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Drittes Capitel.
Berühmte Reisende vom zehnten bis zum dreizehnten Jahrhundert

Benjamin von Tudela (1159-1173). Plan von Carpin (1245-1247.) – Rubruquis (1253-1254).

Die Skandinavier im Norden, in Island und Grönland. – Benjamin von Tudela besucht Marseille, Rom, die Walachei, Konstantinopel, den Archipel, Jerusalem, Bethlehem, Damaskus, Balbek, Ninive, Bagdad, Babylon, Bassorah, Ispahan, Schiraz, Samarkand, Thibet, Malabar, Ceylon, das Rothe Meer, Egypten, Sizilien, Italien, Deutschland und Frankreich. – Plan von Carpin durchforscht das Land von Coman und Khangita, das heutige Turkestan. – Sitten und Gebräuche der Tartaren. – Rubruquis und das Asow'sche Meer, die Wolga, das Land der Baschkiren, Caracorum, Astrachan, Derbend.

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Während des 10. Jahrhunderts und im Anfange des 11. herrschte sozusagen ein reges geographisches Leben im nördlichen Europa. Norweger und unternehmungslustige Gallier hatten sich auf die Meere des Nordens hinausgewagt, waren, wenn man verschiedenen, mehr oder weniger authentischen Berichten Glauben schenken darf, bis in das Weiße Meer vorgedrungen und hatten die heute von den Samojeden bewohnten Gebiete besucht. Einige Urkunden deuten sogar darauf hin, daß der Fürst Madoc das amerikanische Festland betreten habe.

Jedenfalls entdeckten skandinavische Abenteurer im Jahre 861 Island, das die Normannen sofort kolonisirten. Ungefähr um dieselbe Zeit hatte ein Norweger in einem neuen, im äußersten Westen Europas gelegenen Lande Zuflucht gesucht und demselben, freudig erstaunt über das prächtige Grün seiner Erscheinung, den Namen Grünes Land oder Grönland gegeben. Die Verbindung mit diesem Theile des amerikanischen Continentes war aber eine so schwierige, daß ein Schiff, nach der Angabe des Geographen Cooley, »fünf Jahre brauchte, um von Norwegen nach Grönland zu segeln und von Grönland nach Norwegen zurückzukehren«. In strengen Wintern freilich fror der ganze nördliche Ocean zuweilen vollkommen zu und ein gewisser Hollur-Geit konnte einmal, geführt von einer Ziege, zu Fuß von Norwegen aus nach Grönland gelangen. Vergessen wir aber bei solchen Mittheilungen niemals, daß sie noch den Zeiten der »Saga« angehören und daß jene hochnördlichen Länder stets reich an wunderbaren, sagenhaften Ueberlieferungen gewesen sind.

Wir wenden uns also lieber den wirklichen, erprobten und unbestreitbaren Thatsachen zu und erzählen die Reise eines spanischen Juden, dessen Wahrheitsliebe durch zeitgenössische Berichterstatter bestätigt wird.

Dieser Jude war der Sohn eines Rabbiners aus Tudela, einer Stadt des Königreichs Navarra, und nannte sich Benjamin von Tudela. Wahrscheinlich bestand der Zweck seiner Reise nur darin, die Gesammtzahl seiner über den ganzen Erdball zerstreuten Glaubensgenossen festzustellen. Doch gleichviel; jedenfalls zog er vierzehn Jahre lang, von 1160 bis 1173, fast durch die ganze, damals bekannte Welt, und es bildet sein Bericht eine inhaltsreiche, selbst bis in's Kleinliche eingehende Urkunde, die bis zum 16. Jahrhundert in sehr hohem Ansehen stand.

Benjamin von Tudela trat seine Reise von Barcelona aus an und gelangte über Tarragona, Girone, Narbonne, Béziers, Montpellier, Lunel, Pousquiers, Saint-Gilles und Arles nach Marseille. Nach einem Besuche der beiden Synagogen und der vornehmsten Juden dieser Stadt schiffte er sich nach Genua ein, wo er nach viertägiger Seefahrt eintraf. Die Genuesen spielten damals die Herren des Meeres und bekriegten die Pisaner, ein tapferes Volk, das ebenso wie die Genuesen weder Könige noch Fürsten, sondern nur oberste Richter hatte, die man nach Belieben ein- oder absetzte.

Benjamin von Tudela besuchte nun Lucca und gelangte dann, nach einer Reise von sechs Tagen, nach dem großen, berühmten Rom. Den päpstlichen Stuhl hatte jener Zeit Alexander III. inne, der, wie man sagt, sogar unter seinen Ministern einige Juden verwendete. Von den Denkmälern der Ewigen Stadt erwähnt Benjamin von Tudela eingehender nur der Kirchen St. Petri und St. Johannis vom Lateran; doch sind seine Beschreibungen derselben gar zu trocken gehalten. Von Rom aus begab er sich über Capua und das halb unter Wasser stehende Puzzoles nach Neapel, wo er indeß gar nichts sah, außer den fünfhundert Juden, welche in dieser Stadt wohnten. Endlich reiste er über Salerno, Amalfi, Benevento, Ascoli, Tram, St. Nicolas de Bari, Tarento und Brindisi nach Otrante am gleichnamigen Meerbusen und hatte also ganz Italien durchzogen, ohne eine einzige interessante Beobachtung aus diesem so merkwürdigen Lande mittheilen zu können.

Erscheint auch die namentliche Aufzählung der Städte, welche Benjamin von Tudela nicht besuchte, aber doch berührte, sehr undankbar, so dürfen wir dieselbe doch nicht unterlassen, denn der Bericht des jüdischen Reisenden zeichnet sich sonst durch eine so verläßliche Genauigkeit aus, daß es vortheilhaft erscheint, ihm auf der von Lelewel eigens für jenen entworfenen Karte nachzugehen. Von Otrante nach Zeitun in der Walachei sind seine Etappen: Korfu, der Golf von Arta, Achelous, eine alte Stadt Aetoliens, Anatolica in Griechenland, am Golfe von Patras, ferner Patras selbst, Lepante, Crissa, am Fuße des Parnassus, Korinth, Theben, dessen 2000 israelitische Einwohner die geschicktesten Arbeiter Griechenlands in der Bereitung der Seide und des Purpurs sind; endlich Negroponte und Zeitun.

Hier beginnt nach Angabe des spanischen Reisenden die Walachei. Die Walachen selbst springen wie die Rehe und steigen von den Gebirgen hernieder, um im griechischen Lande zu plündern und zu stehlen. – Von hier aus begab sich Benjamin von Tudela über Gardicki, einem kleinen Flecken an der Bai von Volo, Armyros, einem von den Venetianern, Genuesen und Pisanern häufig besuchten Hafen, ferner über Bissina, jetzt eine Stadt in Ruinen, Salonicki, das alte Thessalonich, Dimitritzi, Darma, Christopoli und Abydos nach Konstantinopel.

Der Reisende liefert nun eine Beschreibung dieser großen Hauptstadt aller griechischen Lande. Es regierte damals der Kaiser Emanuel Comnenus, der einen von ihm selbst erbauten Palast am Ufer des Meeres bewohnte. Dort streben Säulen empor aus reinem Silber und Golde, und dort steht »jener Thron aus Gold und edlen Gesteinen, über dem eine goldene Krone an einer goldenen Kette so hängt, daß sie dem Kaiser, wenn er Platz nimmt, gerade auf dem Kopfe sitzt. Auch diese Krone ist mit den kostbarsten Edelsteinen geschmückt, deren Werth Niemand abzuschätzen im Stande ist, und in der Nacht braucht man in diesem Raume keine Beleuchtung, denn man kann bei der Strahlenpracht jener Steine hinreichend sehen«.

Der Reisende fügt hinzu, daß die Stadt stark bevölkert ist, daß die Kaufleute hier von allen Orten her zusammenströmen und daß sie in dieser Hinsicht nur etwa mit Bagdad zu vergleichen ist. Ihre Bewohner tragen seidene, mit Stickereien bedeckte und mit Goldfransen verzierte Kleidung; wenn man sie so auf ihren schönen Pferden sieht, möchte man sie für lauter Königskinder halten; dabei sind sie aber verweichlicht und zum Kriege zu muthlos, auch halten sie sich deshalb aus allen Nationen zusammengewürfelte Söldnerschaaren, welche für sie kämpfen. Benjamin von Tudela bedauert, daß es in der Stadt keine Juden giebt und daß man diese nach jenseits des Thurmes von Galata, nahe dem Eingange des Hafens, verwiesen hat. Dort leben etwa 2500 Anhänger beider Secten, der Rabbiniten und der Caraïten, unter ihnen viele Seidenarbeiter, doch auch reiche Kaufleute, Alle aber gleichmäßig gehaßt von den Griechen, welche ihnen stets sehr hart begegnen. Keinem jener vermögenden Juden steht das Recht zu, zu reiten, mit Ausnahme eines Einzigen, des Egypters Salomon, in seiner Eigenschaft als Leibarzt des Königs. Von den Denkmälern Konstantinopels erwähnt Benjamin die Kirche der heiligen Sophia, welche gleich viel Altäre besitzt, wie das Jahr Tage hat, Säulen, goldene und silberne Leuchter aber so viel, daß man diese gar nicht zu zählen vermag; ferner den Hippodrom, der jetzt zum Pferdemarkt verwandelt ist und in dem man »Löwen, Bären, Tiger, wilde Gänse und andere Vögel u. s. w. zur Belustigung des Volkes miteinander kämpfen läßt«.

Von Konstantinopel aus besuchte Benjamin von Tudela das alte Byzanz, Gallipoli und Kilia, einen Hafen der östlichen Küste; dann schiffte er sich nach den Inseln des Archipels ein, bei welcher Tour Mitylene, Chio, bekannt wegen seines ausgebreiteten Handels mit Pistazienzucker, Samos, Rhodus und Cypern berührt wurden. Nach dem Lande Arämäa segelnd, kam er über Messis und Antiochia, wo er über die Verehrung des Wassers nicht wenig erstaunte, und über Latachia nach Tripoli, das erst unlängst von einem über das ganze israelitische Reich hin fühlbaren Erdbeben heimgesucht worden war. Von Tripoli aus besucht er Beyruth, Sidon, das wegen seiner Purpur- und Glas-Fabrikation berühmte Tyrus, Acre, Khaifa, in der Nähe des Berges Carmel, in dem sich die Grotte von Eli befindet, Kapernaum, Cäsarea, eine schöne, rühmlich bekannte Stadt, Kakon, Samaria, das in einer von Flußarmen vielfach durchzogenen, an Gärten reichen Gegend mit Obst- und Weingärten nebst Olivenwäldern erbaut, ferner Nauplea und Gabaon, und kommt nun in Jerusalem an.

In der heiligen Stadt konnte der spanische Jude natürlich nichts von den Herrlichkeiten sehen, die sich ein christlicher Reisender gewiß nicht hätte entgehen lassen. Für ihn ist Jerusalem nichts als eine kleine, durch drei Mauern befestigte und von Jacobitern, Syriern, Griechen, Georgiern und Franken aller Sprachen und aller Nationen stark bevölkerte Stadt. Sie besitzt zwei Hospitäler, deren eines von 400 stets kriegsbereiten Reitern besetzt ist, einen großen Tempel mit dem Grabe »jenes Mannes«, wie der Talmud Jesus Christus bezeichnet, und ein Haus, in welchem die Juden gegen Erlegung eines Grundzinses das Recht haben, Färberei zu treiben. Im Uebrigen giebt es in Jerusalem nicht viele Glaubensgenossen Benjamin's von Tudela, höchstens zweihundert, welche nahe dem Thurme David's in einem Winkel der Stadt zusammen wohnen.

Aus der Nachbarschaft Jerusalems erwähnt unser Reisender die Gräber Absalon's und Osias', den Springquell von Siloë, nahe dem Bache Kidron, das Thal Josaphat und den Oelberg, von dessen Gipfel aus das Meer von Sodom sichtbar ist. In der Entfernung von zwei Parasangen, d. s. alte persische Meilen, steht die unzerstörbare Bildsäule der Lot, und unser Berichterstatter versichert, »daß diese, obwohl alle vorüberziehenden Heerden an dem Salzstocke lecken, immer wieder gleichsam nachwächst und unveränderlich den nämlichen Anblick wie von jeher bietet«.

Nach Einzeichnung seines Namens auf dem Grabe der Rahel – eine Sitte, welcher alle diese Stelle besuchenden Juden huldigen – begab sich Benjamin von Tudela von Jerusalem nach Bethlehem, wo er zwölf israelitische Färbereien zählte, und dann nach Hebron, einer jetzt verlassenen und verfallenen Stadt.

Nach einem Besuche der in der Ebene von Makhphela gelegenen Grabstätten Abraham's und Sarah's, Jacob's und Lea's verfügte sich der jüdische Reisende nach Beith-Jaberim, Scilo, dem Berge Morija, Beith-Nubi, Rama, Jaffa, Jabneh, Azotos, nach dem von Scarificator Esdras erbauten Askalon, ferner nach Lud, Serain, Sufuvieh, nach Tiberias, wo sich warme Quellen vorfinden, »welche aus dem tiefsten Schoße der Erde hervorbrechen«, nach Gisch, Meirun, das noch jetzt einen Wallfahrtsort der Juden bildet, hiernach über Alma, Kadis und Belinas, nahe der Höhle, in welcher der Jordan entspringt, und verließ nun das Land Israël, indem er sich nach Damaskus wandte.

Von dieser Stadt, welche am Eingange des Reiches Nurreddin's, des Königs der Türken, lag, liefert Benjamin von Tudela folgende Beschreibung:

»Die Stadt ist groß, schön und von Mauern umgürtet; ihre Umgebung bis auf fünfzehn Meilen in der Runde zeichnet sich durch den Reichthum an Gärten und Weinbergen aus; nirgends in der Welt sieht man eine so fruchtbare Landschaft wieder. Die Stadt liegt am Fuße des Berges Hermon, von dem zwei Flüsse, der Amana und der Parphar, entspringen, deren ersterer seinen Lauf mitten durch Damaskus nimmt und dessen Wasser auf kostbaren Aquäducten sowohl in die Häuser der Vornehmen, als auch nach den öffentlichen Plätzen und Märkten geleitet wird. Das Land selbst unterhält Handelsverbindungen mit der gesammten Erde. Der Parphar bewässert die Gärten und Weinberge außerhalb der Stadt. Die Israëliten besitzen in Damaskus eine Moschee mit Namen Goman-Dammesec, d. h. Synagoge von Damaskus. Auf Erden giebt es kein Bauwerk, das mit diesem zu vergleichen wäre; höchstens sei das mit einem früheren Palaste in Benhadad der Fall gewesen. Jenes zeigte eine wunderbare Mauer aus Glas mit ebensoviel Löchern, als das Sonnenjahr Tage hat. Bei ihrem Auf- und Absteigen schien die Sonne allemal durch eines dieser Löcher, so daß man an denselben erkennen konnte, um wie viel Uhr es war. Unterhalb des Tempels stehen goldene und silberne Häuschen, etwa so groß wie eine Kufe, so daß sich drei Personen gleichzeitig darin waschen oder baden konnten.«

Ueber die zwei Tagereisen von Damaskus entfernten Städte Galad und Salkah gelangte Benjamin von Tudela nach dem von Salomo erbauten Balbek, dem Heliopolis der Griechen und Römer, im Thale des Libanon; weiter nach Tadmor, dem heutigen Palmyra, das vollständig aus großen Felsblöcken erbaut ist. Durch Cariatin wandernd, macht er einmal Rast in Hama, das zum Theil durch das Erdbeben zerstört war, welches im Jahre 1157 so viele Städte Syriens sehr hart betraf.

In seinem Berichte folgt nun eine trockene Aufzählung von ihm berührter Städte, bei denen er sich darauf beschränkt, nur deren Namen anzuführen, als: Halab, Beles, Kalatdajbar, Racca, Harran, der Hauptort der Sabiner, Nisibe, Dejeviret, dessen türkischer Name Kora ist, Mossul am Tigris und am Anfange Persiens, und Ninive, von wo aus der Reisende nach dem Euphrat, Rahaba, Karkesia, Juba, Abkera und endlich nach Bagdad, der Residenz des Kalifen, zurückkehrt.

Bagdad gefällt unserem israelitischen Reisenden ausnehmend gut. Es ist eine große Stadt, drei Meilen im Umfange, in der sich Hospitäler für »gewöhnliche« Kranke und solche für Juden befinden. Gelehrte, in allen Fächern der Wissenschaften bewanderte Philosophen und in allen Arten der Zauberei erfahrene Magiker strömen hier von allen Himmelsgegenden her zusammen. Es ist die Residenz und die Hauptstadt eines Kalifen; nach mehreren Gelehrten hätte das Mostaidjed sein müssen, der über das westliche Persien und das Land längs des Tigris herrschte. Dieser Kalif besaß einen sehr großen Palast inmitten eines, von einem Nebenarm des Tigris bewässerten Parkes, in welchem wilde Thiere hausten. In mancher Hinsicht verdient dieser Herrscher allen Potentaten der Erde als Vorbild ausgestellt zu werden. Er ist ein guter, wahrheitsliebender, leutseliger und gegen Alle, die mit ihm zu thun haben, stets höflicher Mann. Dabei lebt er nur von seiner Hände Arbeit und verfertigt mit seinem Namenszuge bezeichnete Decken, welche er durch die Prinzen seines Hauses auf dem Markte verkaufen läßt, um die Unkosten der Hofhaltung zu decken. Seinen Palast verläßt er im Laufe des Jahres nur ein einziges Mal, und zwar bei Gelegenheit des Ramadan-Festes, wo er sich nach der Moschee in der Nähe des Thores von Bassorah begiebt, um als Iman functionirend seinem Volke das Gesetz auszulegen. Dann kehrt er auf anderem Wege nach dem Palaste zurück, während die von ihm erwählte Straße das ganze Jahr über bewacht wird, um zu verhüten, daß irgend Jemand die Spuren seiner Tritte entweihe oder zerstöre. Alle Brüder des Kalifen bewohnen mit ihm einen und denselben Palast; jeder von ihnen wird mit aller Auszeichnung behandelt und sie besitzen die Oberhoheit von Städten und Flecken, welche ihnen genügende Einkünfte sichert, ein angenehmes Leben zu führen. Da sie sich aber einmal gegen ihren Souverän empört hatten, wurden sie mit eisernen Ketten gefesselt und erhielten seit dieser Zeit eine Wache vor das Haus gestellt.

Nach Kenntnißnahme dieser Einzelheiten begab sich Benjamin von Tudela weiter nach dem spitzen, vom Euphrat und Tigris bewässerten Winkel Kleinasiens hinab und ging über Gihiagin und Babylon, die Stadt der Ruinen, deren früheres Straßennetz einen Raum von dreißig Meilen im Umfang bedeckte. Unterwegs sah er den »feurigen Ofen«, in welchen einst Ananias, Misaël und Azarias geworfen wurden, ferner Hillah und den Thurm von Babel, den er mit folgenden Worten beschreibt: »Solches ist der Thurm, den die in alle Länder zerstreuten Völker erbaut haben. Er ist aus Ziegelsteinen errichtet; die Länge seiner Grundmauern beträgt etwa zweitausend, die Breite derselben zweihundertvierzig Armlängen, seine Höhe gegen hundert Ruthen. Von zehn zu zehn Armlängen besitzt er Wege, welche in Form von Wendeltreppen nach seinen oberen Theilen führen. Von diesem Thurme aus übersieht man das Land in einem Umkreise von zwanzig Meilen, denn die Umgebung ist weithin ziemlich eben; doch das Feuer des Himmels fiel auf den Thurm herab und zerstörte ihn wieder bis zum Grunde«.

Von Babel begab sich der Reisende nach der am Euphrat gelegenen Synagoge Ezechiel's, einem hervorragenden Heiligthume, nach dem die Gläubigen wallfahrten, um sich an dem von des Propheten Hand geschriebenen, großen Buche zu erbauen. Weiter zog er ohne Aufenthalt durch Alkotzonath, Ain-Japhata, Lephras, Kephar, Kuffa, Sura, ehedem Sitz einer berühmten jüdischen Hochschule, durch Shafjathib, wo die Synagoge aus Steinen errichtet ist, welche von Jerusalem herrühren, dann durch die Einöde von Yemen, berührte Thema, Tilimas, Chaibar, mit fünfzigtausend israelitischen Bewohnern, Waseth, und gelangte endlich nach Bassorah, am Tigris und fast am Ende des Persischen Golfes.

Ueber diese wichtige, handelsthätige Stadt giebt unser Reisender keinerlei Aufschluß; doch begab er sich wahrscheinlich von hier aus nach Karna, wo er das Grab des Propheten Esdra besuchte; dann betrat er Persien und verweilte in Chuzestan, eine heutzutage in Ruinen liegende Stadt, welche der Tigris in zwei Quartiere, ein reiches und ein armes, theilt, über deren Verbindungsgliede, einer alterthümlichen Brücke, aus Billigkeitsrücksichten der Sarg Daniel's aufgehängt ist.

Seine Reise durch Persien setzt Benjamin von Tudela über Rudbar, Holwan, Mulebet und Amaria fort, mit welch' letzterem das medische Gebiet beginnt. »Hier, so erzählt er, trat jener Betrüger David-El-Roï, der kein Anderer ist als der Jesus der Juden, mit seinen falschen Wunderthaten auf«. Auf dem Wege über Hamadan, wo sich die Gräber Mardochai's und der Esther befinden, und über Dabrestan gelangte er nach der Landeshauptstadt Ispahan, welche zwölf Meilen im Umfange mißt.

Der Bericht des Reisenden leidet hier an vielen Unklarheiten. Seinen Aufzeichnungen folgend, treffen wir ihn später in Schiras, wahrscheinlich in der Provinz Herat von Afghanistan, dann in Samarkand und endlich in der Nähe von Thibet. Von diesem nordöstlichsten Punkte aus, den er überhaupt erreichte, wäre er dann nach Nisapur und nach Chuzestan am Ufer des Tigris zurückgekehrt. Von hier ging er später nach zweitägiger Seefahrt nach El-Cachif, einer am Persischen Meerbusen gelegenen Stadt Arabiens, wo Perlenfischerei betrieben wurde. Nachdem er mittelst siebentägiger Seereise das Meer von Oman überschritten, erreichte er Choulan, das heutige Quilon an der Malabarküste.

Benjamin von Tudela befand sich nun endlich in Indien, in der Heimat der Sonnen-Anbeter und derjenigen Völker, welche überhaupt die Gestirne verehren. Das sind die Länder, welche Pfeffer, Zimmt und Ingwer erzeugen. Zwanzig Tage nach seiner Abfahrt von Choulan kam der jüdische Reisende auf der Insel Cinrag, d. i. Ceylon, an, deren Bewohner fanatische Feuer-Anbeter sind.

Es bleibt unerwiesen, ob Benjamin von Tudela wirklich nach China, wovon er doch spricht, gegangen ist. Er hält die Ueberfahrt dahin für sehr gefahrvoll. Viele Schiffe gehen bei derselben zu Grunde und unser Reisender befürwortet folgendes Hilfsmittel, um jenen Gefahren zu entrinnen: »Man nehme, schreibt er, mehrere Ochsenfelle auf die Reise mit; ist dann das Schiff vom Sturme bedroht, so näht man sich, um jeder Gefahr zu entgehen, so dicht in jene Felle ein, daß sie einen wasserdichten Sack bilden, und springt darin in's Meer. Das sehen dann die großen, Greife genannten Vögel, welche, da sie eine thierische Beute vor sich zu haben glauben, herabstürzen, den Sack packen und ihn nach dem Lande, auf einen Berg oder in ein Thal schleppen, um ihre Beute zu verzehren; statt dessen tödtet aber der eingenähte Mensch den Adler mit seinem Messer; dann kriecht er aus der Fellumhüllung heraus und sucht zu Fuße eine bewohnte Ortschaft zu erreichen. Auf diese Weise haben sich schon manche Personen gerettet.«

Später findet man Benjamin von Tudela wiederum in Ceylon, dann wahrscheinlich auf der Insel Socotora, im Eingange des persischen Golfs, und endlich in Sebid. Durch Überschreitung des Rothen Meeres gelangt er nach Abyssinien, das er das »Festländische Indien« nennt. Von hier geht er längs des Nil hinab, quer durch die Provinz Assouan, kommt nach dem Flecken Holvan und erreicht, durch die Sahara ziehend, wo der Wind die Karawanen unter einer Sanddecke vergräbt, Zavila, Kous, Faium und Misraïm, d. i. Kairo.

Misraïm ist, nach dem Berichte des Reisenden, eine große, mit schönen Plätzen und Kaufhallen geschmückte Stadt. Hier fällt niemals Regen, dafür bewässert der Nil, welcher jährlich einmal aus seinen Ufern tritt, das Land »auf eine Strecke von fünfzehn Tagereisen und verleiht ihm dadurch eine außerordentliche Fruchtbarkeit«.

Benjamin von Tudela ging dann von Misraïm aus über Gizeh, ohne der dortigen Pyramiden mit einem Worte zu gedenken, nach Ain-Schames, Boutig, Zifita, Damira und machte in dem von Alexander dem Großen begründeten Alexandria Rast. »Diese Stadt, sagt er, treibt lebhaften Handel und die Kaufleute kommen hier aus der ganzen Erde zusammen. Ihre Plätze und Straßen sind stets voller Menschen und so lang, daß man deren Ende nicht sieht. Ein Damm springt eine Meile weit in's Meer vor und trägt einen von dem Eroberer erbauten Thurm, auf dessen Spitze sich ein gläserner Spiegel befindet, »mittelst dessen man alle Schiffe, die von Griechenland und dem Abendlande kommen, um das Land zu bekriegen oder der Stadt sonstwie Schaden zu thun, schon in fünfzig Tagereisen Entfernung wahrnehmen konnte.« Dieser Leuchtthurm dient, wenn man den Worten des Reisenden glauben darf, noch heute als Signal für Alle, welche nach Alexandria segeln, »denn man bemerkt ihn auf hundert Meilen Entfernung Tag und Nacht, da er während der Dunkelheit durch mächtige Fackeln erleuchtet« wird u. s. w. Was bedeuten da gegenüber jener Warte unsere Leuchtthürme, welche höchstens auf dreißig Meilen weit sichtbar sind, selbst wenn die Elektricität ihnen das Licht liefert?

Damiette, Sunbat, Aiach, Refidim, der Flecken Thor am Fuße des Sinaï wurden von dem jüdischen Reisenden besucht. Nach Damiette zurückgekehrt, schiffte er sich dann ein und landete zwanzig Tage später in Messina. In der Absicht, die Anzahl seiner Glaubensgenossen noch weiter festzustellen, begab er sich über Rom nach Lucca, ging über den St. Bernhard und zählt nun eine Menge Städte in Deutschland und Frankreich auf, in welchen die Juden Duldung gefunden hatten; Chateaubriand's Zusammenstellung nach dem Reiseberichte Benjamin's von Tudela ergäbe für sie eine Anzahl von 768.165 Glaubensgenossen.

Zum Schluß spricht unser Reisender von Paris, das er ohne Zweifel besucht hat, jene ausgedehnte Stadt am Ufer der Seine, welche dem König Ludwig gehört. »Sie enthält Gelehrtenschulen, bemerkt er, welche heutzutage auf der Erde nicht ihresgleichen haben; Tag und Nacht verwendet man in denselben zum Studium des Gesetzes; gegen Fremde erweist man sich darin sehr gastfreundlich und giebt der Freundschaft und Brüderlichkeit gegen alle Israëliten unverholenen Ausdruck.«

Das ist die Reise Benjamin's von Tudela. Sie bildet ein hochwichtiges Denkmal der geographischen Wissenschaft aus der Mitte des 12. Jahrhunderts, und suchten wir durch Ein- oder Nebensetzung der heutigen Ortsnamen es dem Leser möglichst zu erleichtern, dem Wege des eifrigen Israëliten auf einer Karte der Neuzeit zu folgen.

Auf den Namen Benjamin's von Tudela folgt der chronologischen Ordnung nach der Jean du Plan's von Carpin, den einige Schriftsteller einfach Carpini nennen. Er war Franziskaner und wurde 1182 in einem Flecken des Districtes von Perugia in Italien geboren. Es ist allgemein bekannt, welche Fortschritte die mongolischen Horden unter Führung des ehrgeizigen Gengis-Khan machten. Im Jahre 1206 erhob dieser thatkräftige Häuptling Caracorum, eine alte, türkische, in der Tartarei, nördlich von China gelegene Stadt zur Hauptstadt seines Reiches. Unter seinem Nachfolger Ogadaï breitete sich die mongolische Herrschaft bis in's Herz von China aus, und dieser Barbarenfürst überfiel mit einem Heere von 600.000 Kriegern sogar Europa. Rußland, Georgien, Polen, Mähren, Schlesien und Ungarn wurden der Schauplatz heißer, blutiger Kämpfe, welche immer zum Vortheile Ogadaï's ausfielen. Man betrachtete diese Mongolen als von den höllischen Mächten entsandte Dämonen und das ganze Abendland sah sich durch ihren Einfall ernstlich bedroht.

Papst Innocenz IV. schickte an den Tartaren-Khan eine erste Gesandtschaft, welche nur eine hochmüthige, wenig beruhigende Antwort desselben heimbrachte. Sofort schickte er neue Gesandte an die Tartaren aus Nordosten, um dem Vordringen der Mongolen Einhalt zu thun, und bestimmte zum Chef dieser Gesandtschaft den Franziskaner Carpini, der das Ansehen eines gewandten und kenntnißreichen Diplomaten genoß.

Am 6. April 1245 machte sich Carpini, in Begleitung Etienne's von Böhmen, auf den Weg. Er begab sich zunächst nach Böhmen. Der König dieses Landes händigte ihm Beglaubigungsschreiben für seine Verwandten in Polen aus, deren Einfluß den Gesandten den Eintritt nach Rußland erleichtern mußte. Ohne Schwierigkeit gelangten Carpini und sein Begleiter bis in die Staaten des russischen Herrschers, wo sie sich auf des Letzteren Rath mit Biber- und anderem Pelzwerk versahen, um dasselbe dem Tartarenfürsten als Geschenk darzubringen. Nun wandte sich Carpini nach Nordosten und erreichte Kiew, damals die Hauptstadt Rußlands und jetzt Hauptort des gleichnamigen Gouvernements, wobei er sich mancherlei Gefahren durch die in diesen Gegenden umherstreifenden, als Feinde des Kreuzes berüchtigten Lithauer aussetzen mußte.

Der Gouverneur von Kiew bewog die Gesandten des Papstes, ihre Pferde gegen tartarische Rosse zu vertauschen, welche gewöhnt sind, etwas Futter noch durch den Schnee zu wittern, und so erreichten die wohlberittenen Gesandten die Stadt Damilon. Hier erkrankten sie ernsthaft, erkauften jedoch, kaum genesen, einen Wagen und setzten ihren Weg fort trotz der bittersten Kälte. In Kaniew am Dnieper angelangt, betraten sie das erste Dorf des Mongolenreiches. Von hier aus geleitete sie ein roher Hauptmann, den sie nur durch Geschenke etwas milder zu stimmen vermochten, nach dem Lager der Tartaren.

Die Barbaren empfingen sie zuerst sehr schlecht, brachten sie aber vor den Herzog Correnso, der einen Vortrab von 60.000 Mann befehligte. Der General, vor dem sie nur knieend erscheinen durften, sandte sie seinerseits wieder unter der Obhut dreier Tartaren an den Prinzen Bathy, dem mächtigsten Anführer nach dem Kaiser selbst.

Auf dem ganzen Wege waren Relaies eingerichtet. Tag und Nacht und immer in scharfem Trab ging die Reise vor sich. Der Franziskaner durchzog auf diese Weise das Land der Comanen, zwischen dem Dnieper, Tanaïs (Don), der Wolga und dem Jaek, wobei er oft gefrorene Ströme überschreiten mußte, und gelangte endlich an den Hof des Prinzen Bathy, an der Grenze des Landes der Comanen.

»Als man uns zu dem Prinzen führte, sagt Carpini, that man uns zu wissen, daß wir zwischen zwei Feuern hindurch müßten, damit diese, wenn wir etwas Böses gegen ihren Herrn und Meister im Schilde führten oder etwa ein Gift bei uns hätten, alles das zerstören und unschädlich machen könnten; eine Bedingung, der wir uns widerspruchslos unterwarfen, um jede Spur eine Verdachtes fern zu halten.«

Der Prinz thronte inmitten seines Hofes und seiner Officiere in einem prächtigen Zelte aus feinster Leinwand. Er stand im Rufe größter Leutseligkeit gegen die Seinigen, aber der härtesten Grausamkeit im Kriege. Carpini und Etienne nahmen zu seiner Linken Platz.

Es war am Charfreitag. Die in die slavonische, arabische und tartarische Sprache übersetzten päpstlichen Briefe wurden dem Fürsten präsentirt. Dieser durchlas sie aufmerksam und schickte die Gesandten des Papstes nach ihrem Zelte zurück, wo man ihnen als einzige Mahlzeit einen kleinen Napf voll Hirse vorsetzte.

Am nächsten Morgen ließ Bathy die beiden Gesandten rufen und befahl ihnen, sich selbst zum Kaiser zu begeben. Mit zwei Führern reisten sie am Ostersonntag ab. Bei ihrer nur aus Hirse, Salz und Wasser bestehenden Nahrung kamen die armen Leute freilich bald von Kräften; dennoch mußten sie schnellstens vorwärts, wozu man täglich fünf- bis sechsmal die Pferde wechselte. Das Land der Comanen, welches sie durchzogen, war fast menschenleer, da die Tartaren dessen Bewohner zum größten Theil verdrängt oder niedergemacht hatten. Die Reisenden kamen weiterhin in das Land der Kangiten, östlich von Comanien, wo an vielen Orten selbst das Wasser fehlt. Die wenigen Völkerstämme dieser Provinz beschäftigten sich ausschließlich mit Thierzucht und ertrugen willig das harte Joch der Mongolen.

Carpini brauchte die ganze Zeit zwischen dem Sonntag nach Ostern und dem Himmelfahrtstage zur Reise durch das Gebiet der Kangiten, und gelangte dann in das Reich der Biserminen, d. h. der Moslemin, das dem heutigen Turkestan entspricht. Ueberall lagen hier Städte, Dörfer und Schlösser in Trümmern. Nach einer vom Himmelfahrtstage bis acht Tage nach Johannis, d. i. also bis zum l. Juli, währenden Reise durch eine gebirgige Gegend betraten die Gesandten des Papstes Kara-Kitay. Der Gouverneur dieser Provinz empfing sie sehr freundlich und ließ ihnen zu Ehren seine beiden Söhne nebst den vornehmsten Personen seines Hofes vor den Gästen Tänze aufführen.

Von Kara-Kitay aus ritten die Reisenden mehrere Tage lang längs eines, nördlich von der Stadt Yeman gelegenen Sees hin, der nach de Remusat der See Kesil-Basch sein müßte. Hier wohnte Ordu, der älteste Anführer der Tartaren.

Carpini und Etienne ruhten bei demselben, der sie mit großer Gastfreundschaft empfing, einige Tage aus. Dann reisten sie weiter durch das gebirgige und kalte Land der Naimanen, eines unter Zelten wohnenden Nomadenvolkes, und erreichten hierauf das Reich der Mongolen. Endlich am St. Magdalenentag, d. i. am 22. Juli, kamen sie an dem Orte an, wo der Kaiser verweilte oder vielmehr Derjenige, welcher zum Kaiser erhoben werden sollte, denn noch war seine Wahl nicht vollzogen.

Der spätere Herrscher nannte sich Cuyne. Er ließ die päpstlichen Gesandten zwar mit aller Auszeichnung aufnehmen und bewirthen, konnte sie aber nicht selbst empfangen, da er noch nicht Kaiser war und in Regierungsangelegenheiten deshalb nicht eingreifen mochte. Ein Brief des Prinzen Bathy unterrichtete ihn jedoch vorläufig über die Gründe, welche den Papst Innocenz IV. zur Abfertigung der Gesandtschaft bewogen hatten.

Seit dem Ableben Ogadai's war die Regierung des mongolischen Reiches auf dessen Witwe, die Kaiserin und Mutter des Prinzen Cuyne, übergegangen. Diese Fürstin empfing also den Franziskaner und seinen Begleiter in feierlicher Audienz unter einem Zelte von weißem Purpur, das 2000 Personen fassen konnte.

»Als wir nun hier waren, berichtet Carpini, sahen wir eine große Versammlung von Fürsten und Prinzen nebst ihrem Gefolge, die von allen Seiten zusammengekommen und Alle beritten waren. Am ersten Tage bekleideten sie sich mit weißem Purpur, am zweiten, wo auch Cuyne in das oben erwähnte Zelt kam, mit rothem; am dritten Tage gingen sie in violettem Purpur und am vierten im herrlichsten Scharlach oder Carmoisin gekleidet. Alle bildeten nahe jenem Zelte gleichsam eine lebende Palissade mit zwei geräumigen Thoren, durch deren eines nur dem Kaiser der Zutritt offen stand, während kein Anderer durch dasselbe weder aus- noch einzugehen wagte, sondern Jeder das zweite benutzte, an welchem Wachtposten mit Schwertern, Pfeilen und Bogen standen. Näherte sich nun ein Unbefugter dem Zelte bis über die um dasselbe gezogenen Grenzen, so wurde er, wenn man ihn erlangen konnte, mit dem Schwerte zurückgewiesen oder mit Pfeilschüssen vertrieben. Unter den Reitern befanden sich einige große Herren, welche am Harnisch ihrer Pferde, unserer Schätzung nach, mehr als zwanzig Mark Silber trugen.«

Es verging inzwischen ein ganzer Monat, ehe Cuyne zum Kaiser ausgerufen ward, und die Gesandten des Papstes mußten ebenso lange warten, bevor sie von ihm empfangen werden konnten. Carpini benutzte diese unfreiwillige Muße, um die merkwürdigen Sitten und Gebräuche dieser Horden zu beobachten. In seinem Berichte finden sich darüber sehr interessante Einzelheiten.

Das Land erschien ihm Allgemeinen bergig, aber fast überall aus Sand, mit nur wenigem Lehmboden bestehend. Holz scheint gänzlich zu fehlen; auch die Großen benutzen zum Heizen nur den gedörrten Mist der Thiere. Obwohl die Landschaft so unfruchtbar scheint, gedeihen die Heerden doch vortrefflich. Das Klima ist sehr ungleich. Im Sommer giebt es häufige Gewitter und der Blitz fordert zahlreiche Opfer. Der Sturm ist oft so heftig, daß er die Reiter von den Pferden wirft. Im Winter fehlt der Regen gänzlich, aber auch im Sommer reicht er oft kaum hin, den Staub zu löschen. Hagelwetter treten mit furchtbarer Gewalt auf, und während des Aufenthaltes Carpini's trat einmal ein so entsetzliches auf, daß hundertvierzig Personen ertranken, als die Schloßenmassen aufthauten. Alles in Allem ein weitausgedehntes, aber noch ärmeres Land, als man glaubt.

Carpini liefert auch von den Tartaren selbst ein sehr treffendes Bild, einen Beweis seiner scharfen Beobachtungsgabe. »Sie zeichnen sich, sagt er, durch die große Breite des Gesichtes zwischen Augen und Wangen aus, welch' letztere sehr nach außen vorspringen; ihre Nase ist platt und klein, die Augen sind ebenfalls klein und die Wimpern erheben sich bis zu den Augenbrauen; in der Taille hager und schlank, sind sie meist nur von mittlerer Größe und haben fast keinen Bartwuchs; nur Einzelne besitzen wenige Haare auf der Oberlippe und dem Kinn, welche sie niemals abschneiden. Auf dem Schädel tragen sie eine Art Tonsur, wie unsere Geistlichen, und rasiren sich von einem Ohr zum anderen etwa drei Finger breit; die Haare davor lassen sie bis auf die Augenbrauen herabwachsen und schneiden sie nur an beiden Seiten der Stirn halbkurz: im Uebrigen wächst ihr Haar am Hinterkopf so lang wie bei den Frauen, und machen sie aus jenem zwei seilartige Zöpfe, welche hinter den Ohren geknüpft werden. Im Uebrigen haben sie auch sehr kleine Füße«.

Frauen und Männer, welche bei der sehr ähnlichen Kleidung nur sehr schwer von einander zu unterscheiden sind, tragen pelzverbrämte, von oben bis unten geschlitzte Oberkleider und große Mützen von Schetter (d. i. Steifleinwand) oder Purpur, welche sich nach oben zu erweitern. Sie bewohnen Häuser in Form von Zelten, welche nur durch Zweige und Stäbe gestützt und zusammengelegt bequem auf Saumthiere zu verpacken sind. Größere werden so wie sie sind auf Wagen verladen und begleiten ihren Besitzer auf den Fahrten durch das Land.

Die Tartaren glauben an einen Gott, den Schöpfer aller sichtbaren und unsichtbaren Dinge, der je nach Verdienst belohnt und bestraft. Sie beten aber auch die Sonne, den Mond, das Feuer, die Erde und das Wasser an und werfen sich vor aus Filz gefertigten, menschenähnlichen Idolen nieder. Sie sind sehr intolerant und haben Michel von Turnigow und Fedor, welche die griechische Kirche heilig gesprochen hat, schwer gemartert, weil sie dem Prinzen Bathy abschlugen, sich gegen Süden hin zu verneigen, wie es alle Tartaren thun. Diese Völkerschaften sind ferner sehr abergläubisch, glauben an Beschwörungen und Zauberei und nehmen an, daß das Feuer Alles läutere. Stirbt einer ihrer Fürsten, so vergräbt man mit ihm einen Tisch, ein Gefäß voll Fleisch, eine Tasse mit Stutenmilch, eine Stute nebst Fohlen und ein gesatteltes und gezäumtes Pferd.

Die Tartaren leisten ihren Anführern unbedingten Gehorsam, verabscheuen untereinander jede Lüge und sind Feinde langer Verhandlungen; Mordthaten kommen, ebenso wie Diebstähle, nur äußerst selten vor, und auch kostbare Gegenstände werden nicht besonders verwahrt. Ohne sich zu beklagen, ertragen diese Leute Hunger und Anstrengung, Hitze und Kälte, während sie bei jeder Gelegenheit singen, spielen und tanzen; der Trunksucht huldigen sie dagegen sehr stark; ihr Hauptfehler ist der Hochmuth und die Verachtung aller Fremden, auch achten sie das Menschenleben nur gering.

Zur Vervollständigung dieses Bildes fügt Carpini hinzu, daß diese Barbaren allerlei Fleisch, wie das von Hunden, Wölfen, Füchsen, Pferden und gelegentlich sogar Menschenfleisch verzehren. Ihr Getränk besteht aus der Milch der Stuten, Schafe, Ziegen, Kühe und Kameele. Sie kennen weder Wein, noch Bier oder Meth, sondern nur sehr berauschende Liqueure. Uebrigens sind sie sehr schmutzig und verschmähen weder Ratten noch Mäuse, selbst Ungeziefer oder was nur sonst verzehrbar erscheint; ihre Speisegeschirre reinigen sie niemals oder höchstens gleich mit der Suppe selbst; ebenso waschen sie niemals ihre Kleider und leiden auch nicht, daß es Andere thun, »vorzüglich wenn es donnert«. Die Männer befassen sich eigentlich mit gar keiner Arbeit; jagen, mit dem Bogen schießen, die Heerden bewachen und umherreiten, bildet ihre ganze Beschäftigung. Auch die Frauen und Mädchen lieben diese Körperübungen und sind darin ebenso geschickt als kühn. Daneben verfertigen sie aber auch die Pelze und anderen Kleidungsstücke, führen die Wagen und die Kameele und genügen zu diesen Arbeiten um so eher, als sie in den Familien an Zahl weit überwiegen, da die polygamischen Barbaren selbst zu sehr hohen Preisen so viele Frauen zu kaufen pflegen, als sie ernähren können.

Das sind in kurzem Auszuge die Beobachtungen Carpini's, während er sich in Erwartung der Kaiserwahl einen Monat lang in Syra-Orda aufhielt. Inzwischen verriethen gewisse Vorzeichen, daß diese Wahl nahe bevorstehe. So begann man z. B. vor Cuyne zu singen, wenn er aus seinem Zelt hervortrat, und erwies ihm eine besondere Ehrerbietung mit schön verzierten Stäben mit einem Büschel scharlachrother Wolle am Ende. Vier Meilen von Syra-Orda entfernt, in einer Ebene und längs eines Baches war ein zur Krönung bestimmtes Zelt errichtet worden, das im Innern überall scharlachroth ausgekleidet sich auf goldeingelegte Säulen stützte. Endlich, am St. Bartholomäustage, trat eine zahlreiche Versammlung zusammen, wobei Jedermann unausgesetzt betete und dabei mit dem Gesicht nach Mittag hin gewendet blieb, eine heidnische Sitte, der sich der Franziskaner und sein Begleiter anzuschließen wehrten. Dann ward Cuyne auf den kaiserlichen Thron gesetzt und Fürsten und Volk beugten das Knie vor ihm. Das war die Huldigung.

Sofort wurden Carpini und Etienne zu dem neuen Kaiser vorgeladen. Man untersuchte sie erst gründlich und darauf traten sie in das kaiserliche Zelt ein, zugleich mit anderen Gesandten, welche reiche Geschenke brachten. Sie selbst, die armen Gesandten des Papstes, hatten nichts mehr anzubieten. Entsprach dieser Armuth auch der ihnen gewordene Empfang? Wir wissen davon nichts, doch währte es sicher sehr lange Zeit, bevor es Carpini und Etienne gelang, Sr. tartarischen Majestät die Gründe mitzutheilen, um derentwillen sie hierher gesendet worden waren. Wiederum verstrichen dann Tage auf Tage, Wochen auf Wochen; die Gesandten lebten unter den traurigsten Verhältnissen und kamen vor Hunger und Durst fast um, da endlich, am St. Martinstag, ließen sie der Intendant und die Secretäre des Kaisers zu sich rufen, und übergaben ihnen das für den Papst bestimmte Antwortschreiben, das mit denselben stolzen Worten endigte, die eine beliebte Schlußformel der Briefe asiatischer Despoten zu bilden scheinen: »Wir beten Gott an und hoffen mit seiner Hilfe die ganze Erde, vom Orient bis zum Occident, zu zerstören und zu unterwerfen«.

Bald darauf reisten die Gesandten ab und ritten den ganzen Winter hindurch durch eisbedeckte Einöden. In Ascension erreichten sie wieder das Hoflager des Prinzen Bathy, der ihnen neue Pässe einhändigte, und mit Hilfe derselben kamen sie unangefochten, freilich erst vierzehn Tage vor Johannis 1247, nach Kiew. Am 9. October ernannte der Papst Carpini zum Erzbischof von Antivari und Dalmatien und gegen 1251 beschloß der unerschrockene Reisende in Rom sein bewegtes Leben.

Carpini's Mission war gänzlich erfolglos ausgefallen; die Tartaren blieben dieselben grausamen, wilden Horden wie vorher. Inzwischen wurde sechs Jahre nach der Rückkehr des Franziskaners ein anderer niederer Mönch, Wilhelm von Rubruquis, ein Belgier von Geburt, an diese Barbaren abgesendet, welche damals in den Gebieten zwischen dem Don und der Wolga saßen. Der Zweck dieser Gesandtschaft erhellt aus Folgendem:

Jener Zeit bekriegte Ludwig der Heilige die Sarazenen in Syrien, und während er die Ungläubigen häufig angriff, führte der mongolische Fürst Erkaltay auch von der persischen Seite her eine ganz unnöthige Diversion zu Gunsten des Königs von Frankreich gegen jene aus, so daß sich das Gerücht verbreitete, genannter Fürst sei zum Christenthum übergetreten. Da Ludwig der Heilige hierüber Gewißheit zu haben wünschte, beauftragte er den Mönch Rubruquis, Erkaltay in seinem eigenen Lande zu beobachten.

Im Juni 1253 schifften sich Rubruquis und seine Begleiter nach Konstantinopel ein und erreichten von hier aus die Mündung des Don am Asow'schen Meere, wo sich eine große Menge Gothen, die Abkömmlinge germanischer Stämme, aufhielten. Bei den Tartaren selbst begegneten die Gesandten des Königs von Frankreich zuerst einem üblen Empfange und erlitten eine ziemlich schlechte Behandlung; die Vorzeigung ihrer Briefe veranlaßte jedoch den Gouverneur Zagathal, einen Verwandten des Khan, ihnen für die Weiterreise Wagen, Pferde und Ochsen zur Verfügung zu stellen.

Sie brachen also auf und trafen am nächsten Morgen gleichsam ein ganzes wandelndes Dorf; es waren das nämlich verschiedene, mit dem Gouverneur gehörigen Häusern beladene Lastwagen. Zehn Tage lang blieben die Reisenden in Gesellschaft der den Wagenzug begleitenden Leute, welche sich so wenig freundlich und freigebig erwiesen, daß Rubruquis und seine Begleiter ohne ihre Provisionen an Zwieback sicherlich Hungers gestorben wären. Am Ende des Asow'schen Meeres angelangt, wandten sie sich gegen Osten, wobei sie längs einer dürren Einöde ohne einen Baum oder einen Stein dahinzogen. Es war dies das Land der Comanen, durch welches Carpini früher weiter oben im Norden gekommen war. Rubruquis, der die von kaukasischen Völkerschaften bewohnten Gebirge im Süden liegen ließ, kam nach anstrengender, zweimonatlicher Reise im Lager des Prinzen Sartach, am Ufer der Wolga, an.

Hier befand sich die ganze Hofhaltung des Prinzen, eines Sohnes Baatu-Khans. Dieser hatte sechs Frauen; jede derselben besaß einen Palast, mehrere Häuser und 200 Wagen, von denen einzelne zwanzig Schuh in der Breite maßen und von einem Gespann von zweiundzwanzig, zu je eilf hintereinander gespannten Ochsen gezogen wurden.

Sartach nahm die Gesandten des Königs von Frankreich sehr leutselig auf und versorgte sie in Anerkennung des dringenden Bedürfnisses mit allem Nothwendigen; Rubruquis und seine Begleiter mußten nun vor dem Fürsten aber in Priestergewändern erscheinen; dabei legten sie auf ein Kissen eine prachtvoll ausgestattete Bibel, das Geschenk ihres Königs, einen Psalter, das Geschenk der Königin, ein Meßbuch, Crucifix und ein Räucherfaß und traten so bei dem Prinzen ein, während sie sich wohl in Acht nahmen, die Thürschwelle zu berühren, was als unentschuldbarer Verstoß aufgefaßt worden wäre. Vor Prinz Sartach angelangt, stimmten die frommen Gesandten das Salve Regina an. Der Prinz selbst und eine der Prinzessinnen, welche bei dieser Ceremonie zugegen war, untersuchten sehr eingehend den Schmuck und die Kleidung der Geistlichen und gestatteten ihnen darauf, sich wieder zurückzuziehen. Ob freilich Sartach selbst Christ sei, konnte Rubruquis nicht in Erfahrung bringen.

Die Mission der Abgesandten Ludwig's des Heiligen war jedoch hier als noch nicht erfüllt zu betrachten. Der Prinz selbst empfahl ihnen dringend, sich an den Hof seines Vaters zu begeben. Rubruquis kam dieser Weisung nach und gelangte, mitten durch lauter mohamedanische Volksstämme, welche sich in den Besitz der Landschaften zwischen Don und Wolga theilten, nach dem Lager des Königs am Ufer des letzteren Flusses.

Hier wiederholte sich dieselbe Ceremonie wie am Hofe des Prinzen Sartach. Die Geistlichen mußten ihre Kirchengewänder anlegen und traten so vor den Khan, der auf einem vergoldeten Stuhle von der Breite eines Bettes saß. Baatu glaubte jedoch nicht selbst mit den Gesandten des Königs von Frankreich verhandeln zu sollen und verwies sie deshalb nach Caracorum, an den Hof Mangu-Khans.

Rubruquis durchzog das Land der Baschkiren, besuchte Kenchat und Talach, überschritt den Axiartes und erreichte Equius, eine Stadt, deren Lage spätere Gelehrte nicht mehr festzustellen vermochten; dann kam er durch das Gebiet von Organum, wo sich der Balkasch-See findet, und durch das Land der Uiguren nach Caracorum, der Hauptstadt, vor welcher Carpini Halt gemacht hatte, ohne sie zu betreten.

Diese Stadt war, nach Rubruquis, von Erdwällen mit vier Thoren umgeben. Zwei Moscheen und eine christliche Kirche bildeten ihre hervorragendsten Bauten. Der Mönch zog in Caracorum mehrfache Erkundigungen ein über die benachbarten Völkerschaften, vorzüglich über die Tanguren, deren Ochsen – eine sehr ausgezeichnete Race – nichts Anderes sind als die weitberühmten Yaks von Thibet; auch spricht er von den Thibetanern und deren sonderbarer Sitte, die Leichen ihrer Väter und Mütter zu – verzehren, um ihnen ein ehrenvolles Begräbniß zu gewähren.

Leider befand sich der Groß-Khan nicht in seiner Hauptstadt Caracorum. Rubruquis mußte sich mit seinen Begleitern nach dessen Residenz begeben, welche jenseits der im Norden aufstrebenden Berge lag. Am Tage nach ihrer Ankunft begaben sie sich barfuß, nach der Ordensregel der Franziskaner, an den Hof, wobei sie, nebenbei bemerkt, die Zehen erfroren. Vor Mangu-Khan geführt, sahen sie einen Mann mit stumpfer Nase und von mittlerer Größe vor sich, der, bekleidet mit prächtigem, ähnlich dem Felle des Seekalbs gefleckten Pelzwerk auf einem Ruhebette lag. Der König war von Falken und vielen anderen Vögeln umgeben. Den Gesandten des Frankenkönigs setzte man zunächst mehrere Sorten Liqueure, Arrac-Punsch, gegohrene Stutenmilch und »Ball«, d. i. eine Art Meth vor. Jene enthielten sich zu trinken; der minder nüchterne Khan aber trank herzhaft und verlor unter dem Einflusse jener berauschenden Getränke bald die Klarheit seiner Sinne, so daß die Audienz aufgehoben werden mußte, ohne daß die Gesandten ihre eigentliche Absicht erreichten.

Rubruquis verbrachte mehrere Tage am Hofe Mangu-Khans. Er fand hier eine große Anzahl deutscher und französischer Gefangener, die in der Hauptsache mit der Anfertigung von Waffen und der Ausbeutung der Bergwerke von Bocol beschäftigt waren. Die von den Tartaren ganz gut behandelten Gefangenen beklagten sich nicht über ihre Lage. Nach mehreren Audienzen, welche ihm der Groß-Khan bewilligte, erhielt Rubruquis die Erlaubniß zur Rückreise und kam nach Caracorum zurück.

In der Nähe dieser Stadt erhob sich ein prachtvoller, dem Khan gehöriger Palast. Derselbe glich einer geräumigen Kirche mit Mittel- und Seitenschiffen. Hier thront der Herrscher auf einer an der Nordseite des Raumes sich erhebenden Estrade; die Männer nehmen dann zu seiner Rechten, die Frauen zur Linken Platz. In dem nämlichen Palaste feiert man auch jährlich zweimal prunkvolle Feste, bei denen sich alle Großen des Landes um den Souverän versammeln.

Während seines Aufenthaltes in Caracorum sammelte Rubruquis manche interessante Belege über die Sitten der Chinesen, ihre Schrift u. a. m. Dann verließ er die Hauptstadt der Mongolen und reiste auf dem schon früher eingehaltenen Wege zurück. Von Astrachan, an der Mündung eines bedeutenden Stromes, aber wandte er sich nach Süden, betrat Syrien und erreichte unter Begleitung einer tartarischen Escorte, welche das Vorkommen räuberischer Stämme sehr nothwendig machte, Derbend am Eisernen Thore. Von hier aus gelangte er über Nakschivan, Erzerum, Siwas, Cäsarea, Iconium nach dem Hafen von Curch und schiffte sich daselbst ein, um in sein Vaterland zurückzukehren.

Man erkennt, daß seine Reise in der Hauptsache mit der Carpini's zusammenfällt, doch ist sein Bericht beiweitem weniger interessant und scheint dem belgischen Mönche im Ganzen jene Beobachtungsgabe sehr abzugehen, welche den italienischen Franziskaner so vortheilhaft auszeichnet.

Mit Carpini und Rubruquis schließt das Verzeichniß der Forscher, welche sich im Laufe des 13. Jahrhunderts einen Namen machten. Ihr Ruhm sollte aber weit überstrahlt werden durch den des Venetianers Marco Polo, den berühmtesten Reisenden jener ganzen Epoche.


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