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Die Antwort an die Dame, der Unrecht geschah.

Gnädige Frau!

Ich habe Eurer Ladyschaft Brief erhalten und jeden Satz in ihm sorgfältig erwogen; ich will Ihnen also sagen, wie Sie nach meiner Meinung zu Ihrer eignen Sicherheit vorgehn sollten. Aber zunächst muss ich um Erlaubnis bitten, Eurer Ladyschaft sagen zu dürfen, dass Sie sich einer unverzeihlichen Schwäche schuldig gemacht haben, als Sie neulich Ihrem Liebhaber anboten, in jedem Streit, den er etwa mit ihrer Nebenbuhlerin haben möchte, zu ihm zu stehen. Sie wissen sehr genau, dass sie zu fürchten begann, er möchte an ihr handeln wollen, wie er an Ihnen gehandelt hatte; und die außergewöhnlichste Klugheit hätte Sie leiten müssen, sich eher mit ihr gegen ihn zu verbünden, bis man ihm wenigstens ein paar vernünftige Bedingungen vorgeschrieben hätte. Aber Ihr unbesieglicher Hass gegen jene Dame hat Ihren Groll so gesteigert, dass er zur Ursache Ihres Verderbens wird; wenn Sie es sich aber nur überlegen wollten, so würden Sie sehn, dass diese Ihre Abneigung begann, lange bevor sie Ihre Rivalin wurde; und sie entstand bei Ihnen und Ihrer Familie als eine Art Kompliment für Ihren Liebhaber, der ehedem einen grossen Abscheu gegen sie hegte. Freilich haben Sie seither viel von ihren Eingriffen in Ihre Güter zu leiden gehabt[*] Schottische Kolonisten verursachten Unruhen in Ulster. (Walter Scott, Anmerkungen zu Swifts Werken.), aber nie hat sie sich angemasst, Sie zu bevormunden oder zu leiten. Und jetzt haben Sie sich eine neue Feindin geschaffen; denn ich denke, Sie können auf alle schlimmen Dienste zählen, die sie Ihnen durch den Einfluss, den sie auf ihren Gatten hat, nur leisten kann; wenn Sie sich dagegen, statt sich ohne jede Herausforderung offen gegen sie zu erklären, auch nur eine Weile ruhig verhalten und nichts gesagt hätte, so hätte jener Herr aus blosser Furcht seine Strenge gegen Sie gemildert. Diese Ihre Schwäche nennen Sie Grossmut; aber ich glaube, es war doch noch etwas andres. Kurz, gnädige Frau, ich habe gute Gründe zu glauben, dass der verderbliche Rat irgend jemandes aus Ihrer Umgebung Sie verräterischerweise dazu antrieb. Denn ich weiss sicher, dass mehrere Ihrer Bauern und Diener, gegen die Sie sehr gut gewesen sind, zu den ärgsten Halunken im Lande gehören. Ich kann nicht umhin, zu bemerken, welcher gewaltige Unterschied in einem Punkt zwischen Eurer Ladyschaft und Ihrer Nebenbuhlerin besteht. Nachdem Sie sich selbst hingegeben hatten, hielten Sie nichts andres mehr der Verteidigung für wert; und deshalb wollen Sie jetzt nicht mehr auf eben den Bedingungen bestehn, unter denen Sie sich zuerst hingaben. Aber es kann Eurer Ladyschaft nicht unbekannt sein, dass Ihre Rivalin noch vor wenigen Jahren das gleiche tat, und zwar ohne alle Bedingungen; ja, dieser Herr hielt sie als seine Maitresse, und trotzdem liess er sie für Lebensunterhalt und Wohnung bezahlen. Doch zu einer Zeit, als er keinen Haushofmeister hatte und seine ganze Familie in Unordnung war, stahl sie sich fort; und jetzt hat sie den unter den Londoner Frauen sehr bekannten Kunstgriff gelernt, einem Mann in der Nacht alles zu gewähren und es ihm am nächsten Tage mit der grössten Unverschämtheit ins Gesicht hinein zu leugnen. Aber jetzt ist es zu spät, Ihnen frühere Versehen zum Vorwurf zu machen, die sich nicht mehr gut machen lassen. Ich weiss, dass die Tatsachen, wie Sie sie berichten, wahr und unentstellt dargelegt sind. Mein Rat ist also dieser. Versammeln Sie, sobald Sie können, all Ihre Pächter und gewinnen Sie ihre Zustimmung zu den folgenden Resolutionen.

Erstens, dass Ihre Familie und Ihre Pächter in keinerlei Abhängigkeit von besagtem Herrn stehn, die über den alten Vertrag hinausgeht; der verpflichtet Sie, den gleichen Haushofmeister zu haben und Ihren Haushalt nach solchen Regeln zu führen, denen Sie beide Ihre Zustimmung gegeben haben. Dies der ungekünstelte Sinn der »Poynings Akte«. Siehe Einleitung.

Zweitens, dass Sie Ihre Waren nicht mehr auf den Markt seiner Stadt bringen werden, es sei denn, es beliebe Ihnen so, und dass Sie sich nicht daran hindern lassen wollen, sie anderswohin zu bringen.

Drittens, dass die Diener, denen Sie Lohn zahlen, zu Hause zu leben haben oder ihre Stellungen verlieren.

Viertens dass jeder Pachtvertrag, den Sie mit einem Pächter abschliessen, von ihm nicht mehr aufgehoben werden darf. Selbst die irischen Landgesetze waren nicht sicher vor englischem Eingriff.

Wenn dann auch er diesen Artikeln zustimmt, so rate ich Ihnen, so reichlich Sie können, zu allen Gemeinde- und Grafschaftskosten beizutragen.

Ich kann Ihnen versichern, dass manche der tüchtigsten Pächter und Diener jenes Herrn dagegen sind, wenn er Sie so schlecht behandelt, und sie würden sich über jede Gelegenheit freuen, auch den Rest von ihrem Irrtum zu überzeugen, wenn Sie sich selber nicht im Stich lassen.

Sollte der Herr diese gerechten und vernünftigen Angebote ablehnen, so lassen Sie es mich bitte wissen; vielleicht fällt mir etwas andres ein, was wirksamer sein wird.

Ich verbleibe, gnädige Frau,
Eurer Ladyschaft usw.


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