Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Geheuchelte Liebe

Nach der öffentlichen Verlobung des Chemikers mit Hilma Stephany drängten die Ereignisse zu einer raschen Eheschließung. Das Aufgebot war bereits erfolgt, nur der Tag der standesamtlichen Trauung sollte noch bestimmt werden. Hierzu bedurfte es keiner weiteren Formalitäten, so daß die Amtshandlung nach vorheriger Vereinbarung mit dem Standesbeamten jederzeit erfolgen konnte.

Durch die Festnahme des Gurau war Dr. Grellnick zwar von seinem schlimmsten Vampyr befreit; aber da auch Kubalke in Haft behalten wurde, fehlte es ihm plötzlich an Zwischenhändlern, die den bedeutenden Umsatz mit den verbotenen Medikamenten ermöglichten. Andererseits blieben die persönlichen Ausgaben des Chemikers die gleichen. Er war es nicht gewöhnt, sich einzuschränken, und die zahlreichen Freundinnen, die von seiner Freigebigkeit Nutzen zogen, bedrängten ihn heftig, wenngleich in anderer Weise, so doch schließlich nicht weniger nachdrücklich als seine Gläubiger.

Dr. Grellnick hatte erst einige Tage nach der Schließung des Kokskellers durch telephonische Anfrage von dem Vorgang erfahren, weil er, an den regen Geschäftsverkehr mit seinen Agenten gewöhnt, sich über deren Fernbleiben verwunderte und seine leere Geldtasche einen leidlichen Hunger nach Kassenscheinen verspürte.

Als Frau Gurau sich am Fernsprecher ganz untröstlich gebärdete und den Chemiker bat, sich doch um die Entlassung ihres Mannes zu bemühen, legte er kurzerhand den Hörer auf die Gabel; denn er empfand in diesem Augenblick nur sein eigenes Unglück. Um sein Mißgeschick noch empfindlicher zu gestalten, hatte er bei dieser Gelegenheit von der Frau auch erfahren, daß ihm der andere Zwischenhändler Kubalke vorläufig ebenfalls entzogen sei.

Eine polizeiliche Durchsuchung seines Laboratoriums fürchtete Dr. Grellnick nicht. Er verschaffte sich nur soviel Mengen der verbotenen Gifte, oder stellte diese selbst erst gebrauchsfertig her, als seine Zwischenhändler zu den festgesetzten Zeiten abnehmen konnten. Und ebenso wußte auch die Polizei, daß ein Besuch im Laboratorium kurz nach der Schließung des Kokskellers ergebnislos verlaufen würde.

Trotzdem blieb Dr. Grellnick nicht unbehelligt. Auf der einen Seite versuchte der Detektiv Dörries in seine Lebensgewohnheiten immer tiefer einzudringen, und auf der anderen Seite ließ die Polizei ihn nicht aus den Augen, weil man annahm, er hätte noch andere Zwischenhändler oder vertreibe jetzt seine Ware direkt an die Verbraucher.

In dieser wirtschaftlichen Bedrängnis blieb dem Chemiker also nichts anderes übrig, als durch das Vermögen seiner Braut sich wieder die Mittel für seine verschwenderische Lebensweise zu schaffen. Er beschloß daher, bei der nächsten Zusammenkunft auf die Festsetzung des Hochzeitstages zu dringen.

Hilma befand sich nach ihrer Verlobung immer noch in einem gewissen seelischen Zwiespalt.

Mit dem Verstand erkannte sie die zwingende Logik, dem Manne, dessen Hilfe sie in der Not in Anspruch genommen, das gegebene Wort zu halten. Das Herz aber gab ihrem Gefühl eine entgegengesetzte Richtung. Hilma liebte ihren Verlobten nicht, er war ihr nicht einmal gleichgültig. Zwar brachte sie auch keine ausgeprägte Abneigung entgegen, weil sein Geist sie immer gefangen hielt, aber etwas viel Schlimmeres hatte von ihr Besitz genommen: eine unbegreifliche Furcht vor Dr. Grellnick.

Und diese Angst vor dem Ungewissen, Unbestimmten erzeugte in ihr eine solche Schwäche, daß sie in seiner Nähe zu einem willenlosen Werkzeug seiner Wünsche wurde. Vielleicht eine Art suggestiver Kraft, die von der dämonischen Energie dieses Mannes ausging, vielleicht auch nur eine Äußerung weiblicher Nachgiebigkeit unter dem Einfluß der stärkeren männlichen Beredtsamkeit und der überragenden Intelligenz. Dazu kam, daß sie sich in jeder freien Minute ihres Denkens mit dem Schicksal Holdtmanns beschäftigte, der ihr wie ein Märtyrer um ihretwegen erschien und dessen Leiden sie ebenso schmerzlich empfand wie ein über sie selbst gekommenes Unglück. Oft weinte sie bittere Tränen, wenn sie der Begegnung und des dramatischen Abschieds in der Gefängniszelle gedachte, und zu dem Seelenschmerz gesellte sich dann noch eine unwiderstehliche Sehnsucht, diesem lieben Menschen nahe zu sein, ein Gefühl grenzenloser Hingabe, Verehrung und Aufopferungsfähigkeit.

In einer solchen psychischen Verwirrung fand Dr. Grellnick seine Verlobte, als ihn die Not trieb, mit ihrer Einwilligung den Hochzeitstag festzusetzen.

Hilma machte einen sehr niedergedrückten Eindruck, als er ihr beim Gruß die Wangen küßte, und ihre Augen zeigten noch die Spuren einer erst kürzlich überstandenen Tränenflut. Der Chemiker sah nichts davon, es lag in seiner Art, einem Ziel blindlings und mit elementarer Gewalt zuzusteuern, ohne seitwärts und rückwärts zu blicken, und oft auch, ohne die Folgen zu bedenken.

Heute besonders befand er sich selbst in einer sehr unbehaglichen Verfassung. Die vorausgegangenen Erregungen hatten, wie immer, seinen Gesundheitszustand beeinträchtigt, so daß er mehr als sonst an Atemnot litt und auch der Hustenreiz ihn stärker quälte. Trotzdem wußte er sich so zu beherrschen, daß Hilma weder von seinen wirtschaftlichen Sorgen noch von seinem körperlichen Leiden etwas merkte. In dieser Beziehung war sie überhaupt, trotz aller sonstigen Bildung und Reife, sehr unerfahren. Was jeder Unbefangene den vom Laster und der Schwindsucht hart geprägten und ausgemergelten Gesichtszügen ablas, hielt sie für Spuren geistiger Anspannung und Überarbeit, und die Hustenanfälle führte sie teils auf die Laboratoriumsdünste, teils auf den übermäßigen Zigarettengenuß zurück. Und Dr. Grellnick selbst, der sich seiner unheilbaren Krankheit zweifellos bewußt war, hatte nicht die geringste Veranlassung, seine Braut auf eine in absehbarer Zeit zu erwartende Katastrophe aufmerksam zu machen. Ihn trieb, wie bei allen Tuberkulosen überhaupt, eine zur höchsten Potenz gesteigerte Lebenslust, die Freuden der Welt schnell und in vollen Zügen zu genießen, und hierzu bedurfte er zwar nicht seiner Braut, aber – ihres großen Vermögens.

Bei dieser gegenseitigen Verstimmung floß die Unterhaltung wie ein träges Bächlein.

Hilma saß in der Frühstücksecke ihres flämisch eingerichteten Speisezimmers auf einem Korbsessel vor dem elegant gedeckten Teetisch. Ihr gegenüber hatte Dr. Grellnick Platz genommen, die unvermeidliche Zigarette im Mund. Nervös blies er dicke Rauchwolken durch die Nase und schaute sich forschend und ruhelos um, als ob er nach einem Anhaltspunkt für die Einleitung seiner Aussprache suchte.

Das Hausmädchen servierte den Tee etwas umständlich und mit peinlicher Sorgfalt, wie die junge Hausherrin ihr dies anerzogen hatte. Der Chemiker verfolgte mit gequälter Spannung alle Bewegungen des Mädchens, bis die Zimmertür wieder geschlossen war. Dann begann er, sich eine neue Zigarette anzündend, geradewegs auf das Ziel seines heutigen Besuches loszugehen.

Er sprach mit geheucheltem Einsamkeitsgefühl von der Unerträglichkeit einer noch längeren Trennung und von der auch für Hilma zwingenden Notwendigkeit eines gemeinsamen Haushaltes, damit auch sie innerlich und äußerlich endlich zur Ruhe komme.

Die Braut schlürfte nachdenklich ihren Tee und schwieg. Sie lenkte sogar ihre Blicke seitwärts, um den fragenden Augen ihres Verlobten nicht zu begegnen.

Als der erste Angriff auf diese Weise infolge des passiven Widerstandes erfolglos verlief, nahm Dr. Grellnick seine Zuflucht zu einer stärkeren Waffe, mit der er zu jeder Zeit und bei jeder Gelegenheit den Sieg zu erringen wußte, indem er auf die Dankbarkeit für seine Aufopferung und auf das gegebene Versprechen hinwies. Und um seiner Beredtsamkeit mehr Nachdruck zu verleihen, fügte er hinzu, daß der erste Schritt ja bereits getan sei, daß damit Hilma aber ihr Versprechen noch nicht erfüllt habe. Erst die vollzogene Ehe sei der Abschluß des gegenseitigen Übereinkommens.

Das Geschoß war nicht schlecht gezielt. Hilma zuckte kaum merklich zusammen, setzte die Teetasse langsam mit leise zitternder Hand auf den Tisch und erwiderte zögernd und jedes Wort vorsichtig abwägend:

»Die Eile, mit der du unseren gemeinsamen Haushalt zu begründen dich bemühst, Heinz, ist mir begreiflich, und auch ich möchte endlich zur Ruhe kommen. Aber schließlich gehört doch zu dem Beginn eines neuen Lebensabschnittes auch ein gewisses seelisches Gleichgewicht, und das habe ich bisher noch immer nicht gefunden. Selbstverständlich hast du keine Schuld daran, es handelt sich vielmehr um eine ganz persönliche innere Angelegenheit!«

»Hm!« brummte Dr. Grellnick vor sich hin und sah seine Braut mit einem durchbohrenden Blick an, »darf man erfahren, um welche Belastung des Gemüts es sich dabei handelt?«

»Von einer Belastung kann keine Rede sein«, gab Hilma verärgert zurück, »sondern nur von einem Eindruck, den der Schmerz geprägt, eine Wunde, die nicht vernarben will und die mich deshalb von Zeit zu Zeit quält, daß sich mir das Herz zusammenkrampft und der Schlaf mich flieht. Meine eigenen Leidensstunden habe ich verschmerzt und die Folterkammer, die man Gefängnis nennt, aus meinem Gedächtnis getilgt. Aber der Gedanke, daß der heimtückische Mörder des armen, unglücklichen Milner noch ungestraft einhergeht, raubt mir den Seelenfrieden. Ich finde keine Lebensfreude, bevor dieses niederträchtige Verbrechen nicht aufgeklärt ist. Und du mußt es daher verstehen, daß ich dir kein Weib sein kann, wie du es dir wünschest, ehe der Tod des armen Milner nicht gesühnt ist!«

Das Gesicht des Dr. Grellnick nahm eine aschfahle Färbung an. Er hüstelte etwas verlegen und bemühte sich, einen Satz zu bilden, mit dem er die Bedenken seiner Braut zu zerstreuen hoffte. Der Hustenreiz aber schüttelte ihn dermaßen, daß er sich an den Stuhllehnen festklammern mußte, um nicht herunterzugleiten.

Nachdem der Anfall vorübergegangen war und er sich zu einer Entgegnung gesammelt hatte, sagte er mit merkwürdig leiser Stimme und in einem nicht sehr überzeugenden Ton:

»Ich denke, die Sache ist auf dem besten Wege, ihre Erledigung zu finden; du hast offenbar vergessen, daß der Schwärmer Holdtmann …«

»Unschuldig im Gefängnis schmachtet«, unterbrach Hilma sehr heftig und mit energischem Nachdruck, wobei ihr Gesicht sich rötete und ihre sonst so ruhigen Augen leidenschaftlich aufblitzten.

Auf diese plötzliche Abwehr seines Ideenganges war der Chemiker keineswegs gefaßt. Er stutzte einen Augenblick, blickte verlegen zur Seite, besann sich dann aber wieder sofort auf seinen Angriffsplan und murrte mit ersichtlichem Unbehagen und nicht ohne Ironie:

»Hm … Hm! … echt weibliche Sentimentalität! Was der Gelehrten weises Hirn nicht zu durchdringen vermag, das formt sich im kindlichen Gemüt zu einer klaren Analyse. Zum mindesten solltest du mit deinem Urteil der Justiz nicht vorgreifen. Du bist ebensowenig eine erfahrene Kriminalistin, wie ich ein findiger Detektiv. Wenn ich mich als solcher aufgespielt hätte, wäre ich vielleicht in denselben Verdacht gekommen wie dein Schützling!«

Dr. Grellnick lachte heiser auf, und sein Gesicht bekam etwas Teuflisches. Hilma hatte mit Ungeduld auf die Beendigung seiner Worte gewartet, jetzt fuhr sie noch leidenschaftlicher als zuvor auf:

»Deine sophistischen Seitenhiebe können mich in meiner Überzeugung nicht irremachen. Ich kenne Holdtmann von frühester Jugend her. Sein Charakter ist ritterlich und ohne Tadel, sein Geist nur auf das Erhabene gerichtet, sein Gemüt von mädchenhafter Weichheit und sein ganzes Wesen von hoher Sittlichkeit und männlichem Stolz durchdrungen. Was mir in fünfzehn Lebensjahren zum Bewußtsein gekommen ist, das kann der künstlich konstruierte Verdacht eines Staatsanwalts, der sich nur von dem Schein leiten läßt, aber nicht in die Seele der Menschen zu blicken vermag, nie und nimmer zerstören. Holdtmann ist ebenso schuldlos an dem Verbrechen wie ich es bin, dafür verbürge ich mich auf Ehre und Gewissen. Und da er selbst auf dem Rettungsweg für mich verunglückt ist, halte ich es für meine Pflicht, ihm ebenso beizustehen, wie er es mir gegenüber versucht hat. Von dir aber, Heinz, finde ich es sehr merkwürdig, daß du dich in diesem Falle, wo es sich um einen hilflosen Menschen ohne Familie und Freunde handelt, so wenig ritterlich und hilfsbereit zeigst. Und diese Gleichgültigkeit, die schon mehr an Hohn und Schadenfreude erinnert, befremdet mich um so mehr, da dir doch bekannt ist, welche langjährige Freundschaft mich mit Holdtmann verbindet!«

Der Bräutigam, den in dieser Stunde die Aussicht auf ein beträchtliches Vermögen mehr lockte als der Idealismus der ganzen Welt, und dem in seinen besten Zeiten schon nichts gleichgültiger war als die Liebe zu seinen Mitmenschen, fühlte sich durch die überzeugungstreuen und mit Leidenschaft vorgebrachten Worte seiner Braut ziemlich hart abgekanzelt; aber in seiner Charakterlosigkeit, nur das persönliche Ziel im Auge, das in seinem Sinne dem Trieb der Selbsterhaltung gleichkam, wechselte er sofort die bisher zum Ausdruck gebrachte Gesinnung und begann mit einer neuen Taktik, die nach seiner vielseitigen Erfahrung ein Frauenherz fast immer erobert.

Dr. Grellnick warf mit einer eleganten Gebärde den Rest seiner Zigarette in den Aschenbecher, zündete hastig eine neue Zigarette an und sprach mit erkünstelt zärtlichem Blick und verstellter weicher Stimme:

»Hilmachen, mein Herz, du bist ein edles Weib! Aus dir spricht die Engelsstimme der Unschuld eines von den Gefahren des Lebens noch nicht berührten Wesens. Ich schätze die Großmut und die Freundestreue an dir mehr als du glaubst; und wenn du meine Ansicht hart und grausam findest, so verkennst du, daß ein Mann von meiner Art stets gewöhnt ist, die Dinge mit dem Verstand und tunlich ganz objektiv zu beurteilen, wie der Chemiker schon von Berufs wegen bei seinen Analysen nicht anders handeln kann. Umgekehrt läßt du dich naturgemäß von rein weiblichen Empfindungen leiten, was ich nicht nur begreiflich finde, sondern was mich geradezu beglückt. Sei also gut und lieb, Hilmachen, und mache mir keine Vorwürfe über Dinge, die nur durch die Verschiedenheit unseres Wesens, nicht etwa durch meine Böswilligkeit, in einem anderen Lichte erscheinen, als dir lieb und angenehm ist. Dein Wunsch ist mir Befehl! Ernenne mich zum Pfleger deines Jugendfreundes, und ich werde dir den Beweis erbringen, mit welcher Aufopferung ich deinen Interessen zu dienen vermag, auch gegen meine Überzeugung. Du verkennst, mein holder Engel, daß die Gewalt der Liebe zu allem fähig ist, alles überragt, alle Ketten zersprengt. Erinnere dich nur, mit welcher Selbstverleugnung und männlichen Entschlossenheit ich ans Werk ging, als es galt, ein so himmlisches Wesen, wie du es bist, zu erretten, eine Heilige, die sich durch ihre unsäglichen, mit überirdischer Geduld ertragenen Leiden die Märtyrerkrone tausendfach erstritt, aus den Krallen des Justizdrachens zu befreien! Aber mein Lohn …!«

Hilma hatte bei den letzten Worten ihr Gesicht mit den Händen bedeckt und begann heftig zu schluchzen; denn die Erinnerung an die unschuldig erlittene Gefängnishaft, die sie schon aus ihrem Gedächtnis entschwunden glaubte, packte ihr Gemüt wieder mit elementarer Gewalt, gegen die sie sich machtlos fühlte.

Der Chemiker mochte auf diese Wirkung seiner Rede wohl gefaßt gewesen sein; denn die Tränen seiner Braut lösten bei ihm ein triumphierendes Lächeln aus. Das Eis war geborsten; jetzt galt es, die letzten kleinen Hindernisse rasch hinwegzuräumen.

Behende wie eine Pantherkatze sprang er von seinem Sitz auf und zu Hilma hinüber, legte seinen Arm zärtlich um ihren Hals, und indem er das Gesicht sanft in die Höhe drückte, sagte er mit noch mehr gekünstelter Zärtlichkeit:

»Mein Lohn für alles Gute, das ich dir getan, bist du! Alle Schätze der Welt hätten mich nicht glücklicher machen können als deine Liebe. Wir wollen beides nicht vergessen, – du mein Opfer, ich deinen Dank. Und wir wollen die schöne Blume, die aus deinem Schmerz erwachsen ist, die Liebe, hüten und pflegen wie das ewige Feuer auf dem Altar unserer Herzen!«

Hilma hatte aufgehört zu weinen, sie blickte andächtig zu Boden, als ob sie einer Predigt lausche.

Dr. Grellnick hielt den rechten Augenblick für gekommen.

»Und wann soll die Hochzeit sein, mein Liebling?!« fragte er zärtlich, aber voll innerer Erregung zerbiß er seine Unterlippe.

»Wie du willst«, hauchte Hilma mit dem Ausdruck völliger Ergebung in ihr Schicksal.

Die Hochzeit wurde in acht Tagen, am kommenden Dienstag, festgelegt.

Der glückliche Bräutigam nahm zärtlichen Abschied von seiner Braut und stürmte vergnügt die Treppe hinunter.

Wer ihn so auf der Straße sah, den Hut im Nacken, den Spazierstock lustig schwingend und einen Gassenhauer vor sich hinträllernd, hätte sofort erkannt, daß der hohlwangige Dr. Grellnick eine bedeutungsvolle Eroberung gemacht hat.


 << zurück weiter >>