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Vor dem Scheiterhaufen.

Valliers hatte mit seinen Leuten alles nach den Schätzen abgesucht, aber nichts finden können, jetzt kam auf schaumbedecktem Pferde ein Soldat angeritten und meldete, daß der größte Teil von Vits Bande zusammengehauen sei, und der Rest mit Vit sich in Dahlen in Gefangenschaft befinde.

»Es ist gut,« sagte Valliers. »Bringe dem Kommandanten Bertin meinen Gruß und sage ihm, er möge ja sorgen, daß ihm die Räuber nicht entwischen. Ich werde heute noch nach Dahlen kommen.«

Der Soldat entfernte sich.

Valliers übergab einem Weimarer Korporal mit Namen Sturm das Kommando und beauftragte ihn, mit seinen Leuten nach Grippekoven zu gehen und dort Jansen auszuheben, das Nest zu besetzen und ihm dann Bescheid zugehen zu lassen. Dann nahm er drei zuverlässige Leute zu Pferde mit und sprengte auf Erkelenz zu.

Sturm war von dem Auftrage gar nicht erbaut und wäre lieber mit nach Erkelenz gezogen.

»Können wir uns am Ende noch einmal mit dem Pack herumschlagen, ohne etwas auszurichten,« brummte er. »Der alte Vit, heißt es, soll große Schätze aufgehäuft haben – wer weiß, ob's wahr ist? Dafür laufen wir wie die Verrückten hinter seiner Bande her und lassen uns totschlagen wie die Ratten. Doch, was kann das helfen, wir müssen hin. Vorwärts, Kameraden!«

Die Soldaten setzten sich in Bewegung und schritten auf Grippekoven zu. Als sie im Walde an die Stelle kamen, wo Wilm erhängt worden war, hielten sie an, und mehrere Soldaten bogen die Tanne nieder und durchschnitten den Strick.

»Der hat genug,« sagte Sturm. »Schadet dem Halunken eigentlich nichts. Wird wahrscheinlich hier einigen von Vits Leuten in die Finger gefallen sein, die ihm den Judaslohn gegeben haben.« Er befühlte ihn und sagte: »Er ist wahrhaftig noch warm. Die Tat kann noch nicht lange geschehen sein.« Er lauschte nach dem Atem, aber der Gehenkte gab kein Lebenszeichen mehr von sich.

»Werft ihn dort ins Gras, Jungens!« rief er seinen Leuten zu. Die Leiche wurde vom Wege ab ins Gras gelegt, und die Soldaten zogen weiter.

»Jetzt müssen wir aber doch vorsichtig sein,« meinte der Korporal. »Wir haben keinen Führer, und ich möchte nicht gern alle meine Leute hier opfern. Die Kerls von der Bande sitzen vielleicht hinter Sträuchern und blasen uns einen nach dem anderen weg, ohne daß wir uns wehren können. Wo nur das verdammte Nest liegen mag? Ach, da kommt ein Bauer, der wird es wissen! He, Landsmann, wie kommen wir nach Grippekoven?«

Der Bauer blieb stehen, nahm ängstlich seine Mütze ab und sagte: »Geht nur eine Viertelstunde diesen Grasweg geradeaus und schwenkt Euch auf dem ersten Wege links ab, dann seid Ihr in einer guten halben Stunde dort.«

»Ist das auch wahr?« fragte der Korporal.

»So wahr, wie ich hier stehe!« beteuerte der Bauersmann.

»Na, wir wollen dir glauben. Wehe dir aber, wenn es nicht der richtige Weg ist!«

Der Bauer entfernte sich und war froh, so leichten Kaufes davon gekommen zu sein. Nachdem er etwas weiter gegangen war, hörte er neben dem Wege Ächzen und Stöhnen. Er trat seitwärts und fand Wilm im Grase liegen. Seine Augen waren weit aus den Höhlen getreten, und er war ganz blau im Gesichte, jedoch lebte er noch.

»Armer Bursche,« sagte der Bauer mitleidig. »Dir hat man übel mitgespielt!«

Wilm nickte und zeigte auf seinen Mund und seinen Hals.

»Aha, du hast Durst, armer Kerl? Warte, ich werde etwas Wasser holen.« Er schritt tiefer in das Gebüsch und kam bald mit seiner Tuchmütze voll Wasser zurück. Wilm trank begierig und kam dann wieder völlig zu sich.

»Du kannst hier nicht bleiben, Bursche, raste noch ein wenig, und dann gehe mit mir. Ich wohne hier in Kipshoven. Du erholst dich etwas, bevor du weitergehst. Wo bist du her?«

»Ich bin aus Erkelenz.«

»So, und die Soldaten, welche eben hier vorbeigingen, haben dich so zugerichtet?«

»Ja, sie wollten mich erdrosseln, aber ich werde schon mit ihnen abrechnen!«

Hätte Wilm dem Manne gesagt, daß er von Vits Leuten aufgeknüpft worden war, so würde der Bauer sich jedenfalls nicht um ihn gekümmert haben.

Nachdem er noch einige Zeit geruht hatte, ging er, von dem Bauern unterstützt, auf Grippekoven zu. Er klagte über furchtbaren Kopfschmerz, sowie heftige Genick- und Rückenschmerzen.

»Werden schon wieder vergehen, wenn du mal geschlafen hast,« meinte der Bauer.

Der Bauer war, bevor er den Soldaten begegnete, bei Jansen gewesen und hatte diesem Bescheid gesagt, wie es mit Klingen und der Gastesscheune aussah.

»Aha, siehst du!« rief Lörs dem Peter Kluth zu, als er das hörte. »Wenn wir dem Halunken, dem Wilm, geglaubt hätten, so wären wir den Soldaten hübsch in die Arme gelaufen.«

»Ja, du hast recht, Lörs,« erwiderte Peter.

»Und wenn ich denke, daß der arme Klingen mit all seinen prächtigen Leuten in der Scheune gefallen ist,« seufzte der Schmied, »dann wird es mir trübselig zu Mute!«

»Ja, alle sind tot,« klagte Peter Kluth, »und unser Vit sitzt mit seinen Leuten gefangen!«

»Also ist alles aus!« setzte Jansen in dumpfem Tone hinzu und vergrub seinen Kopf in beide Hände.

»Na, wer läßt denn den Mut sinken?« fiel da Lörs ein. »Kopf hoch, Kameraden, und nicht verzagt! Wir sind doch noch da und so leicht wollen wir uns nicht unterkriegen lassen!«

»Jansen, heraufkommen!« rief die Wache.

»Aha, jetzt geht's los,« sagte dieser.

Die Leute waren aufgesprungen, und die als Schützen bestimmten gingen an die verdeckten Schießscharten. Die anderen standen fertig, um die abgeschossenen Flinten wieder zu laden.

Als Jansen oben ankam, sagte der Posten: »Seht, dort kommen Soldaten, wenigstens 40 bis 50 Mann!«

»Ja, richtig, pst!« rief er durch den Kamin. »Aufpassen, wenn ich Feuer kommandiere, Jungens!«

Jansen, mit einem Hut auf dem Kopfe, dessen Bänder lustig im Winde flatterten, stand aufrecht auf dem höchsten Punkte der Ruine; neben ihm, von einem Strauche verdeckt, kniete der Posten mit Gewehr im Anschlage. Jansen war ein großer, stark gebauter Mann mit schwarzem Vollbarte. Mit verschränkten Armen schaute er auf die ankommenden Soldaten. Diese waren jetzt ganz nahe herangekommen und schienen verdutzt zu sein, als sie keine Wachen sahen. Endlich erblickten sie Jansen.

»Heda, guter Freund,« rief der Korporal, »seid Ihr der Kommandant auf dem Raubnest?«

»Jawohl,« rief Jansen, »und ich rate Euch, keinen Schritt näher zu kommen, sonst läßt Euch dieser Kommandant eins auf den Pelz brennen, daß Euch die Lust vergeht.«

»Oho!« lachte der Korporal, sich hinter einen Baum zurückziehend.

»Was wollt Ihr hier?« frug Jansen weiter.

»Das Nest erobern und seine Besatzung gefangennehmen,« schrie der Korporal.

»Dann geht nur hübsch nach Hause, Kinder, und kommt morgen wieder,« spottete Jansen. »Geht, gleich wird es dunkel, und dann kriegt Euch noch die Abendmutter!« Abendmutter oder der Bußemann, womit man kleine Kinder schreckte.

Das war dem Korporal denn doch zu bunt. »Schießt den Kerl herunter,« flüsterte er seinen Leuten zu. Sofort legten drei Soldaten ihre Gewehre an; aber Jansen verschwand von der Spitze und kommandierte: »Feuer!«

So wir die drei Schüsse auf Jansen abgegeben wurden, knallte es in der Ruine aus vielen Stellen, und zehn Soldaten lagen schwer getroffen am Boden.

Jansen erschien wieder und fragte die durcheinanderlaufenden Soldaten, ob sie sich jetzt entfernen wollten, sonst gäbe es eine zweite Salve.

»Und wenn ihr nicht sofort geht, kommen wir hinüber und machen euch Beine,« schrie Lörs, der an die Seite Jansens getreten war. Sturm zog sich in den Wald zurück, schien aber noch nicht weichen zu wollen.

»Schießt noch einmal!« kommandierte Jansen.

Wieder knallten ein Dutzend Schüsse, wovon aber nur wenige Soldaten getroffen wurden, denn die meisten hatten hinter den Bäumen Deckung gesucht.

»Wir müssen abziehen,« sagte der Korporal, »denn den Kerls ist nicht beizukommen, die schießen uns schließlich einen nach dem anderen nieder. Es wäre Torheit, hier zu bleiben. Vorwärts, nach Erkelenz! Es ist eine Schande: diese verdammten Kerls schicken uns mit blutigen Köpfen heim!« Er ballte die Faust und rief, hinter einem Baume stehend, Jansen zu: »Warte, wir kommen wieder, und dann zahlen wir's euch zurück!«

»Kommt nur recht bald,« rief Jansen, »desto eher sind wir mit euch fertig!«

Die Soldaten entfernten sich.

»Sollen wir sie so ziehen lassen?«

»Sollen wir ihnen vielleicht noch nachlaufen?« fragte Jansen ironisch.

»Nun, das versteht sich! Kommt, Jungens, wer geht mit von euch?« rief er hinunter und sprang dann zwischen die Kameraden.

»Ich, ich, ich auch!« hieß es von allen Seiten.

»Nein, das geht nicht,« sagte Jansen. »Ihr könnt doch nicht alle mitgehen. Wenn der Lörs den Franzosen noch eins versetzen will, so habe ich nichts dagegen, aber dann nimmt er nicht mehr als 12 Mann mit.«

»Das ist genug,« rief Lörs. »Vorwärts, Jungens, kommt; es geht auf den Abend zu, und sie dürfen uns nicht aus dem Walde entkommen.«

Sie liefen zu den Pferden, saßen auf, und dann ging's im Galopp in den Wald hinein, Lörs an der Spitze.

»Halt! halt!« flüsterte Lörs, »da sind sie ja. Stehen bleiben! So, jetzt sehen sie uns nicht. Unvorsichtige Leute, kein Vortrab, schlendern dahin, das Gewehr umgehängt! Jungens, aufgepaßt! Säbel in die Faust! Jetzt, wenn sie um die Ecke sind, dann drauf; wir reiten dazwischen und hauen sie nieder, wie die Unsrigen am Venn niedergehauen wurden. So, jetzt vorwärts!« Die Pferde mit den mutigen Reitern flogen dahin. Jetzt ging's um die Ecke, die Soldaten hörten das Getrappel der Pferde und blieben verdutzt stehen. Ehe sie die Gewehre gebrauchen oder die Säbel ziehen konnten, war Lörs mit seinen Gesellen zwischen sie gefahren, die Pferde zerstampften sie, und die Burschen hieben mit ihren schweren Säbeln so auf sie ein, daß außer einigen, die sich in den Wald flüchteten, alle mit zerhackten Köpfen tot umherlagen.

»Sollen wir die noch verfolgen, welche in den Wald gelaufen sind?« fragte Peter Kluth.

»Nein,« meinte Lörs, sich Blut und Schweiß aus dem Gesichte wischend, »laß sie laufen, damit noch einige die Niederlage in Erkelenz verkünden können. Das war ein feines Stückchen Arbeit!«

Singend und jauchzend kamen die Burschen wieder zur Ruine zurück, wo sie von den anderen mit Jubel empfangen wurden.


Valliers war sehr ärgerlich nach Erkelenz zurückgekommen und hoffte nun, wenigstens abends gute Nachrichten von Sturm zu erhalten. Als jedoch drei Soldaten ankamen, die berichteten, wie es ihnen bei Grippekoven ergangen war, und daß eine große Räuberschar zu Pferde im Walde sie umzingelt und niedergehauen hätte, da kannte seine Wut keine Grenzen. In den ersten Tagen wollte er mit einer großen Zahl tüchtiger Leute selbst hin, um den Wald zu säubern und Grippekoven zu erobern.

Am anderen Morgen ließ er sich den Offizier Hermann vorführen.

»Ihr seid frei,« sagte er zu dem Eintretenden. »Nachdem es unseren Soldaten gelungen ist, sich Eures ›edlen Freundes‹ und Bandenführers Vit Gilles zu bemächtigen,« setzte er hämisch hinzu, »liegt keine Veranlassung mehr vor, Euch noch länger hier festzuhalten. Hoffentlich seid Ihr nicht so töricht, an eine Befreiung dieses Rebellen zu denken oder dieselbe gar erzwingen zu wollen –«

»Ich weiß, was ich zu tun habe,« unterbrach ihn Hermann heftig. »Weiß auch, wie ich mir Genugtuung verschaffe für Eure Übergriffe und Eure Willkür. Das werdet Ihr erfahren, wenn mein Hauptmann van Este wieder hier eintrifft. – Wie steht es übrigens mit dessen Tochter?«

»Was schert mich Euer Hauptmann?!« polterte Valliers. »Ich kenne meine Vorschriften und Befugnisse als Kommandant und danach handle ich – verstanden? Für das, was ich tue, übernehme ich die volle Verantwortung – auch für Eure Verhaftung, die ich für nötig hielt. Andererseits habe ich keinen Grund, mich diesem Gasculin zu Gefallen mit Eurem Hauptmann zu verfeinden. Deshalb könnt Ihr seine Tochter gleich mitnehmen. Mag Gasculin sich darüber mit van Este auseinandersetzen, mit dem er ja auch verwandt ist. Ich will mit dieser Familienangelegenheit nichts mehr zu schaffen haben.«

Er setzte sich hierauf an den Tisch, warf ein paar Worte auf ein Stück Papier und reichte es Hermann, mit den Worten:

»Hier, zeigt dies dem Aufseher Mertens vor und er wird Euch das Mädchen sofort ausliefern.«

Das ließ Hermann sich nicht zweimal sagen. Er eilte zu Mertens, und Eva wurde in Freiheit gesetzt.

»Ich danke Euch, Herr Ritter,« sagte sie, erfreut dem Offizier die Hand reichend; »aber was soll ich jetzt beginnen?«

»Wenn Ihr Euch unter meinen Schutz stellen wollt, so will ich schon für Euch sorgen.«

»Recht gerne stelle ich mich unter den Schutz eines Freundes meines Vaters. Aber sagt mir, ist es wahr, was man erzählt, daß mein Großvater in Dahlen gefangen ist?«

»Ja, es ist leider wahr.«

»Und sollte es nicht möglich sein, ihm zu helfen? O, wenn doch mein Vater käme!«

»Dann wäre er gerettet! Aber wo den finden?«

Eva nahm Abschied von der Familie des Aufsehers und schritt mit dem Offizier unbehelligt zum Tore hinaus.

»Aber jetzt wohin?« fragte der Offizier.

»Nach Dahlen. Ich muß meinen Großvater wiedersehen!«

»Gut, dann wollen wir schnurstracks nach Dahlen gehen.«

Sie schritten schweigend dahin. Eva bemerkte die gedankenvolle Miene ihres Begleiters und fragte plötzlich, indem sie schelmisch zu ihm aufblickte: »Ei, ei, Herr Offizier, warum so schweigsam, Ihr schaut so finster drein, daß man wohl bange vor Euch werden könnte!«

»Verzeiht, edle Jungfrau, mich bedrückte der Gedanke an die unwürdige Behandlung, die ich als Offizier dieser Tage vom Kommandanten erfahren habe und für welche ich Genugtuung fordern werde, sobald mein Hauptmann, Euer Vater, zurück ist. Auch denke ich an das traurige Schicksal des alten Vit, den Ihr Euren Großvater nennt.«

»Mut, Herr Ritter! Das ist doch nun überstanden und mein Vater wird schon dafür sorgen, daß Ihr Genugtuung erhaltet. Also fort mit Euren galligen Gedanken! Und was meinen Pflegevater anbetrifft, so wollen wir hoffen, daß er doch noch gerettet wird.«

»Ich bewundere Eure Hoffnungsfreudigkeit und Seelenstärke; Ihr könntet einen Mann beschämen. Gewiß, Ihr habt recht: die Widerwärtigkeit, die mir begegnet, ist nicht so groß, um nicht darüber hinwegzukommen; jedenfalls kein Grund, um deshalb schwarzen, häßlichen Gedanken nachzuhängen, besonders, wenn man eine so heitergestimmte, hübsche Jungfrau zur Seite hat.«

Eva drohte ihm lächelnd mit dem Finger.

»Einer Jungfrau,« fuhr Hermann mit Wärme fort, »der ich nicht allein ein Beschützer, sondern auch ein treuer Freund sein möchte, sofern sie meine Freundschaft annehmen will.« Dabei reichte er ihr die Hand.

Eva schlug errötend ein. In ihrem Herzen wallte es warm empor und ihre Augen füllten sich mit Tränen in dem Bewußtsein, daß ein guter Freund teilnahm an ihrem Geschick.

»Ich danke Euch,« sagte sie bewegt, »und bin glücklich, daß Ihr mich Eurer Freundschaft wert haltet. Ich stehe ja noch allein auf der Welt und fühle mich so verlassen. Zwar weiß ich jetzt, daß ich einen Vater habe, der meiner gedenkt, aber er weilt noch fern und die anderen Menschen, die mir gut gewesen, sind in Fesseln geschlagen. Wie sollte ich da nicht dankbar sein für Eure Teilnahme und Freundschaft! – Wird man uns auch in Dahlen einlassen?« fragte sie dann nach einer Pause.

»Dafür werde ich schon sorgen,« erwiderte Hermann. »Auch werden wir heute noch mit dem Großvater sprechen können; ich hoffe es wenigstens.«

In Dahlen angekommen, wurden sie gleich eingelassen, und Hermann begab sich sofort zum Kommandanten Bertin, um ihn zu bitten, ihn und Eva zu dem gefangenen Vit Gilles zu lassen. Seine Bitte wurde aber rundweg abgeschlagen. Bertin bestand darauf, daß keiner zu dem Gefangenen kommen sollte, auch Hermann nicht. Eva war untröstlich, daß sie ihren Großvater nicht wiedersehen durfte. Sie wußte, daß in Dahlen ein Bruder von Vit, Jan Gilles, wohnte, zu diesem ging sie hin und bat um ein Unterkommen, während Hermann sich bei einem Bäcker einquartierte. Vits Bruder war ein starker Sechziger, konnte es aber noch mit manchem Fünfziger aufnehmen. Seines Zeichens war er Hufschmied und hatte durch die anwesenden Hessen viel Arbeit, wurde jedoch fast gar nicht bezahlt. Er wohnte mit seiner Frau und seinem Sohne Vit, der bei dem Vater in der Schmiede beschäftigt war, zusammen. Die Leute freuten sich herzlich über Evas Besuch und bedauerten den armen Vit.

»Könnte ich doch meinen armen Paten aus dem Turme holen,« sagte der junge Vit, »und wenn ich auch so ein halbes Dutzend Hessen oder Franzosen niederhauen müßte!«

»Er wird so scharf bewacht, daß an ein Entkommen nicht zu denken ist,« erzählte Jan. »Keiner wird zu ihm gelassen, nicht einmal unser Pastor.«

»Der arme Vit!« schaltete Jans Frau, Lisbeth, ein. »Er wird gewiß eines schrecklichen Todes sterben müssen und jedenfalls bald, denn gestern flogen schon die Leichenvögelchen an unser Fenster, und diese Nacht knisterte und klopfte es in den Wänden unserer Schlafstube. Das sind sichere Zeichen, daß einer in unserer Familie stirbt, und wer sollte es anders sein, als Vit und Paul!«

Eva erzählte ihre Schicksale, wo sie überall gewesen und wie es ihr ergangen war, beklagte dann, daß sie jetzt nach Dahlen gekommen sei, um den nahen Tod ihres Großvaters verkünden zu hören. »Ich weiß nun nicht, wohin ich mich wenden soll, um ihn zu retten!« seufzte sie. »Ich stehe ja ganz verlassen da.«

»Ei, Kind, du bleibst eben bei uns,« meinte Lisbeth, »bis dein Vater kommt, und den will ich sehen, der dir etwas zuleide tut.«

»Die Hessen werden sich auch jetzt wohl hüten, mir etwas zu tun, nachdem sie wissen, daß mein Vater Hauptmann im französischen Heere ist.«

Am anderen Morgen war Valliers eingetroffen, und Vit und seine Leute sollten heute verurteilt werden. Die Gefangenen wurden gefesselt unter Stößen und Schlägen zum Marktplatze getrieben und dort zusammengestellt. Die ganze Besatzung war auf den Beinen. Die armen Gefangenen sahen in ihren unordentlichen, zerrissenen und mit Blut befleckten Kleidern ganz entstellt aus, alle begrüßten sich mit einem ermunternden Lächeln und stellten sich nebeneinander, Vit an die Spitze. Eine starke Wache mit geladenen Gewehren umstand die Gefangenen, von denen jeder, der Miene machen würde, zu fliehen, sofort niedergeschossen werden sollte. Kein Bürger durfte sich auf der Straße sehen lassen. Einzelne Leute blickten durch die Fenster, und manchem ernsten Manne rannen Tränen über die Wangen, als sie die Gruppe der Gefangenen sahen. Das Haus von Jan lag in der Nähe. Eva konnte den Großvater sehen und winkte ihm mit der Hand einen Gruß zu.

Dieser hatte sie erkannt und ein Lächeln erhellte sein Gesicht. Eva hatte der Anblick tief erschüttert. Sie trat vom Fenster zurück und weinte still vor sich hin. Jetzt kamen Valliers und Bertin nebst einigen Offizieren und blieben vor der Gruppe stehen. Furchtlos blickten die Gefangenen auf die Angekommenen.

»Ihr Rebellen, Räuber und Mörder!« redete Valliers die Gefangenen an. »Obwohl ihr alle den Tod verdient habt, sollen jedoch nicht alle von euch sterben, weil einzelne verführt sind; wer von euch sterben muß, werden wir noch bestimmen. Du, Anführer,« wandte er sich an Vit, »sollst uns zuerst sagen, wo die geraubten Schätze geblieben sind, die in der Gastesscheune waren?«

»Habt ihr sie nicht gefunden?« fragte Vit.

»Nein, wir haben die Scheune zerstört und die Leute niedergemacht, haben aber nichts gefunden.«

»Ach, das tut mir leid.«

»Wo sind die Schätze geblieben?«

»Ich habe sie fortbringen lassen.«

»Wohin?«

»Das werde ich Euch nicht sagen.«

»Dazu werden wir dich zwingen.«

»Niemals.«

»Leute,« wandte er sich an die Gefangenen, »wer mir die Schätze schafft, oder den Ort angibt, wo sie zu finden sind, der ist frei. Er soll –«

»Bemüht Euch nicht, Herr Kommandant,« fiel Vit ein, »die Leute können es nicht sagen, weil sie es selbst nicht wissen.«

»Schweig, alter Spitzbube, du bist nicht gefragt,« herrschte Valliers ihn an. »Ich will sie schon zum Reden bringen. Du sollst unter allen Umständen eines schrecklichen Todes sterben, als Beispiel für alle Rebellen, die sich erkühnen, sich uns zu widersetzen! Doch fünf aus eurer Mitte mögen sich freiwillig melden, die mit dem Alten sterben wollen.« Es herrschte tiefe Stille.

»Ich will mit ihm sterben!« rief Paul.

Vit sah Paul mit einem Gemisch von Stolz und Betrübnis an und sagte: »Paul, lieber Junge, nimm dein Wort zurück, du mußt leben für deine arme, vielgeprüfte Mutter!«

»Nein, Großvater, ich kämpfte an deiner Seite, laß mich auch an deiner Seite sterben!«

»O, mein Gott!« seufzte Vit, »so muß ich also noch zweimal sterben!« und der starke Mann konnte ein paar große Tränen nicht zurückhalten. Seinen Leuten standen ebenfalls die Tränen in den Augen.

»Da seht, die alten Weiber weinen!« höhnte Valliers. »Es scheint, daß nicht viele Lust haben, mit dir zu sterben, Alter.«

»Ihr solltet Euch schämen, arme Gefangene zu verhöhnen. Wir weinen nicht aus Furcht; daß wir keine Weiber sind, haben wir doch bewiesen. Dem Edelmute meines Enkels opfern wir eine Träne; aber dafür haben Barbaren weder Gefühl noch Verständnis. Hört, Jungens, wer stirbt mit mir?« wandte er sich an die Seinen.

»Ich, ich, ich auch!« erscholl es im Kreise.

»Da seht, Ihr Herren, fast alle wollen mit mir sterben!« versetzte Vit stolz.

»Du und dein Enkel, ihr sterbt vor allen anderen. Die danach sterben, werden wir bestimmen,« versetzte Valliers. »Aber, wißt ihr auch, wie ihr sterben sollt? Ihr bildet euch wahrscheinlich ein, ihr würdet erschossen – nein!« Und er trat mit verschränkten Armen näher, um die Wirkung seiner Worte zu beobachten. »Eine Kugel seid Ihr nicht wert: verbrannt werdet ihr auf dem Scheiterhaufen, versteht ihr –? Lebendig verbrannt!«

Vit und seine Leute erblaßten, denn an eine solche Todesart hatten sie doch nicht gedacht. Vit fasste sich zuerst und erwiderte: »Jawohl, wir haben Euch verstanden, die Todesart ist eines Barbaren würdig. Wir werden Euch zeigen, daß wir zu sterben wissen. Wir wünschen aber vor unserem Tode einen Priester.«

»Den bekommt ihr nicht. Niemand kommt zu euch, und die überlebenden Gefangenen sollen mit zum Richtplatze geführt werden, um zu sehen, wie es ihnen ergeht, wenn sie nicht bekennen wollen, wo die Schätze sind.«

»Was sollen sie denn bekennen, wenn sie selbst nichts wissen?« fragte Vit.

»Schweigen sollst du!« fuhr Valliers den Sprechenden grimmig an. Und zu seinen Soldaten gewandt, fügte er hinzu: »Werft die Gefangenen wieder in die Türme.«

Die Soldaten führten die Gefangenen, welche sich ein Lebewohl zuriefen, nach verschiedenen Seiten ab.

Am Nachmittage stand Eva in dem Wohnzimmer und schaute gedankenvoll zum Fenster hinaus, als sie plötzlich Wilm erblickte, welcher an dem Hause vorbei kam. Er hatte sie nicht gesehen. Sie schloß das Fenster, denn sie fürchtete, daß, wenn Wilm sie sähe, er suchen werde, sie in seine Gewalt zu bekommen. Nach einer Weile öffnete sie wieder das Fenster und blickte zur Vorsicht noch einmal hinaus, um zu sehen, ob Wilm vielleicht noch da sei. Es war aber nichts von ihm zu sehen. Ein mit Stroh beladener Karren kam die Straße herauf, bei dem zwei mit blauen Kitteln bekleidete Burschen waren. Als sie an Gilles' Haus waren, hielt der Karren still, und einer der Burschen rief Eva zu: »He, Jungfer, kauft Ihr Stroh?«

Eva horchte auf. Die Stimme war ihr bekannt. »Nein,« sagte sie und betrachtete den Burschen etwas genauer.

»Ihr kennt mich wohl nicht?« flüsterte dieser.

»Gott, das ist Lörs!« sagte sie lauter, als gerade notwendig war.

Lörs schaute sich erschrocken um. Niemand war in der Nähe, nur der Offizier Hermann schritt auf das Haus zu. Er erkannte Lörs sofort und winkte ihm, hereinzukommen. Lörs ging Hermann nach.

»Lörs, Lörs,« sagte Hermann warnend, »das kann gefährlich werden hier in Dahlen. Wenn Euch hier einer sieht, seid Ihr verloren!«

»Ach was, von den Soldaten kennt mich keiner, und die Bürger verraten mich nicht.«

»Nehmt Euch in acht,« warnte Eva, »Wilm ist hier.«

»Wer?« rief Lörs, ungläubig lachend den Kopf schüttelnd.

»Ja, ja, Wilm; er ging eben hier am Hause vorbei.«

»Das ist nicht möglich,« sagte Lörs bestimmt.

»Doch,« sagte Hermann, »es ist sicher, ich habe ihn auch gesehen.«

»Ich habe ihn doch gestern baumeln lassen, wie kann das sein? Dann muß ihn jemand abgeschnitten haben. Das wäre allerdings sehr fatal. Ich glaube es aber immer noch nicht. Wahrscheinlich täuscht euch eine Ähnlichkeit, das ist ja gar nicht möglich!«

Eva und Hermann aber behaupteten bestimmt, sie hätten Wilm erkannt.

»Na, es ist ganz gleich,« sagte Lörs, »was hängen soll, ersäuft nicht. Ich habe mit Euch allein zu sprechen, Herr Hermann.«

Sie traten in ein kleines Stübchen.

»Hört,« flüsterte er mit gedämpfter Stimme. »Peter Kluth ist bei dem Karren. Es sind noch drei unserer Leute hier in der Stadt. Diese Nacht, sobald die neuen Posten um 12 Uhr aufziehen, fallen zwei Mann über die Wache her, welche am dicken Turme steht, öffnen den Turm und befreien Vit. Während der Zeit überfallen drei Mann die Wache am Wickrather Turme, deren Leute dann wohl betrunken sein werden. Dafür wird unser Spaßmacher, der Steigels, sorgen. Er ist als Scherenschleifer hier und wird auf der Wache soviel traktieren, daß die betrunkene Wache leicht überwältigt werden kann. Bei Vit im Turme liegt auch jetzt der Aretz, ein Dahlener Junge, den müssen wir ebenfalls mitnehmen. Was meint Ihr davon?«

»Es ist ein verzweifeltes Wagestück. Wenn es nur gelingt!«

»Ihr müßt uns helfen, Herr Hermann.«

»Das geht nicht, das darf ich nicht. Ich will mich wohl in der Nähe aufhalten und eure Flucht begünstigen. – Aber, wenn ihr vor dem Tore seid und werdet verfolgt, – was dann?«

»Im Deppetal steht Jansen mit kräftigen Pferden, die besteigen wir, und dann geht es in scharfem Trabe nach Grippekoven. Wir kennen Weg und Steg, und wenn wir dort sind, dann können sie uns ja einmal herausholen.«

»Ich möchte wünschen, daß ihr schon da wäret.«

»Es muß gelingen. Nur Mut, also bis heute abend, ich muß jetzt gehen. Haltet uns nur um 12 Uhr die Soldaten von den Türmen fort.«

Lörs entfernte sich und fuhr mit seinem Karren weiter. Hermann plauderte unterdessen mit Eva und suchte sie zu trösten über den Großvater, da sie allen Mut verloren hatte und den traurigen Anblick Vits nicht vergessen konnte.

»Ah, darum war auch der Lörs hier?« fragte Eva.

»Nein, der Lörs hat einen bestimmten Zweck zu erfüllen. Ich darf Euch weiter nichts sagen. Fragt mich also nichts mehr und erzählt auch nichts.«

»Werde mich hüten; weiß ja auch nichts!«

»Betet diesen Abend etwas für den Großvater und auch für alle, die es gut mit ihm meinen, sie können es gebrauchen.«

»Das will ich schon gerne tun.«

»Betet auch etwas für mich!«

»Von ganzem Herzen.«

Evas Worte klangen weich und innig. Wie eine sanfte Liebkosung trafen sie das Ohr des jungen Mannes. Er ergriff die Hände des jungen Mädchens und drückte sie fest in den seinigen.

»Eva!«

»Hermann!«

So standen sie eine Weile und schauten sich stumm in die Augen und dieser Blick sagte ihnen alles.

Dann lösten sich ihre Hände und Hermann verließ, einen notwendigen Gang vorschützend, das Haus.

Eva trat ans Fenster und blickte dem davoneilenden Offizier lange nach. Schon längst hatte der brave junge Mann auf sie einen tiefen Eindruck gemacht. Heute fühlte sie, daß sie ihn liebte. Ja, sein Mut, sein offener, ehrlicher Charakter, die Art, wie er sich gab, hatten es ihr angetan, und so oft sie an ihn dachte, begann ihr Herz schneller zu schlagen.

»Ei, ei, Eva,« fragte die hereintretende Lisbeth, »du schaust wohl dem hübschen Offizier nach, der eben unser Haus verließ?«

»Was meint Ihr, Tante?« sagte sie verwirrt. »Ich glaubte einen Bekannten gesehen zu haben.«

»So, so, einen Bekannten, aber wohl einen guten Bekannten, den man gerne sieht. Komm, Kind, setze dich mit ans Spinnrad.«

Eva setzte sich an den Rocken, und bald schnurrten die Rädchen. Dabei hing sie ihren Gedanken nach und gab wiederholt zerstreute und verkehrte Antworten, sodaß Lisbeth mehrmals aufschaute und verwundert den Kopf schüttelte.

Am Abend ging es auf der Wache am Wickrather Tore sehr lebhaft zu. Steigels spielte den Betrunkenen, machte die tollsten Schwänke, ließ Bier, Branntwein und zuletzt ein ganzes Fäßchen Wein holen. Man sang, würfelte und brüllte rohe Kriegslieder in die Nacht hinein. Alles ging nach Wunsch. Um Mitternacht schlichen zwei Gestalten auf den dicken Turm zu. Die Doppelposten waren eben aufgezogen und schritten vor dem kleinen Törchen am Turme auf und ab. Es war ziemlich dunkel. Lörs und Peter kamen ganz nahe an den Turm und krochen behutsam durch das niedere Gesträuch auf die Wachen zu. Jetzt sprangen beide auf, jeder stürzte sich auf einen Soldaten und stieß ihm den Dolch in die Brust, so daß beide fast lautlos zusammenbrachen. Lörs entriß dem einen die Schlüssel zu dem Törchen und hieß Peter Wache halten. Er suchte das verrostete Schloß an der Türe zu öffnen, was jedoch so leicht nicht gelang. Am Wickrather Tore war alles still geworden.

»Es scheint, daß Steigels dort Feierabend gemacht hat,« flüsterte Peter.

Jetzt war das Törchen offen, und Lörs stürzte in den kleinen Gang zu der Türe, welche in Vits Kerker führte. Er stieß mit dem Fuß gegen die Türe und rief halblaut: »Auf, Vit, die Rettung naht!« Die Türe hatte zwei Schlösser. Eins war schon aufgemacht.

»Wer ist dort?« fragte Vit.

»Deine Leute sind's,« rief Lörs.

»Bist du es, Lörs?«

»Jawohl, Meister!«

Jetzt kam Steigels von der Wache und rief halblaut: »Die Wache ist niedergemacht, das Tor steht offen. Beeilt euch etwas, der Boden brennt mir unter den Füßen. Vorwärts, sputet euch!«

In diesem Augenblick erschien Wilm und näherte sich dem dicken Turme. Es war ihm verdächtig vorgekommen, daß die Wache auf einmal so still war, auch mochte er den einen oder anderen erkannt haben. Als er keine Schildwache sah, drehte er sich um und lief die Straße herunter. Hermann hielt ihn fest und fragte, was er wollte.

»Feinde sind hier!« schrie Wilm und riß sich los. »Räuber, Mörder!« Peter hatte ihn gesehen, eilte ihm nach und erreichte ihn gerade, als er aus Leibeskräften brüllte: »Vit will entfliehen!« Peter stieß ihm sein Dolchmesser in den Rücken und Wilm stürzte zur Erde. »So, Halunke, jetzt hast du endlich deinen Lohn!« keuchte Peter. Aber nun wurde es lebendig. Soldaten kamen von allen Seiten herangelaufen. Schon fielen einzelne Schüsse auf die Fliehenden.

»Rettet euch, schnell!« flüsterte Hermann dem Peter zu. »Geschwind, oder ihr seid alle verloren!« Peter lief zum Turme, rief Lörs zu, die Hauptwache sei alarmiert, er solle sich retten; dann rannte er zum Wickrather Tore, und stürzte mit seinen Genossen hinaus zum Deppetal, warf sich dort auf ein Pferd und rief Jansen zu: »Aufsitzen, alles ist verloren!« und fort ging's in rasendem Galopp.

Lörs war eben bei Vit eingedrungen, hatte dem Meister derb die Hand geschüttelt und wollte beginnen, die Ketten zu öffnen, als Peter rief, er solle sich retten.

»Fort, Junge,« drängte nun auch Vit. »Fort, sonst ist es zu spät!«

Lörs stürzte aus dem Turm und lief auf das Wickrather Tor zu. Dort standen schon zwei Soldaten, das Tor stand offen. Lörs machte einen Anlauf und lief dem einen Soldaten mit dem Kopfe gegen den Bauch, so daß er mehrere Schritte rückwärts stolperte und dann zur Erde taumelte. Lörs war draußen. Die Freunde waren schon fort. Lörs lief, so rasch er konnte, um aus dem Bereich der Stadt zu kommen. In Dahlen war alles in Aufregung. Hermann wurde am Tore getroffen und verhaftet, weil er den Räubern behilflich gewesen sein sollte. Man warf ihn in einen Turm.

Die Wachen wurden nun verdoppelt. Bertin freute sich, daß wenigstens Vit nicht entkommen war.

Die Soldaten am Wickrather Tore waren teilweise niedergemacht, teils so betrunken, daß sie nicht zum Erwachen zu bringen waren. Die betrunkenen Soldaten wurden gefesselt und fortgebracht; sie sollten für ihren Leichtsinn schwer bestraft werden.

Am anderen Morgen wurde in der Stadt bekannt, daß der Versuch, Vit zu retten, mißlungen sei. Den Dahlener Bürgern wurde vorgeworfen, daß sie die Leute verborgen hätten, die Vit befreien wollten und die Wache niedermachten; zur Strafe dafür sollten sie innerhalb drei Tagen 100 Goldgulden Sühne bezahlen, widrigenfalls ganz Dahlen ausgeplündert werde. Es war keine Kleinigkeit für das ausgesogene Dahlen, das Geld herbeizuschaffen, aber um die Plünderung zu verhüten, wurde es dennoch aufgebracht.

Wilm hatte man am anderen Tag tot aufgefunden. Ein Dolch stak in seinem Rücken.

Als Eva am anderen Morgen hörte, daß die Befreiung mißlungen und Hermann verhaftet sei, weil er Mitschuldiger sein sollte, brach sie in Tränen aus und sagte zu der Tante Lisbeth: »Oh, der arme Hermann, jetzt muß auch er sterben!«

»Das kann man noch nicht sagen,« meinte Lisbeth.

»Versteht sich,« sagte Jan, der aus der Schmiede kam und die letzten Worte gehört hatte. »Eben waren Soldaten in der Schmiede, die mir sagten, der Offizier habe mit den Rebellen gemeinsame Sache gemacht, er würde bestimmt in den ersten Tagen als Verräter erschossen werden.«

»O, daß ich doch wüßte, wo mein Vater sich aufhält!« seufzte Eva, »er würde alle retten. – Aber wo soll ich ihn finden? Wenn ich nach Gladbach ginge, – ob ich dort nichts erfahren könnte?«

»Nein, Kind, daraus wird nichts,« sagte Jan. »Du darfst dich allein nicht nach Gladbach begeben. Das gebe ich nicht zu. Auch wird dein Vater nicht dort sein.«

»Aber wenn man dem Offizier Hermann nichts nachweisen kann, so wird man ihn doch nicht erschießen dürfen!« meinte Eva naiv.

»Mitgefangen, mitgehangen,« brummte Jan. »Er wird einfach verurteilt. Ist sowieso kein Freund des Kommandanten.«

»Ich will einmal zum Kommandanten gehen und mit ihm sprechen,« sagte Eva aufstehend und in ihren Mantel schlüpfend.

»Scheint dich doch sehr zu interessieren, dieser Offizier, nicht wahr, Eva?« meinte Jan.

»Und warum sollte er es nicht!« versetzte Eva etwas schnippisch. »Er allein könnte mir behilflich sein, zu meinem Vater zu gelangen, und wenn ich den fände, so würde der Großvater schon frei werden. Gott befohlen, ich komme gleich wieder.« Damit schritt sie zur Tür hinaus. Der Kommandant frug sie in barschem Tone nach ihrem Begehr und als er vernahm, weshalb sie gekommen, erwiderte er ihr kurz, daß Hermann sterben müsse.

»Und warum soll er sterben?«

»Weil er ein Verräter ist und sein Leben verwirkt hat.«

»Wie kann das ein Verräter sein?!« erwiderte Eva kühn.

»Schweigt, Jungfer, und geht Eurer Wege. Was kümmert Euch der Offizier?«

»Er war von meinem Vater beauftragt, mich zu suchen und bis zu dessen Rückkehr in seine Hut zu nehmen. Was soll aus mir werden, wenn er sterben muß! Ich bitte Euch, schont seines Lebens und gebt ihn frei, damit ich durch ihn meinen Vater wiederfinde!«

Eva hob flehend die Hände, während ihre schönen Augen sich mit Tränen füllten.

Bertin schaute sie einen Augenblick überrascht an. Dann sagte er mit einer abwehrenden Handbewegung:

»Zu spät, Fräulein. Seine Erschießung ist beschlossen und der Tag schon bestimmt. Übrigens wird sich wohl noch ein anderer Beschützer für Euch finden, denke ich.«

»Ich will nur ihn und keinen anderen, denn außer meinem Großvater Vit Gilles, den Ihr ja auch gefangen habt, ist keiner so für mich eingetreten wie er. Darf ich übrigens nicht einmal zu diesem ins Gefängnis?«

»Vit Gilles?« fragte Bertin erstaunt. »Das kann doch Euer Großvater nicht sein!«

»Ich nenne ihn nur so, er nahm mich in sein Haus auf, als sein Schwiegersohn mich im Walde hilflos aufgefunden hatte.«

»Gut, Ihr sollt zu ihm gehen dürfen,« sagte Bertin, das Mädchen verschmitzt ansehend, »wenn Ihr mir versprecht, ihn zu fragen, wo er die Schätze aus der Scheune hingebracht hat. Vielleicht würde ich ihm die Freiheit schenken, wenn ich die Schätze finde.«

»Auch dem Offizier Hermann?«

»Ihr fordert viel, – indes auch er soll frei sein, sobald ich die Schätze in Händen habe.«

»Gut, ich will mein Bestes tun. Er wird es mir schon sagen.«

»Ihr könnt morgen zu ihm gehen. Ich werde befehlen, daß man Euch einläßt!«

»Ich danke Euch, Herr Kommandant,« sagte Eva, sich verneigend, und schritt freudigen Herzens nach Hause, die frohe Botschaft zu verkünden, daß jetzt Vit und Hermann befreit würden.

Jan wollte an eine Befreiung jedoch nicht eher glauben, bis er beide wirklich in Freiheit sehen würde.

Nachdem die Ketten von Vit und Aretz in der Nacht wieder befestigt und genau untersucht waren, wurden die beiden Gefangenen allein gelassen.

»Junge,« sagte Vit zu Aretz, »es wird jetzt nicht mehr lange mit uns dauern. Wir wollen uns nur auf unser Ende gefaßt machen!«

»Also glaubt Ihr, daß wir bald sterben müssen, Meister?«

»Das ist sicher! Jetzt, da unsere Rettung mißlungen ist, traut man uns nicht mehr, auch fürchtet man, das Kriegsglück könnte uns die Freiheit verschaffen; deshalb wird Bertin sorgen, daß wir möglichst rasch aus der Welt kommen. Du stirbst wohl nicht gerne, Aretz?«

»Meister, wer stirbt denn gerne mit 35 Jahren?«

»Hm, 35 Jahre, – also halb so viel als ich. Eigentümlich, du fünfmal sieben und ich zehnmal sieben! Sei doch zufrieden, Aretz, du hast nicht Weib noch Kind, nur deine alte Mutter, und die muß sich trösten, so gut es geht. Du hättest von mir und meiner Truppe fortbleiben sollen. Aber es ist ja noch nicht sicher, daß du mitsterben mußt, vielleicht läßt man dich frei.«

»Doch, das ist ganz sicher, sonst hätte man mich nicht zu Euch in den Turm geworfen. Hätte mir allerdings nicht geträumt, daß ich mit fünfmal sieben sterben müßte.«

»Ja, Junge, die heilige Zahl Sieben und das Menschenleben sind enge miteinander verwandt und haben eine große Bedeutung, wenn auch die Leute sagen, die Sieben sei eine gleichgültige Zahl. Mit sieben steigen und fallen wir. Im siebenten Jahre sehen wir die zweiten Zähne kommen. Mit zweimal sieben wird der Knabe zum Jüngling, und es beginnt der Kampf um das tägliche Brot. Mit dreimal sieben ist die volle Körpergröße und mit viermal sieben die volle Körperkraft vorhanden. Wenn fünfmal sieben erreicht sind, wie bei dir, Aretz, dann hat Geist und Körper volle Reife. Aber, Junge, mit sechsmal sieben, da beginnt das alles abzunehmen, und diese Abnahme an körperlicher und geistiger Kraft wird noch größer, wenn die sieben Jahre sich sieben mal erneuert haben.

Bei achtmal sieben fühlt man schon das langsam herannahende Alter, und wenn man's noch nicht fühlt, so macht neunmal sieben es uns desto begreiflicher, und wer zehnmal sieben alt wird, nun, der weiß, daß er nur noch ein Schatten von fünfmal sieben ist. Siehst du, Aretz, was die Sieben für eine Rolle im Menschenleben spielt!«

»Es ist wahr, Meister, wie Ihr es da auseinanderlegt, habt Ihr nicht unrecht. Aber ich bin müde und lege mich wieder ins Stroh, so gut es gehen will, es sind ja auch nur sieben Halme!«

»Ja, Junge, du hast recht, schlafe nur, wenn du kannst, es könnte leicht deine letzte Nachtruhe sein.«

Am andern Tage rasselten auf einmal die Türen, und ein Schimmer vom Tageslicht fiel in das Verlies.

»Wo bist du, Großvater?« fragte Eva, in den Kerker tretend.

»Hier Kind! Wie, du kommst mich besuchen?«

»Großvater, ich komme, um dich zu retten!«

»So, das kann ich nicht glauben. Man hat dich wahrscheinlich hier eingelassen, um von mir zu hören, wo die Schätze sind! Nicht wahr?«

»Woher weißt du das, Großvater?«

»Hm, das kann ich mir denken.«

»Aber du bekommst die Freiheit, wenn du mir das sagst!«

»Nein, Kind, ich muß sterben, ob ich das sage oder nicht. Man möchte es nur gerne vorher wissen!«

»Versuche es doch, Großvater, ich bitte dich, sage es mir; ich werde kniefällig bitten und nicht eher angeben, wo die Schätze sind, bis du und Hermann in Freiheit seid!«

»Wer, Hermann? Ist der auch gefangen?«

»Gewiß, in voriger Nacht, wo du befreit werden solltest, da hat man ihn hier am Turme gefunden und verhaftet, weil man annahm, daß er mit den Rebellen deine Befreiung erwirken wollte.«

»Der unglückliche junge Mann. Das kostet ihm das Leben. Für ihn gibt es keine Gnade!«

»Schrecklich, schrecklich! Ich bitte dich, Großvater, sage es mir doch!« Dabei warf sie sich vor Vit auf die Knie.

»Sei vernünftig, Kind. Wenn ich sage nein, so habe ich dafür begründete Ursachen! Jetzt etwas anderes. Bleibe bei meinem Bruder Jan und gehe dort nicht eher fort, bis dein Vater kommt und dich mit sich nimmt. Grüße mir deinen Vater und all meine Lieben. Sage ihnen, daß ich mutig in den Tod gegangen, sie möchten meiner nicht vergessen im Gebete. Und nun, Kind, lebe wohl. Gott mit dir!«

Eva brach in Tränen aus. »Um deines Lebens willen, Großvater, sag' es mir. Du darfst uns nicht verlassen, darfst nicht sterben – –!«

»Höre auf, Kind, ich will nichts mehr davon hören. – Solltest du in große Not geraten, Eva, so daß du Geld bedarfst, dann gehe vor das Mühlentor, daselbst ist eine Kapelle, hinter dem Altar hebe die erste Steinplatte auf, was vermittelst eines Meißels leicht geht. Dort liegt ein Beutel mit 100 Goldgulden, die sind für dich. Ich habe sie vor einiger Zeit dort verborgen. Solltest du aber nicht aus der Stadt kommen können durch das Tor, so gehe in den Keller bei Ohm Jan, rücke dort den Milchschrank zur Seite und du findest eine Türe, die dich in einen schmalen unterirdischen Gang führt. In diesem Gange gehst du weiter, steigst eine Steintreppe hinauf, bewegst eine Feder, und du befindest dich hinter dem Altar der Kapelle. Betrachte diese Mitteilung als ein Geheimnis. Mein Vater war Küster, und ich allein wußte um den Gang, der aus der Küsterwohnung dahin führt. Jetzt kannst du es Ohm Jan sagen. Der Gang hatte den Zweck, daß im Kriegsfalle die Bilder und Kostbarkeiten aus der Kapelle gerettet werden konnten, ohne die Tore zu öffnen. Nun gehe, Kind. In einer andern Welt sehen wir uns wieder!«

»Großvater, lebe wohl! Ich danke dir für alle Güte, die du dem Findelkinde erwiesen; lebe wohl, ich werde dich nie vergessen!« und dabei sank sie, schluchzend, an die Brust des alten Mannes, der sie stumm in seine Arme schloß und einen Kuß auf ihren Scheitel drückte.

»Gehe Kind,« mahnte Vit. »Mache mir das Herz nicht schwer!«

»Aretz, lebt wohl!« sagte sie, diesem die Hand reichend und verließ dann seufzend den Turm. Sie berichtete Bertin, daß Vit nichts bekennen wolle, und bat ihn nochmals um Schonung seines Lebens, wurde jedoch abgewiesen.

Eine Stunde später kam ein Offizier in den Turm und kündigte Vit und Aretz an, daß sie am andern Morgen sterben müßten.

Beide nahmen die Mitteilung ruhig hin.

»Ist mein Enkel Paul auch dabei?« fragte Vit.

»Jawohl, der stirbt mit. Habt ihr noch einen Wunsch für heute?«

»Ja, einen Priester wünschen wir!«

»Bekommt ihr nicht! Ihr braucht dem Pfaffen nichts zu sagen, oder wollt ihr vor ihm ein Angststückchen weinen?«

»Nein, er soll uns mit Gott aussöhnen!«

»Wozu? Euch wird ja doch der Teufel holen!«

»Der holt nur die, welche sich mit ihm einließen, und dazu waren wir zu schlau.«

»Ein Pfaffe kommt hier nicht herein!«

»Nun, weiter wollen wir nichts.«

»Kein Licht, keinen Wein oder Essen?«

»Hm, Aretz, was meinst du? Einen Krug Wein und ein Licht wäre nicht zu verachten. Essen brauchen wir nicht. Hier liegt noch ein Stück Brot.«

»Ich wünsche Licht und Wein,« sagte Aretz. »Auch Schreibzeug und ein Stück Pergament.«

»Das sollt ihr gleich haben. Wollt wohl euer Testament machen?« lachte der Offizier und entfernte sich.

»Noch eine Nacht, Aretz, und dann ist die Schinderei vorbei, Junge,« bemerkte Vit.

»Ich wollte, es wäre schon überstanden.«

Es wurden zwei Kerzen und ein kleiner Tisch nebst einem großen Kruge Wein und das gewünschte Schreibzeug gebracht.

Vit langte nach dem Kruge.

»Nun, wir brauchen aber wenigstens keinen Durst zu leiden,« sagte er. »Trink, Junge, denn mit dem Schlafen wird es doch nichts geben.«

»Einen Augenblick,« sagte Aretz. »So, nun bin ich soweit.«

Beide tranken ein paar herzhafte Züge.

»Jetzt will ich schnell einige Zeilen an meine liebe Frau schreiben um ihr Lebewohl zu sagen. Gott weiß, wie schwer es mir wird –!«

Mit diesen Worten zog Aretz den Tisch zu sich heran und setzte sich zum Schreiben nieder. Vit sah ihm schweigend zu.

Plötzlich hob Aretz erstaunt den Kopf und fragte: »Wie, was ist das? In der Kirche wird ja geläutet!«

»Das ist für uns, Junge. Es ist die Armsünderglocke, hörst du nicht, wie sie kläglich wimmert! Die Franzosen haben das Läuten zwar verboten, aber wenn so hohe Leute wie wir sterben müssen, dann befehlen sie, zu läuten.«

»Ja, es ist wahr, es ist meine alte Freundin, meine Heimatglocke. Hätte nie geglaubt, daß ich sie als Totenglocke jemals läuten hören würde. Horcht, Meister, wie traurig sie klingt!«

»Es ist wahr, Aretz. Es ist ja auch meine Heimatglocke. Hat manchmal mich gegrüßt in Freud und Leid!«

»Und will uns nun ihren Scheidegruß senden. In meiner Jugend habe ich einst ein Gedicht von ihr gemacht. Wollt Ihr es hören, Vit? Es paßt so recht zu unserer Stimmung.«

»Freilich Junge, laß hören; aber vergiß nicht, vorher mal zu trinken.«

Aretz nahm einen Schluck und begann:

Was tönet so lieblich aus luftigem Raum,
Was schallet so kläglich bei Trauer und Schmerzen?
Die Heimatglocke, man glaubt es kaum,
So wunderbar dringt sie zu Herzen!
Sie klang so oft zu meiner Jugendzeit
Und mehrte stets mir Freud und Leid.
Beim lustigen Spiele am heimischen Rain,
Da mischte auch munter die Glocke sich drein;
Wenn abendlich Dunkel mich mahnte zur Ruh,
Dann mahnte auch ernstlich die Glocke dazu.
Wenn schwerer Kummer mich bedrückte,
Ich weinend fast verzagte,
Die Glocke mir ihr Beileid schickte,
Als ob sie mit mir klagte.
Und einst, als mir das Glück beschieden
Am schönsten Tag für mich hienieden,
Daß mir der König aller Erden
Zur Seelenspeise sollte werden –
Wie festlich da die Glocke klang!
Wie frohbewegt im Turm sie schwang!
Du, Heimatglocke, töne weiter
Zum Morgengruß wie auch zur Ruh,
Es stimmt mein Herz bald ernst, bald heiter,
Was mir dein eh'rner Mund ruft zu.
Jetzt, wo ich steh an meinem Grabe,
Die Lebensbahn vollendet habe,
Die mir der Herrgott droben
Zu wandeln hier beschieden –
Ach, Heimatglocke, töne du
Zum Frieden mir, zur ewigen Ruh'!«

»Schön, Aretz, prachtvoll!« sagte Vit ergriffen und drückte seinem Gefährten die Hand. Die Rührung hatte ihn übermannt und weich gemacht und helle Tränen rannen über seine Wangen.

Dann richtete er sich auf und sagte im ernsten Tone: »Jetzt, Aretz, ist es Zeit, daß wir mit unserem Herrgott abrechnen, denn wir wissen nicht, wie frühe morgen unser letzter Augenblick schlägt.«

»Es ist mir recht, Meister.«

Beide schwiegen nun, um sich mit den Dingen zu befassen, die der gläubige Christ in jener schweren Stunde betrachtet, wo er sich auf sein Ende vorbereitet.

Dann sagte Vit: »So, Aretz, ich bin fertig mit dieser Welt und bereit, die Schwelle der anderen zu überschreiten. Nun habe ich auch das Schwerste überwunden: ich habe all unseren Feinden verziehen.«

»Unseren Feinden? Auch den Franzosen und Hessen, welche uns verbrennen wollen?«

»Das versteht sich. Allen, die uns etwas zuleide getan haben. Es ist zwar eine harte Nuß, Junge, aber es muß sein. Unser Herrgott will es so und da heißt es gehorchen.«

»Nun ja, in Gottes Namen denn!« meinte Aretz.

Sie plauderten noch eine Zeitlang, tranken ihren Krug leer und fielen dann in Schlaf. Am andern Morgen rasselten die Trommeln. Vit und Aretz wurden von den Ketten befreit, es wurden ihnen die Hände auf den Rücken gebunden, dann führte man sie aus dem Turme. Draußen trafen sie die vier andern, welche mit ihnen sterben sollten.

»Grüß Gott, Kameraden!« rief Vit munter den Burschen zu.

»Gott grüß Euch, Meister!« antworteten diese.

Zu drei und drei gingen sie hintereinander. Hinter den sechs folgten die andern zwölf Mann, welche dem Schauspiel zusehen sollten, ebenfalls alle gefesselt. Den Zug eröffneten 20 Jäger, welche die geladenen Gewehre bereit hielten. Hinter diesen folgte Vit mit seinen Leuten, und dahinter ritt Bertin mit seinen Offizieren nebst etwa 100 Mann Soldaten. In der Stadt mußten alle Fensterläden und Türen geschlossen sein, keiner durfte sich auf der Straße sehen lassen. Als einige Bürger neugierig aus den Fenstern sahen, wurde auf sie geschossen. Der Bäcker Gillessen erhielt dabei einen Schuß in den Kopf und war sofort tot. Da zogen die Neugierigen sich alle zurück. Einzelne nur lugten durch die Scheiben. Als der traurige Zug an der Schmiede vorbei kam, erblickten Paul und Vit die ganze Familie an dem Schlafzimmerfenster. Sie nickten ihnen traurig lächelnd zu. Eva und Lisbeth schluchzten heftig. Jan und Vit ballten die Fäuste.

Langsam bewegte sich der Zug durch das Mühlentor auf der Straße nach Hardt zu. In den sogenannten Gräbern Gräber. Hünengräber zwischen Dahlen und Hardt., um eine gewaltige Tanne herum war ein großer Scheiterhaufen errichtet. In dieser Tanne sollten die Verurteilten angebunden und dann der Holzstoß angebrannt werden. Sechs Soldaten hatten die ganze Nacht an dem Scheiterhaufen Wache gehalten, damit kein Unberufener sich ihm nähern sollte. Der Zug bewegte sich der Stelle zu, wo der Scheiterhaufen sich befand.

»Ich meine, einer von der Wache sollte uns doch entgegen kommen und melden, daß alles in Ordnung ist,« sagte Bertin.

»Gewiß, aber wir sind gleich dort,« erwiderte ein Offizier. »Wir sind etwas früher ausmarschiert, als der Wache angegeben worden ist.«

Nicht allein die Gefangenen, auch die Hessen und Franzosen waren ziemlich ruhig. Hier und da begann einer ein Lied zu singen, aber es wollte doch keine Ausgelassenheit Platz greifen, einesteils war es noch zu früh am Tage, und andernteils machte auch die Gruppe der Verurteilten, vom alten greisen Vit bis zum blutjungen Paul, durch ihre ernste und würdige Haltung einen tiefen Eindruck.

»Wir sind da,« rief einer der Offiziere, auf den jetzt sichtbar werdenden Scheiterhaufen deutend.

Rechts und links war dichter Tannenwald und der Weg sehr schmal. Bei dem Scheiterhaufen befand sich ein freier Platz; die umgehauenen Bäume waren für den Scheiterhaufen verwandt worden und dieser selbst auf dem freien Platze errichtet. Jetzt fuhr ein Bauer mit einem großen Leiterkarren, auf dem Holz geladen war, quer vor dem Zuge her über die Straße und blieb auf der andern Seite des Weges stehen, um den Zug vorbeiziehen zu lassen. Ein zweiter Bauer saß auf dem Karren.

»Schert Euch weg da, Bauer!« rief Bertin, »fort mit Eurer Mähre, oder ich lasse Euch eine Kugel durch den Kopf jagen!«

Der Bauer schien taub zu sein, wenigstens störte er sich nicht an den Zuruf. Der Zug war jetzt bis hinter den Gefangenen vorbei, als auf einmal das Pferd den Leiterkarren zurücksetzte und so den Zug abschnitt, da der Karren die ganze Breite der Straße versperrte und dadurch den ersten Teil des Zuges abtrennte. Im selben Augenblick krachte eine Salve rechts und links aus dem Gebüsch, und über die Hälfte der Jäger, welche den Zug eröffneten, stürzten nieder. Als die Salve krachte, fiel eine große, dicht am Wege stehende Tanne, von unsichtbarer Hand umgeworfen, zwischen die hinter dem Wagen haltenden Reiter und brachte Soldaten und Pferde in Unordnung. Jetzt warf der Bauer blitzschnell ein Tönnchen vom Wagen auf die Erde. Es flammte auf – dann ein Krachen, ein Knall, und viele Verwundete wälzten sich an der Erde, reiterlose, wild gewordene Pferde stürzten zwischen die Soldaten und durchbrachen die Reihen. Das Ächzen, Stöhnen und Hilferufen der Verletzten vermischte sich mit den Flüchen und Wutausbrüchen der noch unverletzten Soldaten und dem Wiehern und Schnauben der Pferde. Die Soldaten wußten nicht, was eigentlich los war, einzelne flüchteten, so rasch sie konnten, auf Dahlen zu. Schreck und Verwirrung war in sie gefahren. Bertin war gefallen; ein Kopfschuß hatte ihn zu Boden gestreckt. Der Leiterwagen versperrte noch immer den Weg. Das Pferd lag tot im Geschirre. Nach der Salve sprangen von beiden Seiten etwa 20 wilde Gesellen aus dem Gebüsch und stürzten sich auf die erschrockenen Jäger. Blitzschnell wurden den Gefangenen die Stricke durchgeschnitten.

»Fort, schnell in den Wald!« rief Lörs – denn er war es mit seinen verwegenen Burschen – den Gefangenen zu und hieb auf die paar unverletzten Soldaten ein, daß es eine Art hatte. Ein baumlanger Hesse drehte seine lange Flinte um und rief, zum Schlage nach Vit ausholend: »Da, Spitzbube, hast du deinen Lohn!« Jedoch Aretz bemerkte es und warf sich zwischen Vit und den Soldaten; der Kolben sauste nieder und zerschmetterte Aretz, der blutüberströmt zu Boden sank, den Schädel. In demselben Momente stieß Lörs dem Soldaten den Säbel in den Leib.

»Schnell,« mahnte er und schob die befreiten Gefangenen ins Gebüsch. Das ganze Gemetzel hatte nur wenige Augenblicke gedauert. Vit und seine Leute schwangen sich im Walde auf die bereitstehenden Pferde, und fort ging's wie die wilde Jagd durch den Wald, über Gräben und durch Büsche. Jansen ritt an der Seite Vits, der ebenso wie seine Leute kaum wußte, wie alles so schnell geschehen war. »Das nenne ich Hilfe in der Not!« sagte Vit, Jansen die Hand reichend. »Alle Wetter, Jungens, einige Vaterunser später, und wir wären am Verbrennen gewesen. Habt Dank, meine Freunde! Wo sind die anderen Leute und Lörs?«

»Lörs deckt uns als Nachhut, damit wir nicht verfolgt werden,« erwiderte Jansen.

»Das ist vernünftig. Aber weiß Gott, mir ist leid um den armen Aretz! Er hat meine Rettung mit dem Leben bezahlen müssen. Seht hier, ich bin ganz von dem Blute des braven Kerls bespritzt! Gestern abend noch besang er seine Heimatglocke, die ihm wirklich zum letzten Male läutete. Es war seine Totenglocke ...«

Bald war Grippekoven erreicht, die Pferde wurden draußen gelassen, und in kurzer Zeit prasselte ein gewaltiges Feuer in der Ruine, um dasselbe scharten sich die Männer und setzten sich zu ihrem geliebten Führer. Einzelne hatten Wunden zu verbinden, andere drehten den Spieß, an dem ein gewaltiges Stück Fleisch stak. Alle waren heiter und guter Dinge, denn die schwierige Rettung war gelungen. Jetzt wurde Bier herumgereicht. Vit nahm seinen Krug und sagte: »Meine Freunde und Lebensretter! Im Namen unser aller trinke ich auf euer Wohl!«

»Nimm dich in acht,« scherzte Jansen, »der Krug hält ein ganzes Maß!«

Vit ließ sich nicht stören, sondern trank das ganze Maß aus, schnalzte mit der Zunge und sagte: »Ah, wie das schmeckt! Aber es ist nur ein Tropfen auf einen heißen Stein. Habe so lange Hunger und Durst gelitten, freue mich daher auf einen Imbiß und einen guten Trunk; wie es scheint, ist für beides gesorgt!«

»Na, Vit, wie war es dir denn, als du diesen Morgen den Scheiterhaufen sahst?« fragte Jansen.

»Ja, Junge, ehrlich gestanden, mir brach der Angstschweiß an allen Ecken aus, aber ich durfte mir nichts merken lassen, mußte Mut und Todesverachtung zeigen, um den anderen Mut zu machen. An eine Rettung dachte ich nicht mehr, nur glaubte ich nicht, daß die Kannibalen uns so leicht auf den Scheiterhaufen gekriegt hätten. Wo ist mein Enkel Paul, den habe ich ja ganz vergessen. Sollte er –«

»Beruhigt Euch, Meister,« antwortete Peter Kluth, »er ist bei Lörs geblieben, ich habe ihn gesehen, er wollte den Hessen zuerst noch eins auswischen. Er wird schon mit ihm und den anderen gleich anrücken.«

»Halt, wer da?« rief draußen der Posten.

»Mache kein dummes Zeug, Hendrik,« rief Lörs, »wir sind's.«

»Aha, da kommen sie,« sagte Vit aufstehend. Er ging ihnen entgegen, drückte allen tief bewegt die Hand.

»Hier,« sagte Jansen, auf Lörs deutend, »dem hast du alles zu verdanken. Lörs hat den ganzen Plan ausgeheckt und alles eingefädelt.«

»Bravo, Junge, das war ein tollkühnes Stück Arbeit, aber es ist, Gott sei Dank, gelungen. Doch wer waren die zwei Bauern, die ihre Sache so geschickt machten?« fragte Vit.

»Das war Reipe und ich,« sagte Peter Kluth, »wir hatten uns einen Bart umgehängt.«

»Ich begreife nur nicht, daß das Pferd, trotzdem du es nach vorwärts zogst, zurücksetzte,« meinte Vit kopfschüttelnd.

»Nun, das war sehr einfach,« lachte Peter, »wir hatten den Karren selbst geschoben, so daß das Tier nicht zu ziehen brauchte, denn Lörs hatte den Hamen voll Nägel geschlagen, und wenn das Tier vorwärts zog, so gingen ihm die Spitzen in die Brust, deshalb setzte es bei dem Versuche, vorwärts zu ziehen, auch zurück.«

»Ein schlauer Einfall,« lobte Vit. »Na, Jungens, ich sage euch, es war immer noch ein großes Wagnis, aber –«

»Aber es ist gelungen, das ist die Hauptsache,« fiel Lörs ein.

»Das ist richtig,« gab Vit zurück. »Jetzt kann Bertin mit seinen zerbrochenen Soldaten und langer Nase nach Dahlen zurückziehen.«

»Bertin? Der kommt nur als Leiche nach Dahlen zurück,« versetzte Jansen. »Denn meine erste Kugel galt ihm und traf ihm in den Kopf.«

»Wie, ist Bertin tot?« fragte Vit erstaunt.

»Mausetot,« hieß es von allen Seiten.

»Er wollte uns sterben sehen und hat selbst dran glauben müssen; das hat ihm wahrscheinlich nicht geträumt.«

Jetzt langte auch Paul an. Mit einem Jubelruf umfing er den Großvater und beide freuten sich ihrer Rettung, besonders der Großvater, dem die Tränen über die Wangen liefen vor Freude, seinen wackeren Jungen, der mit ihm hatte sterben wollen, nun wieder zu haben.

Vit ließ sich jetzt erzählen, wie es mit Klingen in der Gastesscheune und mit Jansen in Grippekoven gegangen hatte. Nachdem er die Schilderung angehört, seufzte er: »Schade um all die prächtigen Burschen. Der Klingen war ein so braver Kerl, treu bis zum letzten Atemzuge ... Ehre seinem Andenken!«

»He, das Essen ist fertig!« riefen ein paar Burschen. Alle setzten sich zum Essen nieder, plauderten dann noch etwas und begaben sich zur Ruhe, nachdem die Wachen für die Nacht bestimmt waren.

Am anderen Morgen meldete die Wache, ein Mann sei auf der anderen Seite und wünsche mit Jansen und Vit Gilles zu sprechen. Jansen kam heraus und fragte den Bauersmann, was er von ihm wünsche.

»Ich heiße Maaßen, komme von Hillensberg und bringe Nachrichten von Eurer Frau; doch, darf ich nicht zu Euch kommen?«

»Ich kenne Euch nicht,« erwiderte Jansen mißtrauisch. »Sagt einmal, was Ihr eigentlich von mir wollt.«

»Laß den Mann nur herüberkommen,« sagte Vit.

Jansen gab dem Bauer ein Zeichen, worauf dieser herüberkam.

»Ihr dürft mir schon trauen,« sagte derselbe; »ich führe nichts Böses im Schilde. Eure Frau, Jansen, liegt schwer krank an einer Blutung darnieder, und wenn Ihr sie noch einmal lebend sehen wollt, so müßt Ihr Euch beeilen. Ich bin der Nachbar Eurer Frau, und auf ihre Bitte hin habe ich den gefährlichen Weg gemacht und Euch mit vieler Mühe aufgefunden.«

»Habt Ihr da nicht einen von den Paters in Sittard gebeten, zu der Frau zu kommen?« fragte Vit, welcher neben Jansen getreten war. »Diese Leute verstehen doch auch etwas von der Heilkunde!«

»Nein, wir konnten keinen bekommen,« sagte der Bauersmann.

»Seid Ihr auch nicht nach Kreuzrath zu dem Wunderkreuz Kreuz zwischen Kreuzrath und Birgden, welches heute noch vom gläubigen Volke verehrt wird in allen Nöten des Leibes und der Seele. Diese Verehrung ist Jahrhunderte alt. gegangen und habt einen Splitter davon geholt?« fragte Vit weiter.

»Nein, aber ich wollte jetzt einige Stückchen mitnehmen.«

»Gut, vergeßt es nicht,« sagte Vit.

»Auch für Euch, Vit, habe ich eine Botschaft,« fuhr der Bauersmann fort; »nämlich von Eurem Schwiegersohn Jakob Brenner. Der liegt mit gebrochenem Fuß bei meinem Bruder in Hillensberg, welcher ihn dort in der Nähe am Wege gefunden hat, wo er von seinem Pferde gestürzt war.«

»Wie soll das denn möglich sein?« rief Vit verwundert aus. »Mein Schwiegersohn? Der ist doch in Maastricht!«

»Er hat Maastricht verlassen,« berichtete der Bauersmann weiter, »weil er es vor Unruhe und Sorge um die Seinigen nicht mehr aushalten konnte. Unterwegs ist ihm dann das Unglück passiert. Der Schäfer Thomas, der etwas von Knochenbrüchen versteht, hat ihn behandelt; er sagte aber, daß es lange dauern würde, bis er wieder gehen könnte. Deshalb hat Euer Schwiegersohn mich beauftragt, Euch aufzusuchen und zu bitten, ihn nach Hause zu holen.«

Vit dachte einen Augenblick nach und rief dann Paul, den er von dem Gehörten verständigte.

»Geh' du mit dem Manne,« sagte er zu ihm, »und suche deinen Vater auf. Grüße ihn vielmals von mir und sage ihm, daß ich ihm gute Besserung wünsche. Sage ihm auch, daß ich selbst nicht mitkommen kann, weil ich hier nötig bin. Dann siehe zu, daß du ein Fuhrwerk bekommst, sowie einen Knecht, mit dem du ihn nach Venn zu deiner Mutter fährst. Das ist das Beste, was wir tun können, denn ihn hierher zu bringen hat keinen Sinn. Hoffentlich geht alles gut, indem ihr nicht angefallen werdet ... Hier nimm Geld mit und bezahle alles, was zu zahlen ist.«

Hierauf wandte Vit sich an den Schmied.

»Der Mann scheint die Wahrheit zu sagen. Geh' also in Gottes Namen mit und begib dich zu deiner kranken Frau. Am besten brecht ihr alle drei zusammen auf.«

»Habt Ihr ein Pferd, Landsmann?« fragte Jansen.

»Ja, es steht in Kipshoven.«

»Na, dann ohne Umstände, marsch! Vit, lebe wohl! Wo sehen wir uns wieder?«

»Das weiß der liebe Gott, Meister, aber ich hoffe, daß wir uns wiedersehen.«

»Lebt wohl, Jungens, behüt euch Gott, all' miteinander,« rief Jansen, »ich muß fort!«

Die Burschen kamen heraufgesprungen, schüttelten dem wackeren Schmiede, sowie Paul die Hand und wünschten ihnen gutes Überkommen. Jansen drückte Vit noch einmal kräftig die Hand, schritt dann über die Furt und verschwand mit dem Bauersmann und Paul im nahen Walde.

»Der Unglücksmensch!« murmelte Vit, indem er langsam zu seinen Gefährten zurückging. »Bringt uns da zwei Hiobsposten zugleich. Und was dem Jakob einfällt! Der hätte ruhig noch etwas in Maastricht bleiben sollen! Aber der arme Kerl hat Sehnsucht nach seiner Frau und seinem Jungen bekommen! Jedenfalls hat er erfahren, wie die Hessen es hier getrieben haben.«


Nachdem Bertins Soldaten sich nach dem plötzlichen Überfall etwas erholt hatten, übernahm der erste Offizier Corté das Kommando. An eine Verfolgung der verwegenen Gesellen war nicht zu denken, auf die Waldpfade durften sie sich nicht wagen. Die sechs Soldaten, welche zur Bewachung des Scheiterhaufens vorgeschickt waren, fand man hinter dem Holzstoße niedergemacht. Bertin war tot. Er wurde nebst den Verwundeten nach der Stadt zurückgebracht. Eine ganze Reihe Soldaten trugen auf rasch zusammengeflochtenen Tragbahren die Verwundeten.


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