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 Zu Ende war das glänzende Turnier,
      
 In hohen Haufen lagen Lanzensplitter,
      
 Vom Haupte banden Helm und Härsenier
      
 Sich tausend Ritter.
      
 Zahllose Speere waren da verstochen,
      
 Manch Helm zerschroten, mancher Schild zerbrochen,
      
 Manch eine Rüstung war verloren
      
 Und manche Sicherheit geschworen.
      
 Grieswärtel, Knappen, Knechte liefen,
      
 Herolde, Kroyer, Büttel riefen,
      
 Spielleute siedelten und sangen,
      
 Und Bären tanzten, Affen sprangen.
      
 Da schlug sich fahrend Volk um Beute,
      
 Da hatten Krämer, Handwerksleute
      
 Mit Zelten, Buden, Karren, Wagen
      
 Rings um den abgesteckten Plan
      
 Ihr Wanderlager aufgeschlagen.
      
 Doch innen in der weiten Bahn
      
 Da blitzt' und funkelt' es von Waffen,
      
 Von bunter Fähnlein Schmuck und Zier,
      
 Von Edelsteinen und Agraffen,
      
 Von Federkranz und Helmzimier,
      
 Von Silberborten, goldnen Schnüren
      
 Und vielem prächtigen Gebild
      
 Auf reich gestickten Couvertüren,
      
 An Eisenkleid und Wappenschild.
      
 Nun schallten Pauken und Posaunen
      
 Und Flöten, Zinken, und Schalmei'n,
      
 Und Alles sah mit Lust und Staunen
      
 Auf der beglückten Sieger Reih'n.
      
 Die ordneten sich an den Planken,
      
 Gefolgt von Knappe und Garzun,
      
 Und ritten langsam an die Schranken
      
 Hin zu des Herzogs Pavellun.
      
 Da saßen auch die schönen Frauen
      
 So rechts wie links im halben Rund
      
 Mit spielenden Augen, stolzen Brauen
      
 Und rothem, rosenlachendem Mund.
      
 Jetzt unterm seidnen Baldachine
      
 Erhob sich Herzog Leopold
      
 Und grüßte seine Paladine.
      
 Auf seinen Wink, gnädig und hold,
      
 Ließ der Turniervogt weit hinaus
      
 Den lauten Heroldsruf erklingen
      
 Und rief als ersten Sieger aus
      
 Den Ritter Heinrich von Ofterdingen.
      
 Da brauste Jubel durch die Schaaren,
      
 Ein Blumenregen schwirrt' und flog,
      
 Die Hörner schmetterten Fanfaren,
      
 Tannhäusers Herz schlug himmelhoch.
      
 Und nach ihm Jeder, dessen Name
      
 Verkündet, stieg vom Roß und ging,
      
 Wo aus den Händen einer Dame
      
 Er den Turnierdank gern empfing.
      
 Die konnte Jeder sich erkiesen;
      
 Tannhäuser hatte schon gewählt,
      
 Und vor Jukunde von Streitwiesen
      
 Bog er das Knie, harnischumstählt,
      
 Die hocherfreut des Amtes pflegte
      
 Und um des Siegers Panzerring
      
 Die schwere goldne Kette legte,
      
 Daran des Herzogs Bildniß hing.
      
 »Seid Ihr mein Ritter?« frug sie leise,
      
 »Ja, Fraue!« flüstert' er zurück,
      
 Erhob sich und trug aus dem Kreise
      
 Sein offen und sein heimlich Glück.
      
 Da wurden vieler Frauen Wangen
      
 Bald bleich, bald roth in stillem Leid,
      
 Aus vielen schönen Augen sprangen
      
 Die Funken von verhohlnem Neid,
      
 Weil Alle gern den Einen mochten,
      
 Der Sängerruhm und Siegerglanz
      
 Sich um sein lockig Haupt geflochten
      
 Zu einem reichen Ehrenkranz.
      
 Den Schönsten, Stattlichsten im Schwarme
      
 Begehrte Jede sich allein,
      
 Und Jede mocht' in seinem Arme
      
 So Sieg'rin wie Besiegte sein.
      
 Doch Einer hatte finstern Blickes
      
 Die leise Zwiesprach wohl gesehn;
      
 Als Folge seines Mißgeschickes
      
 Beim Tjost war Haß schon im Entstehn,
      
 Nun fühlte in des Herzens Giere
      
 Von Eifersucht noch Höllenpein
      
 Der zweite Sieger im Turniere,
      
 Der Ritter Turs von Rauchenstein.
      
 Als Jeder, der sich einen Preis erstritten,
      
 Mit seinem Dank geschmückt das Heergewett,
      
 Ward feierlich in langem Zug geschritten
      
 Zum fürstlichen Bankett.
      
 Der Herzog löste die Gefangnen aus
      
 Und bei den Wirthen auch die Pfänder alle,
      
 Und wem ein Roß verbugt war in dem Strauß,
      
 Dem schenkt' er eins aus seinem eignen Stalle.
      
 Vom Harnischruß und Rahm gereinigt, saß
      
 Tannhäuser nun beim Klang von Harf' und Zither;
      
 Der, jüngst noch Knappe, mit dem Feind sich maß,
      
 Wie ward er Ritter?
Als Urlaub von Tyrol genommen
      
 Tannhäuser zu dem Ritt nach Wien,
      
 Sah er, bis Judenburg gekommen,
      
 Dort reisig Volk die Straße ziehn.
      
 Den Ungarn galt es; König Emrich rächte
      
 Den Schutz, den Andreas, sein Bruder, fand
      
 Bei Herzog Leopold in Wien, und schwächte
      
 Oestreichisch Grenzgebiet mit Raub und Brand.
      
 Da gab es Krieg; doch Streit und Orlog kannte
      
 Friedrich von Pettau, ein erfahrner Held.
      
 Tannhäusers Herz in Kampfeslust entbrannte,
      
 Und ungeduldig zog er mit ins Feld.
      
 Er stritt und stach sturmkühn mit seiner Lanze
      
 Und ward ein Sanct Georg dem Heere werth,
      
 In Sprüngen flog sein Hengst zum Waffentanze,
      
 Und helle Feuerschläge schlug sein Schwert.
      
 Stets leuchtete voran den tapfern Schaaren
      
 Sein hoher Helm im wildesten Gewühl,
      
 Dem Freunde helfen und den Feind nicht sparen
      
 War in der Schlacht sein einziges Gefühl.
      
 Als bei Großsonntag in dem Peßnitzthale
      
 Des Krieges blutige Entscheidung fiel,
      
 War er es, der gleich einem Wetterstrahle
      
 Der Ungarn Reihn durchbrach zum letzten Ziel.
      
 Beim Rückmarsch wandelte dem Heereszuge
      
 Schon weit voraus Tannhäusers Ruf und drang
      
 Gleich einer Wundermär dahin im Fluge,
      
 Wo schon des Sängers Name ruhmvoll klang.
      
 »Tannhäuser kommt!« so flüsterten die Frauen,
      
 Von wunscherfüllter Hoffnung schon entzückt,
      
 »Den Herrlichen, den Tapfern solln wir schauen,
      
 Den schönsten Mann, der je ein Weib beglückt!«
      
 Wen aber wie Orakelspruch und Segen
      
 Das Lob der Frauen macht bekannt im Land,
      
 Dem neigen sich die Rosen an den Wegen,
      
 Der hat allstund den Ruhm in seiner Hand.
      
 Er kam, und leichter ward ihm hier das Siegen,
      
 Als bei Großsonntag in der Ungarnschlacht,
      
 Denn für ihn stritt, die jeden Wall erstiegen,
      
 Der Minne Macht.
Drei Monde fast war aus dem Krieg zurück
      
 Tannhäuser schon und sucht' am Hof sein Glück,
      
 Und Pfingsten ward es, und ein neu Jahrhundert
      
 War an der Weltenuhr herausgebracht,
      
 Als Oestreichs Ritterschaft, geehrt, bewundert,
      
 Versammelt war zu Wien in Pomp und Pracht.
      
 Schwertleite gab es, Messe ward gelesen
      
 Vom Erzbischof von Salzburg, Eberhard,
      
 Der einst in Brixen Bischof war gewesen
      
 Und dort Tannhäusers Freund vor Jahren ward
      
 Dann nach dem Hochamt in dem Stephansdom
      
 Ließ Leopold sich feierlich bewehren,
      
 Heinrich von Mödling, sein erlauchter Ohm,
      
 Gab ihm den Ritterschlag mit hohen Ehren.
      
 Zu Rittern schlugen dann geweihte Klingen
      
 Dreihundert Knappen noch an diesem Tag,
      
 Und es empfing Heinrich von Ofterdingen
      
 Vom Herzog selber seinen letzten Schlag.
      
 So kam Tannhäuser zu den goldnen Sporen
      
 Und schwang sein Schwert und tummelte sein Roß
      
 Wie Einer, der zu Schildes Amt geboren,
      
 Und war der werthen Ritterschaft Genoß.
      
 Es wählte selbst sich Bild und Spruch der Held,
      
 Als er sich mit dem Schilde ließ belehnen,
      
 Um rothe Rose stand in weißem Feld:
      
 »Der Minne Sang und Sehnen!«
Tannhäuser hatte in der Stunde,
      
 Da er den Rittergurt empfing,
      
 Erreicht, woran im Herzensgrunde
      
 Von jeher seine Hoffnung hing.
      
 Er fühlte, wie im neuen Stande
      
 Ein neuer Geist auch ihn durchfloß,
      
 Dem er zu Wasser und zu Lande
      
 Hingebend sich zu weihn beschloß.
      
 Ihm wuchs die Welt nach allen Seiten
      
 Gleichwie von seiner Kraft gedehnt,
      
 Als hätt' er aus den fernsten Breiten
      
 Raum zur Bewegung sich entlehnt.
      
 Hoch trug er's Haupt, und hoch und heilig
      
 Hielt er auf seines Worts Gewicht,
      
 That nichts so gern und nichts so eilig,
      
 Als eine echte Ritterpflicht.
      
 Die war sein Glück, sein Stolz, sein Streben,
      
 Er sah im höchsten Glanz enthüllt
      
 Sie immerfort vor Augen schweben,
      
 War so von Thatendrang erfüllt,
      
 Als müss' all Ungebühr auf Erden
      
 Und jedes falsch gefallne Loos
      
 Durch ihn gerächt, gebessert werden
      
 Mit Waffengang und Fehdestoß.
      
 Schon einen Blick faßt' er am Zügel,
      
 Und däucht' ein Wort ihm wenig werth,
      
 Gleich hatt' er einen Fuß im Bügel,
      
 Und drohend eine Hand am Schwert.
      
 Der Ritter glänzendster an Ehren,
      
 Ein Stern in Nöthen und Gefahr
      
 Mit Fug zu sein, war sein Begehren, –
      
 Wußt' er doch nicht, daß er's schon war.
      
 Wie er in seinem Thun und Lassen
      
 Sich Andere zum Vorbild nahm,
      
 So suchten diese zu erfassen,
      
 Woher bei ihm das Leuchten kam.
      
 Des Waffenhandwerks schwerste Probe
      
 Zu Fuß, zu Roß, in Sturm und Streit
      
 Bestand er mit dem reichsten Lobe
      
 Und doch in lautrer Frömmigkeit.
      
 Mit glaubensfestem Demuthsinne
      
 Fehlt' er im Dom zur Messe nie,
      
 Voll schwärmerischer Gottesminne
      
 Zur reinen Himmelsmagd Marie
      
 Fleht' er in ringendem Gebete,
      
 Daß sie, die aller Christen Heil,
      
 Vor Gottes Throne ihn vertrete
      
 Um seiner Sünden erblich Theil.
      
 Er wünschte, seinen Arm zu brauchen,
      
 Von ihren Feinden sich ein Heer,
      
 Von schwarzem Heidenblute rauchen
      
 Sollt' ihm der Speer.
      
 Doch wunderbar, wie mit der Erde
      
 Der Himmel sich in ihm vertrug!
      
 Wenn er mit brünstiger Geberde
      
 Die Augen auf zur Wölbung schlug
      
 Und wieder dann beim Niederschauen
      
 Zufällig seinem Platze nah'
      
 Nun eine von den schönen Frauen
      
 In strahlender Verzückung sah,
      
 So wogten streitende Gedanken
      
 Durch seinen tiefbewegten Sinn,
      
 Und seiner Andacht Schwingen sanken
      
 Zur irdischen Erscheinung hin.
      
 Er wußte kaum, ob noch sein Bitten
      
 Der heil'gen Jungfrau einzig galt,
      
 Ob's irrend nicht den Weg beschritten
      
 Zu jener knieenden Gestalt.
      
 Mit seiner Dame Antlitz schweben
      
 Sah er die Himmelskönigin
      
 Und hier von Glorienschein umgeben
      
 Däucht' ihm das Haupt der Beterin.
      
 Und da der Frauen Huld und Gnade
      
 Ihm im Zenith des Lebens stand
      
 Und ihn auf jedem seiner Pfade
      
 Der Frauen Macht und Schönheit band,
      
 Erschien ihm nun wie gottbefohlen,
      
 Was Rittersitte schon geweiht,
      
 Was Herzenswunsch ihm nicht verhohlen, –
      
 Des Frauendienstes Freudigkeit.
Zu Wiene sah, wer sehen wollte,
      
 Die schönsten Frau'n in reicher Zahl,
      
 Es hatte, wer da wählen sollte,
      
 Gar schwere Wahl.
      
 Tannhäusers Blick im Kreise schweifte
      
 Indem er jeden Vorzug wog
      
 Und, wo er auch nur flüchtig streifte,
      
 Doch prüfend eine Wahl vollzog.
      
 Sein Aug' erging sich fröhlich weidend,
      
 Doch ehrerbietig trat er nah,
      
 In stillen Wünschen sich bescheidend,
      
 Wo er so Wünschenswerthes sah
      
 Und bei manch' rothem Mund sich dachte,
      
 Wie süß von dem und dem ein Kuß,
      
 Wie an 
      der Brust, wenn Lieb' erwachte,
      
 Und sich an jener ruhen muß.
      
 Die Schönen schienen zu errathen,
      
 Was ihm durch seine Seele ging,
      
 Und wenn sie scheu und schüchtern thaten,
      
 Als ob sie schon sein Arm umfing,
      
 Floß Mancher doch ein leises Beben
      
 Vom Scheitel bis zum Zeh herab,
      
 Das weniger von Widerstreben,
      
 Als süßem Sehnen Kunde gab.
      
 Und Alle wurden sie gewogen
      
 Dem jungen Ritter mehr und mehr, –
      
 Wie leicht denn ist ein Herz belogen
      
 Mit Hoffnung und belehrt wie schwer!
      
 Von Vielen, die ihm Huld erwiesen,
      
 Ihm Keine aber mehr verlieh,
      
 Als wie Jukunde von Streitwiesen,
      
 Als wie Ricchezza Montparis.
      
 Ruhlos bemühten sich die Beiden
      
 Wetteifernd um des Sängers Gunst,
      
 Unmöglich war's, zu unterscheiden,
      
 Was Liebe, was Verführungskunst.
      
 Mit Eifersucht im Busen paßten
      
 Sie heimlich sich auf Schritt und Tritt
      
 Verhehlten nicht, wie sie sich haßten
      
 Und Jede durch die Andre litt.
      
 War er zugegen, so belauschte
      
 Die Eine neidisch Wort und Wink,
      
 Was je die Andre mit ihm tauschte,
      
 Und jeden leisen Augenblink.
      
 Und war er fern, so rühmte Jede
      
 Die Huld, die ihr der Held erwies,
      
 Und Jede grollte bei der Rede,
      
 Wenn ihre Gegnerin ihn pries.
      
 Dann kam's zu Streit und Wortespalten
      
 Dem Spott begegnete der Hohn,
      
 Es fehlte nichts, daß sie sich schalten
      
 In der Erbittrung schärfstem Ton.
      
 Todfeindschaft sprach aus allen Zeichen,
      
 Und Unheil war vorauszusehn,
      
 Denn Keine wollt' im Range weichen
      
 Und Jede vor der Andern gehn.
      
 Tannhäuser merkte von dem Allen
      
 Wohl Manches, lächelte und schwieg,
      
 Ließ sich den Kampf um sich gefallen,
      
 Bis selber er entschied den Sieg
      
 Und beim Turniere so bewährte,
      
 Daß er, als ihn Jukunde frug,
      
 Zu ihrem Ritter sich erklärte
      
 Und fortan ihre Farben trug.
      
 Da ließ der Sieger sich bekränzen
      
 Von einer Hand, die treu nur schien,
      
 Jukunde wollte mit ihm glänzen,
      
 Ricchezza liebte ihn. –
Der Herzog hielt auf Glanz in seinen Hallen,
      
 Sah gern am Hofe edler Gäste Drang,
      
 Doch am willkommensten war ihm vor Allen,
      
 Wer singen konnte, denn er selber sang.
      
 Tannhäuser fand in Ehren hochgehalten
      
 Die Sänger dort, Herrn Hartmann von der Au,
      
 Heinrich von Morungen, Reinmar den Alten,
      
 »Die süße Nachtigall von Hagenau,«
      
 Den Schenk von Limburg und Herrn Gottfried Nifen
      
 Reinmar von Zweter, Wirnt von Grafenberg
      
 Und, wohlbewandert in der Minne Briefen,
      
 Den Truchseß von Sanct Gallen, Singenberg.
      
 Sie waren Ritter und von ihren Liedern
      
 Bekannt Tannhäuser, dessen Druck der Hand
      
 Bei ihnen allen herzliches Erwiedern
      
 Und gute Kumpanei und Freundschaft fand.
      
 Ein junger Knappe lebte auch am Hofe,
      
 Nithart von Reuenthal, doch Sänger schon,
      
 Der heut die Dame, morgen ihre Zofe
      
 Besang in kecken Uebermuthes Ton.
      
 Und sein Vertrauter war ein Edelknabe,
      
 Ulrich von Lichtenstein, der half dabei,
      
 In ihm auch blühte des Gesanges Gabe
      
 Und ach! die Lust an tollster Schelmerei.
      
 Doch einer »Herrin« unterthan in Minne,
      
 Trug schwärmend nach der Frauenritter Art
      
 Ulrich Ida von Valchenbiel im Sinne
      
 Und Nithart Adelheid von Plankenwart.
      
 Die Damen ließen sich die Huldigungen
      
 Und manchen abenteuerlichen Schwank
      
 Gefallen von den beiden hübschen Jungen
      
 Und ließen ihren Dienst nicht ohne Dank.
      
 Als 
      Poursuivans d'amour erhielten beide
      
Un don de l'amoureuse merci zum Spiel,
      
 Ein seidnes Busentuch von Adelheide,
      
 Ein Strumpfband von Ida von Valchenbiel.
      
 Sie überboten sich in Pagenstreichen
      
 Und schonten Niemand, weder Alt noch Jung,
      
 Und wußten doch manch' Herzchen zu erweichen
      
 Mit Kuß und Stelldichein in Dämmerung.
      
 Der Seneschall, Herr Kadold, hat's erfahren
      
 Und Herr von Tribuswinkel auch, der Schenk,
      
 Zumeist jedoch Hiltigrim von Grauscharen,
      
 Der Küchenmeister, ist deß eingedenk,
      
 Was sie den biedern Herrn für Possen spielten
      
 Und ihnen Ränke spannen ohne Rast,
      
 Mit manchem derben Spottlied auf sie zielten,
      
 Das in Gemeinschaft beide sie verfaßt.
Herr Hiltigrim ist, wie er geht und steht,
      
 Die Krone der Küchenmeister,
      
 Wie Keiner, wo immer ein Spieß sich dreht,
      
 Beherrscht er die Bratengeister.
      
 Dafür genudelt und gespickt
      
 Ist er mit Sorgen und Plagen,
      
 Daß er die Tafel recht beschickt,
      
 Sonst geht es ihm an den Kragen.
      
 Doch mundet, was er buk und briet,
      
 Heil! hochversippter Suppenschmied,
      
 Herr Hiltigrim von Grauscharen!
Er quirlt herum dem Herde nah,
      
 Den Köchen rauchen die Köpfe,
      
 Er kostet hier und kostet da
      
 Und guckt in alle Töpfe.
      
 Doch wenn die Tischtrompete schallt,
      
 So kommt er aus den Küchen
      
 Mit seiner Schaar, umdampft, umwallt
      
 Von köstlichen Gerüchen.
      
 Was aber auch die Tafel trägt,
      
 Die beste Klinge selber schlägt
      
 Herr Hiltigrim von Grauscharen.
Er hat ein Bäuchlein wie ein Lurch
      
 Und nelkenrothe Ohren,
      
 Da scheint die liebe Sonne durch
      
 Von hinten und von voren.
      
 Er hat ein freundlich Doppelkinn
      
 Von angenehmem Schwunge,
      
 Er hat den allerschärfsten Sinn
      
 In seiner feinen Zunge.
      
 Man sieht, wenn er die Lippen leckt,
      
 Daß es bis in die Zeh' ihm schmeckt,
      
 Herr Hiltigrim von Grauscharen.
Er ist wie eine Tonne schlank,
      
 Umreift von Schwertes Fessel,
      
 Sein Kürbiskopf ist glatt und blank
      
 Gescheuert wie ein Kessel.
      
 Er ist ein Held von Kopf zu Fuß,
      
 Ein Mann an seinem Platze,
      
 Reicht Jedem gern zu Druck und Gruß
      
 Die kleine, dicke Tatze.
      
 Heil, Herr! schafft uns ein gut Gericht,
      
 Versalzt uns auch die Suppe nicht,
      
 Herr Hiltigrim von Grauscharen!
Herr Kadold und der Schenk, die schon bei Jahren,
      
 Erhielten einst ein Brieflein zugesteckt,
      
 Und da des Lesens sie nicht kundig waren
      
 Und auch nicht Jedem hätten sich entdeckt,
      
 So baten sie Tannhäuser, es zu lesen,
      
 Welch eine Weisheit wohl die Schrift verschloß,
      
 Weil er mit seinem lieben, treuen Wesen
      
 Am Hofe schon ein groß Vertraun genoß.
      
 Doch Keiner wußte von des Andern Briefe,
      
 Und Jeder forderte in Heimlichkeit,
      
 Um welchen Dienst er ihn zu Hülfe riefe,
      
 Vom jungen Rittersmann Verschwiegenheit.
Ein Fräulein, das im Briefe sich nicht nannte,
      
 Sandt' Herrn von Tribuswinkel Gruß und Wort,
      
 Indem es seine Liebe ihm bekannte,
      
 Und schrieb zum Stelldichein ihm Zeit und Ort,
      
 Der in der Hofburg einsam und entlegen,
      
 Fern vom bewohnten Raum, ein Kämmerlein,
      
 »Und« – schloß der Brief – »der größern Freude wegen
      
 Bringt ein Pastetlein mit und etwas Wein,
      
 Mit Senna und Jalappe stark gemischet,
      
 Mit Koloquinten und Rhabarbersaft
      
 Und dann mit süßem Honig angefrischet, –
      
 Ein Tränklein ist's von ganz besondrer Kraft!«
Herrn Kadolds Brief war auch von einer Dame,
      
 Und jede Zeile sprach von Liebesnoth,
      
 Doch fehlte auch in ihm der Schreibrin Name,
      
 Die den Herrn Seneschall zu sich entbot
      
 In den Baumgarten um die Abendstunde,
      
 Wo sie im sichern Schutz der Dunkelheit
      
 Lustwandelnd ihm versprach vielsüße Kunde,
      
 Wenn er zum trauten Stelldichein bereit.
Der Schenk, um seinen Würzwein sehr beflissen,
      
 Sieht in der Mischung einen Liebestrank
      
 Und stiehlt sich ein, bepackt mit Leckerbissen
      
 Und voller Hoffnung auf der Schönen Dank.
      
 Er wartet auf das Liebchen lange, lange
      
 In dem ablegnen, stillen Kämmerlein
      
 Und trinkt mit Lust in seines Herzens Drange
      
 Dreiviertel von dem selbstgebrauten Wein.
      
 Des Harrens satt will er von hinnen schleichen,
      
 Doch weh! von außen ist die Thür versperrt,
      
 Will seinem Zorn nicht wanken und nicht weichen.
      
 Wie er auch tritt und tobt und reißt und zerrt.
      
 Sein Rufen nützt ihm nichts, er ist gefangen
      
 Mit der Pastete und sitzt fest in Haft,
      
 Erkennt, daß er gefoppt, ins Garn gegangen,
      
 Und spürt die Wirkung, die der Trank ihm schafft
      
 Zu leben hat er ja, des Hungers Plage
      
 Wird nicht so balde dem Verstrickten nahn,
      
 Doch sucht man ihn umsonst zwei ganze Tage
      
 Und sorgt, er habe sich ein Leids gethan.
Der Seneschall hat's glücklicher getroffen;
      
 Er wandelt bei gedämpftem Mondenschein
      
 Und glaubt schon nah erfüllt sein kühnstes Hoffen,
      
 Am Arme ein verschleiert Mägdelein.
      
 Sie geht einher mit kleinen Trippelschritten,
      
 Seufzt tief und bang bei seiner Rede Fluß,
      
 Verstattet ihm auch auf sein stürmisch Bitten
      
 Ein sanft Umfahn und einen flücht'gen Kuß.
      
 Die nächste Nacht dasselbe Händedrücken,
      
 Daß des Verliebten schmachtend Herz entbrennt,
      
 Sie kichert leise, wenn er vor Entzücken
      
 Sie Herzenspüppchen, süßes Täubchen nennt.
      
 Als Tags darauf Tannhäuser ihm begegnet,
      
 Küßt er die eignen Fingerspitzen sich,
      
 »Ein Engel,« säuselt er, »hat mich gesegnet,
      
 Und ach! wie unschuldsvoll und minniglich!«
Nun kam Tannhäuser das Gerücht zu Ohren,
      
 Von dem der Hof schon in Allarm gebracht,
      
 Daß Herr von Tribuswinkel ging verloren;
      
 Da regt sich ihm ein finsterer Verdacht.
      
 Des Kämmerleins im Briefe muß er denken,
      
 Zum Stelldichein beschrieben und erklärt,
      
 Er eilt dahin und findet dort den Schenken
      
 In einem Zustand, der bejammerswerth.
      
 Heiß dankt ihm, der befreit aus seiner Grube,
      
 Und fäusteballend schwört er Stein und Bein:
      
 »Kein Andrer that's, als der verdammte Bube,
      
 Der Nithart oder auch der Lichtenstein!«
Tannhäuser denkt: ob mit dem Seneschalle
      
 Die Sache auch so ihren Haken hat?
      
 Am Ende ging auch der in eine Falle;
      
 Er birgt sich Abends hinter Busch und Blatt
      
 Und sieht das Pärchen Arm in Arme kommen;
      
 Schnell springt er vor, wie sie vorübergehn,
      
 Und spricht: »Verzeiht, Herr, was ich unternommen!
      
 Habt Ihr Eu'r Fräulein schon bei Licht besehn?«
      
 Die Dame wird trotz Sträuben festgehalten,
      
 Und sieh! im Schloß bei hellem Fackelschein
      
 Entpuppt sich aus der Frauenkleidung Falten
      
 Der muntre Junkherr Ulrich Lichtenstein.
      
 Herrn Kadolds Wuth brach so durch alle Schranken,
      
 Daß er »den Schuft« am liebsten umgebracht;
      
 Er brauchte sich für Spott nicht zu bedanken,
      
 Es wurde lange nicht soviel gelacht.
      
 Wie sehr auch Ida sich und Adelheide
      
 Mit mancher Huldin, der der Spaß gefiel,
      
 Verwandten für die Missethäter beide,
      
 Sie mußten büßen für ihr loses Spiel
      
 Und kamen beide hinter Kerkergitter
      
 Für ihrer Streiche stete Wiederkehr;
      
 Nun aber hatt' am Hof der junge Ritter
      
 Zwei Merker mehr.
Ihn kümmert's nicht, es machte
      
 Ihm kleine Furcht und wenig Leid,
      
 Er hatte Recht gethan und dachte
      
 An seinen Rittereid.
      
 Doch die Vergeltung sollte kommen,
      
 Und bitter ward ihm eingetränkt
      
 Das Schutzamt, das er übernommen,
      
 Von jenen Zwei'n, die er gekränkt.
      
 Die Wochen wechselten gleich Tagen
      
 Am üpp'gen Hof, die Freude sprang
      
 Von Ritterspielen zu Gelagen,
      
 Von frohen Festen zu Gesang.
      
 Und immer that in höf'scher Sitte
      
 Tannhäuser Allen es zuvor,
      
 Er war in jedem Kreis die Mitte
      
 Und gab den Ton an für den Chor.
      
 Das weckte Neid, der immer willig
      
 Zu bösem Leumund ist, man fand,
      
 Daß er beim Herzog mehr als billig
      
 In Freundesgunst und Ansehn stand.
      
 Da waren es die Ueberführten,
      
 Ulrich und Nithart, die voll Haß
      
 Auf Rache sannen, logen, schürten
      
 Und hetzten ohne Unterlaß.
      
 Durch Zufall hatten sie erfahren
      
 Tannhäusers unbedachte That
      
 Auf Dürrenstein vor sieben Jahren,
      
 Das blies man auf zu Hochverrath.
      
 Kadold und Tribuswinkel warnten
      
 Den jungen Ritter als bedroht
      
 Von Schlingen, die ihn leis' umgarnten,
      
 Er aber lachte ihrer Noth.
      
 Und auch der edle Herzog lachte,
      
 Der sich nun selbst darauf besann,
      
 Als man das Ding ihm hinterbrachte,
      
 Und rief den Freund zu sich heran:
      
 »Ich sollte Dich in Ketten legen
      
 Ins Burgverließ auf Dürrenstein
      
 Um Deines Hochverrathes wegen,
      
 Den König Richard zu befrei'n,
      
 Wie schlecht mein Vater ihn gebettet,
      
 Ich war dem Löwenherz'gen gut
      
 Und hätt' ihn selber gern gerettet,
      
 Bewunderung verdient Dein Muth.
      
 Und weil auch in dem Ungarnkriege
      
 So strahlend Deine Sonne schien,
      
 Daß uns Dein Speer verhalf zum Siege,
      
 Sei Dir die alte Schuld verziehn.«
      
 Dann überhäuft' er mit Geschenken
      
 Den Liebling mit freigeb'ger Hand
      
 Als wie zum Dank und Angedenken
      
 An jenen trotz'gen Widerstand
      
 Und bat, ihm reicher noch zu lohnen,
      
 Er möge wie im eignen Haus
      
 Bei ihm in seiner Hofburg wohnen,
      
 Das aber schlug Tannhäuser aus.
      
 Er wollt' in seiner Herberg bleiben,
      
 Wo, frei von jeder Rücksicht Band,
      
 Er nach des Hofes lautem Treiben
      
 Zum Sinnen Ruh und Sammlung fand.
      
 Und noch um Andres blieb er stetig,
      
 Er hatte im Quartier bei sich
      
 Den Fiedelvogt, der los und ledig
      
 Mal wieder längs der Donau strich.
      
 Der Fahrende stand mit dem Ritter,
      
 Der Sänger mit dem Spielmann gut,
      
 Da klangen Harfe, Geig' und Zither,
      
 Und Beide theilten Gut und Blut.
      
 Schwer war's, den reckenhaften Alten,
      
 Dem Wandern über Alles ging,
      
 Seßhaft zu machen, fest zu halten,
      
 Wenn Lieb' und Freundschaft ihn nicht fing.
      
 Von Unruh und Gelüst getrieben
      
 Rückt' er auch manchmal heimlich aus,
      
 Wär' dann ums Leben nicht geblieben
      
 In einem zugeschlossnen Haus.
      
 Doch immer kam er ehrlich wieder,
      
 Treu wie ein Hund, froh wie ein Kind,
      
 Und ließ sich bei dem Ritter nieder,
      
 Halb sein Genoß, halb sein Gesind.
      
 Bescheid wußt' er im Röm'schen Reiche
      
 Wie in der eignen Tasche fast,
      
 Die meistens leer, nur lust'ge Streiche
      
 Und Lieder waren sein Ballast.
      
 Nie ward er müd, den Rhein zu rühmen,
      
 Wo er gebürtig aus Alzey,
      
 Und Wunsch und Vorschlag zu verblümen
      
 Zu einer Fahrt dahin selbzwei.
      
 Tannhäuser widerstand und wagte
      
 Sein Glück am Hof nach Ritterbrauch,
      
 Er blieb und that, was ihm behagte,
      
 Spervogel auch.
Tannhäuser hielt des Ritters Waffenehre
      
 Gesondert von des Sängers Meisterthum,
      
 Doch mit dem Saitenspiel wie mit der Wehre
      
 Sucht' er in jedem unbestrittnen Ruhm
      
 Und fand ihn auch, denn schwierig war's zu sagen,
      
 Ob Schwert-, ob Harfenschlag ihm baß gelang,
      
 Die Ritter schätzten mehr sein männlich Wagen,
      
 Die Frauen aber seiner Lieder Klang.
      
 Die Sänger stellten ihn in ihrem Kreise
      
 Den Besten, die je Töne fanden, gleich,
      
 Das aber wies er ab bescheidner Weise
      
 Und machte sich damit an Freundschaft reich.
      
 Doch las er Aventüre und Ballade,
      
 So schlief er spät auf seinem Lager ein
      
 Bei Wirnts Gedicht vom Ritter mit dem Rade,
      
 Bei Hartmanns Erec, Heinrich und Iwein.
      
 Wie lauscht' er, wenn's vom meisterlichen Munde
      
 Herrn Hartmanns von der Au begeistert klang,
      
 Der Mären aus des Artus Tafelrunde
      
 Nach Chrestien de Troyes so herrlich sang!
      
 Und flossen dann die minniglichen Lieder
      
 Reinmar des Alten goldig, perlenrein,
      
 Dann wollte er in seinem Ehrgeiz wieder
      
 Ein großer Sänger oder keiner sein.
      
 Dann brannten ihm in Hirn und Herzen Flammen,
      
 Dann schöpft' er aus der Seele tiefstem Grund,
      
 Nahm alle Kraft und alle Kunst zusammen,
      
 Und gottbegnadet quoll es ihm vom Mund.
      
 Dann war er glücklich über alle Maßen,
      
 Und Alle fühlten seines Geistes Macht,
      
 Die ihn dann sahn und hörten, und vergaßen,
      
 Was vor ihm andre Sänger schon vollbracht.
      
 Herr Hartmann selbst war seines Ruhmes Mehrer
      
 Und lobte ihn um seinen Luarin,
      
 Reinmar der Alte, Walthers Freund und Lehrer,
      
 Hatt' auch manch weisen Rath und Wink für ihn.
      
 Reinmars von Zweter scharfe Rügeklänge,
      
 Des jungen Nithart dörperliche Rei'n,
      
 Morungens Lieder, Singenbergs Gesänge,
      
 Sie alle wirkten mächtig auf ihn ein.
      
 Kein neidisch Vorthun gab's, kein schüchtern Schweigen
      
 Vor Herzog Leopolds glorreichem Thron,
      
 Wie Siegesjubel aber klang im Reigen
      
 Tannhäusers Ton.