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8. Kapitel. »Weißt du, wieviel Sternlein stehen?«

Merkwürdig, Professors Zwillinge, die früher nie ein Geheimnis voreinander gehabt hatten, verhielten sich bezüglich ihrer Mitteilungen über ihren ersten Schultag gegeneinander ziemlich einsilbig.

Suse erzählte nichts davon, daß sie zuerst der siebenten Klasse einen Besuch gemacht hatte, um nicht von Herbert als »doof« bezeichnet zu werden. Nur daß sie in der englischen Stunde wie ein Taubstummer dagesessen hätte, berichtete sie, und daß sie sich beim »Taucher« doll gegrault habe. Aber dann erzählte sie strahlend, daß sie schon zwei Freundinnen habe. – »Zwillinge wie wir, Herbert. Und wenn wir alle zusammen sind, dann sind wir Vierlinge. Hast du auch schon Freunde?«

»Ach wo. Bei Jungs geht das nicht so schnell. Ihr Mädels schwört euch heute ewige Freundschaft, und morgen seid ihr ›schuß‹ auf ewig.«

»Aber mit Inge und Helga Martin werde ich bestimmt nicht schuß. Ihr Vater ist unser Ordinarius.«

»Martin – Himmel, hast du keine Flinten! Bei dem haben wir ja auch Stunde. Ich glaube Deutsch unterrichtet er.« Herbert machte durchaus kein begeistertes Gesicht. Wenn Suses Freundinnen durch ihren Vater bloß nicht erfuhren, daß er gleich in der ersten Stunde aus der Klasse geflogen war!

Suse saß am Pult und machte gewissenhaft Schularbeiten. Herbert, der immer sehr schnell mit seinen Aufgaben fertig war, beschäftigte sich mit Piccola, indem er ihr verkehrt über den Buckel strich, was das Kätzchen nicht ausstehen konnte. Es begann zu fauchen.

»Bist du denn noch nicht mit den langwelligen Exempeln fertig, Suse? Um vier sollen wir im Planetarium sein. Da fängt Vaters Vortrag an.«

»Ehe Minna nicht mit ihrem Aufwasch fertig ist, fängt's nicht an. Vati hat versprochen, auf sie zu warten.« Das ganze Sternenhaus sollte an der Planetariumsvorführung teilnehmen. Da es ein Mittel zur Volksbildung war, mußte auch Minna, die Küchenfee, dabei sein.

»Ich bin schon mächtig aufgeregt, wie's sein wird«, sagte Suse und schrieb statt einer Sechs eine Acht hin.

»Oh,« machte Herbert geringschätzig, »es lohnt sich nicht. Von Sternen ist überhaupt nichts zu sehen. Ein großer Apparat steht in der Mitte, den wird Vater wohl erklären. Stockduster ist es. Du wirst dich graulen. Wenn ich nicht dächte, Vater nimmt's übel, würde ich gar nicht mitgehen. Ich habe von neulich genug!«

»Na ja, weil du dort im Dunkeln eingesperrt warst, darum findest du's auch graulich. Vati sagt, wir werden Mund und Augen aufsperren.« Sie rechnete eifrig weiter, während Herbert mit »Kß – kß« die Katze reizte. Schließlich begann er sie in Gemeinschaft mit Bubi im Zimmer herumzujagen. Piccola suchte Zuflucht auf dem Schoß ihrer kleinen Herrin – klacks – ein schwarzer Tintenklecks prangte auf der Rechenarbeit.

Suse begann natürlich zu weinen. »Du bist schuld, wenn ich einen Tadel kriege. Immer ärgert ihr beide die arme Piccola, du und der olle Bubi. Der muß überhaupt aus meinem Zimmer raus. Der hat hier gar nichts zu suchen.« Suse rächte sich, indem sie den schwarzen Köter hinausjagte.

Wieder wurde gerechnet, bis Muttis Stimme erklang:

»Kinder, seid ihr fertig? – Es ist Zeit.«

»Ach, noch eine Aufgabe. Nun bin ich doch nicht fertig geworden, bloß weil du mich gestört hast, Herbert.« Es klang schon wieder weinerlich.

»Ich helfe dir, wenn wir nach Hause kommen.« Herbert fühlte sich schuldbewußt.

Flink noch die Tintenfinger mit Bimsstein gereinigt, und dann ging's trapp – trapp – die Treppe hinunter. Unten wartete die Mutter bereits. Auch Minna war mit ihrem Aufwasch früher fertig geworden als Suse mit ihren Schularbeiten. Ihr frisches Gesicht glänzte vor Freude und vom Scheuern.

Bubi wedelte bereits lebhaft mit dem Schwänzchen an der Gartentür. Er war der aufgeregteste.

»Der Hund bleibt zu Hause, Herbert«, gebot die Mutter. »Das Planetarium ist kein Aufenthaltsort für Tiere.«

»Bubi interessiert sich auch für Sterne. Den Mond heult er jeden Abend an.« Aber Herbert wagte es doch nicht, den Hund gegen das ausdrückliche Verbot der Mutter mitzunehmen.

»Zurück, Bubi – kusch' dich!« befahl er.

Bubi war diesmal weniger gehorsam als Herbert. Er wartete, bis die Bewohner des Sternenhauses den Berg hinunter waren. Dann zwängte er sich durch eine etwas breiter auseinanderstehende Zaunlatte hindurch, mit der er schon öfters geliebäugelt hatte, und schoß hinterher. Er hielt es für sein gutes Recht, wenn die Zwillinge ohne Schulmappe fortgingen, dabei zu sein. Was fragte Bubi nach dem Planetarium.

Es war fabelhaft, wie schlau der Hund war. Er wußte genau, daß er sich nicht erwischen lassen durfte. Sonst hieß es: »Marsch – kehrt!« Erst als er Winters eine Elektrische besteigen sah, jagte er mit derselben um die Wette. Am Prinzessinnengarten, wo die Professorenfamilie ausstieg, hielt er sich bescheiden zurück. Nein, Bubi legte gar keinen Wert darauf, zu früh entdeckt zu werden.

»Das ist hier wohl ein Dempel?« fragte Minna, mit scheuer Andacht den runden Kuppelbau des Planetariums mit der Säulenvorhalle musternd.

»Nein, das ist kein Dempel, sondern das Blanedarium«, zog Herbert, der Frechdachs, wieder die Minna auf. Zum Glück hörte die Mutter es nicht. Sonst hätte es sicher eine Rüge gesetzt.

Suse nahm Muttis Arm, als sie jetzt den halbdunkeln Raum betraten. Es war ihr beklommen zumute. Da aber hörte sie aus dem unbekannten Riesenrund eine Stimme. Die klang vertraut und beruhigend. Es war die ihres Vaters, der dort mehreren Besuchern die Handhabung des Zeiß-Apparates auseinandersetzte.

Als Professor Winter seine Familie gewahrte, kam er erfreut auf sie zu.

»Da seid ihr ja«, sagte er. »Kommt gleich mit mir nach vorn an den großen Zeiß-Apparat. Aber daß du mir nichts anfaßt, Herbert.« Der Vater kannte seinen Sohn.

War der Apparat riesengroß! Der Vater, der doch gewiß nicht klein war, sah daneben wie ein Zwerg aus. Der Zeiß-Apparat ging auf Rädern wie ein Wagen. Herbert hätte ganz gern mal versucht, ob er ihn von der Stelle bringen könne.

Der Professor begann seine Erklärung: »Dieser so einfach aussehende Apparat ist das größte Kunstwerk der Technik. Es ist eine große Projektionsmaschine, wie sie auch im Film benutzt wird. Sie setzt sich aus mehr als Hunderten von kleinen Projektionsapparaten, das sind Bildwerfer, die das Bild der Sterne auf die Himmelskuppel werfen, zusammen. Motoren geben den Antrieb zum Umlauf der Himmelskörper. Sonne, Erde, Mond, Planeten, alle diese Gestirne werden durch Einschaltung des Elektromotors vom Vortragenden am Rednerpult unauffällig und geräuschlos in Bewegung gesetzt. Alles weitere erkläre ich in meinem Vortrage«, schloß Professor Winter.

»Vater, darf ich den Motor einschalten? Bitte, bitte, laß mich!« erklang eine Jungenstimme, als der Professor schwieg. Sie dröhnte ordentlich in dem Kuppelbau.

Alles lachte, während der Professor erwiderte: »Nein, mein Sohn, der Zeiß-Apparat ist kein Kinderspielzeug.«

Als der Professor dem hinter den Bänken aufgestellten Rednerpult zuschritt, fühlte er plötzlich eine schmale Kinderhand in der seinen.

»Vatichen, ich habe nicht einen einzigen Stern in dem großen Apparat gesehen«, beklagte sich Suse.

»Aber du Dummchen, die Sterne werden doch erst durch den Apparat auf die Himmelskuppel geworfen, genau wie im Kino. Du wirst schon noch genug Sterne zu sehen bekommen. Setz dich zu Mutti und Herbert auf deinen Platz«, sagte Professor Winter, die Schalteinrichtung des Motors noch einer Prüfung unterziehend.

Wo saßen denn Mutti, Herbert und Minna? Suse fand sich in dem runden Riesenraum gar nicht mehr zurecht. Überall saßen Zuschauer, Schulen, Vereine, Fremde.

Plötzlich ertönte ein Pfiff, mit dem Herbert Bubi zu rufen pflegte, wenn er entlaufen war. Diesmal galt der Pfiff seinem entlaufenen Zwilling.

Da hatte sich die Suse auch glücklich wieder zurückgefunden zu ihm. Und das war gut. Denn gerade in dem Augenblick, wo sie zwischen Mutti und Herbert Platz nahm, wurde es stockdunkel in dem gewaltigen Rundbau. Suse griff der Sicherheit halber nach Muttis Hand.

Aber noch einer hatte sich bei Herbert auf den Pfiff eingefunden in der Annahme, der Pfiff gelte ihm. Einer, der in dem Gedränge an der Eingangstür unbemerkt mit hineingeschlüpft war, genau so wie neulich sein junger Herr. Wäre nicht das unterdrückte Stimmengemurmel der vielen Schulkinder gewesen, hätte man deutlich das Tappeln von vier Beinen auf dem Steinboden vernehmen können.

Herbert Winter war ein beherzter Junge. Aber als es plötzlich in der Dunkelheit an seinen Beinen hochsprang, hätte er bei einem Haar losgebrüllt. Doch da leckte es schon beruhigend seine Hand, und der Schreckensschrei verwandelte sich in den freudigen Ausruf: »Bubi!«

»Bubi ist da, Mutti«, flüsterte Suse aufgeregt der neben ihr sitzenden Mutter zu.

Aber ehe die Mutter sich noch irgendwie äußern konnte, begann der Vortrag ihres Mannes und verlangte volle Aufmerksamkeit.

»Viele Menschen leben in großen Städten, wo die hohen Häuser so eng beieinander stehen, daß sie nur einen kleinen Ausschnitt des Himmels freigeben. Meistens hängt Dunst und Nebel über den Großstädten von dem Rauch der vielen Fabrikbetriebe und Eisenbahnen. Einen klaren Sternenhimmel sieht man nur selten in der Stadt. Die Menschen haben dort auch gar keine Zeit, darauf zu achten. Nur wenige haben Interesse für den Lauf der Gestirne. Und doch ist es das Wunderbarste, was die Natur uns offenbart.

Die Unwissenheit über die astronomischen Vorgänge am Himmel kommt auch daher, weil in den Schulen nur ungenügende Hilfsmittel zu Gebote stehen. Will ein Lehrer den astronomischen Unterricht durch das Fernrohr anschaulich gestalten, so muß er die Schüler abends versammeln. Auch dann macht das Wetter ihm oft einen Strich durch die Rechnung. Die Langsamkeit, mit der die Himmelskörper ihre Bahnen verfolgen, verlangt sehr viel Geduld und Ausdauer vom Beobachter.

Hier im Planetarium fallen alle diese Schwierigkeiten fort. Zu jeder Tageszeit kann man hier den künstlichen Sternenhimmel beobachten, so klar und wunderbar übersichtlich, wie das nur selten in der Natur möglich ist.«

Der Professor machte eine Pause. Er schaltete den Apparat ein, und ein allgemeines »Ah!« der Bewunderung wurde laut.

Die unscheinbare Stoffkuppel der Decke flammte plötzlich als ein flimmerndes Sternenmeer auf. Am tiefsamtenen Himmel blinkte und funkelte das von unzähligen Sternen. Es war wie im Märchen.

Der Planetariumsdirektor begann die bekanntesten Sternbilder zu erklären. Ein Lichtpfeil, der am Himmel entlanghuschte, wies das betreffende Sternbild. Da war der Große und der Kleine Bär, auch Wagen genannt, wegen der Stellung seiner sieben Sterne, die deutlich Räder und Deichsel eines Wagens zeigen.

»Wissen wir ja schon längst«, flüsterte Herbert seinem Zwilling zu.

»Der letzte Stern im Schwanz des Kleinen Bären ist der Polarstern, um den sich die Himmelskugel scheinbar dreht. Dort ist der leuchtende Sirius, der hellste Fixstern, den man im Winter besonders gut sieht. Unter Fixsterne versteht man die Gestirne,« erklärte der Professor, »von denen man früher annahm, daß sie ihren Standpunkt am Himmelsraum nicht verändern. Das ist aber nicht der Fall. Sie bewegen sich nur so langsam, daß Tausende von Jahren dazu gehören, um die Veränderung wahrzunehmen.«

Wieder huschte der Lichtpfeil durch das Sternenmeer hin und her, bald hier, bald dort, die Planeten Venus, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun weisend.

Ein leises Knurren klang in den Vortrag des Professors hinein – Bubi wurde unruhig. Der an der Himmelskuppel umherjagende Lichtpfeil war schuld daran, daß Bubis Aufmerksamkeit von dem Vortrag abgelenkt wurde. Ob er den Pfeil für ein spielerisches Kätzchen hielt, oder ob er nur durch ihn an seine Feindin Piccola erinnert wurde, Bubi saß knurrend und sprungbereit da. Vergeblich versuchte Herbert ihn durch Streicheln und Klopfen zu beruhigen.

Da – als der leuchtende Pfeil wieder ganz in seiner Nähe vorüberschoß, schoß auch Bubi herunter und mit Kriegsgebell hinter dem Lichtpfeil her.

Verflogen war die Andacht, mit der das Publikum den Auseinandersetzungen des Gelehrten lauschte. Allgemeines Gelächter erhob sich, mischte sich mit dem Gebell des aufgeregten Bubi, der den Lichtpfeil immer noch wütend verfolgte.

»Ich ersuche den Besitzer des Hundes, das Tier sofort hinauszuführen. Tiere haben im Planetarium nichts zu suchen«, ordnete Professor Winter, ärgerlich über die Störung, an. Er ahnte nicht, daß der Besitzer des Hundes sein eigener Sohn war.

Erst als eine Jungenstimme, nicht weniger aufgeregt als der Hund selbst, rief: »Hierher, Bubi – sofort hierher!« erkannte der Professor mit Schrecken den Störenfried. Da hatte dieser Schlingel den Hund ins Planetarium mit eingeschmuggelt! Er konnte nicht wissen, daß sein Sohn Herbert diesmal ausnahmsweise unschuldig daran war.

Bubi war im Genick gepackt und an die Luft gesetzt worden. Er mußte seinen astronomischen Wissensdrang auf ein andermal verschieben. Sein junger Herr aber kehrte zu seinem Platze zurück, denn heute erst erkannte Herbert, wie herrlich das Planetarium war. Nein, so interessant hatte er es sich doch nicht gedacht.

Der Professor fuhr nach dieser unfreiwilligen Pause in seinem Vortrage fort. Er kam jetzt zu den Bahnen, welche die einzelnen Gestirne durchlaufen.

Plötzlich kam Bewegung in den Sternenhimmel. Sterne gingen auf, gingen unter, Planeten durchwanderten in wenigen Sekunden ihre Jahresbahn. Die Himmelskuppel war durch den in Grade eingeteilten Mittagskreis oder Meridian in zwei Hälften geschieden. Daran war Monat und Datum angegeben, so daß man deutlich erkennen konnte, daß die Sonne am 21. Juni den Mittagskreis viel höher schneidet als am 21. Dezember. Daß die Sonne und ihre Kinder, die Planeten, im Sommer eine viel längere Tagesbahn zu durchlaufen haben, als im Winter. Sonne, Mond und Sterne, alles in Bewegung. Es war, als ob der ganze Himmel sich drehte. Wie in einem Karussell ging es – Suse wurde es ganz flimmerig vor den Augen. Drehte sich denn der Himmel? Nein, sie selbst drehte sich. Wie in einer Schaukel ging es dabei auf und nieder. Es ward der Suse zumute wie damals, als sie im Schiff von Neapel nach Capri fuhr. Ganz elend wurde ihr. Und plötzlich erklang mitten in den Vortrag des Professors, der gerade die Planeten um die Sonne kreisen ließ, eine weinerliche Stimme: »Mutti – Muttichen – ich werde seekrank!« Trotzdem Suse nur halblaut gesprochen hatte, schallte es dröhnend in dem Kuppelrund.

Das Lachen der Zuhörer dröhnte als Echo hinterdrein.

Wieder war es um die Andacht geschehen. Wieder mußte eine Pause eintreten, damit diesmal die seekranke Suse, wie vorher Bubi, ins Freie befördert werden konnte. Minna begleitete sie.

»Ach, du armes Gind, du siehst ja aus wie weißer Gäse! Dut dir der Gopf sehr weh? Hier in der wrischen Luft wird dir besser werden.« Minna streichelte mitleidig Suses blasses Gesicht. Bubi, der auf seine Herrschaften draußen wartete, wedelte ihr ebenso mitleidig mit seinem Schwänzchen zu. Er war erfreut, einen Leidensgenossen zu haben.

»Ob Vati sehr böse sein wird, weil ich gestört habe?« fragte Suse beklommen, als sie wieder reden konnte.

»Wenn dir so schlecht zumute gewesen ist, Suschen, dut er sicher nicht ärgerlich sein«, beruhigte sie Minna.

»Mir tut's leid, Minna, daß Sie durch mich den Vortrag von Vater nicht zu Ende haben hören können«, begann Suse wieder entschuldigend.

»Ach, Gind, das braucht dir nicht leid zu dun. Es war ja sehr schön, beinah so brächtig wie im Zirgus. Aber von der Rede und von den vielen Sternen wurde man ganz schläfrig, als ob es wirklich Nacht sein däte«. Minna schien auch ganz froh zu sein, statt der Sterne wieder die Sonne zu sehen.

Die Vorführung war zu Ende. Das Publikum strömte in Scharen hinaus. Alle schienen sie begeistert. Alle rieben sie sich die Augen, als sie nach der Nacht das strahlende Tageslicht wieder sahen.

Die Familie des Professor Winter fand sich wieder zusammen.

»Na, ihr seid nett,« sagte der Vater vorwurfsvoll, »von allen Kindern mußten gerade meine beiden stören.«

»Ich kann nichts dafür, Vater. Bubi ist ganz von selbst ausgekniffen und ins Planetarium gekommen«, versicherte Herbert. »Der Hund hat eben Bildungsdrang.«

»Und ich war wirklich doll seekrank, Vati«, fiel Suse, sich entschuldigend, ein.

»Sehkrank mit h geschrieben«, scherzte die Mutti.

»Na, und wie hat's der Minna gefallen?« erkundigte sich der Professor, wieder ausgesöhnt.

»Minna hat gesagt, es war ebenso schön wie im Zirkus«, rief Suse. »Ich finde aber Zirküsse doch noch feiner. Vatichen, nimm doch ein paar Pferde und einen Clown ins Planetarium, paß mal auf, wie schön es dann erst wird.«

Da lachte der Vater, während Herbert verbesserte: »Zirkusse heißt es, Suse, du denkst wohl, das Wort kommt von Küssen?«

Neben ihnen stand eine Schulklasse, darunter Tinchen Schiller.

»Was war denn nun das Schönste von allem?« fragte der Lehrer, der seine Klasse ins Planetarium geführt hatte, die Kinder.

»Wie der Hund hinter dem Lichtpfeil herjagte«, rief einer begeistert.

»Nä, wie das Mädel aus dem Sternenhaus säkrank wurde, das war noch viel ulkiger«, überschrie ihn Tinchen Schiller.

Suse verkroch sich beschämt hinter Vaters breitem Rücken.

»Aber Kinder, dazu braucht ihr doch nicht ins Planetarium zu gehen«, meinte der Lehrer lachend. »Was hat euch denn von den Sternen am besten gefallen?«

»Alles!« riefen die Schulkinder.

Und plötzlich erklang es im Chor – wer es angestimmt hatte, wußte man nicht – von vielen Kinderstimmen:

»Weißt du, wieviel Sternlein stehen
An dem blauen Himmelszelt.«


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