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Gib mir die stille glänzende Sonne

1.

Gib mir die stille, glänzende Sonne mit aller Pracht ihrer blitzenden Strahlen;
Gib mir die saftige Herbstfrucht reif und rot aus dem Garten;
Gib mir ein Feld, wo ungemähtes Gras wächst;
Gib mir eine Laube, gib mir die umrankte Traube;
Gib mir frisches Korn und Weizen; gib mir munter wandelnde Tiere, die Zufriedenheit lehren;
Gib mir tiefstille Nächte, wie auf der Hochebene westlich vom Mississippi und laß mich noch einmal zu den Sternen aufblicken;
Gib mir einen morgendlichen, düftereichen Garten mit schönen Blumen, in dem ich ungestört mich ergehen kann;
Gib mir zur Ehe ein holdes Weib, dessen ich nie müde werde;
Gib mir ein vollkommenes Kind; gib mir fern vom Lärm der Welt eine ländliche Heimat;
Gib mir Lieder, die ich aus eigenem Antrieb singe, einsam, nur für meine eigenen Ohren;
Gib mir Einsamkeit; gib mir Natur; gib mir wieder, o Natur, deine ursprüngliche Frische!
Und doch: noch während ich dies erbitte (endloser Aufregungen müde und gemartert vom Kriegslärm);
Noch während ich solches beständig zu erlangen trachte und mein Herz nach alledem schreit;
Noch während ich unablässig bitte, hänge ich doch an meiner Stadt.
Tag auf Tag und Jahr auf Jahr, o Stadt, wandere ich in deinen Straßen,
An die du auf eine bestimmte Zeit mich fesselst und mich freizugeben dich weigerst;
In denen du mir Überfülle gewährst, meine Seele bereicherst und unverlierbare Gesichte mir zeigst;
(Oh ich sehe gerade das, dem zu entrinnen ich hoffte, mir gegenüber und widerrufe den Schrei meiner Sehnsucht,
Ich sehe, wie meine eigene Seele das verwirft, was ich erbat.)

 

2.

Behalte deine stille, glänzende Sonne!
Behalte, Natur, deine Wälder und die friedlichen Plätzchen dabei!
Behalte deine Felder mit Klee und Gras, deine Kornfelder und Obstgärten!
Behalte deine blühenden Buchweizenfelder, in denen die Septemberbienen summen!
Gib mir Gesichter und Straßen – gib mir den endlosen Zug dieser Phantome die Trottoirs hin!
Gib mir zahllose Augen – gib mir Frauen – gib mir Kameraden und Freunde zu Tausenden!
Laß täglich mich neue sehen – laß täglich mich neue bei der Hand nehmen!
Gib mir solche Schaustellungen – gib mir die Straßen Manhattans;
Gib mir den Broadway mit marschierenden Soldaten – gib mir den Schall der Trompeten und Trommeln!
(Die Soldaten in Kompanien und Regimentern – diese im Begriff zu marschieren, hastig und sorglos;
Diese, deren Dienstzeit vorbei ist, auf der Heimkehr, in gelichteten Reihen; jung und doch sehr alt; erschöpft marschieren sie, ohne etwas zu beachten.)
Gib mir Ufer und Werfte, dicht mit schwarzen Schiffen gesäumt!
Oh dies mir! Oh mächtiges Leben; übervoll, an Abwechslung reich!
Mir das Treiben des Theaters, des Trinkzimmers, des großen Hotels!
Den Salon des Dampfbootes, das Gewimmel des Ausflugs, den Fackelzug!
Die dichte Brigade, die in den Kampf zieht, gefolgt von den hochgeladenen Bagagewagen!
Volk, das endlos dahinströmt mit buntem Stimmengewirr, mit Leidenschaften und Gepränge!
Manhattans Straßen mit ihrem gewaltigen Pulsschlag, mit rasselnden Trommeln wie in diesem Augenblick!
Der endlose lärmende Chor; das Rasseln und Klirren der Gewehre, (selbst der Anblick der Verwundeten!)
Manhattans Gedränge mit seinem gewaltigen Rhythmus!
Manhattans Gesichter und Augen für mich auf ewig!


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