noch verhandle ich mit ihren Untertanen, und doch weiß ich, daß ihrer genug in ihrem Königreich wären, die meine Angebote gerne vernehmen würden.«

Das ist eine starke Drohung, vielleicht mehr stark als klug. Denn noch bevor Maria Stuart den Fuß nach Schottland gesetzt hat, verrät sie schon ihre geheime Absicht, den Kampf mit Elisabeth notfalls auch nach England hinüberzutragen. Der Botschafter weicht höflich aus. Alle Schwierigkeiten entstammten doch nur dem Umstand, daß Maria Stuart seinerzeit das englische Wappen in das ihre aufgenommen habe. Auf diesen Anwurf hat Maria Stuart rasch eine Antwort bereit: »Herr Gesandter, ich stand damals unter dem Einfluß des Königs Heinrich, meines Schwiegervaters, und des Königs, meines Herrn und Gemahls, und was immer geschehen ist, geschah auf ihren Befehl und ihre Anordnung. Seit ihrem Tode, Sie wissen es, habe ich niemals weder das Wappen noch den Titel einer Königin von England geführt. Ich glaube, diese Handlungsweise müßte die Königin sichermachen. Übrigens wäre es für meine Base, die Königin, keine solche Unehre, wenn ich als Königin gleichfalls das Wappen von England führen würde, denn ich weiß, daß auch andere, die im Range niedriger sind als ich und nicht so nahe verwandt, dieses Wappen führen. Schließlich können Sie doch gar nicht leugnen, daß meine Großmutter eine der beiden Schwestern des Königs, ihres Vaters, war, und zwar die ältere.«

Abermals schimmert unter der freundlichen Form eine gefährliche Mahnung: indem Maria Stuart betont, daß sie von der älteren Linie abstammt, bekräftigt sie neuerdings ihr Anrecht. Und wie nun der Botschafter sie beschwichtigend bittet, zur Bereinigung des unerfreulichen Zwischenfalls doch das gegebene Wort zu halten und den Edinburgher Vertrag zu unterzeichnen, flüchtet, wie immer, wenn der heikle Punkt berührt wird, Maria Stuart hinter Verzögerungen: sie könne das keinesfalls tun, ehe sie sich mit dem schottischen Parlament beraten habe; ebensowenig aber will der Botschafter seinerseits im Namen Elisabeths Zusicherungen geben. Immer wenn die Verhandlungen an die kritische Wende geraten, wo klar und deutlich eine oder die andere Königin etwas von ihren Rechten abgeben soll, beginnt die Unaufrichtigkeit. Jede hält krampfhaft ihren Trumpf in der Hand; so wird sich das Spiel ins Endlose und ins Tragische verlängern. Schroff bricht schließlich Maria Stuart die Verhandlungen über das freie Geleit ab; es ist wie der scharfe Riß, wenn ein Tuch zerschnitten wird: »Wären meine Vorbereitungen nicht so weit gediehen, so hätte vielleicht die Unfreundlichkeit der Königin, Ihrer Gebieterin, meine Reise verhindern können. Jetzt aber bin ich entschlossen, die Sache zu wagen, was immer daraus entsteht. Ich hoffe, der Wind wird so günstig sein, daß ich nicht genötigt bin, die englische Küste zu berühren. Sollte dies aber geschehen, dann bekommt mich die Königin, Ihre Herrin, in die Hände. Sie kann in diesem Falle mit mir tun, was sie will, und wenn sie so harten Herzens ist, meinen Tod zu verlangen, möge sie nach ihrem Gutdünken handeln und mich opfern. Vielleicht wäre diese Lösung für mich besser als zu leben. In dieser Sache sei nur Gottes Wille erfüllt.«

Wiederum klingt in diesen Worten jener gefährliche, selbstbewußte und entschlossene Ton in Maria Stuart auf. Von Natur eher weich, lässig, leichtsinnig und dem Genuß des Lebens mehr zugetan als dem Kampfe, wird diese Frau sofort eisenhart, trotzig und kühn, sobald es ihre Ehre gilt, sobald an das Recht gerührt wird, das sie als Königin fordert. Lieber zugrunde gehen als sich beugen, lieber eine königliche Torheit als eine kleinliche Schwäche. Bestürzt meldet der Gesandte seinen Mißerfolg nach London hinüber, und hastig gibt nun Elisabeth, die Staatskluge und Geschmeidige, nach. Ein Paß wird ausgefertigt und nach Calais geschickt. Aber er kommt um zwei Tage zu spät. Denn Maria Stuart hat sich unterdes entschlossen, die Fahrt zu wagen, ob auch die englischen Kaperschiffe im Kanal kreuzen; lieber wählt sie frei und kühn den gefährlichen Weg als den sicheren um den Preis einer Demütigung. Eine einzige Gelegenheit, durch Großmut den drohenden Konflikt aus der Welt zu schaffen, als Gast sich zu verpflichten, die sie als Rivalin fürchtet, hat Elisabeth versäumt. Aber Vernunft und Politik gehen selten die gleichen Wege: vielleicht entsteht die dramatische Formung der Weltgeschichte immer nur durch die versäumten Möglichkeiten.

 

Noch einmal, wie Abendsonnenglanz trügerisch eine Landschaft anglüht und vergoldet, erlebt Maria Stuart in dieser Abschiedsstunde allen Prunk und alle Pracht des französischen Zeremoniells zu ihren Ehren. Denn nicht ungeleitet und unbegleitet soll sie, die als Königsbraut dieses Land betreten, die Stätte ihres verlorenen Herrschertums verlassen; öffentlich soll dargetan sein, daß nicht als arme verlassene Witwe, als schwache hilflose Frau die Königin von Schottland in ihre Heimat zurückkehrt, sondern daß gewappnet die Ehre Frankreichs hinter ihrem Schicksal steht. Von Saint-Germain folgt ihr bis Calais eine großartige Kavalkade. Auf mit reichen Schabracken geschmückten Pferden, verschwenderisch gekleidet in die üppige Pracht der französischen Renaissance, klirrend in Waffen und mit vergoldeten und kunstvoll eingelegten Harnischen reitet mit der Königswitwe die Elite des französischen Adels einher, voran im Prunkwagen ihre drei Oheime, der Herzog von Guise und die Kardinäle von Lothringen und Guise. Sie selbst ist umschart von den vier getreuen Marys, von Edelfrauen und Dienerinnen, von Pagen und Dichtern und Spielleuten, schwere Lasten kostbaren Hausgeräts werden dem farbigen Zuge nachgeführt und in verschlossenem Schrein die Juwelen der Krone. Als Königin, wie sie gekommen, in Ansehen und Ehren, in Glanz und Größe geht Maria Stuart aus ihrer Herzensheimat fort. Nur die Freude fehlt, die einstmals so herrlich unbesorgt die Augen des Kindes erleuchtet. Ein Abschied ist immer Abendsonnenglanz, halb nur mehr Licht und halb schon Dunkelheit.

In Calais bleibt der Großteil des fürstlichen Zuges zurück. Die Edelleute reiten heim. Sie werden morgen im Louvre einer andern Königin dienen, denn Höflingen gilt immer nur die Würde allein und nichts der Mensch, der sie trägt. Alle werden sie Maria Stuart vergessen, sobald der Wind die Segel der Galionen faßt, alle sie mit dem Herzen verlassen, die jetzt mit verzücktem Aufblick vor ihr das Knie beugen und ewige Treue in die Ferne versprechen: eine pathetische Zeremonie wie Krönung oder Begräbnis hat für die Ritter dies Abschiedsgeleit bedeutet und nicht mehr. Wahrhafte Trauer, wirkliche Wehmut empfinden bei Maria Stuarts Fortgang einzig die Dichter, weil mit feineren Sinnen begabt für Ahnung und Mahnung. Sie wissen, daß mit dieser jungen Frau, die einen Hof der Heiterkeit und der Schönheit schaffen wollte, das Musische aus Frankreich dahingeht; nun kommen dunkle Jahre für sie und für alle: politische Zeit, Zank und Zwist, die Hugenottenkämpfe, die Bartholomäusnacht, die Zänker, die Zeloten. Dahin ist das Ritterliche, das Romantische, das Helle und unbesorgt Schöne, der Triumph der Künste mit dieser jugendlichen Gestalt. Das Sternbild der »Pleiade«, das Siebengestirn der Dichtung, bald wird es erbleichen am verdüsterten Himmel des Krieges. Mit Maria Stuart gehe, so klagen sie, die holde, die geistige Freude fort:

»Ce jour le même voile emporta loin de France
Les Muses, qui songoient y faire demeurance.«

Noch einmal rühmt Ronsard, dessen Herz an jeder Jugend, jeder Anmut sich wieder jung entzückte, in seiner Elegie »Au départ« alle Schönheit Maria Stuarts, als wollte er wenigstens im Verse festhalten, was für sein heißes Auge für immer verloren ist, und in der Aufrichtigkeit seiner Trauer formt er wirklich ergreifend beredte Klage:

»Comment pourroient chanter les bouches des poètes,
Quand, par vostre départ les Muses sont muettes?
Tout ce qui est de beau ne se garde longtemps,
Les roses et les lys ne règnent qu'un printemps.
Ainsi votre beauté seulement apparue
Quinze ans en notre France, est soudain disparue,
Comme on voit d'un éclair s'évanouir le trait,
Et d'elle n'a laissé sinon le regret,
Sinon le déplaisir qui me remet sans cesse
Au cœur le souvenir d'une telle princesse.«

Während Hof und Adel und Ritterschaft Frankreichs bald die Abwesende vergessen, bleiben einzig von allen die Dichter weiter im Dienst ihrer Königin; denn für die Dichter ist Unglück nur neuer Adel, und die sie als Herrscherin um ihrer Schönheit willen gerühmt, sie werden sie nun doppelt lieben in ihrer Trauer. Treu bis zum Ende werden sie ihr Leben und ihren Tod besingen und begleiten. Immer, wo ein hoher Mensch sein Leben als Dichtung, als Drama, als Ballade zu Ende lebt, werden Dichter sich finden, um es neu und zu immer neuem Leben zu formen.

 

Im Hafen von Calais wartet eine prunkvolle, weiß angestrichene Galione; auf dieses Admiralsschiff, das die französische Königsflagge neben der schottischen hißt, geleiten sie die drei fürstlichen Oheime, die erlesensten Ritter des Hofs und die vier Marys, die treuen Gespielinnen; zwei andere Schiffe bilden die Eskorte. Aber noch ist das Schiff aus dem innern Hafen nicht herausgesteuert, noch sind die Segel nicht gesetzt, so begegnet Maria Stuarts erster Blick auf das Ungewisse des Meeres schon einem üblen Vorzeichen: eine hereingelotste Barke zerschellt, ihre Insassen drohen zu ertrinken. Das erste Bild, da Maria Stuart Frankreich verläßt, um ihre Regentschaft anzutreten, wird zum trüben Symbol: ein Schiff, das, schlecht gesteuert, in die Tiefe gerissen wird.

Ist es heimliche Angst um dieses Vorzeichens willen, ist es das Gefühl der verlorenen Heimat, ist es Ahnung des Nichtwiederkehrens: jedenfalls, Maria Stuart kann den von Tränen verschleierten Blick nicht von der Erde wenden, auf der sie jung, unbewußt und darum glücklich gewesen. Ergreifend schildert Brantôme den dumpfen Schmerz ihres Abschieds: »Sobald das Schiff aus dem Hafen gesteuert war und eine Brise sich erhoben hatte, begann man die Segel aufzuziehen. Beide Arme auf dem Heck neben dem Steuerruder, brach sie in gewaltiges Weinen aus, immer wieder mit ihren schönen Augen auf den Hafen und die Stelle, von der sie abgesegelt waren, zurückblickend, und immer von neuem die traurigen Worte wiederholend: ›Lebe wohl, Frankreich‹ bis es begann Nacht zu werden. Man schlug ihr vor, sich zur Ruhe zu begeben und in den Steuerbordraum hinabzusteigen, aber entschlossen wies sie alles zurück. So bereitete man ihr auf dem Verdeck ein Lager. Ausdrücklich schärfte sie dem Untersteuermann ein, sobald es Tag würde, möge er sie, falls man auch nur ferne noch den Horizont Frankreichs gewahren könne, sofort wecken und nicht davor zurückscheuen, sie heftig anzurufen. Und wirklich begünstigte das Glück ihren Wunsch. Denn da sich der Wind gelegt hatte und man zum Rudern seine Zuflucht nehmen mußte, kam man in dieser Nacht nicht viel weiter. Bei Tagesanbruch war tatsächlich die französische Küste noch immer sichtbar. Kaum hatte der Steuermann ihren Auftrag erfüllt, so erhob sie sich von ihrem Lager und blickte hin und hin auf das Land, solange es noch sichtbar blieb, immer und immer wieder die Worte wiederholend: ›Leb wohl, Frankreich, leb wohl, Frankreich! Ich glaube, ich werde dich nie mehr wiedersehen‹«


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