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Die Verständigung mit mir hatte einige Verzögerung erlitten, und als ich in die Provence kam, hatte man die sterblichen Überreste meines Bruders und seiner Clementina schon in die Villa Jasmin zurückgebracht und ihnen auf dem Friedhof der Kirche von Magagnosc, die rechts von der Straße nach Nizza so kühn emporragt, zwei Gräber nebeneinander bereitet. Ich hatte keinen Grund, diese Verfügungen umzustürzen. Ich hätte keinen besseren oder passenderen Platz finden können. Die Leute von Magagnosc sind freundliche Menschen und sprachen von beiden in der gütigsten Art. Die beiden liegen nun in dem Hügelland an einem Platz, von dem aus man den Fluß, die Hügel, das Tal und das Meer sehen kann. Das Meer zeigt sich in der Ferne an einem Ausschnitt des Horizonts wie ein großes, breitgezogenes V zwischen den Hügeln. Die Oliventerrassen, die waldigen Hügelkämme der Provence, dieses lieblich bestrickende Land, das sie beide so sehr liebten, breitet sich zu ihren Füßen aus. Sie können es nicht mehr sehen. Aber die alten Gewohnheiten unserer Phantasie sind so stark in uns allen, daß ich mir einbilde, mein Bruder müßte hier noch sehen und denken können, immer noch die Zukunft seiner Welt betrachten und weitere Kapitel dieses Buches der Bücher ersinnen, das er auf so breiter Grundlage begonnen hat.

Es ist mir nicht gelungen, irgend welche Verwandte von Miß Campbell ausfindig zu machen. Ich habe noch nie von jemandem gehört, der so völlig allein auf der Welt war. Ihr kleiner brauner Muff von einem Hündchen ist in Quarantäne auf seinem Weg in ein wohlwollendes englisches Heim. Es ist ein ältliches, scharfschnauziges Tier, und eine Zeit lang befürchtete ich, es würde untröstlich sein. Es wollte erst seiner Herrin Sarg in das Grab folgen, schien dann aber zu dem Schlusse zu kommen, daß sie sich doch nicht in diesem seltsamen Ding befinden könne; so kehrte es in die Villa Jasmin zurück, um dort winselnd nach ihr zu suchen. Einmal lief es nach der Pension und wurde fast von einem Automobil überfahren, als es die große Straße überquerte, so geistesabwesend war es. Jeanne, das Mädchen, die den Hund zärtlich liebt, entdeckte, daß er abgängig war, suchte ihn und brachte ihn wieder zurück. Einige Tage wollte er keine Nahrung zu sich nehmen, und dann fraß er wieder, aber bedrückt und beschämt. Immerhin, er fraß und lebte weiter.

Ich dachte eine Zeit lang daran, Jeanne den Hund zu überlassen, aber sie wünscht eine neue Stellung anzunehmen – sie kennt keine andere Lebensweise –, und so ist es ungewiß, ob sie Titza bei sich behalten könnte. Ich wollte das arme kleine Tier nicht fremden Leuten in der Provence übergeben, da ich in England jemanden kenne, der es gut behandeln wird. Also ist es nun auf dem Wege dahin.

Die graue persische Katze, die mein Bruder einige Male erwähnt, der Philosoph vor dem Spiegel, verriet keine ähnliche Gefühlstiefe; sie ist bei einer verwitweten Dame in Cannes untergebracht und scheint zufrieden.


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