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15. Kapitel / Chapter 15

In dem Rebekkas Mann für kurze Zeit erscheint / In Which Rebecca’s Husband Appears for a Short Time

Jedem sentimentalen Leser (und wir wünschen uns keinen anderen) muß das tableau, womit: der letzte Akt unseres kleinen Dramas schloß, gefallen haben, denn kann es ein hübscheres Bild geben, als Amor auf den Knien vor der Schönheit?

 

Every reader of a sentimental turn (and we desire no other) must have been pleased with the tableau with which the last act of our little drama concluded; for what can be prettier than an image of Love on his knees before Beauty?

Als aber Amor das schreckliche Geständnis der Schönheit hörte, daß sie bereits verheiratet sei, sprang er aus seiner demütigen Haltung auf dem Teppich auf und schrie Worte, die die arme kleine Schönheit in größere Angst versetzten, als sie im Augenblick ihres Geständnisses empfunden hatte. »Verheiratet! Sie machen wohl Witze«, schrie der Baronet nach dem ersten Ausbruche von Wut und Staunen. »Sie halten mich zum Narren, Becky. Wer würde Sie schon heiraten, ohne einen Shilling Vermögen?«

 

But when Love heard that awful confession from Beauty that she was married already, he bounced up from his attitude of humility on the carpet, uttering exclamations which caused poor little Beauty to be more frightened than she was when she made her avowal. “Married; you’re joking,” the Baronet cried, after the first explosion of rage and wonder. “You’re making vun of me, Becky. Who’d ever go to marry you without a shilling to your vortune?”

»Verheiratet! Verheiratet!« schluchzte Rebekka, in Tränen aufgelöst, vor Erregung sprachlos, das Taschentuch an die strömenden Augen gedrückt. So stand sie, an den Kamin gelehnt, um nicht in Ohnmacht zu sinken – ein Bild des Schmerzes, das auch das verstockteste Herz hätte rühren müssen, »Ach, Sir Pitt, lieber Sir Pitt, halten Sie mich nicht für undankbar gegenüber all der Güte, die Sie mir erwiesen haben. Nur Ihre Großmut hat mir mein Geheimnis entlockt.«

 

“Married! married!” Rebecca said, in an agony of tears — her voice choking with emotion, her handkerchief up to her ready eyes, fainting against the mantelpiece a figure of woe fit to melt the most obdurate heart. “O Sir Pitt, dear Sir Pitt, do not think me ungrateful for all your goodness to me. It is only your generosity that has extorted my secret.”

»Zum Henker mit der Großmut!« brüllte Sir Pitt. »Mit wem sind Sie denn verheiratet? Wo war es denn?«

 

“Generosity be hanged!” Sir Pitt roared out. “Who is it tu, then, you’re married? Where was it?”

»Oh, lassen Sie mich mit Ihnen wieder aufs Land gehen, Sir! Lassen Sie mich über Ihnen wachen, so treu wie je! Ach, bitte, trennen Sie mich nicht von dem lieben Queen's Crawley!«

 

“Let me come back with you to the country, sir! Let me watch over you as faithfully as ever! Don’t, don’t separate me from dear Queen’s Crawley!”

»Der Kerl hat Sie also sitzenlassen, ja?« fragte der Baronet, der glaubte, daß ihm allmählich ein Licht aufginge. »Nun, Becky, kommen Sie zurück, wenn Sie wollen. Man kann einen Kuchen nicht zweimal essen. Auf jeden Fall habe ich Ihnen ein ehrliches Anerbieten gemacht. Kommen Sie zurück als Gouvernante – Sie können alles so einrichten, wie Sie es wollen.« Sie streckte eine Hand aus und weinte dabei, als ob ihr das Herz brechen sollte; ihre Locken fielen ihr übers Gesicht und über den marmornen Kaminsims, auf dem ihr Kopf ruhte.

 

“The feller has left you, has he?” the Baronet said, beginning, as he fancied, to comprehend. “Well, Becky — come back if you like. You can’t eat your cake and have it. Any ways I made you a vair offer. Coom back as governess — you shall have it all your own way.” She held out one hand. She cried fit to break her heart; her ringlets fell over her face, and over the marble mantelpiece where she laid it.

»Der Halunke ist also durchgegangen, he?« sagte Sir Pitt in einem schrecklichen Versuch, sie zu trösten. »Es macht nichts, Becky, ich werde für Sie sorgen.«

 

“So the rascal ran off, eh?” Sir Pitt said, with a hideous attempt at consolation. “Never mind, Becky, I’ll take care of ’ee.”

»Oh, Sir! Es wäre der Stolz meines Lebens, nach Queen's Crawley zurückzukehren und wie früher für die Kinder und für Sie zu sorgen, wo Sie mir doch immer gesagt haben, daß Sie mit den Diensten Ihrer kleinen Rebekka zufrieden wären. Wenn ich mir überlege, was Sie mir eben angeboten haben, so schwillt mir das Herz vor Dankbarkeit, wirklich. Ich kann nicht Ihre Frau werden, Sir; lassen Sie mich – lassen Sie mich Ihre Tochter sein!« Bei diesen Worten sank nun Rebekka ihrerseits in tragischer Pose auf die Knie, nahm Sir Pitts schwielige schwarze Hand in ihre beiden (die sehr hübsch und weiß und so weich wie Seide waren) und blickte mit einem Ausdrucke tiefster Leidenschaft und unbegrenzten Vertrauens zu ihm auf, als die Tür aufging und Miss Crawley hereinsegelte.

 

“Oh, sir! it would be the pride of my life to go back to Queen’s Crawley, and take care of the children, and of you as formerly, when you said you were pleased with the services of your little Rebecca. When I think of what you have just offered me, my heart fills with gratitude indeed it does. I can’t be your wife, sir; let me — let me be your daughter.” Saying which, Rebecca went down on her knees in a most tragical way, and, taking Sir Pitt’s horny black hand between her own two (which were very pretty and white, and as soft as satin), looked up in his face with an expression of exquisite pathos and confidence, when — when the door opened, and Miss Crawley sailed in.

Mrs. Firkin und Miss Briggs hatten, bald nachdem der Baronet und Rebekka das Empfangszimmer betreten hatten, zufällig an der Tür gestanden, hatten dann, abermals zufällig, durchs Schlüsselloch hindurch den alten Herrn vor der Gouvernante knien sehen und seinen großmütigen Antrag gehört. Er war ihm kaum von der Zunge, so eilten Mrs. Firkin und Miss Briggs die Treppe hinauf, stürzten in den Salon, in dem Miss Crawley mit ihrem französischen Roman saß, und überbrachten der alten Dame die erstaunliche Nachricht, daß Sir Pitt vor Miss Sharp auf den Knien liege und ihr einen Heiratsantrag mache. Berechnet man nun die Zeit, die der oben wiedergegebene Dialog dauerte, und dann die Zeit, die die Briggs und die Firkin brauchten, um zum Salon zu fliegen, die Zeit, die Miss Crawley benötigte, um in Erstaunen zu geraten, ihren Pigault-Lebrun fallen zu lassen und die Treppe herabzukommen, so wird man feststellen, wie genau diese Geschichte stimmt und daß Miss Crawley gerade in dem Augenblick erscheinen mußte, als Rebekka die demütige Stellung eingenommen hatte.

 

Mrs. Firkin and Miss Briggs, who happened by chance to be at the parlour door soon after the Baronet and Rebecca entered the apartment, had also seen accidentally, through the keyhole, the old gentleman prostrate before the governess, and had heard the generous proposal which he made her. It was scarcely out of his mouth when Mrs. Firkin and Miss Briggs had streamed up the stairs, had rushed into the drawing-room where Miss Crawley was reading the French novel, and had given that old lady the astounding intelligence that Sir Pitt was on his knees, proposing to Miss Sharp. And if you calculate the time for the above dialogue to take place — the time for Briggs and Firkin to fly to the drawing-room — the time for Miss Crawley to be astonished, and to drop her volume of Pigault le Brun — and the time for her to come downstairs — you will see how exactly accurate this history is, and how Miss Crawley must have appeared at the very instant when Rebecca had assumed the attitude of humility.

»Die Dame liegt doch auf den Knien, nicht der Herr«, sagte Miss Crawley mit tiefer Verachtung in Blick und Stimme. »Man hat mir gesagt, du lägest auf den Knien, Sir Pitt; knie doch noch einmal nieder, damit ich das hübsche Paar sehen kann!«

 

“It is the lady on the ground, and not the gentleman,” Miss Crawley said, with a look and voice of great scorn. “They told me that you were on your knees, Sir Pitt: do kneel once more, and let me see this pretty couple!”

»Ich habe Sir Pitt Crawley gedankt, Madame«, sagte Rebekka und erhob sich. »Ich habe ihm gesagt, daß – daß ich nie Lady Crawley werden kann.«

 

“I have thanked Sir Pitt Crawley, Ma’am,” Rebecca said, rising, “and have told him that — that I never can become Lady Crawley.”

»Ihn abgewiesen!« rief Miss Crawley, mehr denn je verwirrt. Die Briggs und die Firkin an der Tür rissen vor Staunen Mund und Augen auf.

 

“Refused him!” Miss Crawley said, more bewildered than ever. Briggs and Firkin at the door opened the eyes of astonishment and the lips of wonder.

»Ja – abgewiesen!« fuhr Rebekka mit trauriger, tränenvoller Stimme fort.

 

“Yes — refused,” Rebecca continued, with a sad, tearful voice.

»Und darf ich meinen Ohren trauen, daß du ihr wirklich einen Heiratsantrag gemacht hast, Sir Pitt?« fragte die alte Dame.

 

“And am I to credit my ears that you absolutely proposed to her, Sir Pitt?” the old lady asked.

»Jawoll«, antwortete der Baronet, »das stimmt.«

 

“Ees,” said the Baronet, “I did.”

»Und sie hat dich abgewiesen, wie sie sagt?«

 

“And she refused you as she says?”

»Jawoll«, sagte Sir Pitt, sein Gesicht zu einem breiten Grinsen verzerrt.

 

“Ees,” Sir Pitt said, his features on a broad grin.

»Jedenfalls scheint es dir nicht das Herz zu brechen«, bemerkte Miss Crawley.

 

“It does not seem to break your heart at any rate,” Miss Crawley remarked.

»Nicht ein bißchen«, antwortete Sir Pitt so kühl und gutgelaunt, daß Miss Crawley vor Staunen beinahe verrückt wurde. Daß ein alter Edelmann vor einer Gouvernante, die arm wie eine Kirchenmaus war, auf die Knie sank und sich halbtot lachte, als sie ablehnte, ihn zu heiraten, daß ferner eine arme Gouvernante einen Baronet mit jährlich viertausend Pfund abwies – all das waren Rätsel, die Miss Crawley nicht begreifen konnte. Das übertraf alle noch so verwickelten Intrigen in ihrem geliebten Pigault-Lebrun.

 

“Nawt a bit,” answered Sir Pitt, with a coolness and good-humour which set Miss Crawley almost mad with bewilderment. That an old gentleman of station should fall on his knees to a penniless governess, and burst out laughing because she refused to marry him — that a penniless governess should refuse a Baronet with four thousand a year — these were mysteries which Miss Crawley could never comprehend. It surpassed any complications of intrigue in her favourite Pigault le Brun.

»Es freut mich, daß du es als einen guten Spaß ansiehst, Bruder«, fuhr sie fort und versuchte, sich durch die Wildnis der Verwirrung zu tasten.

 

“I’m glad you think it good sport, brother,” she continued, groping wildly through this amazement.

»Famos«, sagte Sir Pitt. »Wer hätte das gedacht! Was für ein schlaues Teufelchen! So ein kleiner Fuchs!« murmelte er und kicherte vor Vergnügen.

 

“Vamous,” said Sir Pitt. “Who’d ha’ thought it! what a sly little devil! what a little fox it waws!” he muttered to himself, chuckling with pleasure.

»Wer hätte was gedacht?« rief Miss Crawley und stampfte mit dem Fuße auf. »Sagen Sie mir doch, Miss Sharp, warten Sie vielleicht auf die Scheidung des Prinzregenten, da Ihnen unsere Familie nicht gut genug ist?«

 

“Who’d have thought what?” cries Miss Crawley, stamping with her foot. “Pray, Miss Sharp, are you waiting for the Prince Regent’s divorce, that you don’t think our family good enough for you?”

»Meine Haltung, als Sie hereinkamen«, antwortete Rebekka, »machte gewiß nicht den Eindruck, als verachtete ich den ehrenvollen Antrag, den dieser gute – dieser edle Mann sich herabließ, mir zu machen. Glauben Sie, ich habe kein Herz? Sie haben mich alle geliebt und sind gegen das arme verwaiste – alleinstehende – Mädchen so freundlich gewesen – und ich soll nichts fühlen? Oh, meine Freunde! Oh, meine Wohltäter! Darf ich mit meiner Liebe, meinem Leben, meiner Pflicht nicht das Vertrauen zu vergelten suchen, das Sie mir erwiesen haben? Sprechen Sie mir sogar Dankbarkeit ab, Miss Crawley? Es ist zuviel – mein Herz ist zu voll!« Sie sank so pathetisch in einen Stuhl, daß die meisten Zuschauer von ihrer Traurigkeit ganz gerührt wurden.

 

“My attitude,” Rebecca said, “when you came in, ma’am, did not look as if I despised such an honour as this good — this noble man has deigned to offer me. Do you think I have no heart? Have you all loved me, and been so kind to the poor orphan — deserted — girl, and am I to feel nothing? O my friends! O my benefactors! may not my love, my life, my duty, try to repay the confidence you have shown me? Do you grudge me even gratitude, Miss Crawley? It is too much — my heart is too full”; and she sank down in a chair so pathetically, that most of the audience present were perfectly melted with her sadness.

»Ob Sie mich nun heiraten oder nicht, Sie sind ein braves kleines Mädchen, Becky, und ich bin Ihr Freund, merken Sie sich das«, sagte Sir Pitt, setzte seinen florumwundenen Hut auf und ging – sehr zur Erleichterung Rebekkas; denn offensichtlich hatte Miss Crawley von ihrem Geheimnis noch nichts erfahren, und so hatte sie noch eine Galgenfrist.

 

“Whether you marry me or not, you’re a good little girl, Becky, and I’m your vriend, mind,” said Sir Pitt, and putting on his crape-bound hat, he walked away — greatly to Rebecca’s relief; for it was evident that her secret was unrevealed to Miss Crawley, and she had the advantage of a brief reprieve.

Rebekka hielt ihr Taschentuch vor die Augen, bedeutete der ehrlichen Briggs, ihr nicht die Treppe hinauf zu folgen, und ging auf ihr Zimmer, während die Briggs und Miss Crawley in großer Aufregung zurückblieben, um das seltsame Ereignis zu besprechen. Die nicht weniger bewegte Firkin tauchte in die Küchenregionen hinab und besprach die Angelegenheit mit der ganzen männlichen und weiblichen Gesellschaft dort. Der Eindruck dieser Nachricht auf Mrs. Firkin war so gewaltig, daß sie es für zweckmäßig erachtete, noch mit der Abendpost ihre »untertänigsten Empfehlungen« zu schreiben »an Mrs. Bute Crawley und die Familie im Pfarrhaus, und Sir Pitt ist dagewesen und hat Miss Sharp einen Heiratsantrag gemacht, den sie zur Verwunderung aller aber abgewiesen hat«.

 

Putting her handkerchief to her eyes, and nodding away honest Briggs, who would have followed her upstairs, she went up to her apartment; while Briggs and Miss Crawley, in a high state of excitement, remained to discuss the strange event, and Firkin, not less moved, dived down into the kitchen regions, and talked of it with all the male and female company there. And so impressed was Mrs. Firkin with the news, that she thought proper to write off by that very night’s post, “with her humble duty to Mrs. Bute Crawley and the family at the Rectory, and Sir Pitt has been and proposed for to marry Miss Sharp, wherein she has refused him, to the wonder of all.”

Die beiden Damen im Speisezimmer (der würdigen Miss Briggs war zu ihrem Entzücken wieder einmal ein vertrauliches Gespräch mit ihrer Herrin vergönnt) wunderten sich nach Herzenslust über Sir Pitts Antrag und Rebekkas Ablehnung. Die Briggs vermutete sehr scharfsinnig, daß ein Hindernis in der Gestalt einer früheren Liebe im Wege sein müsse; sonst würde wohl kein vernünftiges junges Mädchen einen so vorteilhaften Antrag ablehnen.

 

The two ladies in the dining-room (where worthy Miss Briggs was delighted to be admitted once more to confidential conversation with her patroness) wondered to their hearts’ content at Sir Pitt’s offer, and Rebecca’s refusal; Briggs very acutely suggesting that there must have been some obstacle in the shape of a previous attachment, otherwise no young woman in her senses would ever have refused so advantageous a proposal.

»Sie hätten den Antrag wohl angenommen, nicht wahr, Briggs?« sagte Miss Crawley freundlich.

 

“You would have accepted it yourself, wouldn’t you, Briggs?” Miss Crawley said, kindly.

»Wäre es nicht ein Vorzug, Miss Crawleys Schwägerin zu sein?« erwiderte die Briggs, bescheiden ausweichend.

 

“Would it not be a privilege to be Miss Crawley’s sister?” Briggs replied, with meek evasion.

»Nun, schließlich hätte Becky doch eine gute Lady Crawley abgegeben«, bemerkte Miss Crawley. Die abschlägige Antwort des Mädchens hatte sie beruhigt, und jetzt, da man kein Opfer von ihr verlangte, war sie ungemein liberal und großmütig. »Sie hat Verstand genug (im kleinen Finger schon mehr als Sie, meine arme liebe Briggs, im ganzen Kopf). Ihre Manieren sind ausgezeichnet, seitdem sie in meinen Händen ist. Sie ist eine Montmorency, Briggs, und Blut bedeutet etwas, obgleich ich für mein Teil keinen Wert darauf lege; und gewiß hätte sie diesen aufgeblasenen, dummen Leuten in Hampshire besser gezeigt, wer sie ist, als die unglückselige Eisenhändlerstochter.«

 

“Well, Becky would have made a good Lady Crawley, after all,” Miss Crawley remarked (who was mollified by the girl’s refusal, and very liberal and generous now there was no call for her sacrifices). “She has brains in plenty (much more wit in her little finger than you have, my poor dear Briggs, in all your head). Her manners are excellent, now I have formed her. She is a Montmorency, Briggs, and blood is something, though I despise it for my part; and she would have held her own amongst those pompous stupid Hampshire people much better than that unfortunate ironmonger’s daughter.”

Wie gewöhnlich stimmte die Briggs zu, und dann stellte man Vermutungen über Vermutungen über die »frühere Liebe« an. »Ihr armen freundlosen Geschöpfe habt stets so ein törichtes tendre«, sagte Miss Crawley. »Sie wissen ja, Sie selbst waren in einen Schreiblehrer verliebt (weinen Sie nicht, Briggs – andauernd weinen Sie, und das macht ihn nicht wieder lebendig), und ich vermute, die unglückliche Becky ist ebenfalls töricht und sentimental gewesen – wahrscheinlich ein Apotheker, ein Hausverwalter, ein Maler, ein junger Pfarrer oder so etwas Ähnliches.«

 

Briggs coincided as usual, and the “previous attachment” was then discussed in conjectures. “You poor friendless creatures are always having some foolish tendre,” Miss Crawley said. “You yourself, you know, were in love with a writing-master (don’t cry, Briggs — you’re always crying, and it won’t bring him to life again), and I suppose this unfortunate Becky has been silly and sentimental too — some apothecary, or house-steward, or painter, or young curate, or something of that sort.”

»Armes Ding, armes Ding!« sagte die Briggs (die sich vierundzwanzig Jahre zurückversetzte und an den schwindsüchtigen jungen Schreiblehrer dachte, dessen strohblonde Haarlocke und in ihrer Unleserlichkeit schöne Briefe sie in ihrem alten Pult liebevoll verborgen hielt). »Armes Ding, armes Ding!« sagte die Briggs. Und noch einmal war sie ein rotwangiges Mädchen von achtzehn, und in der Abendandacht sangen der schwindsüchtige Schreiblehrer und sie aus einem Gesangbuch.

 

“Poor thing! poor thing!” says Briggs (who was thinking of twenty-four years back, and that hectic young writing-master whose lock of yellow hair, and whose letters, beautiful in their illegibility, she cherished in her old desk upstairs). “Poor thing, poor thing!” says Briggs. Once more she was a fresh-cheeked lass of eighteen; she was at evening church, and the hectic writing-master and she were quavering out of the same psalm-book.

»Nachdem sich Rebekka so verhalten hat«, sagte Miss Crawley enthusiastisch, »sollte unsere Familie etwas für sie tun. Suchen Sie doch ausfindig zu machen, wer das Objekt ist, Briggs. Ich richte ihm einen Laden ein oder bestelle mein Porträt bei ihm, wissen Sie, oder ich spreche mit meinem Vetter, dem Bischof – und Becky gebe ich eine schöne Aussteuer, und dann werden wir eine Hochzeit haben, Briggs, und Sie sollen das Frühstück herrichten und Brautjungfer sein.«

 

“After such conduct on Rebecca’s part,” Miss Crawley said enthusiastically, “our family should do something. Find out who is the objet, Briggs. I’ll set him up in a shop; or order my portrait of him, you know; or speak to my cousin, the Bishop and I’ll doter Becky, and we’ll have a wedding, Briggs, and you shall make the breakfast, and be a bridesmaid.”

Die Briggs erklärte, es werde entzückend sein, und beteuerte, daß ihre liebe Miss Crawley stets gütig und großmütig sei. Dann ging sie zu Rebekka in deren Schlafzimmer hinauf, um sie zu trösten und mit ihr über den Heiratsantrag und ihre Ablehnung und den Grund dafür zu plaudern, um Miss Crawleys großmütige Absichten anzudeuten und ausfindig zu machen, wer denn der Herr wäre, der Miss Sharps Herz erobert habe.

 

Briggs declared that it would be delightful, and vowed that her dear Miss Crawley was always kind and generous, and went up to Rebecca’s bedroom to console her and prattle about the offer, and the refusal, and the cause thereof; and to hint at the generous intentions of Miss Crawley, and to find out who was the gentleman that had the mastery of Miss Sharp’s heart.

Rebekka war sehr freundlich, sehr liebevoll und gerührt, erwiderte die zärtlichen Angebote der Briggs mit heißer Dankbarkeit, gestand ein, daß eine geheime Liebe im Spiele sei, ein köstliches Geheimnis. Wie schade, daß Miss Briggs nicht eine halbe Minute länger am Schlüsselloch geblieben war! Vielleicht hätte Rebekka mehr gesagt. Miss Briggs war kaum fünf Minuten in Rebekkas Zimmer, als Miss Crawley – eine unerhörte Ehre – selbst erschien. Ihre Ungeduld hatte sie überwältigt. Sie konnte nicht die langsamen Operationen ihrer Gesandten abwarten; nun kam sie in höchsteigener Person und hieß die Briggs hinausgehen. Nachdem sie Rebekka ihre Befriedigung über ihr Benehmen ausgedrückt hatte, fragte sie nach Einzelheiten der Unterredung und allem Vorangegangenen, was zu dem erstaunlichen Angebot Sir Pitts geführt hatte.

 

Rebecca was very kind, very affectionate and affected — responded to Briggs’s offer of tenderness with grateful fervour — owned there was a secret attachment — a delicious mystery — what a pity Miss Briggs had not remained half a minute longer at the keyhole! Rebecca might, perhaps, have told more: but five minutes after Miss Briggs’s arrival in Rebecca’s apartment, Miss Crawley actually made her appearance there — an unheard-of honour — her impatience had overcome her; she could not wait for the tardy operations of her ambassadress: so she came in person, and ordered Briggs out of the room. And expressing her approval of Rebecca’s conduct, she asked particulars of the interview, and the previous transactions which had brought about the astonishing offer of Sir Pitt.

Rebekka sagte, sie habe schon längst die Vorliebe bemerkt, mit der Sir Pitt sie geehrt hatte (denn er habe die Gewohnheit, seine Gefühle durchaus offen und ohne allen Rückhalt an den Tag zu legen); aber – ohne private Gründe anzuführen, womit sie Miss Crawley vorerst verschonen wolle – machten doch Sir Pitts Alter, Stand und Gewohnheiten eine Heirat unmöglich. Und könnte denn ein anständiges Mädchen, das nur ein wenig Selbstachtung besaß, in einem Augenblick einen Heiratsantrag annehmen, wo die dahingeschiedene Frau des Liebhabers noch nicht einmal beerdigt war?

 

Rebecca said she had long had some notion of the partiality with which Sir Pitt honoured her (for he was in the habit of making his feelings known in a very frank and unreserved manner) but, not to mention private reasons with which she would not for the present trouble Miss Crawley, Sir Pitt’s age, station, and habits were such as to render a marriage quite impossible; and could a woman with any feeling of self-respect and any decency listen to proposals at such a moment, when the funeral of the lover’s deceased wife had not actually taken place?

»Unsinn, meine Liebe; Sie hätten ihm nie einen Korb gegeben, wenn nicht noch jemand im Spiele wäre«, sagte Miss Crawley, ohne weiteres auf den Kern zusteuernd. »Teilen Sie mir Ihre privaten Gründe mit, was sind das für private Gründe? Es gibt jemanden! Wer ist es, der Ihr Herz erobert hat?«

 

“Nonsense, my dear, you would never have refused him had there not been some one else in the case,” Miss Crawley said, coming to her point at once. “Tell me the private reasons; what are the private reasons? There is some one; who is it that has touched your heart?”

Rebekka schlug die Augen nieder und gab zu, daß das stimmte. »Sie haben es erraten, teure Lady«, sagte sie schlicht mit süßer, stockender Stimme. »Sie wundern sich, daß ein armes, freundloses Mädchen lieben kann, nicht wahr? Ich habe nie gehört, daß Armut vor Liebe schützt. Ich wollte, es wäre so.«

 

Rebecca cast down her eyes, and owned there was. “You have guessed right, dear lady,” she said, with a sweet simple faltering voice. “You wonder at one so poor and friendless having an attachment, don’t you? I have never heard that poverty was any safeguard against it. I wish it were.”

»Mein armes, liebes Kind«, rief Miss Crawley, die jederzeit bereit war, sentimental zu werden. »Wird unsere Liebe nicht erwidert? Haben wir geheimen Kummer? Erzählen Sie mir alles, und ich will Sie trösten.«

 

“My poor dear child,” cried Miss Crawley, who was always quite ready to be sentimental, “is our passion unrequited, then? Are we pining in secret? Tell me all, and let me console you.”

»Ich wollte, Sie könnten das«, sagte Rebekka immer noch unter Tränen. »Wirklich, ich brauche es.« Dabei lehnte sie ihren Kopf an Miss Crawleys Schulter und weinte so echt, daß die alte Dame, unversehens zum Mitleid verführt, Becky mit fast mütterlicher Freundlichkeit umarmte, ihr unendliche Male ihre Achtung und Zuneigung versicherte, ja beteuerte, sie wie eine Tochter zu lieben und alles in ihren Kräften Stehende tun zu wollen, um ihr zu helfen. »Wer ist es denn nun, meine Teure? Ist es der Bruder dieser hübschen Miss Sedley? Sie sagten etwas über eine Liebesaffäre mit ihm. Ich will ihn hierher einladen, meine Liebe. Und Sie sollen ihn bekommen, ganz bestimmt.«

 

“I wish you could, dear Madam,” Rebecca said in the same tearful tone. “Indeed, indeed, I need it.” And she laid her head upon Miss Crawley’s shoulder and wept there so naturally that the old lady, surprised into sympathy, embraced her with an almost maternal kindness, uttered many soothing protests of regard and affection for her, vowed that she loved her as a daughter, and would do everything in her power to serve her. “And now who is it, my dear? Is it that pretty Miss Sedley’s brother? You said something about an affair with him. I’ll ask him here, my dear. And you shall have him: indeed you shall.”

»Fragen Sie mich jetzt nicht«, sagte Rebekka. »Sie werden bald alles erfahren. Ja, wirklich, liebe, gute Miss Crawley – teure Freundin, darf ich so sagen?«

 

“Don’t ask me now,” Rebecca said. “You shall know all soon. Indeed you shall. Dear kind Miss Crawley — dear friend, may I say so?”

»Ja, das dürfen Sie gern, mein Kind«, erwiderte die alte Dame und küßte sie.

 

“That you may, my child,” the old lady replied, kissing her.

»Ich kann es Ihnen jetzt nicht sagen«, schluchzte Rebekka; »ich bin sehr unglücklich. Ach, bitte haben Sie mich doch immer lieb! Versprechen Sie mir, daß Sie mich stets liebhaben werden!« Und unter gemeinsamen Tränen – denn die Erregung der Jüngeren hatte die Sympathien der Älteren geweckt – gab Miss Crawley ihr feierlich dieses Versprechen. Dann verließ sie ihren kleinen Schützling und segnete und bewunderte das gute, arglose, weichherzige, liebevolle und unbegreifliche Geschöpf.

 

“I can’t tell you now,” sobbed out Rebecca, “I am very miserable. But O! love me always — promise you will love me always.” And in the midst of mutual tears — for the emotions of the younger woman had awakened the sympathies of the elder — this promise was solemnly given by Miss Crawley, who left her little protege, blessing and admiring her as a dear, artless, tender-hearted, affectionate, incomprehensible creature.

Und nun war Becky allein und konnte über die plötzlichen und wunderbaren Ereignisse des Tages, über das, was geschehen war, und das, was hätte geschehen können, nachdenken. Wie, glaubst du, lieber Leser, war es um die innersten Gefühle von Miss, ach nein (ich bitte sie um Verzeihung), von Mrs. Rebekka bestellt? Wenn der Verfasser oben das Vorrecht in Anspruch genommen hat, in Miss Amelia Sedleys Schlafzimmer zu blicken und mit der Allwissenheit des Romanschreibers all die zarten Leidenschaften und Schmerzen zu verstehen, die sich auf dem unschuldigen Kopfkissen wälzten, warum sollte er dann nicht ebenfalls der Vertraute Rebekkas sein, Herr ihrer Geheimnisse und Siegelbewahrer zum Gewissen dieses jungen Mädchens?

 

And now she was left alone to think over the sudden and wonderful events of the day, and of what had been and what might have been. What think you were the private feelings of Miss, no (begging her pardon) of Mrs. Rebecca? If, a few pages back, the present writer claimed the privilege of peeping into Miss Amelia Sedley’s bedroom, and understanding with the omniscience of the novelist all the gentle pains and passions which were tossing upon that innocent pillow, why should he not declare himself to be Rebecca’s confidante too, master of her secrets, and seal-keeper of that young woman’s conscience?

Also: vor allem bedauerte Rebekka aufrichtig und rührend, daß ein wunderbares Glück ihr so nahe gewesen war und sie sich gezwungen sah, es von sich zu weisen. So wie sie wird wohl jeder normale Mensch empfinden. Welche gute Mutter würde nicht eine mittellose Jungfrau bemitleiden, die beinahe hätte Lady werden und viertausend Pfund im Jahr bekommen können? Welcher guterzogene junge Mensch auf dem Jahrmarkt der Eitelkeit fühlt nicht mit einem fleißigen, klugen, verdienstvollen Mädchen, der ein so ehrenvolles, vorteilhaftes, reizvolles Anerbieten gerade in dem Augenblick gemacht wird, da es außer ihrer Macht liegt, es anzunehmen? Die Enttäuschung unserer Freundin Becky verdient das Mitgefühl aller und wird es auch erhalten.

 

Well, then, in the first place, Rebecca gave way to some very sincere and touching regrets that a piece of marvellous good fortune should have been so near her, and she actually obliged to decline it. In this natural emotion every properly regulated mind will certainly share. What good mother is there that would not commiserate a penniless spinster, who might have been my lady, and have shared four thousand a year? What well-bred young person is there in all Vanity Fair, who will not feel for a hard-working, ingenious, meritorious girl, who gets such an honourable, advantageous, provoking offer, just at the very moment when it is out of her power to accept it? I am sure our friend Becky’s disappointment deserves and will command every sympathy.

Ich erinnere mich, selbst einmal an einer Abendgesellschaft auf dem Jahrmarkt teilgenommen zu haben. Ich beobachtete, wie die alte Miss Toady die kleine Mrs. Briefless, die Frau des Anwalts, die gewiß von guter Familie, aber, wie allgemein bekannt, arm wie eine Kirchenmaus ist, mit Aufmerksamkeiten und Schmeicheleien überhäufte.

 

I remember one night being in the Fair myself, at an evening party. I observed old Miss Toady there also present, single out for her special attentions and flattery little Mrs. Briefless, the barrister’s wife, who is of a good family certainly, but, as we all know, is as poor as poor can be.

Was, fragte ich mich, mag wohl der Grund für Miss Toadys Unterwürfigkeit sein? Ist Briefless über ein Provinzialgericht gesetzt worden, oder hat seine Frau ein großes Vermögen geerbt? Miss Toady erklärte es bald selbst mit jener Einfachheit, die ihr ganzes Benehmen auszeichnet. »Wissen Sie«, sagte sie, »Mrs. Briefless ist die Enkelin von Sir John Redhand, der in Cheltenham so krank daniederliegt, daß er kaum noch ein halbes Jahr zu leben hat. Der Vater von Mrs. Briefless ist sein Nachfolger; sie wird also, wie Sie sehen, die Tochter eines Baronets sein.« Und die Toady lud Briefless und Frau für die nächste Woche zum Essen ein.

 

What, I asked in my own mind, can cause this obsequiousness on the part of Miss Toady; has Briefless got a county court, or has his wife had a fortune left her? Miss Toady explained presently, with that simplicity which distinguishes all her conduct. “You know,” she said, “Mrs Briefless is granddaughter of Sir John Redhand, who is so ill at Cheltenham that he can’t last six months. Mrs. Briefless’s papa succeeds; so you see she will be a baronet’s daughter.” And Toady asked Briefless and his wife to dinner the very next week.

Kann die bloße Möglichkeit, Tochter eines Baronets zu werden, einer Dame in der Welt solche Ehrerbietung verschaffen, dann müssen wir ganz gewiß auch die Qualen einer jungen Frau achten, der die Gelegenheit entschlüpft ist, Gattin eines Baronets zu werden. Wer hätte es sich auch träumen lassen, daß Lady Crawley so bald sterben würde? Sie war eine jener kränklichen Frauen und hätte noch zehn Jahre leben können – das dachte Rebekka im Innersten unter Qualen der Reue –, und ich hätte Lady werden können! Ich hätte den alten Mann nach meinem eigenen Willen lenken können. Ich hätte Mrs. Bute für ihre Gönnermiene und Mr. Pitt für seine unausstehliche Herablassung danken können. Ich hätte das Haus in der Stadt neu herrichten lassen. Ich hätte die prächtigste Kutsche in London und eine Loge in der Oper gehabt, und in der nächsten Saison wäre ich bei Hofe vorgestellt worden. Alles dies hätte sein können, aber jetzt – jetzt war alles zweifelhaft und dunkel.

 

If the mere chance of becoming a baronet’s daughter can procure a lady such homage in the world, surely, surely we may respect the agonies of a young woman who has lost the opportunity of becoming a baronet’s wife. Who would have dreamed of Lady Crawley dying so soon? She was one of those sickly women that might have lasted these ten years — Rebecca thought to herself, in all the woes of repentance — and I might have been my lady! I might have led that old man whither I would. I might have thanked Mrs. Bute for her patronage, and Mr. Pitt for his insufferable condescension. I would have had the town-house newly furnished and decorated. I would have had the handsomest carriage in London, and a box at the opera; and I would have been presented next season. All this might have been; and now — now all was doubt and mystery.

Allein Rebekka war eine junge Dame mit zuviel Entschlossenheit und Charakterstärke, um sich nutzlosen und unpassenden Sorgen um die unwiederbringliche Vergangenheit hinzugeben; daher richtete sie, nachdem sie ihrem Mißgeschick ein gewisses Maß an Bedauern gegönnt hatte, ihre ganze Aufmerksamkeit auf die Zukunft, die jetzt sehr viel wichtiger für sie war. Sie überblickte ihre Lage mit allen Hoffnungen, Zweifeln und Möglichkeiten.

 

But Rebecca was a young lady of too much resolution and energy of character to permit herself much useless and unseemly sorrow for the irrevocable past; so, having devoted only the proper portion of regret to it, she wisely turned her whole attention towards the future, which was now vastly more important to her. And she surveyed her position, and its hopes, doubts, and chances.

Fürs erste war da die unbestreitbare Tatsache, daß sie verheiratet war. Sir Pitt wußte es. Nicht so sehr die Überraschung, als vielmehr eine schnelle Berechnung hatte ihr das Geständnis entlockt. Einmal mußte es gesagt werden, warum also erst später und nicht gleich jetzt? Derjenige, der sie selbst heiraten wollte, mußte wenigstens über ihre Heirat schweigen. Aber wie Miss Crawley die Kunde aufnehmen würde – das war die große Frage. Rebekka hegte Befürchtungen, allein sie rief sich alles ins Gedächtnis zurück, was Miss Crawley gesagt hatte, die unverhohlene Verachtung der alten Dame gegenüber der Geburt, ihre kühnen liberalen Ansichten, ihre romantischen Neigungen ganz allgemein, ihre fast kindische Vorliebe für den Neffen und ihre wiederholt ausgesprochene Zuneigung zu Rebekka selbst. Sie liebt ihn so sehr, dachte Rebekka, daß sie ihm alles verzeihen wird. Sie hat sich so an mich gewöhnt, daß sie ohne mich wohl kaum auskommen wird. Wenn es zum éclaircissement kommt, wird es eine Szene geben, hysterische Anfälle, einen großen Krach und dann eine große Versöhnung. Jedenfalls brachte ein Aufschub wohl nichts ein. Die Würfel waren gefallen, und der Ausgang mußte heute oder morgen der gleiche sein. Nachdem sie nun beschlossen hatte, daß Miss Crawley die Sache erfahren sollte, überlegte sie sich, wie man ihr wohl die Neuigkeit am besten beibringen könnte und ob sie dem unausbleiblichen Sturm begegnen oder ihn vermeiden, also fliehen sollte, bis die erste Wut nachgelassen hätte. Während dieser Überlegungen schrieb sie folgenden Brief:

 

In the first place, she was married — that was a great fact. Sir Pitt knew it. She was not so much surprised into the avowal, as induced to make it by a sudden calculation. It must have come some day: and why not now as at a later period? He who would have married her himself must at least be silent with regard to her marriage. How Miss Crawley would bear the news — was the great question. Misgivings Rebecca had; but she remembered all Miss Crawley had said; the old lady’s avowed contempt for birth; her daring liberal opinions; her general romantic propensities; her almost doting attachment to her nephew, and her repeatedly expressed fondness for Rebecca herself. She is so fond of him, Rebecca thought, that she will forgive him anything: she is so used to me that I don’t think she could be comfortable without me: when the eclaircissement comes there will be a scene, and hysterics, and a great quarrel, and then a great reconciliation. At all events, what use was there in delaying? the die was thrown, and now or to-morrow the issue must be the same. And so, resolved that Miss Crawley should have the news, the young person debated in her mind as to the best means of conveying it to her; and whether she should face the storm that must come, or fly and avoid it until its first fury was blown over. In this state of meditation she wrote the following letter:

Liebster Freund!

Die große Krise, von der wir oft gesprochen haben, ist nun da. Mein Geheimnis ist zur Hälfte bekannt, und ich habe lange hin und her überlegt, bis ich endlich die feste Überzeugung gewonnen habe, daß es jetzt an der Zeit ist, das ganze Geheimnis zu enthüllen! Sir Pitt kam heute morgen zu mir und machte mir – kannst Du es glauben? – einen Heiratsantrag in aller Form. Denk bloß mal! Ich arme Kleine hätte Lady Crawley werden können. Wie hätte sich Mrs. Bute doch gefreut – und ma tante erst, wenn ich den Vorrang vor ihr gehabt hätte! Ich wäre jemandes Mama geworden, statt... ach, ich zittere, ich zittere, wenn ich bedenke, wie bald wir alles sagen müssen!

 

Dearest Friend,

The great crisis which we have debated about so often is come. Half of my secret is known, and I have thought and thought, until I am quite sure that now is the time to reveal the whole of the mystery. Sir Pitt came to me this morning, and made — what do you think? — A declaration in form. Think of that! Poor little me. I might have been Lady Crawley. How pleased Mrs. Bute would have been: and ma tante if I had taken precedence of her! I might have been somebody’s mamma, instead of — O, I tremble, I tremble, when I think how soon we must tell all!

Sir Pitt weiß, daß ich verheiratet bin, und da er bisher nicht weiß, mit wem, ist er nicht sehr ungehalten darüber. Ma tante ist wirklich ärgerlich, weil ich ihm einen Korb gegeben habe. Aber sie ist sehr freundlich und gnädig. Sie ließ sich herab, zu sagen, daß ich ihm eine gute Frau geworden wäre, und gelobte, Deiner kleinen Rebekka eine Mutter zu sein! Sie wird erschüttert sein, wenn sie die Neuigkeit erfährt. Brauchen wir aber mehr zu fürchten als einen vorübergehenden Ärger? Ich glaube nicht; ja, ich bin überzeugt davon. Sie hat Dich so gern (Dich unartigen Nichtsnutz), daß sie Dir alles verzeihen würde; und ich glaube wirklich, daß ich in ihrem Herzen gleich nach Dir komme und daß sie ohne mich ganz elend wäre. Liebster! Etwas sagt mir, daß wir siegen werden. Du mußt das abscheuliche Regiment verlassen und das Spielen und die Rennen aufgeben – und ein gehorsamer Junge sein, dann werden wir alle in der Park Lane wohnen, und ma tante muß uns ihr ganzes Geld hinterlassen.

 

Sir Pitt knows I am married, and not knowing to whom, is not very much displeased as yet. Ma tante is actually angry that I should have refused him. But she is all kindness and graciousness. She condescends to say I would have made him a good wife; and vows that she will be a mother to your little Rebecca. She will be shaken when she first hears the news. But need we fear anything beyond a momentary anger? I think not: I am sure not. She dotes upon you so (you naughty, good-for-nothing man), that she would pardon you anything: and, indeed, I believe, the next place in her heart is mine: and that she would be miserable without me. Dearest! something tells me we shall conquer. You shall leave that odious regiment: quit gaming, racing, and be A good boy; and we shall all live in Park Lane, and ma tante shall leave us all her money.

Ich werde versuchen, morgen um drei Uhr am gewohnten Ort einen Spaziergang zu machen. Sollte mich Miss B. begleiten, so mußt Du zum Essen kommen und mir eine Antwort bringen. Leg sie in den dritten Band von »Porteus' Predigten«. Auf jeden Fall aber komm zu Deiner

 

I shall try and walk to-morrow at 3 in the usual place. If Miss B. accompanies me, you must come to dinner, and bring an answer, and put it in the third volume of Porteus’s Sermons. But, at all events, come to your own

R.

An Miss Eliza Styles
bei Mr. Barnet, Sattlermeister
Knightsbridge

 

R.

To Miss Eliza Styles, At Mr. Barnet’s, Saddler, Knightsbridge.

Ich glaube, keiner meiner Leser besitzt so wenig Scharfsinn, um nicht zu merken, daß Miss Eliza Styles (eine alte Schulkameradin, erklärte Rebekka, mit der sie neuerdings in lebhaftem Briefwechsel stand und die die Briefe von dem Sattler abholte) Messingsporen und einen großen gekräuselten Schnurrbart trug und in Wirklichkeit niemand anders war als Hauptmann Rawdon Crawley.

 

And I trust there is no reader of this little story who has not discernment enough to perceive that the Miss Eliza Styles (an old schoolfellow, Rebecca said, with whom she had resumed an active correspondence of late, and who used to fetch these letters from the saddler’s), wore brass spurs, and large curling mustachios, and was indeed no other than Captain Rawdon Crawley.


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