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9. Kapitel. Auch Kinder können verzichten

Gelbe Blätter jagte der Herbstwind durch Gärten und Straßen. Piccola, das italienische Kätzchen, das zum erstenmal den Herbst des Nordens kennenlernte, war so dumm, die welken Blätter für Mäuse zu halten. Es raste hinter jedem dahinwirbelnden Blatte her. Das war jetzt auch Piccolas einzige Freude in dieser sonnenlosen Regenzeit. Zu einem weißen Knäuel zusammengerollt, lag das Kätzchen frierend auf der Schwelle des Sternenhauses und dachte betrübt mauzend an die warme Sonne Neapels.

Auch ihre kleine Herrin empfand die herbstliche Regenzeit nach dem Aufenthalt im Süden besonders grau und ungemütlich. Suse war ein zartbesaitetes Kind. Sie brauchte innerlich und äußerlich Wärme und Sonnenschein. Ihrem Zwilling machte das nichts aus, wenn es draußen auch noch so goß und stürmte. Im Gegenteil, in den Regenpfützen ließ es sich famos waten und die Arm in Arm mit den Freundinnen aus der Schule kommende Schwester bespritzen. Und wenn der Sturm, der von den Bergen herunterraste, einem die Mütze vom Kopfe riß – heißa – das gab eine lustige Jagd.

Die bunte Gymnasiastenmütze war Herberts ganzer Stolz. Sah man nicht schon beinahe wie ein Student damit aus? Suses und Bubis Bewunderung war grenzenlos.

Ein Monat war vergangen, seitdem Professors Zwillinge ihren Einzug in die alte Universitätsstadt gehalten hatten. Kinder gewöhnen sich schnell an neue Verhältnisse. Es war ihnen, als ob sie schon immer hier in Jena gewesen seien. Das Sternenhaus war ihnen rasch lieb und vertraut geworden. Nur schade, daß die Parterrezimmer immer noch leer standen. Die Übersiedlung der Großmama, auf welche die Kinder sehnlichst warteten, schob sich doch länger hinaus, als man gedacht hatte.

»Ein alter Baum ist festgewurzelt in seinem Erdreich, der löst sich nicht so schnell wie ein junger«, beschwichtigte der Vater die ungeduldigen Fragen seiner Zwillinge, warum denn die »kleine Omama« immer noch nicht käme.

Die Mutter fügte dann hinzu: »Ich will nur wünschen, daß sich die Omama bei uns wohl fühlt. Ein alter Baum schlägt auch nicht so schnell wieder Wurzel in fremdem Boden wie ein junger. Wir werden uns alle bemühen, ihr den Aufenthalt bei uns recht angenehm zu machen, nicht wahr, Kinder?«

Oh, die Zwillinge hatten die allerbesten Absichten, zum Behagen ihrer lieben kleinen Omama – wie sie die Großmutter immer noch aus ihrer Kleinkinderzeit her nannten – beizutragen.

Die Schule nahm die Zeit und das Denken der beiden fast gänzlich in Anspruch. Sie hatten in Italien einen ganz anderen Lehrplan gehabt. Überall gab es Lücken, die man ausfüllen mußte. Für Herbert, den Besserwisser, war das eine bittere Medizin, erkennen zu müssen, daß die andern bald in diesem, bald in jenem Fach mehr wußten als er. Er war nicht daran gewöhnt, viel zu büffeln, wie man das häusliche Lernen in der Quarta nannte. Mit seiner Begabung hatte er früher ohne jede Anstrengung die Aufgaben erledigt, zu denen Suse Fleiß und Pflichttreue brauchte. Aber jetzt hieß es, sich auf die Hosen setzen – weniger aus Fleiß und Pflichtbewußtsein als aus Ehrgeiz. Er mußte wieder einer der Besten werden. Er wollte es Doktor Dense, dem Klassenlehrer, der am ersten Tage so nett gewesen war, ihm den Arrest zu erlassen, beweisen, daß er nicht nur mit dem Mund, sondern wirklich etwas zu leisten vermochte. So sah Bubi, der neben dem Arbeitspult seines jungen Herrn dessen Schularbeiten vom Abc der Grundschule bis zur Quarta getreulich beaufsichtigt hatte, zu seiner Verwunderung zum ersten Male ernstes, zielbewußtes Arbeiten. Dieser ungewohnte Fleiß des Jungen war durchaus nicht nach dem Sinne des Köters. Er hatte es früher viel netter gefunden, als Herbert zwischen Exempeln und Vokabeln mit ihm im Zimmer herumgetollt war. Jetzt saß der Junge so ehrpusselig an seinem Pult, daß er kaum merkte, wenn Bubi nach geraumer Zeit ungeduldig wurde und erst mit schüchternem Schwanzwedeln, dann schließlich durch energisches Kratzen mit den Vorderpfoten an Herberts Schuhen daran erinnerte, daß er auch noch da war. Wohl klopfte Herbert so nebenbei das glatte schwarze Fell des Vierfüßlers: »Ja, alter Kerl, gleich bin ich fertig.« Aber Bubi merkte, daß er mit seinen Gedanken immer noch bei den langweiligen Büchern war. Und das »gleich« dauerte oft noch eine geraume Weile. Nein, Bubi war gar nicht einverstanden mit dem ungewohnten Fleiß seines jungen Herrn. Er brauchte doch nicht gleich Professor zu werden, konnte sich doch ruhig damit Zeit lassen.

Wenn Bubi sah, daß er bei Herbert keine Beachtung fand, versuchte er sein Heil bei der Zwillingsschwester. Zwischen Suse und dem schwarzhaarigen Köter hatten niemals so innige Beziehungen bestanden wie zwischen Herbert und ihm. Suse war früher ein liebevolles Puppenmütterchen gewesen. Alle Zärtlichkeit ihres Herzens hatte sie an diese leblosen Dinger mit Flachshaaren und Klappaugen verschwendet, auf die Bubi verächtlich herabblickte. Ja, sie hatte ihre Puppenkinder sogar in Schutz genommen vor seinen übermütigen Angriffen. Seitdem Piccola die Stelle der Puppen bei Suse einnahm, hatte sich das Verhältnis zwischen Suse und Bubi durchaus nicht gebessert. Im Gegenteil. Suse brachte dem schwarzen Feind ihres Kätzchens offenbares Mißtrauen entgegen, selbst wenn dieses ausnahmsweise mal nicht gerechtfertigt war.

Suses rosenrotes Stübchen mit den weißen Mullgardinen hatte es Bubi angetan. Es war weniger der Schönheitssinn des Köters, der ihn in dieses rosenrote Mädchenreich zog, als eine Troddel, auf die er es abgesehen hatte. Eine rosenrote Troddel, die vom Polster des kleinen Rosensofas herabbaumelte. Piccola hatte sie sich als Spielzeug erkoren. Sie sprang graziös dem schaukelnden Ding nach – stundenlang. Das erregte Bubis Mißgunst. Wie ein kleiner schwarzer Bär sprang er täppisch hinterher und versuchte seiner Feindin die rosenrote Troddel zu entreißen. Oft mußte Suse von ihren Schularbeiten aufstehen und die beiden um die Troddel Kämpfenden trennen. Bubi fand es gemein, daß er dabei immer den kürzeren zog und aus dem rosenroten Stübchen ausgewiesen wurde.

Dabei hatte Suse reichlich zu arbeiten. Sie war immer eine gewissenhafte Schülerin gewesen. Das Lernen wurde ihr nicht so leicht wie ihrem Zwilling. Aber jetzt, wo sie das englische Pensum der Klasse noch außer den Lücken in den andern Stunden nachholen mußte, hatte sie nicht viel Zeit für ihre vierbeinigen Freunde übrig. Zweimal in der Woche hatte sie nachmittags bei einer englischen Miß Privatunterricht. Die dürre Miß, so lang wie eine Zaunlatte, war der armen Suse eine rechte Qual. Ihre kleine Mies war ihr ungleich lieber. Ach, wieviel Kopfzerbrechen machte der armen Suse die englische Sprache. Besonders mit dem Schriftlichen stand sie auf Kriegsfuß. Wozu wurden die Worte im Englischen ganz anders geschrieben, als man sie aussprach? Wer sollte denn das behalten? Sie sicher nicht. Die englischen Diktate in der Privatstunde bei Miß Smith zeigten beinahe ebenso viel rote Tinte wie schwarze. Es wimmelte von Schreibfehlern. Da gab es oft Tränen. Und das schlimmste war, daß ihr Zwilling, der Retter in allen Nöten, ihr dabei nicht helfen konnte. Der lernte seine lateinischen Regeln und fand die unbekannte englische Sprache »doof«.

Aber andere Zwillinge standen Suse zur Seite, den schweren Anfang zu überwinden. Mit Inge und Helga Martin verband sie bald warme Zuneigung und Freundschaft. Die Martinschen Zwillinge, begabte und fleißige Schülerinnen, waren Suse immer wieder Ansporn und gutes Beispiel. Sie bemühte sich redlich, den Vorsprung, den die Freundinnen im Englischen vor ihr hatten, zu verkleinern und allmählich nachzukommen. Mutti hatte ein gutes Mittel – Mütter finden ja immer Rat, wenn die Kinder keinen mehr wissen. Jeden Tag diktierte sie Suse ein kleines englisches Diktat aus den Heften, welche die Freundinnen ihr liehen. Es war merkwürdig, die Suse lernte bei ihrer Mutter mehr als bei der Miß. Die Mutter gab ihr Ruhe. Suse hatte bei ihr nicht die Angst, Fehler zu machen, wie bei Miß Smith. Mutti wurde nicht müde, immer wieder liebevoll zu erklären und Mut zuzusprechen, wenn Suses Eifer erlahmen wollte. Allmählich kam in das wirre Durcheinander, das die englischen Buchstaben für Suse bildeten, eine gewisse Ordnung. Sie begann zu verstehen, daß es auch für die ihr bisher unverständliche englische Schreibweise bestimmte Richtlinien gab. Die roten Tintenstriche bei Miß Smith wurden nach und nach weniger.

Der November stand vor der Tür. Grau und mürrisch, trotzdem ihm Kinderaugen erwartungsvoll entgegenstrahlten. Professors Zwillinge feierten am ersten November ihren zwölften Geburtstag. In jedem Kinderleben bildet der Geburtstag einen wichtigen Markstein im Jahre. Elternliebe hatte den Zwillingen den ersten November, an dem ihre Lieblinge ihnen einst geschenkt worden waren, immer besonders festlich gestaltet. Im vergangenen Jahre hatten sie bei italienischer Sonne mit den schwarzhaarigen neapolitanischen Schulfreunden unter Orangenbäumen gespielt. Wie würde der zwölfte Geburtstag sich dieses Jahr in der neuen Thüringer Heimat gestalten?

»Dürfen wir eine Kindergesellschaft geben? Nicht wahr, Muttichen, wir können uns doch Kinder einladen? Jeder ein Dutzend, weil wir doch zwölf Jahre alt werden.« So hatte Suse in der letzten Oktoberwoche täglich die Mutter bestürmt.

Aber die Eltern waren diesmal den Wünschen der beiden nicht so recht zugänglich.

»Ihr seid ja erst so kurze Zeit in Jena, Kinder, und habt doch überhaupt noch keine richtige Freundschaft geschlossen«, stellte ihnen die Mutter vor.

»Was – Helga und Inge sind meine besten Freundinnen für alle Ewigkeit. Und die andern sind auch alle so nett zu mir. Und Tinchen Schiller könnte ich einladen, wenn sie auch in eine andere Schule geht«, überlegte Suse.

Aber der Vater schüttelte den Kopf. »Nein, Kinder, wir werden in diesem Jahr von einer größeren Feier eures Geburtstages absehen. Der Umzug und die Herrichtung unseres Sternenhauses hat viel Geld gekostet. Wir müssen jetzt sparsam und bescheiden leben und unnütze Ausgaben vermeiden. Ihr seid groß genug, um das selbst einzusehen.«

Das wollten die Zwillinge aber nicht einsehen. Kindergesellschaft war doch keine unnütze Ausgabe. Ihr zwölfter Geburtstag sollte diesmal ohne Freunde gefeiert werden? Nein, das war ja gar nicht denkbar. Dann war es überhaupt kein richtiger Geburtstag. Zu einem richtigen Geburtstag gehörten Schulfreunde und Schokolade mit Schlagsahne und Gesellschaftsspiele und Verlosung. Suse zerfloß in Tränen, während Herbert nur empört war.

»Ich habe meine Kinder für verständiger und einsichtsvoller gehalten«, sagte die Mutter kopfschüttelnd. Sie war traurig, daß ihre Zwillinge so unvernünftig waren und nicht verzichten konnten.

Als Suses Tränen eine Weile geflossen waren, begann sie zu überlegen. Der Vater hatte große Ausgaben durch die Übersiedelung nach Jena gehabt. Sie mußten jetzt sparsam leben, damit sein Gehalt reichte. Das hatte die Mutter ihnen schon neulich gesagt, als sie mit Schrecken feststellte, daß die Zwillinge alle beide ihren Wintermantel ausgewachsen waren. Voriges Jahr in Italien hatten sie keinen gebraucht. Dort war es warm gewesen.

»Da werden wir auf das Konzert- und Theaterabonnement, das der Vater nehmen wollte, in diesem Winter verzichten. Warme Mäntel müssen sein. Vergnügen ist nicht notwendig.« So hatte die Mutter selbstlos überlegt.

Warum mußte Suse nur plötzlich in ihrem Schmerz über die versagte Geburtstagsgesellschaft an diese Worte der Mutter denken? Weil die Mutti sofort für ihre Kinder auf Vergnügen verzichtet hatte. Leicht war es ihr sicher nicht geworden. Suse wußte, wie gern sie mit dem Vater ein Konzert oder eine Theatervorstellung besuchte. Waren sie beide weniger opferfreudig? Hatten sie ihre Eltern weniger lieb?

Energisch trocknete Suse mit ihrem Tüchlein die immer noch fließenden Tränen. Sie schämte sich vor ihrer Piccola. Nur gut, daß das Kätzchen so angelegentlich mit der rosenroten Troddel beschäftigt war.

Im Nebenzimmer hantierte Herbert in seinem Zoo. So nannte Suse die Ecke, die der Bruder für seine Viecher, die ihr sehr unsympathisch waren, eingerichtet hatte. Ein frisch gefangener Regenwurm sollte der erste Bewohner seines Terrariums, das er sich neu anzulegen gedachte, sein.

Da erschien sein Zwilling, verweint und beschämt.

»Du, Herbert, ich heule nicht mehr um die Geburtstagsgesellschaft«, sagte Suse, während ihr blanke Tränen über die Wangen kullerten.

»Was tuste denn sonst?« meinte Herbert verwundert.

»Ich verzichte, weil – weil – – –«, Suse wurde ein bißchen rot, »weil Mutti und Vati auch nicht ins Theater gehen können, wenn wir neue Mäntel kriegen.«

Herbert machte ein merkwürdiges Gesicht. Halb verlegen, halb anerkennend. Suse war doch besser als er.

»Meinetwegen«, sagte er schließlich. »Ich wollte den Jungs überhaupt nur gern meine schöne Schmetterlingssammlung aus Italien zeigen. Ob Regenwürmer wohl Fliegen fressen?« Er war mit seinen Gedanken schon wieder woanders.

Suse aber hatte noch gar kein Interesse für Regenwürmer. »Wenn ich bloß nicht Helga und Inge schon erzählt hätte, daß ich sie zum ersten November einlade. Was soll ich ihnen denn nun bloß sagen?«

»Kannst ja sagen, du hättest irgendwas ausgefressen – – –«, schlug Herbert vor.

»Was – schwindeln soll ich? Und wo ich doch gar nichts angestellt habe? Nee! Ich glaube, es ist das richtigste, ich sage ihnen den wahren Grund.«

»Dann denken sie, wir sind so arm, daß wir nicht mal eine Kindergesellschaft an unserm Geburtstag geben können.« Herbert schien mit dem geraden Weg nicht einverstanden. Er wollte in keiner Weise unterschätzt werden.

»Beste Freundinnen darf man überhaupt nicht beschwindeln«, setzte Suse hinzu. Rasch machte sie kehrt und lief hinunter in Mutters Wohnzimmer, ehe ihr opferfreudiger Verzicht ihr wieder leid wurde.

Die Mutter saß nicht, wie Suse angenommen, an ihrem Nähtisch, sondern sie räumte mit Minna in den noch unbewohnten Parterrezimmern herum.

»Nanu – kommt die kleine Omama?« fragte Suse erwartungsvoll.

»Ach wo! Aber man muß doch hin und wieder hier lüften und den Staub hinausjagen. Na, Suse, was hast du auf dem Herzen?« Mutters braune Augen, von derselben Haselnußfarbe wie die ihres Töchterchens, sahen gleich, daß Suse an irgend etwas herumdruckste.

Suse blickte zweifelhaft auf Minna, welche die Fenster putzte. Ach was, sie waren ja beide gut Freund, Minna und sie, vor der brauchte es ihr nicht peinlich zu sein.

»Ich habe mir das mit der Kindergesellschaft an unserm ersten November überlegt, Muttichen. Und Herbert auch. Wir – wir können auch verzichten.«

Die Mutter zog das errötende Töchterchen an ihr Herz. Sie hatte es ja gewußt, daß sie zur Einsicht kommen würden, ihre zwei. Kinder sind niemals zu jung, um auch ihr Teil von den Sorgen der Eltern zu tragen.

»Und Helga und Inge sage ich die Wahrheit, daß unser Sternenhaus so viel gekostet hat, daß nichts mehr für die Geburtstagsschokolade übriggeblieben ist«, berichtete Suse weiter.

Die Mutter lächelte. »Nun, Suschen, für Helga und Inge würde es am Ende noch zu einer Tasse Schokolade reichen. Und Herbert darf sich auch einen oder zwei Schulkameraden einladen. Nur eine große Kindergesellschaft ist jetzt nicht angebracht.«

»Ach, Mutti, wenn ich Helga und Inge am Geburtstag dahaben darf, mehr will ich ja gar nicht.« Es war wieder eitel Sonnenschein bei Suse. Herbert aber hatte jetzt Sorgen. Er war im Zweifel, wer von den sechsunddreißig Schulkameraden dazu auserlesen werden sollte, den Zwillingsgeburtstag mitzufeiern. Gut Freund war er mit allen. Aber einen besten Freund hatte er bis jetzt noch nicht gefunden.

»Lade doch Schmidt, den Ersten ein«, riet ihm die Schwester.

»Damit es heißt, ich meiere mich an? Nee, dann schon eher den Letzten.«

»Den Letzten? Das erlaubt Vater gar nicht, daß du mit so faulen Jungs verkehrst.«

»Ich werde sie losen lassen.« Herbert war ja nie um einen Ausweg verlegen. Er machte sich gleich daran, aus einem alten italienischen Heft Lose zu rollen, sechsunddreißig Stück. Davon waren vierunddreißig Nieten, und zwei trugen das Datum des ersten Novembers, schön von den Zwillingen in Blau- und Rotstift gemalt. Wer würden die glücklichen Gewinner sein?

Leider aber kam es gar nicht zur Auslosung. Denn als der Vater am Abend von der merkwürdigen Einladung, die sein Sohn sich ausgedacht hatte, hörte, lachte er herzlich, nahm aber die Sache nicht ernst. Er wünschte, daß Herbert die Söhne zweier Universitätskollegen, die mit ihm in einer Klasse waren, zu sich bat. Und obgleich der Herr Sohn den einen wieder mal als »doof« bezeichnete, blieb es dabei.


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