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Ein kurzer Ueberblick über die Lage Irlands.

Man versichert mir, dass es seit einiger Zeit, um sich bei gewissen Leuten einzuschmeicheln Brauch geworden ist, auf jede Frage nach dem Pachtpreis des Landes, nach den Fähigkeiten der Pachtbauern, nach der Lage des Handels und der Fabrikation in diesem Königreich, nach der Art, wie die Pachtsummen einlaufen, zu erwidern, dass in der Gegend der Gefragten alles in höchster Blüte stehe und dass Pacht und Kaufpreis des Bodens mit jedem Tage steigen. Und wenn ein Gutsherr einmal in seinen Darlegungen ein wenig aufrichtiger ist, so sieht man ihn nicht nur als missvergnügt an, sondern er kann auch darauf zählen, dass er gleich ein Dutzend Leute zur Seite hat, die ihm widersprechen. Ich denke, es ist für niemanden ein Geheimnis, weshalb diese Fragen so herzlich gestellt und so liebenswürdig beantwortet werden.

Da ich aber in bezug auf die Geschäfte dieses Königreichs all meine Kraft verbraucht habe, um die Entrüstung niederzukämpfen, zu der mich keinerlei persönliches Interesse verleitet (denn mir gehört auf der ganzen Insel nicht das geringste Fleckchen Boden), so will ich nur nach allgemein bekannten und nie widerlegten Regeln die Ursachen aufzählen, durch die ein Land zur Blüte kommt und reich wird; und dann will ich untersuchen, welche Wirkungen sich aus diesen Ursachen im Königreich Irland ergeben.

Die erste Ursache des Gedeihens eines Königreichs ist die Fruchtbarkeit des Bodens, der Notdurft und Luxus des Lebens nicht nur für die Einwohnerschaft in genügender Menge, sondern auch noch zur Ausfuhr in fremde Länder hervorbringt.

Die zweite ist der Fleiss des Volkes, das all seine einheimischen Erzeugnisse bis zur letzten Stufe der Fabrikation hinauf selbst verarbeitet.

Die dritte ist der bequeme Besitz sicherer Häfen und Ladeplätze, um die eigenen Waren in einem so fertig hergestellten Zustand aus- und fremde Waren in einem so wenig fertigen Zustand einzuführen, wie es die Natur gegenseitigen Handels nur zulässt.

Die vierte ist die, dass die Eingeborenen ihre Waren so viel wie möglich in Fahrzeugen aus eigenem Bauholz, die sie im eigenen Lande erbauen, ein- und ausführen.

Die fünfte besteht in der Unbeschränktheit eines freien Handels mit allen fremden Ländern, die ihn erlauben wollen, ausgenommen jene, die etwa mit ihrem Fürsten oder Staat im Kriege liegen.

Die sechste ist die, dass sie nur durch Gesetze regiert werden, die mit ihrer eigenen Einwilligung erlassen worden sind; denn sonst sind sie kein freies Volk. Und deshalb sind alle Berufungen in Rechtssachen, alle Gesuche um Gunstbezeigungen oder Beförderungen, die in ein anderes Land zu richten sind, ebenso viele schwere Verarmungsursachen.

Die siebente liegt in der Aufbesserung des Bodens, in der Ermutigung der Landwirtschaft, und eben dadurch im Wachstum der Einwohnerzahl, ohne das jedes Land, es sei von der Natur noch so sehr gesegnet; arm bleiben muss.

Die achte liegt darin, dass die Fürsten oder die obersten Verwaltungsbeamten der Zivilmacht im Lande residieren.

Die neunte im Zuzug der Fremden, die ihr Bildungsstreben, ihre Neugier oder ihre Vergnügungssucht befriedigen wollen oder aber einen allgemeinen Handelsmarkt aufsuchen.

Die zehnte liegt darin, dass alle Ehren-, Brot- und Vertrauensämter nur an Einheimische vergeben werden; wenigstens mit nur sehr wenigen Ausnahmen, die nur statthaft sind, wenn Fremde lange im Lande gewohnt haben und man von ihnen annehmen kann, dass sie seine Interessen verstehen und sie als ihre eigenen ansehn.

Die elf[*]te liegt darin, dass die Pachtsummen für Land und die Gehälter der Ämter in dem Lande ausgegeben werden, das sie gezahlt hat, nicht aber in einem andern; jenes wird sicherlich überall da der Fall sein, wo die Liebe zum Heimatland mächtig ist.

Die zwölfte liegt darin, dass die öffentlichen Einkünfte alle im Lande ausgegeben und aufgewandt werden, es sei denn für die Bedürfnisse eines Krieges im Ausland.

Die dreizehnte darin, dass nicht ein ganzes Volk gezwungen wird, es sei denn, dass es in seinem eigenen Interesse liegt oder zu seiner Bequemlichkeit dient, irgend welches Geld anzunehmen, das nicht nach dem Beispiel aller zivilisierten Nationen von ihm selbst in einer öffentlichen Münze geprägt worden ist.

Die vierzehnte liegt in dem Streben des Volks, nur seine eigenen Fabrikate zu benutzen, und so wenig Verlockungen zum Luxus einzuführen, sei es zum Luxus in der Kleidung, Wohnungseinrichtung, in Speise oder Trank, wie es sich nur irgend mit der Behaglichkeit ihres Lebens verträgt.

Es gibt noch viele andre Ursachen des Gedeihens einer Nation, die mir in diesem Augenblick nicht einfallen; aber ohne dass wenigstens einige von diesen zu unserm Vorteil wirken, kann ich nach langer Überlegung nicht einsehn, woher unser Wohlstand kommen sollte; und gern liesse ich mich eines bessern belehren. Inzwischen will ich hier einmal untersuchen, welche dieser Ursachen oder ihrer Wirkungen und Folgen für Irland in Frage kommen.

Es ist nicht meine Absicht, Klage zu führen, sondern einfach Tatsachen zu berichten; und das ganze ist von nicht geringer Bedeutung. Denn es steht fest, dass wer fern von jeder Hilfe in einem einsamen Hause wohnt, nicht gescheit sein muss, wenn er sich in der Nachbarschaft den Ruf zu erwerben sucht, er sei reich. Wer kommt und Gold sucht, wird immer noch lieber mit Zinn und Kupfer abziehn als mit leeren Händen; und nach dem allgemeinen Brauch der Welt machen jene, die den grössten Reichtum besitzen, den geringsten Aufwand; das überlassen sie andern, die sonst nichts haben, was die Augen auf sie lenkt, wenn sie ihr Gesicht an der Börse zeigen.

Was die erste Ursache für den Reichtum einer Nation angeht, die Fruchtbarkeit des Bodens und die Milde des Klimas, so haben wir keinen Anlass, uns zu beklagen; denn wenn auch die unfruchtbare Bodenfläche in diesem Königreich durch die vielen Sümpfe und Felsen und das kahle Bergland verhältnismässig doppelt so gross ist wie in England, so sind doch die Bodenerzeugnisse, mit denen beide Königreiche handeln, annähernd in ihrer Güte gleichwertig, und unter der gleichen Ermunterung könnten sie auch gleich gut verarbeitet werden. Ausnehmen muss ich die Minen und Mineralien; aber auch da fehlt es bei manchen nur an Fleiss und Geschicklichkeit.

In der zweiten, nämlich dem Fleiss des Volkes liegt unser Unglück nicht völlig an unsrer Schuld, sondern an einer Million von Entmutigungen.

Der Besitz bequemer Häfen und Ladeplätze, den die Natur uns so freigebig verlieh, ist für uns so wenig von Nutzen, wie etwa eine schöne Aussicht für den, der in einem Kerker eingeschlossen ist.

Mit einer eigenen Handelsflotte ist dieses Königreich so wenig versehen, dass man wohl sagen kann, von all dem ausgezeichneten Holz, das innerhalb der letzten fünfzig oder sechzig Jahre abgeschlagen worden ist, habe die Nation nicht einmal den Vorteil eines einzigen wertvollen Wohnhauses noch eines einzigen Schiffes für ihren Handel gehabt.

Ferner ist Irland das einzige Königreich, von dem ich in der alten oder der neueren Geschichte je gehört oder gelesen hätte und dem man nicht erlaubte, seine einheimischen Waren und Erzeugnisse auszuführen, wohin es wollte, es sei denn in Länder, die mit seinem Fürsten oder Staat im Kriege lagen; diese Freiheit aber wird uns in den wichtigsten Handelszweigen einfach vermöge der Überlegenheit nackter Macht verweigert; abgesehn von einer Navigationsakte, der wir nie unsre Einwilligung gaben und die uns aufgezwungen und mit grosser Härte durchgeführt wurde, und abgesehn auch von noch tausend andern unerhörten Umständen, die ebenso unerträglich sind, wie ihre blosse Erwähnung Hass erweckt. Doch um zu den andern Punkten zu kommen.

Es ist nur zu bekannt, dass wir gezwungen sind, einer Reihe von Gesetzen zu gehorchen, denen wir nie unsre Einwilligung gaben; und das ist ein Zustand, den ich bei seinem wahren, unangefochtenen Namen nicht einmal nennen darf, aus Furcht vor dem Geist des Lord Oberrichters Whitshed Siehe Seite 179. mit seinem Libertas et natale solum, wie es als Devise auf seiner Kutsche stand, als sie am Tor des Gerichtshofs wartete, in dem er sich verschwor, beides zu verraten. So sind wir in der Lage von Patienten, denen Ärzte, die ihre Konstitution und die Art ihrer Krankheit nicht kennen, aus der Ferne Arzneien schicken; und so sind wir gezwungen, fünfhundert Prozent Dividende von unserm Eigentum zu zahlen; worin wir gleichfalls die Ehre haben, uns in jeder Hinsicht von dem ganzen Menschengeschlecht zu unterscheiden.

Was die Aufbesserung des Landes angeht, so machen alle, die etwas derartiges oder auch eine Anpflanzung versuchen, aus Habgier oder Mangel an Geschicklichkeit die Dinge in der Regel nur noch schlimmer, als sie vorher waren, denn es gelingt ihnen weder Bäume noch Hecken zu pflanzen, und dadurch, dass sie sich einfallen lassen, nach Art der Skythen auf offener Weide Vieh zu mästen, entvölkern sie mit jedem Tag das Land.

Statt dass wir einen König hätten, der unter uns residiert, ist selbst der Vizekönig meist vier Fünftel seiner Amtszeit ausser Landes.

Aus andern Ländern kommen keinerlei Fremde, um unser Land in ihre Reisen einzubeziehen, denn sie können hier nichts als Szenen des Elends und der Öde zu sehen erwarten.

Wer das Unglück hat, hier geboren zu sein, hat den allergeringsten Anspruch auf irgend ein wichtiges Amt im Lande, das ihm nur selten verliehen wird, wenn nicht eine politische Erwägung es anrät.

Ein Drittel der Pachtsummen Irlands wird in England ausgegeben; zusammen mit den Amtsgehältern, den Pensionen, den Kosten der Appellationsklagen, den Vergnügungs- und Erholungsreisen, den Kursen am juristischen Kollegium und den beiden Universitäten, den willkürlichen Remessen, dem Sold aller höheren Heeresoffiziere und allen Nebendingen, wird das die volle Hälfte aller Einkünfte des ganzen Königreichs ausmachen, die als reiner Verdienst nach England geht.

Man versagt uns das Recht, Gold, Silber, ja, selbst Kupfer zu prägen. Auf der Insel Man prägen die Leute ihr eigenes Silber; jeder kleine Fürst, der dem Kaiser untertan ist, kann Geld prägen, wie er will. Und auch in diesem Punkt sind wir, wie in den meisten bereits erwähnten, eine Ausnahme unter allen Staaten und Monarchien, die je in der Welt bekannt gewesen sind.

Was schliesslich den vierzehnten und letzten Punkt angeht, so achten wir sorgfältig darauf, dass wir im ganzen Lauf unsres Lebens aller Vernunft diametral zuwider handeln. Beide Geschlechter, vor allem aber die Frauen, verschmähn und verabscheun es, irgend welche unsrer eigenen Erzeugnisse zu tragen, selbst solche, die besser gearbeitet sind als in andern Ländern, besonders eine Art gewürfelten Seidenzeugs, durch das die Weber eine Art Goldfadens zu ziehn gezwungen sind, damit es als indisch gilt. Selbst Bier und Kartoffeln werden, ebenso wie Korn, in grossen Mengen aus England eingeführt; und unser ausländischer Handel besteht in wenig mehr als der Einfuhr französischen Weins, für den wir, wie ich höre, bares Geld bezahlen.

Wenn nun all das wahr ist, und ich könnte leicht noch mehr darüber sagen, so würde ich mit Freuden erfahren, durch welche geheimen Mittel und Wege wir zu einem reichen und blühenden Volk werden, und zwar ohne Freiheit, ohne Handel, ohne Waren, ohne Einwohner und Geld, ja, ohne das Recht der Prägung, und ohne Fleiss, Arbeit und Aufbesserung unsres Landes; wobei noch mehr als die Hälfte der Zinsen und Verdienste des ganzen Königreichs ausgeführt werden, ohne dass wir einen einzigen Farthing zurückerhalten. Und als Ersatz für all das ist kaum etwas der Rede wert ausser dem Leinen des Nordens, einem gelegentlichen, korrumpierten und gefährdeten Handel und ein wenig Butter aus Cork. Wenn wir blühen, so muss es wider jedes Gesetz der Natur und Vernunft geschehn; dem Dorn in Glastonberry gleich, der mitten im Winter knospet.

Mögen doch die würdigen Kommissionäre, die aus England kommen, rings durch das Königreich fahren und sich das Angesicht der Natur ansehn, oder das Angesicht der Eingebornen, die sprossenden, zahlreichen Anpflanzungen, die edlen Wälder, die Fülle der dicht gesäten Landsitze, die behaglichen Bauernhäuser und Scheuern, die Städte und Dörfer, in denen jedermann geschäftig ist und durch allerlei Erzeugnisse reich wird, die Läden voller wunderbar gearbeiteter Waren, in denen sich die Käufer drängen, die gute Lebensweise und Kleidung, die trefflichen Wohnungen des Volks, die ungeheure Zahl der Schiffe in unsern Häfen und Docks und der Schiffswerften in unsern Seestädten; die Strassen wimmeln von Trägern, beladen mit reichen Fabrikaten, und prunkvolle Fuhrwerke strömen hin und her.

Voll welchen Neides und welcher Bewunderung würden diese Herren von einer solchen Reise zurückkehren? Welche glorreichen Berichte würden sie erstatten, wenn sie wieder nach England kämen.

Aber mir ist das Herz zu schwer, um diese Fahrt noch länger fortzusetzen, denn es ist klar, dass jeder Fremde, der eine solche Reise machte, eher glauben könnte, er reise in Lappland oder Island, als in einem von der Natur durch Fruchtbarkeit des Bodens und Milde des Klimas so begünstigten Lande. Die elende Kleidung, Lebensweise und Unterkunft des Volks, die allgemeine Öde in den meisten Teilen des Königreichs, die alten, ganz verfallenen Sitze des hohen und niedren Adels, an deren Stelle keine neuen treten, die Familien der Pächter, die hohen Zins bezahlen und doch in Schmutz und Unflat von Buttermilch und Kartoffeln leben, ohne einen Schuh oder Strumpf an den Füssen zu haben und ein Haus als Unterkunft zu besitzen, das nur so bequem wäre wie ein englischer Schweinestall – das alles mag freilich für einen englischen Zuschauer ein erbaulicher Anblick sein; denn er kommt ja nur auf kurze Zeit, um die Sprache zu lernen; und dann kehrt er in sein eignes Land zurück, wo er unsern ganzen Reichtum vorfindet: nostra miseria magnus est.

Es wird kein Argument angeführt, um die Reichtümer Irlands zu erweisen, das nicht ein logischer Nachweis seiner Armut wäre. Unser steigender Pachtzins wird den Pächtern, die schlechter leben als Bettler in England, aus Blut und Eingeweiden, aus Kleidern und Wohnstätten abgepresst. Der niedrige Geldzins, der in allen andern Ländern ein Zeichen des Wohlstands ist, ist bei uns ein Beweis für das Elend; denn es ist kein Handel da, in dem ein Borger sich betätigen könnte. Nur daher kommt der hohe Preis des Bodens; denn die Sparer sehen keine andre Möglichkeit, ihr Geld anzulegen. Daher auch kommt der hohe Preis der Lebensmittel, denn die Pächter können es sich nicht leisten, so hohe Pacht für das Land zu zahlen (das sie doch nehmen müssen, wenn sie nicht betteln gehn wollen), ohne den Preis des Viehs und Getreides zu erhöhen, und müssten sie selbst auch von Häcksel leben. Daher auch die Zunahme der Gebäude in dieser Stadt; denn die Handwerker haben nichts zu tun, als dass sie sich gegenseitig Arbeit geben; und die Hälfte von ihnen ist unfehlbar ruiniert. Zur Erläuterung diene eine Stelle aus Swifts Schrift: »Lehrsätze, widerlegt durch das Beispiel Irlands« (die Übersetzung des Titels ist ungenau, scheint mir aber die genaueste Annäherung an das englische »Maxims controlled in Ireland«). Swift führt dort aus, dass in Dublin tatsächlich die Bevölkerung zunähme, aber nur, weil die wenigen Gutsherrn, die noch im Lande residierten, in der Stadt zusammenströmten, um womöglich ein Amt zu erhaschen; dieser Umstand ermunterte die verzweifelte Spekulation, die sich folgendermassen abspielte: »Der Baumeister, der Maurer, der Zimmermann, der Dachdecker und der Glaser nehmen sich ein Grundstück, tun sich zusammen, um ein oder mehrere Häuser zu bauen, vereinigen ihren Kredit, ihr Material und ihr Geld; und verkaufen ihr Werk, wenn es fertig ist, so gut sie können. Häufig aber geschieht es, und zwar mit jedem Tage häufiger, dass ihre Mittel nicht ausreichen, um ihren Plan auch nur halb durchzuführen; dann müssen sie den Bau, der eben bis zum ersten Stockwerk gediehen ist, um jeden Preis losschlagen und kommen alle an den Bettelstab. Ich kenne einen fanatischen Brauer, der einige hundert Häuser in dieser Stadt besitzen soll, von denen er angeblich den grösseren Teil von ruinierten Bauunternehmern zum halben Wert aufgekauft hat; er erhält Bericht über alle neuen Häuser, deren Bau vor der Vollendung zum Stillstand kommt; er nutzt die Notlage des Erbauers aus und verdient durch den Vorteil, dass er bares Geld hat, mindestens fünfzig Prozent an seinem Geschäft. Daher die täglich wachsende Zahl von Bankiers, die in einem handeltreibenden Lande ein notwendiges Übel sein mögen, aber in unserm höchst verderblich wirken; sie haben zu ihrem privaten Vorteil all unser Silber und ein Drittel unsres Goldes ins Ausland geschickt, so dass innerhalb der drei letzten Jahre das flüssige Vermögen der Nation, das etwa fünfhunderttausend Pfund betrug, auf weniger als zwei gesunken ist, und es muss sich immer noch täglich vermindern, es sei denn, wir erhalten das Recht der Prägung, wie es jenes wichtige Königreich der Insel Man und der geringste Fürst im Deutschen Kaiserreich besitzen; doch das habe ich bereits erwähnt.

Ich habe mir zuweilen gedacht, jenes Paradoxon, das Königreich werde reich, stamme vor allem wohl von eben jenen würdigen Herrn, den Bankiers, die mit Ausnahme von einigen Zollbeamten, Wandervögeln, tyrannischen, haushälterischen Gutsherrn und ein paar andern, die namenlos bleiben sollen, die einzigen sind, die unter uns gedeihn. Und ich habe mir oft gewünscht, es möchte ein Gesetz erlassen werden, wonach in jedem Jahr ein halbes Dutzend Bankiers zu hängen wären, um dem fernern Verderben Irlands dadurch wenigstens auf kurze Frist Einhalt zu tun.

Ihr geht müssig, ihr geht müssig, erwiderte Pharao den Israeliten, als sie sich bei Seiner Majestät beklagten, dass sie gezwungen wären, Ziegel ohne Stroh zu machen.

England geniesst einen jeden der Vorteile, die eine Nation reich machen, wie ich sie aufgezählt habe; und ausserdem bezieht es alljährlich eine gute Million Pfund ohne jede Mühe und ohne jedes Risiko, und wir erhalten keinen Heller Gegenwert zurück. Wie lange wir aber die Zahlung fortzusetzen imstande sein werden, darüber mache ich mir nicht die geringste Sorge. Ich weiss nur eins: Wenn die Henne verhungert ist, gibt es auch keine goldenen Eier mehr.

Ich finde es ein wenig ungastlich, und andre werden es vielleicht eine feine Bosheit nennen, dass englische Gäste, weil es etwa ein Dutzend Familien in dieser Stadt gibt, die imstande sind, ihre Freunde bei Tische freigebig zu bewirten, bei ihrer Rückkehr nach England berichten, dass wir in Reichtum und Luxus schwelgen.

Und doch gestehe ich, ich habe ein Armenhaus gekannt, in dem alle Haushaltsbeamten reich wurden, während die Armen, um deretwillen es erbaut worden war, vor Mangel an Nahrung und Kleidung fast starben.

Doch um zum Schluss zu kommen. Wenn Irland ein reiches und blühendes Königreich ist, so müssen sein Reichtum und sein Gedeihen aus Ursachen entspringen, die dem ganzen Menschengeschlecht noch verborgen sind; und ebenso unsichtbar sind die Wirkungen. Wir brauchen uns nicht zu wundern, wenn Fremde solche Paradoxa ausgeben, aber jemand, der in diesem Königreich geboren ist und hier wohnt, muss, wenn er das gleiche Urteil fällt, entweder bis zur Borniertheit unwissend sein, oder er redet auf Kosten aller Ehre, jedes Gewissens und aller Wahrheit nach dem Munde.


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