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4. Als Professor der Kunst- und Literaturgeschichte in Düsseldorf

Drei deutsche Städte kenne ich, deren Söhne und Töchter fest davon überzeugt sind, daß sich in keiner anderen Stadt als der ihren leben lasse. Daß die Wiener und die Hamburger so denken, ist weltbekannt und oft bezeugt worden. Daß aber auch die Düsseldorfer, so klein ihre Stadt damals war, ebenso empfanden und empfinden, erfährt man alsbald, wenn man selbst Düsseldorfer geworden ist.

Daß das niederrheinische »Städtchen«, wie Dürer es 1521 im Vorbeifahren nannte, noch vor hundert Jahren eine der berühmtesten Gemäldegalerien der Welt besessen hatte, deretwegen die Kenner ganz Europas es aufsuchten, und daß die neuere Düsseldorfer Malerei noch vor fünfzig Jahren selbst jenseits des Atlantischen Ozeans solchen Ruf hatte, daß man sie über das große Wasser verpflanzen zu müssen meinte, hatte man damals freilich schon fast vergessen; die Düsseldorfer schätzten sich und ihre Stadt nach den Behaglichkeiten der Lebensführung ein. Sie glaubten und glaubten vielleicht mit Recht, daß man in Düsseldorf in der Art, wie die Frauen sich kleideten, die Männer sich gaben und die vielfach angeregte gastliche Geselligkeit sich gestaltete, so viel guten Geschmack, feinen Anstand, natürliche Fröhlichkeit und offenen Blick für alles Schöne entwickelte wie kaum in einer anderen deutschen Stadt.

Düsseldorfer sollte nun also auch ich werden, und ich freute mich darauf. Nicht nur daß ich in einer Kunststadt unter Künstlern wirken sollte, lockte mich, sondern auch daß diese Stadt am alten Rheinstrom lag, von dem alles in mir klang und sang; dazu kam, daß die Nähe Westfalens, in dem meine nächsten väterlichen Verwandten wohnten, mir meine Berufung nach Düsseldorf fast als eine Rückkehr zu meiner Vorheimat erscheinen ließ. Um mir gleich zu vergegenwärtigen, daß die Stätte meiner neuen Wirksamkeit zu Schiffe zu erreichen sei, fuhr ich von Mannheim bis Düsseldorf den ganzen Rhein hinunter. Auf einer Strecke der Fahrt gesellte sich mir zufällig ein alter Münchener Bekannter, Wilhelm Riehl, der berühmte Verfasser des feinen Buches »Land und Leute«, der, auf einer Vortragsreise begriffen, meinen Weg, wie schon oft, zur rechten Stunde kreuzte. Dieses Mal unterhielt der treffliche Mann mich anregend und lehrreich von der Wesensverschiedenheit der leichter beweglichen Niederfranken, denen ich entgegenfuhr, und der härteren und widerstandsfähigeren Niedersachsen, denen ich entstammte. Da ich in Zukunft oft zwischen Düsseldorf und Bielefeld unterwegs war, trat mir dieser Unterschied zwischen den beiden nahe verwandten und mir so lieben Stämmen oft genug handgreiflich entgegen. Aber auch auf den Ruhm der alten Tage Düsseldorfs, dessen Geschichte ich nun natürlich schon nachgegangen war, kamen wir zu sprechen. Lebhaft suchte ich mich namentlich in die künstlerische Vergangenheit der Stadt einzufühlen, an deren künstlerischer Zukunft ich zu meinem bescheidenen Teil mitarbeiten sollte.

Gleich beim ersten Durchwandern Düsseldorfs fiel einem damals die vornehme Geschlossenheit der inneren Teile der vom breiten reißenden Niederrhein bespülten Stadt auf. Die alte Residenzstadt der Grafen von Berg und der auf sie folgenden Herzöge aus der pfalzgräflichen Linie Neuburg, von denen namentlich der Kurfürst Johann Wilhelm (1690-1716), von seiner mediceischen Gemahlin ermutigt, bereits einen Hofstaat niederländischer und italienischer Künstler um sich versammelte, behielt ihren residenzlichen Anstrich auch nachdem der machtvolle Kurfürst Karl Theodor seinen Wohnsitz nach Mannheim verlegt hatte; und sie erhielt ihn in bescheidenem Maße zurück, als sie 1814 an Preußen fiel und nun der Hohenzollernprinz Friedrich seine Wohnung im Jagdschlößchen »Jägerhof« am waldgrünen, von hohen Laubbäumen beschatteten und von farbenfrischen Blütensträuchern durchwirkten Hofgarten aufschlug. Diesen Hofgarten, an dessen lauschigen Wanderpfaden und dunklen, spiegelblanken Teichen es im Frühling vom Nachtigallenschlag widerhallt, entwickelte sich nun zur eigentlichen Mitte der Stadt, um die sich die Häuser ihrer wohlhabenden Bewohner, mit hübschen Hintergärten versehen, in geschlossenen Reihen hinzogen. Im rechten Winkel gebrochen, berührte er nur mit einer seiner Schmalseiten den Rhein; und nur von dieser aus genoß die lustwandelnde Welt Düsseldorfs den Ausblick auf den mächtigen Strom, dessen rasche, rauschende Wogen, als ich hinzog, immer noch ihr klares grünes Kleid trugen. Im übrigen berührte die Stadt nur mit ihrem alten Teil, in dem das Schloß lag, den Rhein, über den eine Schiffbrücke nach dem noch in ländlicher Stille träumenden Obercassel hinüberführte. Rings dehnten hier sich flache Felder und Wiesen und vom fernen Südwesten herüber grüßte der stolze Umriß des mittelalterlichen Domes von Neuß, dem sauberen Städtchen. Erst nach meiner Zeit entwickelte Düsseldorf, sich stromaufwärts und stromabwärts verbreiternd, seine neuen Schauseiten und erhielt es die mächtige, feste Steinbrücke, die es mit dem städtisch gewordenen Obercassel verbindet. Damals pflegte man zu sagen, Düsseldorf liege nicht am Rhein, sondern am Hofgarten.

Als Wahrzeichen seiner alten Bedeutung als kurfürstliche Residenz erhebt sich noch heute an dem kleinen, von dem noch halb gotischen Rathaus begrenzten Marktplatz das überlebensgroße eherne Reiterbild Johann Wilhelms, die Meisterschöpfung des Niederländers italienischer Abkunft Gabriel Grupello (1644-1730), der 1695 von Brüssel nach Düsseldorf übersiedelte. Älter als Jean Joseph Vinaches Reiterbild Augusts des Starken in Dresden, gehört es neben diesem zu den eindrucksvollsten vollbarocken Reiterdenkmälern Deutschlands.

Das mächtigste Denkmal, das Johann Wilhelm sich setzte, aber war jene große, herrliche Gemäldegalerie alter Meister, für die er schon 1710, einer der ersten in Europa, ein besonderes, schlichtes, aber geräumiges Gebäude in Düsseldorf errichtete. Leider ist sie der niederrheinischen Stadt schon 1805 endgültig verlorengegangen. Maximilian Joseph von Bayern, der 1799 Herzog von Jülich und Berg geworden war, ließ die Galerie, als der Krieg zwischen Preußen und Frankreich ausbrach, unter dem Vorwande, sie vor den Preußen zu schützen, nach München bringen. Die bergischen Stände protestierten, wurden aber vertröstet. Sie wiederholten ihren Einspruch, als Düsseldorf französisch geworden war, aber Frankreich lehnte die Einmischung als »inopportun« ab. Erst als Düsseldorf preußisch geworden war, wurde die Rechtsfrage ernstlich aufgeworfen. Nach dem Friedensvertrag von 1866 zwischen Bayern und Preußen sollte sie durch ein deutsches Appellationsgericht entschieden werden. Die Frage war, wie verlautete, nahe daran, zugunsten Preußens entschieden zu werden, als 1870 der französische Krieg ausbrach und Preußen nunmehr endgültig auf die Rückgabe der Bilder, die unter verschiedene Galerien Bayerns verteilt worden waren, verzichtete.

Im 18. Jahrhundert war die Düsseldorfer Galerie, deren Hauptwerke jetzt zu den Schätzen der Münchener Pinakothek gehören, eine der wenigen zugänglichen Galerien Nordeuropas. Begeistert äußerten der große englische Maler Sir Joshua Reynolds und der größere deutsche Dichter Goethe sich über ihren Aufenthalt in der Düsseldorfer Galerie, und im Anschluß an sie gründete Karl Theodor, der Düsseldorf, wenn er hier auch nicht wohnte, doch immer im Auge behielt, schon 1767 die Kunstakademie, die unter ihren Direktoren, den angesehenen deutschen Zopfmeistern Lambert Krahe (1712-1790) und Johann Peter Langer (1756-1824) schlecht und recht im Sinne ihrer Zeit gedieh. Ihr Haupterfolg war, dem großen Peter Cornelius, dessen Vater Aloisius Cornelius Maler, Lehrer und Akademieinspektor in Düsseldorf war, den ersten Unterricht vermittelt zu haben.

Die preußische Regierung ließ es sich nach 1814 angelegen sein, Düsseldorf zu erneuter Blüte zu bringen. War Koblenz, dessen altes Schloß der Oberpräsident der Rheinprovinz bezog, auch der Sitz ihrer Oberregierung, so tagte in Düsseldorf doch ihr Provinziallandtag, dem Julius Raschdorff später das stattliche Ständehaus am Schwanenspiegel errichtete.

Vor allem nahm die preußische Regierung sich der Neugestaltung der Kunstakademie an. Ihr erster, 1819 berufener Direktor war kein Geringerer als Peter Cornelius (1783-1867) selbst, der sich inzwischen in Rom zum ersten und selbständigsten deutschen Künstler entwickelt hatte. Lange freilich blieb Cornelius nicht in seiner neu erblühenden Vaterstadt. König Ludwig I. konnte ihn in München, wohin der Meister seit 1821 halb, 1826 ganz übersiedelte, nicht entbehren. Aber seine Grundsätze, die an Stelle des alten akademischen Regelzwanges »eine Manchfalt wahrer Bestrebungen« setzten, wirkten auch am Niederrhein noch eine Zeitlang belebend weiter.

Wurde Düsseldorf jetzt durch seine Kunstakademie zu dem Mittelpunkte des künstlerischen, wie Bonn durch seine Universität zu dem des wissenschaftlichen Lebens der Rheinprovinz, so wurde es anderseits als Residenz des Hohenzollernfürsten zu einem Treffpunkt des niederrheinischen und westfälischen Adels, der hier in dem alten Gasthof zum Breidenbacher Hof seine Winterfeste zu feiern pflegte. Als Gegengewicht gegen das höfische Treiben aber erschienen seit dem Aufschwung des deutschen Gewerbefleißes auch die Großindustriellen im Vordergrund des Düsseldorfer Lebens, dem sie wenigstens in ihren Kreisen großbürgerliche Behäbigkeit und dadurch der Stadt auch bald genug ein großstädtisches Ansehen verliehen. Gehörten dem Regierungsbezirk Düsseldorf die reichsten Industriestädte Deutschlands an, so zogen manche reiche Fabrikbesitzer, wenn sie sich zur Ruhe setzten, sich nach Düsseldorf zurück; und die Offiziere der drei Regimenter, mit denen Düsseldorf gesegnet war, durchzogen die Fabrikanten- wie die Künstlerkreise der Stadt mit buntem, frischem und doch beherrschtem Leben.

Nach Cornelius' Fortzug wurde der römische Mitarbeiter des Meisters, der Berliner Wilhelm von Schadow(1789-1862), der schon seit 1819 Akademieprofessor in Berlin gewesen war, 1826 zur Auffrischung der rheinischen Malerschule als Direktor der Kunstakademie nach Düsseldorf berufen. Seine Leitung der Kunstschule bedeutete anscheinend einen Umschwung der Düsseldorfer Malerei zu der größeren Freiheit und Farbigkeit der jungen französischen Kunst; und in der Tat bewegten die jungen Maler, die Schadow von Berlin nach Düsseldorf folgten, sich, ohne ihr Ziel völlig zu erreichen, in dieser Richtung. Karl Sohn der Ältere(1805-67), der namentlich durch seine Leonorenbilder aus Goethes »Tasso« berühmt ist, strebte in seinen großen weiblichen Bildnissen, die zu den schönsten ihrer Zeit gehören, wirklich erfolgreich und selbständig den Franzosen nach. Akademieprofessor wurde er selbst erst 1832. Theodor Hildebrand (1804-74), dessen »Ermordung der Söhne Eduards IV.«, jetzt in der Raczynsky-Galerie zu Posen, seinen Namen auf aller Lippen brachte, wird heute kaum noch genannt. Karl Friedrich Lessing 1808-80), der Großneffe des Dichters, der seine romantische Richtung der Landschaftsmalerei schon 1825 in seinem »Kirchhof mit Leichensteinen und Ruinen« betätigte, 1828 in seinem »Klosterhof im Schnee« des Kölner Museums bestätigte, später aber in zahlreichen Geschichtsbildern und Landschaften weiterbildete, wird wenigstens in seinen besten Landschaftsbildern niemals vergessen werden. Julius Hübner(1806-82) erwarb sich in Düsseldorf zwischen 1826 und 1839 durch seine romantischen Geschichtsbilder und naturfrischen Bildnisse den Ruhm, der ihm zu seiner späteren bedeutsamen Stellung im Kunstleben Dresdens verhalf. Sein Schwager Eduard Bendemann (1811-1889) war seinem Lehrer Schadow erst 1828 nach Düsseldorf gefolgt, erregte hier aber als »Idyllenmaler des Alten Testaments« mit seinen an den Wassern Babylons »trauernden Juden« (jetzt im Kölner Museum) und seinem »Jeremias auf den Trümmern Jerusalems« solches Aufsehen, daß er 1838 als Akademieprofessor nach Dresden berufen wurde, von wo er 1859, nach Schadows Abgang, als Akademiedirektor nach Düsseldorf zurückkehrte. Johann Wilhelm Schirmer (1807-63) aber, neben Lessing der Begründer der Düsseldorfer Landschaftsmalerei, der die strenge Linienführung Kochs und seiner Nachfolger milderte und mit saftigerem farbigen Leben erfüllte, war echter Niederrheinländer. Er war 1825 als Buchbindergeselle aus Jülich nach Düsseldorf eingewandert, trat hier aber gleich 1826 als Schüler Schadows in die Akademie ein, an der er in demselben Jahre 1839 Professor wurde, in dem sein Namensvetter und Fachgenosse, der sonst nur wenig mit ihm gemein hat, Wilhelm Schirmer (1802-66), zum Professor der Landschaftsmalerei an der Berliner Akademie ernannt wurde.

Von allen diesen Meistern waren, als ich nach Düsseldorf berufen wurde, nur der ältere Karl Sohn und Johann Wilhelm Schirmer, der seit 1853 Direktor der Karlsruher Kunstschule gewesen war, nicht mehr am Leben, starb Hildebrand noch in demselben Jahre 1874, wirkte Lessing als Galeriedirektor in Karlsruhe, Julius Hübner als solcher in Dresden. Bendemann aber, der sein Amt 1867 niedergelegt hatte, war Düsseldorf auch in seinem behaglichen Ruhestande treu geblieben.

Alle diese Meister, die als die hellsten Sterne am Himmel der alten Düsseldorfer Schule glänzten, werden heute manchmal geflissentlich unterschätzt, in der Zeit der Vorherrschaft des Impressionismus sogar noch mehr als heute. Wahr ist, daß ihre Kunst zumeist am Gegenständlichen haften blieb und daß ihre malerische Technik gegenüber der Pinselführung ihrer französischen und belgischen, zum Teil auch englischen Zeitgenossen, von Sohns weiblichen Bildnissen abgesehen, hart und trocken erscheint; und wahr ist, daß gerade sie die Öffentlichkeit daran gewöhnten, einem Gemälde gegenüber nicht zuerst zu fragen, ob es künstlerisch empfunden und gemalt sei, sondern was es darstelle. Es war die Blütezeit der Romantik und der literarischen Kunst; ja, gerade vom Gegenständlichen ausgehend, fingen einige dieser Meister bereits an, sich als Realisten zu fühlen. Das Sittenbild und die Landschaft traten in ihre Rechte. Dem Klassizismus und der ernsten Romantik der Nazarener gegenüber fühlten diese Düsseldorfer von 1830 sich bereits als Neuerer. Der strengen Linienkunst wollten auch sie eine weichere Farbenkunst gegenüberstellen; doch gerade in dieser Beziehung reichte ihre könnende Kraft, von seltenen Ausnahmen abgesehen, nicht aus. Bei alledem aber fehlte es diesen Meistern und ihresgleichen nicht an einer gewissen Selbständigkeit der Empfindung und der künstlerischen Gestaltungskraft, die ihre großen Erfolge einigermaßen erklären.

 

Das Düsseldorfer Kunstleben von 1830 beschränkte sich jedoch keineswegs auf die allerdings nur durch die Malerei vertretenen bildenden Künste. Auch Schriftsteller und Musiker von Bedeutung fanden sich in der rheinischen Kunststadt ein.

Daß Düsseldorf der Geburtsort Heinrich Heines (1797-1856) war, merkte man ihm freilich nicht an. Machte Heine, der sich 1830 dauernd in Paris niedergelassen, sich doch über Immermann, der die Seele des Schriftstellerlebens in Düsseldorf war, in boshafter Weise lustig; und wurde seiner Vaterstadt doch noch gegen Ende des 19. Jahrhunderts nicht gestattet, das Heinedenkmal aufzustellen, zu dem alle Freunde deutscher Lyrik beigetragen hatten. Karl Immermann (1796-1840), der Jurist, hielt es, wie die meisten deutschen Dichter jener Tage, noch für nötig, neben der Dichtkunst, der Geliebten seines Herzens, eine bürgerliche Beschäftigung als sorgliche Hausfrau zu unterhalten. Er war Kriminalrichter in Magdeburg gewesen, als er 1827 als Landgerichtsrat nach Düsseldorf versetzt wurde. Er kam gerade zur rechten Zeit, um dem Kunstleben, das sich hier entwickelte, einen schriftstellerischen Einschlag zu geben. Ein großer Teil seiner besten Dramen und Romane entstand in Düsseldorf. Sein »Andreas Hofer« war noch im alten Theater aufgeführt worden, das unter der Leitung des neugegründeten Theatervereins 1832 einem gründlichen Umbau unterzogen und in feiner früheren Gestalt mit einem poetischen Nachruf Immermanns geschlossen wurde. Immermann wurde zum Dramaturgen und Spielleiter ernannt; und am 1. Februar 1833 wurde das Theater mit Lessings »Emilia Galotti« wieder eröffnet. Im nächsten Jahr übernahm Immermann die ganze Leitung der Bühne mit der ausgesprochenen Absicht, der ideal-natürlichen Spielweise, die Goethe im Weimarer Theater gepflegt hatte, auf ihr wenn nicht zu gleich bedeutsamen Leben, so doch zu einer frischen Nachblüte zu verhelfen.

Als städtischer Musikdirektor aber wurde Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809-47), der damals schon einen Teil seiner Musik zum »Sommernachtstraum« geschrieben hatte, 1834 nach Düsseldorf geholt; und unter Mendelssohns Leitung erlebte sogar die Oper eine kurze Blüte in der stillen Rhein- und Düsselstadt. Aber Mendelssohn wurde schon 1835 nach Leipzig berufen; und viel länger dauerte auch die ganze Düsseldorfer Bühnenherrlichkeit nicht, der die deutsche Theatergeschichte als einer ihrer Idealphasen mit freundlicher Anerkennung gedenkt. Der Düsseldorfer Boden eignete sich noch nicht für einen solchen Versuch. Der Adel und das einheimische Bürgertum waren in zu streng katholischen Anschauungen aufgewachsen, um ein im Sinne des »Heiden« Goethe geführtes Theaterwesen unterstützen zu können. Als Pflanzstätte eingewanderter Familien mit anderer Weltanschauung aber war die Stadt noch nicht groß genug, um ein ideales Theaterunternehmen aus eigenen Mitteln zu bestreiten.

Die bekanntesten Dichter, die neben Immermann in Düsseldorf wirkten, waren der leidenschaftliche, hochbegabte Dramatiker Christian Dietrich Grabbe (1801-36), den Immermann vergeblich zu zähmen versuchte, und Friedrich von Üchtritz (1800-75), dessen damals vielgenannte geschichtlichen Trauerspiele heute vergessen sind. Unter Immermann war Üchtritz seit 1829 Assessor am Düsseldorfer Landgericht, 1833 wurde auch er Landgerichtsrat. Ihm verdanken wir eine anschauliche Schilderung des geistigen Lebens jener Tage in Düsseldorf. Auch Michael Beer (1800-33), der Bruder des Opernschöpfers Meyerbeer, der Dichter des »Paria« und eines Trauerspiels »Struensee«, schloß sich vorübergehend dem Düsseldorfer Kreise an, dessen Sammelpunkt die 1829 gegründete »Zwecklose Gesellschaft zu fruchtbringendem Gedankenaustausch« war.

Eine weithin leuchtende geistige Größe des damaligen Düsseldorf war aber auch Karl Schnaase (1798-1875), einer der Hauptvertreter der Kunstwissenschaft und Kunstgeschichtschreibung jener Tage. Auch er war Jurist, und auch er wurde 1829 ans Landgericht in Düsseldorf berufen, das er 1848 verließ, um Obertribunalrat in Berlin zu werden. Unter dem Einfluß der Hegelschen Philosophie hatte Schnaase sich der Kunstwissenschaft, unter den künstlerischen Anregungen Düsseldorfs der Kunstgeschichte in die Arme geworfen. Von Düsseldorf aus unternahm er die Kunstreise, der seine »Niederländischen Briefe« entstammten, die 1834 in Stuttgart erschienen und durch ihre scharfe Beobachtung und anschauliche Schilderung von Menschen und Kunstwerken Aufsehen erregten; und in Düsseldorf begann Schnaase auch seine große, freilich unvollendete »Geschichte der bildenden Künste« zu schreiben, an der wir uns alle emporgerankt haben. Ihr erster Band erschien 1849 in Düsseldorf.

Welterschütternd war dieses Düsseldorfer Kunstleben der letzten zwanziger und der ersten dreißiger Jahre des 19. Jahrhunderts nicht gerade. Aber, von rheinischem Frohsinn und geselliger Festfreude getragen, zog es damals Scharen junger Künstler und Kunstfreunde an und lenkte die Blicke ganz Deutschlands und eines Teiles des Auslandes auf sich.

 

In dem starken Menschenalter, das zwischen diesem und dem Düsseldorf lag, das ich 1874 betrat, waren die Jungen von damals die Alten von heute geworden. Diese Übergangsjahrzehnte waren die Reifezeit der Schule Bendemanns, neben der einerseits noch die Nazarener vom Schlage Degers, Ittenbachs und Andreas und Karl Müllers weiterblühten, anderseits die Sittenmaler wie Rudolf Jordan, Johann Peter Hasenclever und Adolf Schrödter, der die Romantik durch Humor überwand, ihr Bestes leisteten, aber auch schon die großen, damals als neuzeitlich empfundenen Landschafter Andreas und Oswald Achenbach heranreiften. Die Stadt veränderte sich in diesem Menschenalter nicht eben zu ihrem Vorteil. Die Künstlerstadt verwandelte sich immer entschiedener in eine Fabrikstadt. Der weite Halbkreis rauchender Schornsteine, der sie jetzt umgab, entzog dem um den Hofgarten gelagerten Innern freilich nur wenig von der frischen Rheinluft, die sie hier durchwehte; aber er unterband den Naturfreunden doch den freien Verkehr mit der nicht besonders schönen, aber früher doch ländlich anmutigen Landschaft ihrer Umgebung; und er trug einen Anflug banausischen Erwerbssinnes in das harmlos ideale Düsseldorfer Künstlertreiben der »guten alten Zeit« hinein.

Die Kunststadt Düsseldorf wollte jetzt soviel wie möglich am Erwerbsleben der Fabrikstadt teilnehmen. Zahlreiche Maler lernten für die Ausfuhr [zu] arbeiten und die Motive ihrer Bilder nicht nach ihrem künstlerischen Herzensdrang, sondern nach dem Geschmack ihrer Abnehmer auswählen. Die romantischen Stoffe fingen an, zurückzutreten. Rührselige sittenbildliche Darstellungen aus dem Bürger- oder dem Bauernleben, Landschaftsgemälde aus den Gegenden, die das Reiseziel wohlhabender Gönner zu sein pflegten, Wald- und Wildbilder für Jagdliebhaber und immer wieder die Bildnisse lieber Familienangehöriger, in denen es vor allem auf »Ähnlichkeit« ankam, wurden als gangbar bevorzugt. Jene katholischen Kirchenmaler, die die zahlreichen Kirchen des Rheinlandes mit süßlich blühenden Andachtsbildern zu versehen hatten, bildeten eine Gruppe für sich; und als Gegengewicht gegen die Richtung, die sie vertraten, tauchte jetzt bereits das soziale Sittenbild auf, das sich in den Dienst einer jüngeren Weltanschauung stellte. Wie wenig ernst es aber dem meistgenannten älteren Düsseldorfer Vertreter dieses »Genres«, Karl Hübner (1814-79), damit war, zeigte sich schon darin, daß er diese Richtung 1848, als es mit ihrer Betätigung ernst werden zu wollen schien, schleunigst zugunsten der beliebteren bürgerlichen Rührseligkeit aufgab. Die Vorliebe des grauen Städters für bunte ländliche oder gar ausländische Trachten spiegelte sich in zahlreichen Bildern wieder. Ihr verdankte sogar der Norweger Adolf Tidemand (1814-76), übrigens einer der tüchtigsten Düsseldorfer Maler jener Übergangszeit, der stille, sinnige Vorgänge in den malerischen ländlichen Trachten seiner Heimat darstellte, einen Hauptteil seiner Erfolge.

Ausländische, namentlich norwegische und schwedische Künstler pilgerten scharenweise nach Düsseldorf, um dort die schöne Kunst zu lernen, verkäufliche Bilder zu malen; und nicht nur im Rheinland, auch in ganz Deutschland, ja jenseits des Ozeans fanden die Düsseldorfer Bilder damals noch zahlreiche Abnehmer.

Das musikalische und literarische Leben Düsseldorfs erlosch in diesem Zwischenmenschenalter keineswegs völlig. Wie verständnisvoll die Musik in der rheinischen Musenstadt gepflegt wurde, ahnt man, wenn man sich erinnert, daß Robert Schumann von 1850 bis zu seiner Erkrankung städtischer Musikdirektor in Düsseldorf war. Im Mittelpunkt des schriftstellerischen Lebens der Kunststadt aber stand neben Schnaase jetzt Wolfgang Müller von Königswinter (1816 bis 1873), der frische Rheindichter, der in Düsseldorf schon das Gymnasium besucht hatte, das er selbst als »Quelle seiner Poesie« bezeichnete. Verbrachte er dann doch auch die Vollkraft seiner Jahre, von 1840 bis 1853, in Düsseldorf! Die »Düsseldorfer Monatshefte« aber versorgten ganz Deutschland mit den lustigen Künstlerschwänken, die, als ich nach Düsseldorf kam, noch in aller Munde waren.

Seinen geselligen Mittelpunkt fand das Düsseldorfer Kunstleben seit 1848 in dem in diesem Jahre gegründeten Künstlerverein »Malkasten«, der sich, nachdem er sich im ehemals Jacobischen Garten zu Pempelfort, in dem Goethe bei seinem Freunde Fritz Jacobi schöne Tage verlebte, ein stattliches neues Haus gebaut hatte, rasch den verdienten Ruf erwarb, das schönste und anregendste Künstlerheim Deutschlands zu sein. Zu seinen Festen, deren größte in den weitläufigen Räumen der städtischen Tonhalle stattfanden, strömten die Zuschauer aus Köln und den anderen niederrheinischen Städten in Scharen herbei; und der vornehme Anstrich, den die Malkastenfeste sich selbst zur Faschingszeit auch bei der tollsten Ausgelassenheit zu wahren verstanden, entsprach dem Verkehrston, der damals in Düsseldorf herrschte.

Bei alledem sah es in der Kunstakademie, in deren Lehrkörper ich eintreten sollte, zu Ende dieser mittleren Zeit, sagen wir um 1869, in dem sie das Jubelfest ihres fünfzigjährigen Bestehens beging, nicht eben erfreulich aus. Seit dem Rücktritt Eduard Bendemanns, der von 1859 bis 1867 ihr Direktor gewesen war, und dem fast zur Regel gewordenen Urlaub des gefeierten Landschafters Oswald Achenbach, der sich, seit 1863 Akademieprofessor, doch meist durch schwächere Kräfte vertreten ließ, war sie so gut wie verwaist. Mit äußerster Schärfe trat dies gerade an ihrem Jubelfeste von 1869 hervor. Der Regierungspräsident von Kühlwetter, übrigens ein geistvoller und kunstfreundlicher Herr, und der bekannte Geheimrat Altgelt, der damals Vorsitzender des Direktoriums und der Lehrerkonferenz der Akademie war, hielten die Ansprachen. Kein Akademieprofessor, kein Künstler erhielt das Wort; für die eigentliche Festrede hatte man sich den großen, allverehrten Archäologen Professor Ernst Curtius aus Berlin verschrieben. Die Abfassung der Denkschrift aber wurde einem Regierungsbeamten überlassen. So glänzend alle diese Herren ohne Zweifel redeten und schrieben, demütigend für die Akademie war es doch, daß man ihre eigentlichen Mitglieder sozusagen mundtot machte.

Die damaligen Schüler der Akademie empfanden diese Zustände mit Recht als eine Schmach. Noch während der Festtage überreichten sie dem Kultusminister von Mühler eine Beschwerdeschrift, in der sie vor allem darum baten, daß die Leitung der Akademie wieder in Künstlerhände gelegt werde. Natürlich wurden sie abschlägig beschieden, und ihre »Anmaßung« wurde ihnen sehr verübelt. Es entstanden sogar unerquickliche Vorgänge und Unruhen daraus. In der Sache erreichten die Schüler aber doch, was sie wollten; denn Geheimrat Altgelt legte am 18. Juli 1870 sein Amt nieder, und das »Direktorium« bestand hinfort aus den Professoren Hermann Wislicenus (1825-99), der damals als Säule der weltlichen Wandmalerei Deutschlands galt, und dem Dresdener Architekten Ernst Giese (1832 bis 1903), der, nachdem er einige Jahre Professor der Düsseldorfer Akademie und ihr Schriftführer gewesen war, 1871 seine baukünstlerische Tätigkeit in Dresden wieder aufnahm, von hier aus aber Düsseldorf sein neues Theater und seine neue Kunsthalle in nettem Renaissancestil errichtete. Architekten heranzubilden wurde den Professoren der Baukunst an der Düsseldorfer Akademie nicht zugemutet.

Nach 1870 machte der Wille zu geistigem Aufschwung, der damals das siegreiche Deutschland durchwehte, sich auch im Kunstleben Düsseldorfs geltend. Die Staatsmittel waren etwas flüssiger geworden. Die preußische Regierung besann sich darauf, was sie der rheinischen »Kunstzentrale« schuldig sei. Während hierüber hin und her beraten wurde, ereignete sich aber etwas Unerwartetes, das von selbst zu Neuerungen führte. In der Nacht vom 19. auf den 20. März 1872 brach im Akademiegebäude, das in seinem Kern aus dem alten kurpfälzischen Schloß und dem angrenzenden ehemaligen Galeriegebäude bestand, aus nicht aufgeklärter Ursache ein verheerender Brand aus, der mit rasender Schnelligkeit um sich griff und das ganze alte Schloß nebst dem benachbarten Ständehaus von Grund aus zerstörte, das frühere Galeriegebäude aber zum größten Teil verschonte. Den herbeigeeilten Professoren gelang es nur zum Teil und mit offensichtlicher Lebensgefahr, ihre Bilder, Studien und Hilfsmittel zu retten. Einige von ihnen verloren ihre ganze künstlerische Habe.

Der neue preußische Kultusminister Adalbert Falk, der sein Amt von 1872 bis 1879 verwaltete, und sein vortragender Rat Richard Schoene nahmen sich, während noch über den Neubau der Akademie beraten wurde, der Vervollständigung des Lehrerkollegiums an, dessen Mitglieder sich freilich in den nächsten sieben Jahren mit ungenügenden Räumen im alten Galeriegebäude oder im sogenannten »Wunderbau« begnügen mußten. Der »Wunderbau«, der dem Maler Fr. Gerhardt gehörte, war ein merkwürdig zusammengebautes Haus in der Pempelforter Straße. Die Zugänge zu seinen zahlreichen Malerwerkstätten wurden durch hölzerne Außentreppen und Außengalerien in verschiedenen Stockwerken vermittelt. Die Hoffnung auf einen schönen Neubau des Akademiegebäudes an anderer, besser als der bisherigen geeigneten Stelle, ließ auch die neuernannten Lehrer sich mit den Unzulänglichkeiten der Zwischenzeit abfinden.

An Ernst Gieses Stelle war Wilhelm Lotz, der gelehrte Baumeister, dessen zweibändige, außerordentlich nützliche »Kunsttopographie Deutschlands« in aller Händen war, zum Professor der Baukunst und zum Sekretär des Direktoriums der Akademie berufen worden. Er trat sein Amt gleich nach dem Brande an: schlank, schwarzhaarig und dunkeläugig, war er ein ernster, stiller, überaus ehrenwerter, gewissenhafter und fleißiger Künstler und Gelehrter, der sein Amt während der ganzen dornen- und arbeitsvollen Zeit der halben Obdachlosigkeit der Akademie verwaltete, 1879 aber, kurz vor dem Umzug in den Neubau, plötzlich starb.

An Oswald Achenbachs Stelle, der sein Amt, das ihn am eigenen Schaffen hinderte, im Oktober 1872 endgültig niederlegte, trat der Balte Eugen Dücker (1841-1916), der, an der Petersburger Akademie gebildet, schon seit 1864 in Düsseldorf gearbeitet hatte. Dücker bezeichnete mit seiner klaren, nüchternen, fast photographisch treuen Wiedergabe der landschaftlichen Natur, die wir damals bewunderten, die letzte Entwicklungsstufe vor dem Impressionismus; man hielt ihn damals sogar für moderner als Oswald Achenbach, hinter dem freilich eine viel vollere künstlerische Persönlichkeit steckte. Heute wird Oswald Achenbach mit seiner weichen, breiten, schillernden und ganz persönlichen Auffassung der Natur uns zugleich impressionistischer und expressionistischer, also moderner, erscheinen als Dücker, dessen feine Bilder uns kühl bis ans Herz heran lassen. Neu geschaffen aber wurde ein Lehrstuhl für Kunst- und Literaturgeschichte; und der erste, der 1873 auf ihn berufen wurde, war Wilhelm Roßmann, kein eigentlicher Fachmann, aber ein Gelehrter von stattlicher Erscheinung, einnehmender Persönlichkeit und vielseitigem Wissen, der erst Erzieher des Erbprinzen von Meiningen, dann Sekretär der Weimarer Kunstschule gewesen war, aber nachdem er im Sommer 1873 mit seinen Vorträgen in Düsseldorf großen Beifall geerntet, schon im Herbst dieses Jahres als Nachfolger Albert von Zahns in die Generaldirektion der königlichen Sammlungen nach Dresden berufen wurde.

Endlich dachte man auch an die Wiederbesetzung der beiden Professuren für geschichtliche und bürgerliche Sittenmalerei, die die alten Schadow-Schüler Theodor Hildebrand (seit 1836) und Heinrich Mücke (seit 1840) innegehabt hatten. Beide lebten noch, hatten sich aber schon seit längerem von ihrer Lehrtätigkeit zurückgezogen. Der Ersatz, den man für sie fand, wirkte zunächst erfrischend; an Mückes Stelle trat Wilhelm Sohn (1829-99), ein Neffe des alten Karl Sohn, der wie dieser ursprünglich Schüler Schadows gewesen, dann aber zu der damals zeitgemäßen vollmalerischen Art der alten Holländer und Belgier übergegangen war. An seiner Entwicklung lernte ich, wie vorsichtig man damit sein muß, alten Meistern Jugendwerke abzusprechen, weil sie eine ganz andere Art zeigen als ihre späteren Bilder. Niemand würde, wenn es nicht seine Namenszeichnung trüge, Wilhelm Sohns Jugendbild »Christus auf dem Wasser« in der Düsseldorfer Kunsthalle, das noch ganz die Schule des alten Schadow verrät, demselben Meister zusprechen, der 1866 das Bild »Beim Rechtsanwalt« im Leipziger Museum gemalt hatte. Als ich ihn kennenlernte, malte Sohn an einem Bilde, das die Berliner Nationalgalerie bei ihm bestellt hatte, aber sein Leben zum Trauerspiel machte. Es stellte das letzte Abendmahl einer kranken Dame in einem vornehmen Patrizierhause des 17. Jahrhunderts dar. In der Gestalt, in der das Bild, bis auf irgendeine noch unfertige Ecke vollendet, in des Meisters Atelier stand, schien es in der Tat ein Höchstes an malerischen Reizen im Sinne Terborchs und Vermeers zu sein. Aber nach jeder seiner Sommerreisen, die ihn nach Holland, Belgien oder Frankreich zu führen pflegten, kratzte er das Gemalte, weil er es auf eine noch höhere Stufe bringen zu können meinte, wieder aus und fing von vorn wieder an. Das ging nicht nur Jahre, es ging Jahrzehnte so weiter. Das Bild wurde nicht abgeliefert. Der Meister wurde alt und geisteskrank darüber und starb, hochbetagt, in der Heilanstalt Endenich bei Bonn. Nur einige seiner wenigen vorher gemalten Bilder sind in öffentliche Galerien gelangt; aber seinen Schülern kamen die Feinheiten seiner satten Pinselführung und seiner immer erneuten technischen Versuche zugute. In seinem Wirken an der Akademie hielt er, was man sich von ihm versprochen hatte. Daß die heutige Kunst über diese ganze Richtung, die der Piloty-Schule in München parallel lief, zur Tagesordnung übergegangen ist, ändert nichts an ihrer geschichtlichen Bedeutung.

An Hildebrands Stelle aber trat der Balte Eduard von Gebhardt (geb. 1838), der in weiten Kreisen noch heute als einer der wirklich bedeutenden deutschen Meister des 19. Jahrhunderts anerkannt wird. Auf der Petersburger Akademie und in Karlsruhe vorgebildet, war der estnische Pfarrerssohn schon 1860 Schüler Wilhelm Sohns in Düsseldorf geworden. Seiner ganzen Anlage nach aber schlug er völlig andere Wege ein als dieser. Er stellte seine gediegene malerische Technik in den Dienst der höchsten geistigen Aufgaben der Kunst, die er mit durchaus deutscher Eigenart erfaßte. Tief religiös veranlagt, dachte er eine selbständige deutsche protestantische Malerei der römisch-katholischen an die Seite zu setzen. Durch die Art, wie er die biblischen Vorgänge in deutsche Landschaften verlegte und in die deutschen Trachten der Zeit Luthers kleidete, wollte er die heiligen Vorgänge dem deutschen Volke näherbringen und die immer erneute Gegenwart des christlichen Heils veranschaulichen. Die älteren Niederländer wie Roger van der Weyden und die Italiener des 15. Jahrhunderts waren ihm in diesem Bestreben vorausgegangen. Die damaligen Düsseldorfer spotteten freilich anfangs über Gebhardts Bilder, wie den »Einzug Christi in Gerresheim«, gewöhnten sich aber bald an seine Art und begrüßten seine Ernennung zum Akademieprofessor mit aufrichtiger Freude. War er doch auch selbst durchaus eine Persönlichkeit aus der guten alten Zeit, voll heiligen Feuers, aber auch voll kindlicher Heiterkeit und origineller Einfälle und Aussprüche.

In demselben Frühling 1874, wie Sohn und Gebhardt, wurde auch ich, zum Nachfolger Roßmanns ernannt, in das Lehrerkollegium der Akademie eingeführt. Daß ich auf der Seite der damaligen Jugend und der Lehrer nach ihrem Herzen stand, brauche ich nicht zu beteuern. Ich schloß mich aus Überzeugung an Sohn, Gebhardt und Dücker an. Von dem älteren Stamm der Akademieprofessoren, an dem wir als junge Zweige erschienen, zog vor allem Julius Roeting (1821 – 96), der treffliche Bildnismaler, der aus der Schule Bendemanns einen selbständigen, kräftigen, mit Geschmack angewandten Wirklichkeitssinn gerettet hatte, mit uns an einem Strange. Auch Hermann Wislicenus (1825-99), der Dresdener Schüler Schnorr von Carolsfelds, stand in den meisten Fragen auf unserer Seite. Sein Streben, einen Ausgleich zwischen der damals alten und der damals jungen Richtung zu finden, war freilich, wie seine Hauptschöpfung, die Fresken im Saalbau des alten Kaiserhauses zu Goslar, beweist, nicht eben erfolgreich; aber er war eine durchaus reine, ernste, geistig gerichtete und protestantisch freie Natur, die sich von dem heiteren Künstlerleben Düsseldorfs mit Bewußtsein fernhielt. Wir sind immer gute Freunde gewesen und haben uns gern über Kunst, Gott und Welt unterhalten. Sein Atelier war in dem alten Galeriesaal nur durch Bretter und Leinwand von meinem Vorlesungsraum getrennt. Er konnte meine Vorträge Wort für Wort verfolgen, was mich nicht störte, ihm aber, wie er sagte, Freude machte. Der Anknüpfungspunkte für freundschaftliche Zwiegespräche gab es da genug.

Eine komplizierte und eigenbrödlerische, in kollegialem Sinne oft unbequeme Natur war der Bildhauer der Akademie August Wittig (1826-93), der Dresdener Rietschel-Schüler, der 1859 nach Düsseldorf berufen worden war. Bekannt ist er, außer durch seine große Schadow-Büste in Düsseldorf, eigentlich nur durch seine Gruppe »Hagar und Ismael« geworden, die die Nationalgalerie erwarb. Er war ein Durchschnittsmeister, von dem Schüler sicher manches lernen konnten. Aber selbständige Bedeutung kam ihm nicht zu. Im »Malkasten« ließ auch er sich nicht sehen.

Den eigentlichen alten Kern der Akademie bildeten damals noch die drei katholischen religiösen Maler, deren Fresken in der Apollinariskirche zu Remagen (1843-51) die Hauptschöpfung der religiösen Malerei der Düsseldorfer Schule geblieben sind. Mit Aufträgen aus dem ganzen katholischen Deutschland waren sie bis an ihr Ende reichlich bedacht. An ihrer Spitze stand der Schadow-Schüler Ernst Deger (1809-85), der in manchen Beziehungen der bedeutendste Nachfahre der Nazarener war. Seine große, männliche, oft von wirklich dramatischem Leben beseelte Kunst wird vermutlich noch einmal wieder ans Licht gezogen werden. Seine schlanke, hohe, von milder Kraft und Herzensgüte umflossene Gestalt ist mir unvergeßlich. In manchen Beziehungen, wenn nicht die Seele, so doch die rechte Hand der alten Akademie aber war Andreas Müller (1811-90), der früher auch die Vorlesungen über Kunstgeschichte an ihr gehalten hatte, überall tätig und gefällig eingriff und ein großer Kenner der Geschichte der Ornamentik war. Sein Bruder Karl Müller (1818-93) endlich, der Schöpfer zahlreicher süßer religiöser Staffeleibilder, von denen die »Verkündigung« in der Düsseldorfer, die »Madonna vor der Grotte« in der Prager Galerie genannt seien, begnügte sich stillbeglückt mit dem Ruhm, den er in seinen Kreisen genoß. Er war ein kluger, verträglicher Mensch, mit dem sich leben ließ.

Mit den meisten meiner Kollegen von der Akademie, mit denen ich in den akademischen Sitzungen so oft zusammentraf und so eng beisammensaß, hatte ich, nicht etwa, weil wir uns nicht gemocht hätten, sondern weil sie ihr eigenes stilles Leben lebten, keinen außeramtlichen Verkehr. Um so lebhafter verkehrte ich auch außerhalb meiner Vorlesungen mit meinen Schülern oder richtiger gesagt, mit einer Auswahl von ihnen, die allerdings, wie es wohl nicht anders sein konnte, vielfach durch Zufälligkeiten und Äußerlichkeiten bedingt wurde. Mit manchen der jungen Leute unternahm ich Ausflüge ins Freie. Etwa zwölf von ihnen versammelte ich alle vierzehn Tage abends in meiner Wohnung. Zahlreiche Photographien, die ich von meinen Reisen mitgebracht hatte, dienten als Anknüpfungspunkte zu weiteren künstlerischen oder kunstgeschichtlichen Erörterungen, und oft genug wurden auch Gedanken, die ich in meinen Vorlesungen geäußert hatte, weitergesponnen. Mir waren diese Abende, die in einer Bowle zu enden pflegten, ein Herzensbedürfnis und eine Erfrischung.

Daß mich auch in Düsseldorf der Verkehr mit den jungen Künstlern gefördert hat, weiß ich. Inwieweit ich sie gefördert habe, weiß ich nicht. Aber redliche Mühe habe ich mir gegeben, ihnen die Meisterwerke der großen Kunst aller Zeiten und Völker in ihrer geschichtlichen Entwickelung und ihrer unterschiedlichen Bedeutung für die Gegenwart vor Augen zu führen und ihnen die großen Dichter, die ihren Geist beflügeln konnten, durch Vorlesen und Erläutern ihrer schönsten Schöpfungen näherzubringen. In meinem ersten Düsseldorfer Semester, im Sommer 1874, las ich über die Kunst der italienischen Renaissance und erläuterte Shakespearesche Dramen; im nächsten Halbjahr ergänzte ich die Vorlesungen über die Geschichte der niederländischen Kunst abermals durch Vorträge aus den Dramen Shakespeares. Dann folgte ein ganzes Jahr griechischer Kunst und Poesie. Im Herbst 1876 erst ging ich zu den Deutschen über, in die ich mich inzwischen immer mehr vertieft hatte. Im Sommer 1877, in dem ich mich verheiratete, las ich, erquicklich genug für mich, über Dürer und Holbein und über Goethe.

Wenn ich jetzt an die jungen Künstler zurückdenke, die damals im Hörsaal vor mir gesessen, meist liebe, frische, aufmerksame Gesichter, und wenn ich überschlage, wie viele von ihnen tüchtige Künstler geworden sind, so überfällt mich ein Schrecken darüber, von wie wenigen von ihnen mir dies bekannt geworden ist. Den größten Ruf und Wirkungskreis von ihnen hat sich Sohns Schüler Hugo Vogel erworben. Von den meisten von ihnen habe ich später nie wieder etwas gehört und gesehen. Daß manche trotzdem ihren Weg gefunden haben, hoffe ich. Wenn man aber nachrechnet, wie wenige der jungen Künstler, die die Akademien besuchen, überhaupt zu namhaften Meistern werden, so möchte man den ganzen akademischen Unterricht verwünschen, wenn man sich nicht erinnerte, daß dasselbe wohl in allen Berufen der Fall ist. Viele junge Leute sind an allen Schulen und Hochschulen der Welt Jahr für Jahr berufen, aber nur wenige sind auserwählt; und von den wenigen bleiben immer noch die meisten in dem großen Sieb der Nachwelt hängen. Es kann wohl auch nicht anders sein; und die vielen, die, wenn auch von der Nachwelt nicht gekannt und nicht genannt, doch sich selbst und ihrer nächsten Umwelt genug getan, sind doch wohl nötig, den Untergrund zu bilden, aus dem sich die Leuchten der Menschheit erheben.

Übrigens spielte die Kunstakademie damals durchaus nicht mehr die erste Rolle im Kunstleben Düsseldorfs. Die berühmtesten und erfolgreichsten Meister, die damals in der niederrheinischen Kunsthauptstadt künstlerisch und gesellschaftlich den Ton angaben, schöne, mit allen Behaglichkeiten ausgestattete Häuser bewohnten, glänzende Gesellschaften gaben und überall als Wortführer oder Vertreter der Düsseldorfer Künstlerschaft erschienen, hatten mit der Akademie nichts oder nichts mehr zu tun. Unbestritten als der vornehmste Düsseldorfer Künstler jener Tage galt Andreas Achenbach (1815-1910), der große Landschafter, der Schüler I. W. Schirmers gewesen war, sich dann aber unter dem Banne des Wirklichkeitsdranges der Mitte des 19. Jahrhunderts an die großen Holländer des 17. Jahrhunderts selbständig angeschlossen hatte. Nach Frankreich ist er nie gegangen. Seine Auffassung und Malweise wurde, dem Zuge der Zeit folgend, aus sich heraus immer breiter, wuchtiger, schließlich auch heller; aber keinem seiner Bilder sieht man einen Wettbewerb mit den gleichzeitigen Franzosen an. Die Franzosen haben ihn daher nie gewürdigt; und die deutschen Kenner, die an die deutsche Kunst zunächst den Maßstab der französischen legen, haben seine selbständige deutsche Eigenart daher schon zur Zeit des Impressionismus für veraltet erklärt. Aber zu seinen besten Werken wird die deutsche Kunstgeschichte immer wieder zurückkehren müssen. Nach den Schleuderbildern seiner Spätzeit, in der er, da sein fürstlicher Haushalt immer neue Anforderungen an seinen Geldbeutel stellte, sich gehen lassen mußte, darf man ihn nicht beurteilen. Damals hätte in Düsseldorf keiner daran zu zweifeln gewagt, daß Andreas Achenbach einer der wenigen großen Landschaftsmaler der Welt sei. Dem entsprach das selbstbewußte, vornehme Auftreten des stattlichen, etwas untersetzt gebauten Mannes, dessen groß geschnittener Kopf scharf beobachtend um sich schaute. Von Haus aus kräftig-gesundem Humor zugänglich, wurde er immer mehr in die Rolle des großspurig und zurückhaltend auftretenden Weltmannes gedrängt, in dessen Hause, außer seinen ältesten Freunden, hauptsächlich Adlige und Offiziere verkehrten. Er hatte unausgesetzt zu schaffen, um sein Haus, dessen Gäste stets lukullisch bewirtet wurden, aufrechtzuerhalten, und hatte daher nur wenig Zeit, sich außer um sein Seelenheil, das ihm, dem zur alleinseligmachenden Kirche Bekehrten, sehr am Herzen lag, um viele andere geistige Dinge zu kümmern. Als ihm Berthold Auerbach vorgestellt wurde, begrüßte er ihn mit der Frage: »Auch Maler?« Alles in allem aber war er ein prächtiger Mensch, den jeder verehrte. Natürlich gehörte das Haus Andreas Achenbachs zu den Düsseldorfer Häusern, in denen ich verkehrte, aber es gehörte nicht, wie das seines Bruders Oswald Achenbach, zu denen, in denen ich warm wurde. Als Jugendfreund meiner Frau hat später jedoch Andreas Achenbachs schöner und begabter Sohn Max, der unter dem Namen Alvary ein berühmter Operntenor wurde, aber leider in seiner Jugendblüte starb, freundschaftlichst in meinem Hause verkehrt.

Oswald Achenbach (1827-1905), der Schüler seines älteren Bruders Andreas, war diesem in manchen Beziehungen geistesverwandt, in anderen aber grundverschieden von ihm. Schon seine Kunst, die sich in demselben Maße der südlichen, wie die seines Bruders der nordischen Landschaft zugewandt hatte, stand mit ihrer farbig schillernden Pracht, die vom Braun seiner Frühzeit zu dem Silbergrau seiner Spätzeit hinüberleitete, mit ihrem absichtlichen Übersehen des Vordergrundes und ihrer oft schon impressionistischen Vereinheitlichung der Lichtwirkungen auf ganz anderem Boden als die seines Bruders; und wenn es in der umfassenden Gastfreiheit seines Hauses auch kaum minder üppig herging als bei seinem Bruder, so war sie, durch den schlagfertigen Witz und den liebenswürdigen Humor des Hausherrn und die frische Natürlichkeit seiner Gattin und seiner Töchter gewürzt, doch anheimelnder und herzlicher als bei seinem Bruder. Zu Oswald Achenbachs Haus hatte ich jederzeit Zutritt; auch zu seinem Atelier; ich durfte ihm zuschauen, wenn er malte, und lernte viel von ihm; von seinen Töchtern aber blieb Cäcilie, die das Leben ihres Vaters schrieb, mir bis in unser Alter herein herzlich befreundet.

In Frankreich fand nur Oswald, nicht Andreas Achenbach Anerkennung, obgleich dieser in Deutschland für den Größeren galt. Wir können jedem in seiner Art gerecht werden. Der Kernigere war wohl Andreas, der Geistvollere aber war Oswald.

Von den berühmten Sittenmalern, die außerhalb der Akademie wirkten, war der Altmeister Rudolf Jordan (1810-87), dem ich überall begegnete, ein überaus unterhaltender Gesellschafter, war Ludwig Knaus (1829-1910), der sich von 1852 bis 1860 in Paris weitergebildet und dort Anerkennung gefunden, seit 1867 aber sein Heim in Düsseldorf aufgeschlagen hatte, eine vielgebildete, feine künstlerische Persönlichkeit. Als ich in Düsseldorf einzog, war er gerade im Begriff, es zu verlassen, um die Leitung eines Meisterateliers in Berlin zu übernehmen. Doch konnte ich ihn noch in seiner schon halb aufgelösten Wohnung besuchen und mich noch manchen Abend im »Malkasten« seiner Unterhaltung erfreuen. Auch er galt damals unbestritten als eine der Säulen der deutschen Kunst; und ich war stolz, noch die Bekanntschaft des kenntnisreichen und anregenden Mannes gemacht zu haben, eines der wenigen Künstler auch, mit dem man über alte Bilder sprechen konnte. Einer der liebenswürdigsten Menschen und Künstler aber war der zum Deutschen gewordene französische Schweizer Benjamin Vautier (1829-98), dem sein kurzer Aufenthalt in Paris keine französische Note gegeben hatte. Er wirkte hauptsächlich gegenständlich durch seine ansprechenden, anmutig erzählten Dorfbilder in elsässischer oder Schwarzwälder Tracht, die, fein empfunden und sauber gemalt, wie sie waren, sich im ganzen Bereich deutscher Zunge großen Beifalls und Absatzes erfreuten. In seinem feinen, von seiner trefflichen Gattin, einer Tochter des Düsseldorfer Justizrats Euler, gastlich geführten Hause habe ich schöne Stunden verlebt.

Auch Wilhelm Camphausen (1818-95), der preußische Schlachten-, Reiter- und Königsmaler, der den Pinsel in der halbmodernen Art der Übergangszeit führte, galt für eine der Größen Düsseldorfs. Das Wort stand ihm nicht minder zu Gebote als Zeichnung und Farbe. Er trat bei jeder Gelegenheit als Festredner, aber auch als Vermittler zwischen den Kunstkreisen und der Regierung auf, bei der er außerordentlich viel galt. Zur 25jährigen Jubelfeier des »Malkastens«, die 1873 stattfand, hatte freilich mein Vorgänger Roßmann die Hauptrede gehalten; aber Camphausen hatte unter dem Titel »De rebus Malcastaniensibus« eine überaus lustige, im Ton altdeutscher Berichte gehaltene Chronik des Vereins herausgegeben. Er war ein geistvoller, unterhaltender und ungemein tierlieber Mensch, dessen Unwillen ich einmal durch die kaum überlegte Äußerung erregte, solange ich noch so viele Menschenquälerei sehe, würde ich keinem Verein gegen Tierquälerei beitreten. In seinem Hause herrschten, klug, scharf beobachtend und witzig, seine Frau und seine Tochter, die den früh durch einen Unglücksfall ums Leben gekommenen baltischen Dücker-Schüler Ferdinand Hoppe heiratete.

Eine feine Geselligkeit wurde auch im Hause des ehemaligen Akademiedirektors Eduard Bendemann (1811-89) gepflegt. Seine liebenswürdige Gattin war eine Tochter des großen Berliner Bildhauers Gottfried von Schadow. Er selbst war ein feingebildeter, kluger und wohlwollender Meister, mit dem man über alles plaudern konnte. Seit seiner Jugend lungenleidend, machte er mit seiner gebückten Haltung und seinem freundlichen mageren Greisengesicht einen kränkelnden Eindruck, erreichte trotzdem aber ein Alter von 78 Jahren, während seine Kinder, mit Ausnahme des Admirals, den die Seeluft rettete, frühzeitig hinstarben.

Von den Akademieprofessoren öffnete namentlich Julius Roeting, dessen hübsche Töchter viel umschwärmt wurden, und Eduard von Gebhardt, dessen echt deutsche Hausfrau oft in seinen Bildern erscheint, mir ihre schlichter geführten, aber nicht minder gastlichen Häuser.

Großes Gesellschaftsleben entfalteten natürlich die Regierungspräsidenten des Bezirks Düsseldorf. Der erste, den ich erlebte, Freiherr von Ende, dessen Gattin, eine Gräfin Königsmark, trotz mancher Eigenheiten eine vortreffliche Frau voll inneren Lebens war, war ein Mann von innerlich vornehmer Gesinnung, weltmännischen Umgangsformen und großer geschäftlicher Gewandtheit, der sich meiner von Anfang an freundlich annahm. Seine Tochter Margareta wurde die Gattin des jüngeren Friedrich Alfred Krupp, als dessen Witwe sie später eine Rolle in den deutschen Großwirtschaftskreisen spielte. Der stattlichen, dunkeläugigen Frau mit den energischen Zügen und dem leiblich zarten jüngeren Krupp bin ich im Endeschen Hause nicht selten begegnet.

Endes Nachfolger wurde Karl Hermann Bitter (1813-85), der nachmalige preußische Finanzminister, der sich in Künstlerkreisen einen guten Namen durch sein Buch über Johann Sebastian Bach gemacht hatte. Da er Junggeselle und schon als Musikverständiger Kunstverwandter war, sah man ihn oft und gern im »Malkasten«. Mitteilsam war er immer, wenn er auf Musik zu sprechen kam.

Die Haupthäuser meines Verkehrs, in denen Musik und Dichtkunst gepflegt wurden, aber waren das des »Kurators« der Akademie, Regierungsrats Steinmetz, der nachmals Kurator der Marburger Universität war, und das der Frau Sanitätsrat Sophie Hasenclever, der überaus anmutigen Tochter Wilhelm von Schadows. Regierungsrat Steinmetz, ein vielseitig begabter und gebildeter alter Burschenschafter, war, wie Bitter, ein ausgesprochener Gegner Richard Wagners. Er selbst sang bei sich und anderen mit anfangs noch schöner Stimme und mehr als dilettantischem Vortrag Lieder von Schumann, Schubert und den übrigen Romantikern. Frau Hasenclever, deren fein geschnittener Kopf ein abgeklärtes Seelenleben widerspiegelte, war selbst Dichterin. Der Liederband, den sie veröffentlichte, atmet ein feinsinniges Mitleben mit der nahegelegenen Natur. In beiden Häusern, in denen ich für meine eigenen Bestrebungen Verständnis und Anteilnahme fand, habe ich mich immer heimisch gefühlt.

Mit den Kreisen der Großfabrikanten Düsseldorfs kam ich verhältnismäßig selten in Berührung. Einige Rentnerfamilien aber, deren reicher gesellschaftlicher Verkehr die engste Fühlung mit den Künstlerkreisen unterhielt, öffneten auch mir ihre gastfreien Häuser. Ich nenne das schöne Haus des Konsuls Kniffler und seiner überaus liebenswürdigen Gattin, vor allem aber, da mein Leben bald eng mit ihm verwuchs, das Haus des Konsuls Wilhelm Krumbügel und seiner schönen und verständnisreichen, von warmem und tiefem Eigenleben erfüllten Gattin Helene Schmidt, die einer alten Patrizierfamilie des westfälischen Sauerlandes entstammte. Konsul Krumbügel, Mecklenburger von Geburt, hatte in Moskau eine große Bronzefabrik gegründet, war in Rußland eingebürgert und geadelt worden, hatte sich aber, da seine Gattin ihm nicht nach Rußland folgen mochte, schon früh – zu früh – von der Leitung seiner Geschäfte zurückgezogen, um sich in Düsseldorf niederzulassen, wo er ein schönes Haus erwarb und mit künstlerischem und kunstgewerblichem Geschmack aufs reichste ausstattete. Seine schöne Gattin ließ er von keinem Geringeren als dem alten Karl Sohn, sich selbst von dem trefflichen Julius Röting malen. Sein russischer Adel wurde, als er sich in den sechziger Jahren in Preußen naturalisieren ließ, hier nicht anerkannt; aber sein Haus, in dem sich ein vielseitiger, hauptsächlich aus Künstlern, Offizieren und Adligen gebildeter Kreis zusammenfand, galt nach wie vor als eines der vornehmsten Düsseldorfs. Als ich in das Krumbügelsche Haus eingeführt wurde, in dem zwei schmucke Söhne und zwei noch schmuckere Töchter heranwuchsen, hatten seine Vermögensverhältnisse sich durch unvorhergesehene Verluste bereits verändert. Aber die Gastfreiheit seines Hauses litt nicht darunter; und wer, wie ich, bald als Einzelgast in ihm aus- und eingehen durfte, sooft er wollte, hatte alle Ursache, sich glücklich zu schätzen.

Unter den jüngeren Düsseldorfer Künstlern befanden sich aber auch einige mehr als wohlhabende Junggesellen, die schöne Häuser bewohnten, Damen und Herren zu sich einluden und an Gastfreiheit mit den großen Familien wetteiferten. Mit zweien von ihnen schloß ich herzliche Freundschaft. Der eine war Hermann Krüger (1834 bis 1908) aus Kottbus, der, ein Schüler Oswald Achenbachs, nette italienische Landschaften malte, als geistreicher, auf allen Gebieten bewanderter Kenner sich aber auch des Düsseldorfer Theaterwesens annahm. Krüger war eine der bekanntesten Persönlichkeiten der Stadt. Ich glaube nicht, daß er, gefällig, vorsichtig, auch in seinen kleinen Bosheiten liebenswürdig wie er war, einen Feind hatte oder hätte haben können.

Der andere damals noch unverheiratete Maler, der ein schönes Haus besaß und sich in wirklicher Freundschaft an mich anschloß, der Landschaftsmaler Georges Oeder (geb. 1846), der aus reichem Aachener Hause stammte, war nur zwei Jahre jünger als ich. Von der Landwirtschaft zur Landschaftsmalerei übergegangen, hatte er diese fast ohne Lehrer nur durch Anschauen der Natur und der alten holländischen Meister erlernt, dabei aber doch schon in jungen Jahren den Erfolg gehabt, daß die Berliner Nationalgalerie ein großes ernstes Bild seiner Hand, den »Novembertag«, erwarb. Stille, trübe, melancholische Stimmungen atmen alle seine besten Bilder. Kahle oder herbstlich braune Bäume kennzeichnen ihre Art. Den grünen Sommer selbst malte er nur im Widerschein grauer Wolken; aber ein feines Stück hellblauen Himmels, das stets aus ihnen hervorlugte, gab ihrer Stimmung einen fröhlichen Hoffnungsblick. In den Kennerkreisen der ostasiatischen Kunst ist Oeder als Sammler japanischer Kleinkunst bekannt. Als Ella Haniel, eine ausgezeichnete Frau, die Herz und Mund immer auf dem rechten Fleck hatte, als Gattin in sein Haus einzog, gewann es verdoppelte Anziehungskraft. Die Freundschaft mit Georg Oeder hat mich durchs Leben begleitet. Sie hat sich auch auf unsere Frauen übertragen und ist, wenn wir uns auch nur selten sehen, heute noch so herzlich wie vor fünfzig Jahren. Mich auf meine Vorlesungen über die niederländische Kunst vorzubereiten, unternahm ich mit Oeder eine vierwöchige Fahrt durch Belgien und Holland. Keine meiner Kunstreisen hat mich so unmittelbar gefördert wie diese. Rubens und Rembrandt, Van Dyck, Terborch, Ruisdael und Hobbema, Jan Vermeer und Pieter de Hooch und alle anderen lernte ich, von Oeders feinsichtigen Augen unterstützt, noch besser verstehen und voller würdigen als bisher; und auch in allen anderen Beziehungen war diese Reise zu zweien eine der genußreichsten meines Lebens.

Mit manchen Malern, auch verheirateten, die sich an der üblichen Hausgeselligkeit weniger beteiligten, verkehrte ich hauptsächlich im »Malkasten«. Von diesen nenne ich vor allem Karl Hoff (1838-90), Wilhelm Sohns Schwager und Schüler, dessen Entwickelung im realistisch-koloristischen Sinne der Münchener Piloty-Schule sich durch den Verkehr mit den besten alten Niederländern, wie Gerard Terborch, verfeinert hatte. Er liebte es, schlicht novellistisch zugespitzte Sittenbilder, natürlich in der farbigen Kleidung vergangener Jahrhunderte, mit allen Reizen der damals modernsten Pinselführung auszustatten. Bilder seiner Hand, wie die »Taufe im Trauerhaus«, das die Berliner Nationalgalerie bei ihm bestellt hatte, und wie »Des Sohnes letzter Gruß«, das die Dresdener Galerie (vor meiner Zeit) erwarb, wurden damals als Wunder der Malerei bewertet. Heute unterschätzt man ihren Wert. Aber ich glaube, daß sie zu den Kunstwerken gehören, deren Zeit wiederkehren wird.

Auch Karl Hoff beherrschte die deutsche Sprache in hohem Maße; und auch er fühlte das Bedürfnis, sich, gesprochen und gedruckt, öffentlich hören zu lassen. Seine heftige Schrift »Künstler und Kunstschreiber«, die 1883 in zweiter Auflage erschien, war durch die damaligen Erörterungen der Frage, ob Künstler oder Kunsthistoriker Galeriedirektoren sein sollten, veranlaßt worden. Sie stellte sich mit allen Waffen des Spottes und des Witzes auf die Seite der Künstler. Natürlich schoß sie weit übers Ziel hinaus, das sie dafür auch nicht erreichte. Da wir befreundet waren, schaltete er eine Fußnote ein, die so gedeutet werden konnte, als nähme er mich von seiner Verhöhnung der »Kunstschreiber« aus. Aber recht konnte ich ihm darum doch nicht geben. Auch Verse flossen Karl Hoff leicht und anmutig aus der Feder. Sein Hauptwerk auf diesem Gebiete, eine Geschichte in Versen, die er unter dem Titel »Schein« bei Spemann in Stuttgart veröffentlichte, war mir gewidmet und knüpfte an eine Äußerung von mir an, die die Kunst als Welt des schönen Scheins dem unausgeglichenen Erdensein gegenüberstellte. Das geistvoll sprudelnde, zum Teil grotesk humoristische, zum Teil von tiefer Lebensweisheit erfüllte Buch Hoffs wollte, wie ich glaube, die Gegensätzlichkeit von Schein und Sein ad absurdum führen. Die Schlußstrophe der Einleitung lautete:

Schein und Sein, wie sich's ereignet,
Glaub' mir, wenig dran verlör' man;
Dieses Büchlein, lieber Woermann,
Sei dir freundlich zugeeignet.

Ich überreichte ihm als Gegengabe meine 1870 bei Hoffmann & Campe erschienenen Gedichte, von denen ich manche schwächere damals schon lieber weggelassen gesehen hätte. Die Widmung, die ich ihm in dieses Buch schrieb, kennzeichnet unsere damalige Anschauungsweise. In bezug auf die Unsterblichkeit großer Kunstschöpfungen meinte ich:

Ach! ich gebe selbst auf solche
Scheinunsterblichkeit nicht viel;
Alles Sich-ans-Dasein-Klammern
Ist ein leeres Gaukelspiel.
Wenn das beste, was wir schufen,
Auch, nachdem der Leib zerfiel,
Tausend Jahre dauern sollte,
Endlich findet's doch sein Ziel.

Und was sind denn tausend Jahre?
Tropfen aus dem Strom der Zeit,
Tropfen, die hinunterrollen
In das Meer »Vergessenheit«!
Und was frommte großen Toten
Ihrer Taten Ewigkeit?
Nein! Dem Augenblick zu opfern,
Siehst du, Freund, auch mich bereit.

Doch, wie ich, hast du's empfunden,
Mehr wie ich danach getan,
Daß die schönsten Augenblicke
Wir im geist'gen Schaffen sahn.
Vorwärts drum und dennoch vorwärts
Auf der froh betretnen Bahn!
Wär's ein Wahn auch für das Endziel,
Ist es doch der schönste Wahn.

Von den damals noch unverheirateten jungen Künstlern, mit denen ich innerhalb und außerhalb des »Malkastens« verkehrte – ich kann sie natürlich nicht herzählen – seien Max Volkhardt (1848-1923), der erfolgreiche Maler ganz- und halbhistorischer Sittenbilder, der eine Tochter des Akademieprofessors Julius Roeting heiratete, und Karl Söhn (geb. 1853) hervorgehoben, der, als die Akademieschüler es durchsetzten, im Vorstand des »Malkastens« vertreten zu sein, als erster von ihnen hineingewählt wurde. Er galt für einen der begabtesten Schüler Wilhelm Sohns und Eduard von Gebhardts, entzog sich ihrer Lehre aber vorzeitig, indem er sich verheiratete und nach München übersiedelte. Der geistig rege und menschlich gemütvolle weiße Jüngling mit dem üppigen flachsblonden Haar und den sinnend dreinblickenden grauen Augen war eigentlich mein Liebling unter meinen Schülern; und wann und wo immer wir uns später wiederbegegneten, haben wir unsere alte Freundschaft erneuert.

Die junge Welt, die im »Malkasten« den Ton angab, bestand aber keineswegs nur aus Künstlern, wenngleich nur diese ordentliche Mitglieder des Vereins werden konnten. Die freundliche Mischung verschiedener Stände war gerade ein als Vorzug empfundenes Merkmal des Düsseldorfer Gesellschaftskreises, zu dem ich mich rechnete. Eine Reihe junger Juristen und junger Offiziere gehörten denn auch zu meinem engeren Freundeskreise. Von den jungen Juristen will ich hier nur einen nennen, der meinem Herzen am nächsten stand. Meine Freundschaft mit ihm, die, bis er seinen Freunden 1923 entrissen wurde, in immer gleicher Treue gepflegt wurde, hat ihre eigene Geschichte. Als Ernst von Pfeffer – sein Vater war preußischer Oberst gewesen – noch Primaner in Düsseldorf war, besuchte er mich eines Tages und trug mir die Bitte vor, meine Vorlesungen an der Kunstakademie besuchen zu dürfen. Daß ich es gestattete, versteht sich von selbst. Da der junge Mann durch sein offenes, frisches, natürliches Wesen sofort mein Herz gewann, gehörte er selbstverständlich zu dem Kreise meiner Schüler, mit denen ich persönlich verkehrte. Bald ging er zur Universität, wo er als Bonner Pfälzer flotter Korpsstudent wurde. In den Ferien aber pflegte er mich stets zu besuchen; und als er nun als junger Referendar nach Düsseldorf zurückkehrte, verstand es sich eigentlich von selbst, daß ich mit keinem der jungen Juristen öfter und lieber verkehrte als mit ihm. Integer an Leib und Seele, war er dem Sport ergeben und wurde bald eine Hauptstütze des vor kurzem gegründeten Düsseldorfer Rudervereins. Auch ich, der ich ja von klein auf mit dem Rudern auf bewegtem Strome vertraut war, trat dem Verein bei, der mich später, als ich Düsseldorf verließ, zu seinem Ehrenmitglied ernannte. Ach, wie herrlich glitt es sich auf dem breiten, rauschenden Strome dahin! Wie stählend war stromaufwärts der Kampf gegen Wind und Wellen! Wie frei war der weite Blick ins flache Land! Wie plastisch hoben die sehnigen Gestalten der jungen Ruderer sich aus der wallenden Flut! Wie berauschend war das Gefühl herzlicher Zugehörigkeit zueinander!

Auch von den jungen Offizieren, mit denen ich freundschaftlich verkehrte – sie gehörten zumeist dem 11. Husarenregiment an, das später nach Krefeld verlegt wurde –, will ich nur einen nennen: den damaligen Oberleutnant, jetzigen Oberst im Ruhestand Walter von Diest, einen Sohn des damals vielgenannten hochkonservativen pommerschen Bismarckgegners von Diest-Daber: eine hohe, schlanke, sehnige Gestalt mit edlen, offenen, klar durchgeistigten Zügen. Walter von Diest, der nachmals, als er wissenschaftliche Reisen in Kleinasien gemacht hatte, als archäologischer Schriftsteller, aber als leidenschaftlicher Kanuruderer auch als Sportschriftsteller genannt wurde, war ebenso mit Ernst von Pfeffer befreundet wie ich. Zusammen unternahmen sie damals in Kanus eine Rheinfahrt von Bingen bis Rotterdam und weiter und gaben deren anmutige, erfrischende Schilderung unter dem Titel »Freie Rheinfahrt« in Gestalt eines Buches heraus, das mit Zeichnungen der besten Düsseldorfer Künstler, auch Andreas Achenbachs, geschmückt war. Als Einleitung in das hübsche Buch hatte ich ein »Niederrheinisches Ruderlied« geschrieben, dessen Anfangsstrophen hier wiederholt sein mögen:

Ins Boot, in das Boot und die Ruder zur Hand,
Mit den Strudeln herum uns zu schlagen!
Wer immer am Ufer des Rheines nur stand,
Weiß nichts von dem hehren zu sagen.

Doch mitten im Strome, benetzt von dem Gischt,
Um die Liebe des Rheines zu ringen,
Hei! wie das den Leib und die Seele erfrischt
Und dem Geist leiht freiere Schwingen.
      Ruder aus – fertig – legt aus – los!
      Lustig nun wiegt uns des Rheinstroms Schoß.

Was Berge, was Dome! Zu höherem Dom
Wölbt hier sich der Himmel und weiter;
Und abends versinket die Sonn' in dem Strom;
Und der Strom schwillt voller und breiter.
Ja, freier in eigener Schönheit erglänzt
Allhier er im schlichteren Kleide,
Als wo er, von Bergen und Burgen bekränzt,
Sich brüstet im Flittergeschmeide.
      Ruder aus – fertig – legt aus – los!
      Seht, wie der Rhein hier so frei und so groß!

Walter von Diest, Ernst von Pfeffer und ich aber blieben unser ganzes Leben lang eng verbunden. Der Altersunterschied – Pfeffer war zwölf, Diest sechs Jahre jünger als ich –, den ich nie empfunden hatte, war bald völlig ausgeglichen. Unsere Frauen teilten später unsere Freundschaft. In verschiedene Teile Deutschlands versprengt, sind wir der Gewohnheit, uns von Zeit zu Zeit ein Stelldichein zu dreien zu geben, so lange Pfeffer lebte, treu geblieben. Solche Freundschaften außerhalb des Kreises seiner Fachgenossen zu pflegen, gehört zu den größten Erquickungen des Lebens. Mir sind sie von jeher unentbehrlich gewesen; aber sie haben sich mir auch immer ungerufen gesellt, wie rote Muscheln, die man am Strande findet, wie duftende Blumen, die uns am Rande des Lebensweges entgegenblühen.

 

In meine letzten Junggesellenjahre, die Jahre 1875 und 1876, fielen noch einige Reisen, die meinen Gesichtskreis erweiterten, und einige Erlebnisse, die mir unvergeßlich geblieben sind. An jene Kunstreise nach Belgien und Holland, auf der mich Oeder begleitete, schloß sich einige Monate später eine Kunstreise an den Niederrhein, auf der auch Vautier sich uns beiden anschloß. Die ganze schon halb niederländische und doch eigenartig niederrheinische Kunst der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts trat uns in Kleve, Xanten und Kalkar in ihrer vollen frischen Natürlichkeit und ihrer ganzen überirdischen Leuchtkraft anziehend bodenwüchsig entgegen. Dieselben Orte aber besuchte ich ein halbes Jahr später in amtlicher Eigenschaft mit dem Oberpräsidenten von Bardeleben und dem Regierungspräsidenten Bitter, als es galt, Kirchen und andere gotische Bauten daraufhin zu besichtigen, ob sie Herstellungsarbeiten verdienten und benötigten. Zum erstenmal zur Mitentscheidung in solchen Fragen berufen zu sein, empfand ich eher als Sorge denn als Genugtuung.

Zu meinen Haupterlebnissen des Jahres 1875 gehörte die Einweihung des Bandelschen Hermannsdenkmals im Teutoburger Walde. Stimmungsvoll bereitete mich ein längerer Besuch bei meinen Verwandten auf dem Kupferhammer in der westfälischen Senne auf das Ereignis vor, dem ich seit meiner Knabenzeit mit Spannung entgegengesehen hatte. Hatte ich doch schon auf der Schulbank von dem Riesendenkmal gehört, das Ernst von Bandel dem Sieger in der Schlacht am Teutoburger Walde errichtete, aber auch von allen Hemmungen und Zwischenfällen, die sich der Ausführung immer wieder entgegenstellten, so daß sie nahezu als unerfüllbar angesehen wurde. Als nach dem großen deutschen Jahre 1870 zur Tilgung auch dieser Schmach des deutschen Volkes genügende Mittel flüssig geworden waren, handelte es sich nur noch darum, ob das Leben und die Kraft des mehr als siebzigjährigen Meisters ausreichen würden, das in Kupfer getriebene Reckenstandbild zu vollenden und auf dem schon vor einem Vierteljahrhundert geschaffenen stilfrei-stilvollen, dem eigentlichen Sockel hochkuppelartig entgegengewölbten Unterbau aufzustellen. Nun war das Denkmal wirklich vollendet und sollte am 16. August in Gegenwart des alten Kaisers Wilhelm und vieler deutschen Fürsten enthüllt werden.

Die Fahrt dahin, die die lieben Verwandten vom Kupferhammer aus mit mir im offenen Wagen unternahmen, gestaltete sich zunächst zu einem tief empfundenen Naturgenuß. Durch den herrlichen Teutoburger Wald fuhren wir den ersten Tag bis Örlinghausen, den zweiten Tag in aller Frühe durch den köstlich gepflegten Lippeschen Wald nach Detmold und auf der neuen, gewundenen waldigen Straße, an klaren Fernblicken vorüber, zur Grotenburg hinauf. Der weite, waldumgrenzte Festplatz dehnte sich im Rücken des noch verhüllten Denkmals. An der einen Seite des Weges, kurz vor seiner Mündung auf den Festplatz, war vor dem Holzhaus, in dem »der Alte vom Berge«, sein Werk schaffend und überwachend, jahrelang gehaust hatte, ein Austritt gezimmert, von dem aus der greise Künstler redete. Gegenüber stand der noch ältere Kaiser Wilhelm inmitten seines Gefolges. Uns brachte ein glücklicher Zufall ganz in seine Nähe. Es war ein ergreifender Augenblick, als der alte Herrscher, nachdem die Hülle gefallen war, den alten Meister an der Hand faßte und ihn dem deutschen Volke als den Verkünder seiner Freiheit vorstellte. Zahllose Vereine und Verbindungen füllten mit ihren Fahnen, Bannern und Standarten den weiten Festplatz auf der duftigen, luftigen Höhe. Endloser Jubel erscholl nach andächtigem Schweigen. Rauschende Musik fiel ein. Es war ein Triumph des alten Bandel, den jeder mitempfand.

Was Kenner und Künstler auch an dem Denkmal aussetzen mochten und mögen, machtvoll genug verkörpert es die vaterländische Idee, der die Begeisterung der Zuschauer galt, die aus ganz Deutschland herbeigeströmt waren. Bandel wollte kein Klassizist, er wollte eher Realist, er wollte vor allem Eigenschöpfer sein; und eine selbständige Schöpfung, wenn auch nicht das Werk eines ganz großen Meisters, ist und bleibt der kupferne Riesenrecke, wie er mit steil in der Rechten erhobenem Schwerte, alle Bäume des Gipfels der Grotenburg hoch überragend, siegreich hinausschaut über Berg und Tal. Der alte Meister überlebte seinen Sieg nicht viel länger als ein Jahr. Das Denkmal aber, das noch heute jugendfrisch gen Himmel ragt, ist dem deutschen Volke von Jahr zu Jahr mehr ans Herz gewachsen. Seine Einweihung miterlebt zu haben, war und ist mir ein bedeutsames Stück meiner Lebensgeschichte.

In das Jahr 1876 trat ich bereits als alter Düsseldorfer ein. In den Fastnachtsfestausschuß des »Malkastens« gewählt, übernahm ich es, einen großartigen Bacchuszug ins Leben zu rufen, der sich durch alle Festsäle der städtischen Tonhalle, in der die großen Fastnachtsfeste abgehalten wurden, hindurchzuwinden hatte. Ich wählte den langbekleideten bärtigen Dionysos der älteren griechischen Vasengemälde als Vorbild des mit Weinlaub bekränzten, in weißem Gewande und Purpurseidenmantel dem Zuge voranschreitenden Gottes, den ich selbst darstellte. Silen auf seinem Esel folgte. Als Musen wurden einige junge Hamburger, Johannes Merck, Ernst Merck und August Schröder, hergerichtet, die als Einjährig-Freiwillige bei den Düsseldorfer Husaren dienten. Ariadne, die von Satyrn auf einem ausgestopften Panther einhergetragen wurde, war der junge Maler Freiherr von Seckendorf. Den langen Zug der ihren Thyrsosstab schwingenden Satyrn, die nur mit Trikots, rohen Pantherfellen und Weinlaubkränzen bekleidet waren, bildeten junge Künstler, von denen meine Akademieschüler natürlich die Hauptplätze einnahmen. Achtzig rohe Pantherfelle hatte die erste Pelzhandlung Düsseldorfs beschafft und mir leihweise überlassen. Ich glaube, es war ein Festzug, der des »Malkastens« würdig war. Karl Hoff hatte ihn, malerisch angeordnet, in einem riesengroßen Steindruck verewigt, der sich hier und da erhalten haben wird.

Von meinen »Musen« spielte August Schröder nachmals als Senator und Erster Bürgermeister Hamburgs eine Rolle. In seinen Lebenserinnerungen »Aus Hamburgs Blütezeit«, die 1921 erschienen, gibt er eine anschauliche Schilderung jenes Bacchuszuges. Nur daß der Eselreiter der Silen war und ich selbst den Bacchus machte, war ihm entfallen. »Während zahlreiche Musikanten auf Hörnern und sonstigen Instrumenten aller Art einen ohrenbetäubenden Lärm verursachten,« schließt Schröder, »bewegte der Zug sich einige Male um den großen Festsaal und begab sich dann auf eine erhöhte Musikestrade, wo er sich vor dem eine griechische Landschaft darstellenden Hintergrund niederließ und ein munteres Bacchanal veranstaltete, das durch die gehobene Stimmung der Festteilnehmer und ihre farbenprächtigen Kostüme bei allen Anwesenden großen Beifall erregte.«

Ja! Evoë Bacche! In meinem Purpurseidenmantel mischte ich mich unter die Tänzer. Auch mit Ada Krumbügel tanzte ich. Ich tanzte ja so gerne. Es war noch ein schönes Stück goldener Jugendzeit.

Ein tiefgreifendes Erlebnis war mir aber auch die Reise, die ich im Herbst desselben Jahres mit meinen damals beide noch unverheirateten Schwestern Marie und Luise, die mich in Düsseldorf abholten, nach den Kunststädten Südwestdeutschlands und in die große Natur der Schweiz unternahm. In Heidelberg verlebten wir einen schönen Tag in Gesellschaft meiner alten Freunde Otto und Gustav Waltz. In Rotenburg ob der Tauber, dessen ehrwürdige, durch keine störenden Neubauten beeinträchtigte Stadtpracht mir zum ersten Male aufging, schlossen sich uns meine jungen Düsseldorfer Schüler und Freunde Karl Söhn und Georg Flad an, die sich zum Malen in der malerischen Stadt aufhielten, und meine Schwestern, die sich ebenfalls überall, wo es anging, zum Malen niederließen, zu den schönsten Ansichtswinkeln und Aussichtsecken führten. In Ansbach, in Nürnberg, in Ulm, von wo aus Blaubeuren mit seinem inhaltreichen, prächtigen alten Schnitzaltar besucht wurde, blieben wir lange genug, um mich hier alle alten Kunstwerke wiedergenießen und neu untersuchen zu lassen, die mir schon bei früheren Besuchen ans Herz gewachsen waren. Wollte ich hier von Nürnberg, dem Heiligtum deutscher Kunstgeschichte, berichten, ich wüßte nicht, wo ich anfangen und enden sollte. In Ulm war der Ausbau des Münsterturms nach Matthäus Böblingers altem Aufriß damals gerade in Angriff genommen worden. Seit seiner Vollendung ist er bis auf den heutigen Tag der höchste steinerne Kirchturm der Welt geblieben. Aber die köstliche dreiteilige Vorhalle Ulrich von Ensingens und das reich gegliederte gewaltige Innere entfalteten nach wie vor alle Reize bester deutscher Gotik vor unseren trunkenen Blicken. Von Ulm fuhren wir nach Konstanz, wo wir im Inselhotel und auf der Mainau schöne Stunden verlebten, von Konstanz auf der Schwarzwaldbahn über Triberg, wo wir übernachteten, um abends die magische Beleuchtung der Wasserfälle zu sehen, nach Straßburg. Teure alte deutsche Reichsstadt, wir hatten dich wieder. Wir brauchten unser Haupt vor deinem ragenden Münsterturm, in dem Goethe das Meisterwerk deutscher Baukunst sah, nicht mehr zu verhüllen. Von Straßburg ging es nach Kolmar, das ich zum erstenmal besuchte. Vor seinen beiden größten Meisterwerken deutscher Kunst, Schongauers Madonna im Rosenhag und Matthias Grünewalds von allen Schauern tiefst durchgeistigter Kunst durchwehtem Isenheimer Altar, der damals, unter Alfred Woltmanns Vortritt, gerade anfing, richtig erkannt und gewürdigt zu werden, stand ich in tiefer Bewegung. Schongauers Madonna befand sich noch in der Martinskirche, Grünewalds Meisterschöpfung war schon im Museum ausgestellt, dessen damaliger Direktor A. Waltz sich unser in jeder Beziehung förderlich annahm. Ob er mit seinem Sohne, der später sein Deutschtum so offen verleugnete, eines Sinnes war, kann ich nicht sagen.

Von Kolmar fuhren wir über Mülhausen nach Thann, der herrlich gelegenen Vogesenstadt mit der zierlichen gotischen Kirche, deren Turm zu den schönsten Werken der deutschen Gotik gehört. Der Kreisdirektor Bergmann, dessen Gattin Düsseldorferin war, empfing uns aufs liebenswürdigste, lud uns zum Mittagessen ein und machte einen Ausflug mit uns nach Wesserling, der uns einen Einblick in die frische große Vogesennatur verschaffte!

Aber was, Vogesen! Unsere Weiterreise galt den Alpen. Auf meiner Rückreise von Italien hatte ich die Tiroler Alpen freilich auf ihrem großartigsten Übergang unter der Ortlerspitze her überschritten. Aber die Schweizer Alpen kannte ich noch nicht. In so lichte Schönheit gekleidet und von so köstlichen Bergseen widergespiegelt wie in der Schweiz sind die Alpen doch nirgends anders. Ich empfing hier eine Naturoffenbarung, die mir noch nicht zuteil geworden war. Vom Vierwaldstätter See aus bestiegen wir natürlich den Rigi. Vom Thuner See ging es nach Grindelwald und über Lauterbrunnen nach Mürren; vom Genfer See durch die Gorge de Chaudron nach Glion und über die Tête noire nach Chamonix und zum Montblanc. Wirkliche Hochpfade haben wir nicht beschritten. Aber wir haben die strahlenden Eishäupter der Jungfrau und des Montblanc aus nächster Nähe ragen sehen. Wir haben unter allen namhaften Wasserfällen der Schweiz gestanden; wir haben auf dem oberen Grindelwaldgletscher und in seiner blauen Eiskapelle und wir haben auf dem Mer de Glace des Montanvert gestanden.

»Lawinen donnern und Ströme rauschen
Und wild, wie des Weltgeists Klagegestöhn,
Heult über die bläulichen Gletscher der Föhn.
Wir halten den Atem an, schweigen und lauschen
Den mächtigen Stimmen der heiligen Höhn.«

Ach! und die stillen Weiler am Alpensee!

»O stiller Weiler am Alpensee,
Den steile Höhn umkränzen.
Die zackigen Gipfel, der ewige Schnee
Sind deiner Erde Grenzen.

O stiller Weiler am Alpensee,
Wie eng bist du umschrieben:
Dich kümmert nur eine Handvoll Weh,
Nur eine Handvoll Lieben.

Die Berge siehst du, des Himmels Zelt,
In deiner Flut sich spiegeln,
Dir ist die übrige weite Welt
Ein Buch mit sieben Siegeln.

Wir andern haben die Welt durchschweift.
Durchforscht mit kühnem Geiste;
Doch was der menschliche Geist begreift,
Nur Tand ist, ach! das meiste.

Wir können das eherne Ausgangstor
Der Erde nicht entriegeln.
Was draußen ist, bleibt uns nach wie vor
Ein Buch mit sieben Siegeln.

Glückseliger Weiler am Alpensee,
O blühe weltverborgen!
Der weitere Blick schafft weiteres Weh,
Verlorene Mühn und Sorgen.«

Wenn ich das Düsseldorfer Treiben hinter mir hatte, besann ich mich auf mein innerstes Selbst.

An poetischen Anregungen war mein Düsseldorfer Leben nicht eben reich. Als Brüder und Schwestern in Apollon begrüßten mich hier nur Frau Sophie Hasenclever, deren feines, kleines Talent mich nicht fördern konnte, Bernhard Endrulat (geb. 1824), der schleswig-holsteinische Freiheitskämpfer, damals Düsseldorfer Archivar, dessen »Geschichten und Gestalten« (Hamburg 1868) kräftiger wirken als manche weniger vergessene Gedichtbücher, und der einäugige Hauptmann außer Dienst Eduard von Henoumont, der eigentlich der amtliche Malkastendichter war. Seine humorvollen, parodieartigen, doch oft von wirklicher Gestaltungskraft und poetischem Geist erfüllten Ritterschauspiele, die immer gern gesehene Gäste der Malkastenbühne waren, wollten wohl nicht mehr als Dilettantenarbeiten sein, erhoben sich aber nicht selten zu echt dichterischer Bedeutung. Mit Endrulat und mit Henoumont habe ich manchen Abend im Malkasten, den ich, solange ich unverheiratet war, jeden Abend aufzusuchen pflegte, bei einem Glase Wein – gehörte ich doch auch der »Weinkommission« des Malkastens an – in angeregter Zwiesprache zusammengesessen.

Eines gewissen Ansehens in weiteren Kreisen erfreute sich damals die Wuppertaler Dichtergruppe, die in den Nachbarstädten Düsseldorfs, in Elberfeld und in Barmen, hauste. Namentlich Emil Rittershaus (1834-1897), der im bürgerlichen Leben Kaufmann war, galt als einer der guten Lyriker jener Tage. Verschiedene seiner Gedichtbücher haben zahlreiche Auflagen erlebt. Ohne große Eigenart wußte er kräftige und zum Herzen sprechende Töne anzuschlagen. Kaum minder beliebt waren die Gedichte Ernst Scherenbergs (1839-1905), der damals Schriftleiter der »Elberfelder Zeitung« war. Gleich seine ersten Gedichte »Aus tiefstem Herzen«, die 1860 in Berlin erschienen waren, hatten ihn in weiterem Kreise bekannt gemacht. Klar, frisch und natürlich bewegten sie sich mehr oder weniger in den Bahnen Emanuel Geibels. Älter als diese beiden war Friedrich Roeber (1819-1901), der Vater der Maler und Bendemann-Schüler Ernst und Fritz Roeber, von denen Fritz 1893 Professor und später Direktor der Düsseldorfer Akademie wurde. Der alte Friedrich Roeber war Bankbeamter in Elberfeld. Als Dichter schrieb er vornehmlich Trauerspiele, schließlich aber auch Märchen. In seinem Hause pflegten die Wuppertaler Dichter sich zu versammeln.

Auf mich waren sie durch die Gedichte aufmerksam geworden, die in jener Zeit von mir ziemlich regelmäßig in Blumenthals »Neuen Monatsheften« und in Ernst Ecksteins »Dichterhalle« erschienen: namentlich durch die erzählende Dichtung »König und Dichter«, die ich, obgleich sie, wie ich glaube, zu meinen besten Gedichten gehört, in keine meiner Sammlungen aufgenommen habe, und durch die Elegien und Oden aus Neapel, die in Buchform erst 1877 erschienen. Ernst Scherenberg hatte mich in Düsseldorf besucht und in sein Haus nach Elberfeld eingeladen; und er führte mir in Elberfeld die anderen Wuppertaler Dichter zu, nahm mich auch einmal in das »Sonntagskränzchen« bei dem alten Friedrich Roeber mit. Es waren feinsinnige, nette Menschen, mit denen sich über alles reden ließ. An die Tage, die ich im Scherenbergschen Hause »auf der Hardt« in Elberfeld verbringen durfte, denke ich dankbar zurück.

 

Man sieht, an buntem, vielseitigem und reichem Leben fehlte es mir in meinen ersten Düsseldorfer Jahren, in denen ich noch zu den »jungen Leuten« gerechnet wurde und mich selbst zu ihnen hielt, keineswegs. An eigener Tätigkeit aber fehlte es mir, auch abgesehen von meinen akademischen Vorlesungen, ebensowenig. Von den öffentlichen Einzelvorträgen, die ich teils in Düsseldorf, teils auswärts gelegentlich hielt, erschien nur die Festrede zu Michelangelos 400. Geburtstag, die ich im Malkasten gehalten hatte, im Druck. In Dohmes »Kunst und Künstler« wurde 1875 aber auch meine erste nennenswerte Arbeit aus dem Gebiete der neueren Kunstgeschichte gedruckt, in die mich immer mehr zu vertiefen mir jetzt nicht nur Herzenssache, sondern auch Berufsbedürfnis war. Ich meine die Seiten über die großen Italiener des 15. Jahrhunderts, über Masaccio, Filippo Lippi, Sandro Botticelli und Domenico Ghirlandajo, denen ich mich schon während meines Aufenthalts in Italien mit Vorliebe zugewandt hatte. Neues zu bringen, war wohl nicht eigentlich der Zweck dieser für weitere Kreise bestimmten Seemannschen Veröffentlichungen. Aber es lag mir doch am Herzen, meinen eigenen Ansichten über die Frage »Masaccio oder Masolino«, über die ich schon in München einen Vortrag von dem alten Ernst Foerster gehört hatte, Geltung zu verschaffen. Es handelte sich im wesentlichen darum, ob sich unter den erhaltenen Gemälden der Brancaccikapelle zu Florenz, deren Wand- und Deckenbilder nach einem alten Bericht zur Hälfte von Masolino, dem Lehrer Masaccios, zur anderen Hälfte von diesem jungen Bahnbrecher des Idealrealismus herrührten, noch Wandbilder von Masolino befinden. Da die Deckenbilder zerstört sind, sind nur noch diese Wandbilder der Untersuchung zugänglich. Ich stellte mich im Anschluß an Crowe und Cavalcaselle auf den Standpunkt, daß Masolino nur die nicht erhaltenen Deckengemälde gemalt haben könne, daß aber die erhaltenen Wandgemälde, soweit sie nicht später von Filippino vollendet worden, von Masaccio herrühren, dessen allmähliche Entwicklung aus der befangenen Art seines Lehrers zu seiner eigenen Unbefangenheit und Freiheit, die er doch eben nur schrittweise entfalten konnte, sich in ihnen verfolgen läßt. Da diese Auffassung bald darauf mit Erfolg angegriffen wurde, unternahm ich später eine besondere Reise, um die fraglichen Bilder in Castiglione d'Olona, Florenz und Rom nochmals rasch nacheinander zu vergleichen, fand aber meine Ansicht in dieser Streitfrage, die ich 1880 in den »Grenzboten« eingehend begründete, dadurch nur bestätigt. Die entgegengesetzte Ansicht drang gleichwohl durch; wenn auch einige namhafte Forscher, wie Bode und Schmarsow, mit mir an der Ansicht Crowes und Cavalcaselles festhalten, bekennt sich die herrschende Forschung, namentlich in Italien und in England, doch zu der Meinung, daß die älteren, steiferen Gemälde der in der Brancaccikapelle erhaltenen Folge noch von Masolino herrühren. Ein neues Licht ist erst im Jahre 1896 durch Giovanni Mancinis Veröffentlichung des Künstlerlebens des noch im 15. Jahrhundert geborenen Giovanni Battista Gelli gefallen. Daß dieser nur berichtet, Masolino habe in der Brancaccikapelle die Deckengemälde gemalt, spricht unzweifelhaft zu unseren Gunsten.

Lebhaft beschäftigte mich in meinen ersten Düsseldorfer Jahren auch noch die Arbeit an meinem umfangreichen, zusammenfassenden Buche »Die Landschaft in der Kunst der alten Völker«, das endlich, im Herbst 1875 (mit der Jahreszahl 1876), erschien. Soviel ich sehe, ist das Buch, soweit die Griechen und Römer in Betracht kommen, noch heute nicht veraltet. Ich hätte aber vielleicht besser getan, es auf diese beiden Völker zu beschränken. Für die Kunst der alten Ägypter, Assyrer und Perser lagen mir allerdings in den schon damals veröffentlichten großen Tafelwerken einigermaßen genügende Abbildungen vor; und namentlich der Abschnitt über die Landschaft in der Kunst der alten Ägypter, den ich 1875 vorweg in der »Zeitschrift für bildende Kunst« veröffentlichte, scheint mir, wenngleich er heute in einigen Beziehungen überholt ist, kein Fehlgriff gewesen zu sein. Aber das Kapitel über die Landschaft in der Kunst der Chinesen und Japaner, über die die maßgebenden Schriften damals noch nicht veröffentlicht waren, erwies sich bald als völlig ungenügend. Ich muß lächeln, wenn ich es heute wieder lese.

Die Vollendung der Loeillotschen Farbentafeln zu meiner Ausgabe der antiken Odysseelandschaften vom esquilinischen Hügel in Rom, zu der ich den Text schon in Heidelberg geschrieben hatte, aber zog sich so lange hin, daß dieses Werk, das allgemeine Anerkennung fand, erst ein Jahr später als das Buch über die antike Landschaftsmalerei erscheinen konnte. Da ich es meinem Vater gewidmet hatte, war ich froh, es ihm 1876 auf den Weihnachtstisch legen zu können.

Inzwischen beschäftigte mich nun aber schon eine neue Arbeit von großer Tragweite. Alfred Woltmann hatte von dem bekannten E. A. Seemannschen Verlag in Leipzig den Auftrag erhalten, eine Geschichte der Malerei zu schreiben. Aufrichtig und neidlos wie Woltmann war, hielt er mich für besser geeignet als sich selbst, die Kapitel dieses Werkes über die antike Malerei zu schreiben. Mit Freuden schlug ich ein, als er mir die Hand dazu bot. Hatte meine eingehende Beschäftigung mit der antiken Landschaftsmalerei, die ja nur ein Teil der antiken Gesamtmalerei ist, mir doch das Material für deren Behandlung sozusagen von selbst zugeführt, und hatte ich daher doch schon für mich selbst das lebhafte Bedürfnis, dieses im Zusammenhang zu verwerten. Ich ging daher mit brennendem Eifer, ich möchte fast sagen, mit Spannung an die Arbeit und war stolz, den ganzen ersten, aus zwei »Büchern« und elf Kapiteln bestehenden Teil des Woltmannschen Werkes, dem alle Welt mit hohen Erwartungen entgegensah, schreiben zu dürfen. Die erste Lieferung des Werkes, die meine Arbeit enthielt, erschien aber erst im Herbst 1878 mit der Jahreszahl 1879. Für mich bedeutete sie einen Anfang und ein Ende. Sie war mein erster Schritt auf der zugleich glatten und dornenvollen Bahn des Handbücherschreibens und vorläufig, allerdings nur vorläufig, mein letzter Schritt auf dem Gebiete der altgriechischen und römischen Kunstgeschichte.

Nach allem, was ich hier über meine ersten Düsseldorfer Jahre berichtet habe, könnte es scheinen, als müsse ich, von Arbeit, Geselligkeit und Freundschaft umgeben, vollbeglückt und zufrieden ins Jahr 1877 hinübergegangen sein. Ach ja! Ich hatte in den meisten Beziehungen Ursache, mit der Welt und in einigen Beziehungen, wenn ich ein Auge zudrückte, auch mit mir selbst zufrieden zu sein. Aber in allem war das keineswegs der Fall. Ich erinnere mich, schon damals geäußert zu haben, ewig möchte ich in Düsseldorf, so schwärmerisch ich es liebte, doch nicht bleiben. Dazu war der ganze Gesichtskreis, der mich dort umgab, doch zu eng, und dazu fehlte es mir in der landschaftlichen Umgebung, so mächtig der Rhein auch vorüberschoß, so nett es »auf der anderen Seite«, wo man nachmittags im Sommer sich zur Dickmilch zusammenfand, und so hübsch es ohne Großzügigkeit in Gerresheim, im Eller Forst und in den Grafenbergen, die wenigstens für Ausfahrten leicht erreichbar waren, auch sein mochte, doch an starken, mannigfaltigeren und großzügigeren Reizen. Bei allen großstädtischen Einzelzügen, derer die Düsseldorfer sich rühmten, blieb Düsseldorf im Grunde doch Provinzialstadt; und wem es, wie mir, Bedürfnis war, sich in täglichen kleinen, ja, auch kleinen Wanderungen ans Herz der Natur zu flüchten, der kam doch eigentlich kaum über den Hofgarten hinaus.

Vielleicht aber lag das Unbefriedigtsein, das mich inmitten von tausend Freuden manchmal plötzlich überkam, auch auf anderem Gebiete. Ich war nun 32 Jahre alt, und ich hatte die feste, wenn auch bescheidene Stellung, ohne die ich es verschworen hatte, zu heiraten. Mehr als je sehnte ich mich trotz aller Freundschaft, die mich umgab, nach jenem Herzensglück, das auf die Dauer nur die Frauenliebe gewährt. Ich fühlte, ja, ich wußte, daß ich eigentlich auf Freiersfüßen ging. Aber freilich, die rechte, die einzige vom Geschick mir Zugedachte sollte und mußte es sein. Sie oder keine. Aber wer war sie? Einmal meinte ich, ein ausgezeichnetes, liebes und reiches Mädchen in einer anderen Stadt, von dem ich fühlte, daß es mich nehmen würde, sei die rechte. Schon hatte ich ihr geschrieben. Der Brief brannte in meiner Hand. Auf dem Wege zum Briefkasten vergegenwärtigte ich sie mir mit allen ihren Vorzügen noch einmal. Aber war wirklich mein Herz voll überzeugt, daß wir zueinander gehörten? Ich zerriß den Brief und eilte erleichterten Herzens nach Hause – nein, nicht nach Hause: auf der Schiffsbrücke über den tosenden Rhein; drüben durch Felder und Wiesen; Sturm und Regen schlugen mir ins Gesicht. Alles tobte in mir. Warum hatte ich den Brief zerrissen? Was konnte ich im Ernst an dem Mädchen in der fernen Stadt aussetzen? Ja, wenn mein Herz nicht mehr voll für sie schlug, hatte es vielleicht nicht schon anders gewählt? Hatte ich nicht, wenn auch wohl nur erst im Unterbewußtsein, die rechte gefunden?

Ach! wohl war in jenem schönen Hause in der Alleestraße, dem dunklen, von Blütenbüschen umrahmten Teiche des Hofgartens gegenüber, in jenem Hause, in dem allein ich das Recht gewonnen, jederzeit einzutreten und mich zu jeder Mahlzeit anzumelden, in der ältesten Tochter ein Mädchen erblüht, das, mit allen jungfräulichen Reizen ausgestattet, mir liebenswürdiger und herziger erschien als alle anderen, die ich kannte. Aber durfte ich denn meine Augen zu ihr erheben, die zu den meistumworbenen jungen Damen Düsseldorfs gehörte? Wohl wußte ich aus täglichem Umgang, daß sie trotz des reichen, bei Gesellschaften üppigen Tones ihres Elternhauses im Grunde streng, schlicht und häuslich erzogen war. Wohl wußte ich, daß es kein Wesen reineren und wärmeren Herzens gab als sie. Aber sie war auch eine der besten Reiterinnen und beliebtesten Gesellschaftsdamen Düsseldorfs. Sollte ihr Herz nicht schon gewählt haben?

Mir fiel es auf dieser Wanderung plötzlich wie Schuppen von den Augen. Daß ich sie liebte, so herzlich liebte, wie ich noch nie geliebt hatte, wurde mir an diesem Tage völlig klar:

Sie ist es; jetzt ist's sonnenklar.
Dies ist kein Rausch wie früh're,
Dies ist zu innig, rein und wahr,
Was ich im Herzen spüre.
Ich fühl' bei ihr zu jeder Frist –
Ach, schmerzlich hatt' ich's sonst vermißt –
Daß alles, was mir heilig ist,
Ich gern mit ihr erführe.

Sie ist es! Jetzt ist's sonnenklar,
Weil, seit ich sie gefunden,
Ich alles, was mir heilig war,
Noch heiliger empfunden.
»Sie ist es«, rauscht des Meeres Belt;
»Sie ist es«, steht am Sternenzelt;
»Sie ist es«, ruft die ganze Welt;
Und mich hält Lieb' umwunden.

War ich doch wahrscheinlich, wenn auch mir selbst noch unausgesprochen, nur ihretwegen, nur Ada Krumbügels wegen in ihrem Elternhause so warm geworden wie in keinem anderen Hause Düsseldorfs. Aber Gewißheit, daß sie meine Liebe erwidere, mußte ich mir, wenn auch nur mit dem Auge meiner Seele, verschaffen, ehe ich fragte. Wie jemand sich einen Korb holen konnte, hatte ich nie begriffen; einem Freier im ersten Jugendungestüm mag so etwas hingehen. Aber ein Mann über 25 Jahre muß doch Augen im Kopfe und Gefühl genug im Herzen haben, um zu wissen, ob seine Liebe erwidert wird.

Zu Anfang des Januar 1877 glaubte ich zu wissen, d. h. zu fühlen, was ich wissen wollte. Aber ach! alle Reize der Freiheiten des Junggesellenlebens stellten sich mir noch einmal als Versucher in den Weg. Ich entfloh. Ich ging noch einmal »auf die Bleiche«, wie meine Freunde es nannten, nach Bielefeld zu meinen Vettern auf dem Kupferhammer. Hatte ich das letztemal bei Karl Möller und seiner vortrefflichen, poetisch und musikalisch begabten Frau gewohnt, die wieder eine geborene Weber, die Tochter eines rechten Vetters meiner Mutter war, so nahmen mich dieses Mal Theodor Möller und seine liebenswürdige, geistig lebendige Gattin, die die Tochter einer rechten Base meiner Mutter war, gastlich wie immer auf. War ich beiden Häusern doch doppelt und dreifach verwandt; und erwies sich in beiden, so verschieden sie unter sich waren, unsere nahe Blutsverwandtschaft doch auch durch die Geistesverwandtschaft, die uns zueinander hinzog.

Als ich nach Düsseldorf zurückkehrte, war ich ganz klar und ruhig. Ich wußte, was ich wollte, sollte und mußte, und überlegte nur noch, auf welche Weise ich die Entscheidung herbeiführen sollte. An einem der nächsten Tage begegnete Ada Krumbügel mir auf der Straße zwischen meiner Wohnung an der Ecke des Friedrichsplatzes und ihrem Elternhause, das kaum hundert Schritte entfernt in der Alleestraße lag. Sie kam von der Musikstunde und trug ihre Notenmappe überm Arm. Wir begrüßten uns herzlichst; aber ich war so in ihren Anblick versunken, daß ich vergaß, ihr die Noten abzunehmen und nach Hause zu tragen. Die Gelegenheit wäre so günstig gewesen. Als ich zu Hause an meinem Schreibtisch saß, überwältigte mich das Gefühl der Scham und der Liebe. Sofort aufstehen, hinübergehen und die Entscheidung herbeiführen! Daß sie zu Hause war, wußte ich ja. Schnell, den langen schwarzen Besuchsrock angezogen! In der Eile und Aufregung erwischte ich statt des neuen den alten, schäbigen, abgesetzten Rock, der sogar ein Loch unter der Achsel hatte. Ich merkte es nicht. Ich merkte es erst, als ich wieder nach Hause kam. Im Elternhause Adas klingelte ich und fragte nach Fräulein Krumbügel. Ich wurde zu den Eltern geführt, die sich meinen feierlichen Besuch um die ungewohnte Tageszeit nicht erklären konnten. Als aber Ada erschien, sagte ich ohne weiteres, was das Herz mir eingab. »Ihre Eltern müssen es ja doch wissen«, fügte ich hinzu, um zu entschuldigen, daß ich in deren Gegenwart gesprochen hatte. Ihr Jawort habe ich nicht gehört; aber es stand in ihren Augen geschrieben und es sprach sich in dem stillen Kuß aus, mit dem sie den meinen erwiderte.

Als kühn ich dich fragte: »Willst mein du sein?«
Da blicktest du tief mir ins Herz hinein;
Doch hieltest geschlossen die Lippen du dicht,
Und sprachest, mir bangte, das Jawort nicht.

Als bang ich dich fragte wiederum,
Du hieltest die Lippen geschlossen und stumm;
Doch glänzte im Auge dir perlenhell –
War's Furcht, war es Freude? ein Tränenquell.

Und als ich zum drittenmal dich gefragt,
Da hast du noch immer nicht »ja« gesagt;
Doch küßten geschlossene Lippen da
Mir leis auf die meinen ein liebliches »Ja«!

Ihre Eltern umarmten mich schweigend. Viele Worte wurden nicht gemacht. Ich war verlobt.

Abends wurde im Theater »Des Meeres und der Liebe Wellen« gespielt. Krumbügels und ich hatten schon Karten für die Vorstellung gelöst. Sollten wir vorgeben, zu erregt zu sein und zuviel zu besprechen zu haben, um ins Theater gehen zu können? Wir hatten ja sonst noch Zeit genug, uns auszusprechen, und das Stück entsprach unserer Stimmung. Ich tauschte meine Karte im Parkett gegen eine Karte in Krumbügels Loge um; und Seite an Seite sah »ganz Düsseldorf« uns abends im Theater sitzen. Unsere Mienen und unser Benehmen sagten genug. Es war wie eine Verlobungsanzeige. Strahlend von Stolz und Glück saß ich da. Schon am nächsten Tag regnete es Glückwünsche von allen Seiten.

Ja! ich war verlobt. Ein tiefer Einschnitt in meinem Leben, der tiefste, den ich je erlebt, war erfolgt. Von dem, was hinter mir lag, versank das Unwesentliche ins Meer der Vergessenheit. Das Wesentliche erstand in neuem, wärmerem Lichte. Um das, was vor mir lag, brauchte ich mir keine Sorge mehr zu machen. Vier Schultern tragen mehr als zwei. Daß ich das große Los gezogen hatte, ahnte ich damals, weiß ich heute.


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