Christoph Martin Wieland
Koxkox und Kikequetzel
Christoph Martin Wieland

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13.

Wie sich die Crebillonische Fee Tout ou Rien – oder die Fee Concombre – oder die sehr decente Dame Zulica – oder wie sich irgend eine von den Zelimenen, Julien, Belisen, Araminten und Cidalisen des besagten französischen Sittenmalers – in einem ähnlichen Falle, aber bei veränderten Umständen, es sey nun in irgend einem anmuthigen Bosquet oder in einem wollüstigen Cabinet auf einem rosenfarbnen LotterbetteLotterbette – Um dem Hrn. Campe die Verantwortung dieser Verdeutschung des Worts Sofa nicht allein aufzubürden, gestehe ich, daß es mir hier an seinem rechten Orte zu stehen scheine. W. mit silbernen Blumen betragen hätte, – ließe sich, wenn es nöthig wäre, mit der größten moralischen Gewißheit bestimmen, ohne daß man dazu eben ein Crebillon seyn müßte.

Und wie sich unsre vorbesagten Leserinnen selbst sammt und sonders in solchen Umständen betragen würden, ist eine Sache, welche wir ihnen zu gelassener Ueberlegung in einer ernsthaften einsamen Stunde überlassen; mit der beigefügten freundschaftlichen Verwarnung, daß diejenigen unter ihnen, welche ihr großes Stufenjahr noch nicht zurückgelegt haben, oder (was auf Eines hinaus kommt) welche sich noch den Nachstellungen unternehmender Liebhaber ausgesetzt sehen, – ehe sie diese Selbstprüfung anstellen – sich in ihr Cabinet einschließen und Befehl ertheilen möchten, daß sie nicht zu Hause wären, wenn sich auch der ehrerbietigste unter allen Liebhabern an der Pforte melden sollte.

Was indessen aber auch das Betragen irgend einer erdichteten oder unerdichteten heutigen Dame in dergleichen Fällen seyn möchte – so kann es, wie gesagt, nicht zur Richtschnur für die liebenswürdige Kikequetzel genommen werden, welche 272 (um ihr nicht zu schmeicheln) im Grunde weder mehr noch weniger als eine Wilde war und – was einen wesentlichen Umstand in der Sache ausmacht – Ursache hatte, sich für das einzige Mädchen in der Welt zu halten.

Ich – der ich es, ohne eine außerordentliche Reizung oder eine gräßliche Verstimmung des Instruments meiner Seele, nicht über mein Herz bringen kann, einen Wurm unter meinen Füßen zu zertreten – verabscheue nichts so sehr, als den bloßen Schatten des Gedankens, auch nur zufälliger Weise eines von den schwachen Geschöpfen zu ärgern, deren kakochymische Seele nichts als Molken und leichte Hühnerbrühen verdauen kann und jede stärkere Speise, so gesund sie auch für gesunde Leute seyn mag, mit Ekel und Beschwerung ανω και κατω wieder von sich gibt. Sollte also, wider alles bessere Verhoffen, dieses unschuldige Buch – welches (wie ich schon erklärt zu haben glaube) keine Nahrung für blöde Magen ist – von ungefähr einem solchen schwachen Bruder in die Hände fallen: so ersuche ich ihn hiermit dienstlichen Fleißes – und nehme darüber alle meine werthen Leser zu Zeugen, daß ich es gethan habe – das Buch ohne Weiteres, wenigstens beim Schlusse dieses Capitels, wegzulegen und, es sey nun durch Aufsagung des griechischen Alphabets (wie dem Kaiser August in einem ähnlichen Falle gerathen wurde) oder durch jedes andere Mittel, welches er aus Erfahrung am bewährtesten gefunden hat, alle Gedanken, weiter fortzulesen, sich aus dem Sinne zu schlagen. Widrigen Falls und dafern ein solcher oder eine solche, dieser meiner ernstlichen Warnung ungeachtet, mit Lesen weiter 273 fortfahren und dadurch auf irgend eine Weise zu Schaden kommen oder durch ekelhaftes Aufstoßen oder Erbrechen dessen, was er solcher Gestalt, naschhafter Weise, zu sich genommen hätte, andern ehrlichen Leuten, oder auch mir selbst, beschwerlich fallen sollte; ich mich hiermit ein für alle Mal gegen alle daher entspringen mögende Verantwortung zierlichst verwahrt und den besagten Leser (oder Leserin) selbst, für alles sich und Andern dadurch zuziehende Uebel, für jetzt und alle Zeit verantwortlich gemacht haben will.



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