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Fünfzehntes Kapitel. Das Verbrechen

1. Das Treiben der Hexen

Indem wir nun dazu übergehen, die Verbrechen der Hexerei im Zusammenhange vorzuführen, dürfen wir den ersten besten konkreten Fall aus den Untersuchungsakten irgendeines beliebigen Landes herausgreifen; er wird im ganzen ein treues Bild aller übrigen geben. Wir wählen, der anschaulichen Darstellung wegen, die von Llorente mit geteilten Bekenntnisse der Hexen, die im Jahre 1610 zu Logroño in Spanien verurteilt und zum Teil hingerichtet wurden Llorentes kritische Geschichte der spanischen Inquisition. Deutsch von J. K. Höck. Gmünd 1821. Bd. III., Kap. XXXVII. Abschn. 2.. Einzelne Abweichungen und Eigentümlichkeiten, wie sie sich in deutschen und anderen Prozeßakten finden, werden sich Llorentes Berichte anschließen.

siehe Bildunterschrift

Albrecht Dürer, Die Hexe

Den Ort ihrer Zusammenkunft nannten die neunundzwanzig Verurteilten, sämtlich aus dem Königreich Navarra gebürtig, in gaskonischer Sprache Aquelarre, d. h. Bockswiese, weil dort der Teufel in Gestalt eines Bockes zu erscheinen pflegte. Montag, Mittwoch und Freitag jeder Woche waren für die gewöhnlichen Zusammenkünfte bestimmt, für die solenneren dagegen die hohen Kirchenfeste, wie Ostern, Pfingsten und Weihnachten, auch Johannistag und andere Heiligenfeste; denn so wie diese Tage dem feierlichsten Gottesdienste geweiht sind, so gefällt es dem Teufel, gleichzeitig von seinen Anbetern eine besondere Verehrung entgegen zu nehmen. Er erscheint in der Gestalt eines düsteren, jähzornigen, schwarzen und häßlichen Mannes, sitzt auf einem hohen, verzierten Stuhl von Ebenholz und trägt eine Krone von kleinen Hörnern, zwei große Hörner auf dem Hinterkopfe und ein drittes auf der Stirne; mit diesem erleuchtet er den Versammlungsplatz. Sein Licht ist heller als das des Mondes, aber schwächer als das der Sonne. Aus den großen Augen sprühen Flammen, der Bart gleicht dem der Ziege, die ganze Figur scheint halb Mensch, halb Bock zu sein. Die langen Nägel der Finger spitzen sich wie Vogelkrallen zu, die Füße ähneln den Gänsefüßen. Wenn der Teufel spricht, so ist seine Stimme rauh und furchtbar, wie die Stimme des Esels. Nach lothringischen Akten singen die Teufel mit einem heisern Geschrei, »gleich als wenn sie durch die Nase trommeten« Remig., Daemonolatr. I. 19. – oder sie geben eine Stimme von sich »gleich denen, so den Kopf in ein Faß oder zerbrochenen Hafen stecken und daraus reden« Remig., Daem. I. 8.. Oft redet er undeutlich, leise, ärgerlich und stolz; seine Physiognomie verkündet üble Laune und Trübsinn.

Bei Eröffnung der Versammlung wirft sich alles nieder, betet den Satan an, nennt ihn Herrn und Gott und wiederholt die bereits bei der Aufnahme ausgesprochene Lossagung vom Glauben; hierauf küßt man ihm den linken Fuß, die linke Hand, den After und die Genitalien.

Um neun Uhr abends beginnt die Sitzung und endet gewöhnlich um Mitternacht; über den Hahnenschrei hinaus darf sie nicht dauern.

An den Hauptfeiertagen der katholischen Kirche beichten die Zauberer dem Teufel ihre Sünden, die darin bestehen, daß sie dem christlichen Gottesdienst beigewohnt haben. Der Teufel macht Vorwürfe, legt nach den Umständen die Buße der Geißelung auf und gibt die Absolution, wenn Besserung verheißen wird Vgl. Remig. I. 22.. Hierauf nimmt der Teufel im schwarzen Ornat, mit Infel und Chorhemd, Kelch, Patene, Missale usw. eine Parodie der Messe vor. Er warnt die Anwesenden vor der Rückkehr zum Christentum, verheißt ein seligeres Paradies, als das der Christen ist, und empfängt auf einem schwarzen Stuhle, den König und die Königin der Hexen neben sich, die Opfergaben, die in Kuchen, Weizenmehl u. dgl. bestehen. In französischen Prozessen im fünfzehnten Jahrhundert opfert man Geflügel und Korn Jaquier, Flagell, p. 51., in lothringischen des sechzehnten Jahrhunderts schwarze Tiere und andere Dinge Remig., Daemonol., S. 85., in deutschen von 1628 auch Geld Mone, Anzeiger 1839, S. 130.. Hierauf betet man wiederum den Satan an, küßt ihm abermals den After, was er dadurch erwidert, daß er Gestank von sich gehen läßt, während ein Assistent ihm den Schweif aufhebt. Dann nimmt und gibt der Teufel nach einer Einsegnungszeremonie das Abendmahl in beiderlei Gestalt; was er zum Essen darreicht, gleicht einer Schuhsohle, ist schwarz, herb und schwer zu kauen, die Flüssigkeit, in einer Kuhklaue oder einem becherartigen Gefäße dargereicht, ist schwarz, bitter und ekelerregend.

Nach der Messe vermischt sich der Teufel fleischlich mit allen Manns- und Weibspersonen und befiehlt Nachahmung Urteil der Inquisition zu Avignon 1582, bei Delrio, Lib. V. sect. 16.; am Ende vermischen sich die Geschlechter ohne Rücksicht auf Ehe und Verwandtschaft.

Hierauf sendet der Teufel alle fort und gebietet jedem, an Menschen und Früchten des Feldes nach Möglichkeit Schaden zu stiften, wozu man sich teils in Hunde, Katzen und andere Tiere verwandelt, teils Pulver und Flüssigkeiten anwendet, bereitet aus dem Wasser der Kröte, die jeder Zauberer von dem Augenblicke seiner Aufnahme an bei sich trägt, und die eigentlich der Teufel selbst ist. Zuletzt verbrennt sich der als Bock darstellende Teufel zu Asche.

Wer aufgenommen werden will, muß seinen Glauben abschwören und den des Teufels annehmen. Er entsagt Gott, Jesu Christo, der heiligen Jungfrau, allen Heiligen und der christlichen Religion, verzichtet auf die ewige Seligkeit, erkennt den Teufel als Gott und Herrn, schwört ihm Gehorsam und Treue, um alle Üppigkeit dieses Lebens zu genießen und dereinst in das Paradies des Teufels einzugehen.

Rudolf Reuß La sorcellerie au 16 et 17 siècle, S. 23. teilt zwei Abschwörungsformeln mit, die eine 659 im Elsaß vorkommende: »Hiermit fahre ich dem lebendigen Teufel zu, der soll mich behüten und bewahren, bin auch Gott nicht mehr angehörig.« – Die andere lautet:

»Da stehe ich auf dem Mist,
Verleugne Gott, alle Heiligen
Und meinen Jesum Christ.«

Diese war in der einen oder in der anderen Modifikation die gebräuchlichste Formel. Im protestantischen Hessen z. B. begegnet man in den Prozeßakten öfters der Formel:

»Ich stehe hier auf der Mist
Und verleugne Jesum Christ.«

Bei Horst Dämonologie II., S. 161. bekennt eine protestantische Hexe, die 1651 verbrannt wurde, »sie habe müssen an einen weißen Stock fassen, der gewesen, als wenn er von einer Weide geschnitten und abgeschülfert wäre, und zwei Finger der linken Hand auf ihre Brust legen, sich an einen Berg lehnen und also sprechen:

»Hier greife ich an diesen Stock,
Und verleugne hiermit unsern Herrn Gott
Und seine zehn Gebote.«

Katholische Hexen gebrauchten auch die Formel:

»Ich fasse an diesen weißen Rock
Und verleugne Mariäs Sohn und Gott.«

Andere Hexen gestehen, Glockenspäne vom Teufel erhalten und mit den Worten ins Meer geworfen zu haben: »So wenig diese Späne je wieder zur Glocke kommen, ebensowenig ich zu Gott und seinen Heiligen S. Schreiber im Taschenbuch für Geschichte und Alterthum in Süddeutschland, 1846, S. 172..

Hierauf drückt der Teufel mit den Klauen der linken Hand dem Novizen ein Zeichen auf irgendeinen Teil des Körpers, gewöhnlich auf der linken Seite, der dadurch vollkommen unempfindlich wird (Stigma diabolicum) Bodin., Daemonoman. II. 4., oder er zeichnet mit einem Goldstücke in den Stern des linken Auges die Figur einer Kröte zum Erkennungszeichen für andere Zauberer. Freilich waren nicht alle Hexen mit dem Stigma behaftet, sondern im allgemeinen nur diejenigen, denen der Böse nicht recht traute und die er daher als sein Eigentum zu bezeichnen für ratsam erachtete. Er tat es gewöhnlich durch einen Griff mit der Hand oder einen Schlag mit der Klaue an den Schultern oder auch an den Hüften, Schenkeln oder an anderen Körperteilen, d. h. er hatte es überall da getan, wo man im Prozeß an einer Inquisitin ein Muttermal, eine Warze, einen Leberflecken oder des etwas vorfand Trechsel, Das Hexenwesen im Kanton Bern; im Berner Taschenbuch von 1870, S. 174.. Das Stigma findet sich nach mecklenburgischen Hexenprozessen hinter den Ohren, zwischen den Lefzen, unter den Augenbrauen, auf oder unter der Achsel, an der Brust oder Hüfte. Die Stelle ist ein wenig erhaben, wegen der Narbe hüglig, ganz ohne Blut, unempfindlich, so daß man mit einer Nadel hineinstechen kann, ohne daß der Betroffene es merkt. Zuweilen finden sich auch schwarze Strichlein oder Fleckchen an Stirn, Augen oder sonstwo, die man nicht abwaschen kann, zuweilen Zeichen in Gestalt eines Krötenfußes C. Beyer, Zauberei und Hexenprozesse im evangelischen Mecklenburg, Berlin 1903, S. 15.. Im Badischen sind die Hexenzeichen auf den rechten Arm gepetzt, in die linke Seite gebissen, auf die linke Schulter geschlagen, an das rechte Auge gestoßen, an den linken Fuß gegeben, ins linke Auge gestochen, auf das rechte Knie gebissen usw. (Mones Anz. 1839, S. 124). In Frankreich: J'avoue, que la première fois qu'on va au sabbat, tous masques, sorciers, sorcières et magiciens sont marqués avec le petit doigt du diable, qui a cette charge ... J'avoue, que j'ai été marqué au sabbat, de mon consentement et y ai fait marquer Magdelaine. Elle est marquée à la tête, au cœur, au ventre, aux cuisses, aux jambes, aux pieds et en plusieurs autres parties de son corps Hauber, Bibl. mag. Bd. I. S. 463.. Dann übergibt er dem Paten eine für den Neuling bestimmte Kröte, die ihm hinfort die Kraft verleiht, sich unsichtbar zu machen, durch die Luft zu fliegen und allen möglichen Schaden zu stiften. Die Kröte findet sich in englischen, französischen und deutschen Prozessen. In englischen ist es auch zuweilen ein weißer Hund, eine Katze, eine Eule, ein Maulwurf etc. Diese Tiere müssen sorgfältig gepflegt und geliebkoset werden, die Hexen sind sogar verpflichtet, die bösen Geister öfter an sich saugen zu lassen The wonderful discovery of the witchcrafts of Margaret and Phillip Flower etc. London 1619. Reprinted Greenwich 1838. – Webster, Cap. V..

Hat er seine Probezeit ausgehalten, d. h. sich hinlänglich oft am Christentum vergangen, so weiht ihn der Teufel definitiv zum Seinigen, indem er ihm mit den unanständigsten Geberden den Segen erteilt.

An manchen Tagen wird nach der Musik der Querpfeife, der Leier, Trompete oder Trommel getanzt. Um sich zum Fliegen vorzubereiten, bestreicht sich der Zauberer mit dem aus der Kröte ausgedrückten Safte. Gifte aus Pflanzen, Reptilien und Christenleichnamen werden unter besonderer Aufsicht des Teufels zubereitet. Nicht alle Zauberer haben bei der Bereitung Zutritt, aber allen wird von der Salbe mitgeteilt, damit sie ihre Malefizien damit ausführen.

Wenn der eine Ehegatte die Bockswiese besuchen will, ohne daß der andere es bemerkt, wird dieser entweder in tiefen Schlaf gesenkt, oder es wird ein Stock, der die Gestalt des Abwesenden annimmt, zu ihm ins Bett gelegt.

Oft macht der Teufel auch seine unkeuschen Besuche in den Wohnungen der Hexen.

Ein kleines, in die Türe gebohrtes Loch genügt den Hexen zum Ausgang.

Sie lieben es, kleine Kinder durch Blutaussaugen zu töten.

Bei zufälliger oder absichtlicher Nennung des Namens Jesus verschwindet plötzlich der Teufel und die ganze Versammlung des Sabbats.

Übereinstimmend mit diesen Bekenntnissen der Hexen von Logroño in allen Hauptsachen und selbst in den meisten Einzelheiten sind die Aussagen in den übrigen Ländern; nur versteht es sich, daß jedes Land seine eigenen Orte für die Zusammenkünfte und mancherlei Modifikationen im einzelnen hat. Versammeln sich die Hexen von Navarra in Aquelarre, so hat Deutschland seit dem 15. Jahrhundert seinen Blocksberg Grimm, Deutsche Mythol., S. 591. Jakobs, Der Brocken in Geschichte und Sage, Halle 1879., Inselsberg, Weckingstein bei Minden, Staffelstein bei Bamberg, am Wörth im Staffelsee, das Kaiserbachtal bei Kufstein, Ringberg bei Egern Dr. M. Höfler, Wald- und Baumkult, München 1892, S. 87, 100., am Niklasbrunnen zu Farchach am Würmsee, Brecherspitz am Schliersee, Peißenberg und Auerberg, die Wiege von Schöngeising, den dreieckigen Stein bei Türkenfeld, den hl. Kreuzwald bei Holzhausen, die Scharnitz, Heu- und Heuchelberg in Württemberg, Kreidenberg bei Würzburg, Hirschelberg bei Eisenach, den Kandel im Breisgau, Höberg in Thüringen Werthke, S. 157, § 215., Bönnigsberg bei Lokkum, Hupella auf den Vogesen, Fellerberg bei Trier. Der Heuberg im Schwarzwald, der südwestlichste, höchste und rauheste Teil der Alb (wo noch jetzt bei Obernheim das »Hexenbäumlein« zu sehen ist), wird schon in einem 1506 geschriebenen und 1515 gedruckten Traktat des tübingischen Theologen Martin Plantsch erwähnt. Dann der Hörselberg in Thüringen, Blumenberg bei Oldesloe in Holstein und viele andere Bockhornsberge, Brochelsberge, Glockersberge Theophr. Paracelsus, Volumen Paramirum, herausg. v. Dr. Franz Strunz, Jena 1904, S. 398.. Schon um das Jahr 1300 (?) sagt ein alter deutscher Nachtsegen, wie Reichhardt angibt:

Gott möge mich heut Nacht bewahren
Vor den bösen Nachtfahrern,
Ich will mich bekreuzen,
Vor den Schwarzen und Weißen,
Die die guten werden genannt,
Und zum Brockelsberge sind gerannt,
Vor den Bilwissen (Korndämonen),
Vor den Manessern,
Vor den Wegeschrittern,
Vor den Zaunreitern,
Vor allen Unholden Rud. Reichhardt, Die deutschen Feste in Sitte und Brauch, Jena 1908, S. 140..

In Schlesien bezeichnet man als Versammlungsorte der Hexen Kreuzwege und Galgen. Ein Hirschberger Sprichwort aus der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts sagt von einem recht liederlich aussehenden Menschen: »A sit aus, as wenn a om Wolpertoomde (Walpurgisabend) met a Hexa ufm Goljabarje getanzt hätte Dr. Franz Schreller, Schlesien, Glogau o. J., S. 259..« Frankreich hat seinen Puy de Dôme, Italien den Barco di Ferrara, Paterno di Bologna und namentlich Benevent, wo sich die Hexen unter einem Nußbaum versammelten und die »beneventische Hochzeit« feierten. In der deutschen Schweiz wird die »Brattelenmatte«, von der man jedoch nicht weiß, wo sie zu suchen ist, als Stätte der Hexensabbate genannt.

siehe Bildunterschrift siehe Bildunterschrift

Die Versuchungen des heiligen Antonius
Holzschnitt nach Hieronymus van Ackten

Oft sind dem Wohnorte der Inquisiten ganz nahe gelegene Lokalitäten genannt: die Hexen des Busecker-Tals versammeln sich in den Klimbacher Hecken, die trierischen zuweilen auf der Hetzeroder Heide, die offenburgischen auf der dortigen Pfalz, die coesfeldischen »ufr Vlaemschen Wieschen, ufm Voßkampfe«; oder es heißt auf der Wiese, unterm Nußbaum, auf dem Zimmerplatze, auf dem Bühel beim hl. Angesicht usw. Kirchhöfe werden in Genf, Frankreich und im Elsaß, die innern Räume der Kirchen in Berwick und England, Plätze vor Kreuzen in Poitou und Lothringen, Kreuzwege in Westphalen, Navarra und anderwärts, – kurz Örtlichkeiten der verschiedensten Art, unter denen Berge allerdings die Hauptrolle spielen, werden als Schauplätze des obszönen Sabbats bezeichnet.

Bei den Hexensabbaten präsidiert der Teufel, entweder in eigener Person oder durch einen ihm untergebenen Dämon, dem die Hörner fehlen, und der vom Platze weicht, sobald der Teufel erscheint. Als Zeit der Hauptversammlungen treten auch anderwärts die großen Kirchenfeste hervor; neben diesen der Johannistag, der in Frankreich und Bayern seine besondere Bedeutung hat, der Jakobstag, die übrigen Apostel und die Marientage und für einen großen Teil Deutschlands, besonders aber im nördlichen und nordwestlichen, ganz vorzüglich die Walpurgisnacht.

Außer den solennen Versammlungen, an denen bisweilen zehn- bis zwölftausend Hexen und Zauberer zusammen sind, finden auch wöchentliche mit geringerer Förmlichkeit statt; für diese haben sich die lothringischen Hexen den Mittwoch und Freitag, die französischen teils den Montag und Freitag, teils den Mittwoch, Donnerstag und Freitag, die trierischen und lombardischen aber den Donnerstag ausersehen. Hier und da kommt es vor, daß der Satan seine verführende Kraft einer Örtlichkeit mitteilt. Wer sie betritt, ist ihm verfallen. So befindet sich bei Trzebiatkow im östlichen Hinterpommern der Hexensee, von dem jeder Zauberkraft empfing, der in ihm badete. Um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts wurden mehrere Weiber beschuldigt, in ihm gebadet zu haben, um Zauberei zu treiben. Dadurch entstand ein Aufruhr, der die Behörde zum Einschreiten nötigte Otto Knoop, Volkssagen, Erzählungen etc. aus dem östlichen Hinterpommern, Posen 1885, S. 20 ff. Tettau und Temme, Die Volkssagen Ost-Preußens etc. Berlin 1837, S. 251..

In Deutschland, in der Schweiz und anderwärts jedoch geht der Teufel selbst auf Werbung aus. Er erscheint dann gewöhnlich als schmucker Kavalier oder Krieger, legt sich irgendeinen mehr oder weniger bedeutsamen Namen bei. »Denn der Satan hat allezeit, um mehr Betruges willen schöne holdselige Zunamen gesucht, die ihm seinen rechten Vornamen beschönten J. Bodin, ne Magorum Daemonomania, deutsch von Joh. Fischart, Straßburg 1591. S. 280..

Hier einige dieser Teufelsnamen: Alexander, Ariel, Auerhain (Urian), Bädel, Balebuck (Mecklenburg 1590), Baram (Pommern), Barrabas, Blümlin, Burseran (Franken), Bursian, Chim (Mecklenburg 1659), Chirkum (ebenso), Claus, Durst, Federhans, Hans Federlin, Federspiel, Feuerchen, Firlenhan, Flederwisch, Foland, Glöckel, Junker Greger, Größlin, Grünläubel, Junker Hahn, Haintzle, Haverliedt, Heinrich, Hemmerlin, Hundsfutt, Hurst, Hurstel, Joachim, Käsperlin, Knipperdolling (!), Kochlöffel, König Beltzamer (Hamburg), Krautle, Kreutlin, Krüttle, Kumbher (Hannover), Laub, Läubel, Leichtfuß, Löwer, Lukas, Luzifer, Luginsland (Schwarzwald), Machleid, Männel, Mephistopheles, Moyset, Müsgen, Nüßlin, Ognon, Peterling, Rauschen, Rauscher, Christoffer Rickert (Wesenberg 1612), Rotmentlin, Rufian (= Kuppler), Hans Rumpel, Schönhanß, Schiffmann, Schuhfleck, Schwarzkünstler, Schwarzlaster, Spitzhut, Strohbutz, Stumpfäfflin, Tieke (Hannover 1605), Uhrhahn, Urian, Valant, Volant Faust, I. Teil, »Platz! Junker Voland kommt.«, Zieglscherb, Zumwaldfliehen Faust, I. Teil, »Platz! Junker Voland kommt.«.

In Holland kommen die Namen Hanske, Harmen, Hendrik, Pollepel, Roltje vor, in der Schweiz Arlibus, Belzibock (Zürich), Hänsli, Barlaba, Cränzli, Hans Leng oder Hans Leug, Jean Wxla, Hürsch-Martin, Julius, Krütli, Kleinbrötli, Karlifas, Kempfer, Robet, Robin, Remomus, Schwarzhänsli, Turbini usw. In Schottland: Pastetenwächter, Beißindikrone, Thomas Weinessig usw. In Schweden: Loeyta.

Er, der Versucher, tritt vor ein einsames, einfältiges, trauerndes oder von Not bedrängtes Weib, tröstet, droht oder schreckt, zeigt und schenkt Geld, das jedoch fast immer am nächsten Morgen in Kot oder dürres Laub verwandelt ist, verheißt vergnügtes Leben und großen Reichtum, der indessen selten eintrifft. Nur wenn reiche Leute in Untersuchung waren, ließ man den Teufel sein Wort gehalten haben. So wurde bei einer Angeklagten zu Osnabrück der Reichtum als Indizium des Teufelsumgangs genommen (Wierus De Lamiis 51); dem Kaufmann Köbbing zu Coesfeld wurde ein geldbringender Sukkubus beigelegt (Niesert, Hexenproz. zu Coesfeld S. 37); in burgfriedbergischen und andern Akten findet sich Ähnliches, besonders im siebzehnten Jahrhundert, wo auf die Reichen häufiger Jagd gemacht wurde. Er betört die Arme, vermischt sich mit ihr fleischlich, wobei ihr die unangenehme Beschaffenheit seines Membrum virile und seine kalte Natur auffällt Bodin, Daemonoman. II. 7. p. 251; Remig. Daemonolatr. p. 25 ff., 31 ff.; Delrio, Disquisit. mag. Lib. V. Append. p. 854; De Lancre, Chap. VIII..

Er drückt dem Weibe das Stigma auf und läßt bei seinem Verschwinden die unzweideutigsten Zeichen seines gemeinen diabolischen Wesens hinter sich.

Nun gehen der Verblendeten die Augen auf, aber sie kann nicht zurück, setzt das Verhältnis fort, schwört den Glauben ab und läßt sich, nachdem zuvor das Chrisam abgestrichen ist, in des Teufels Namen taufen, wobei Paten und Zeremonien nötig sind. Im Elsaß erhalten die Hexen die Namen Saufvessel, Schwarzdesche, Zipperle, Grundt, Krautdorsche, Gänsfüßel, Kräutel, Blümel, Grünspecht, Sipp etc. In einem westfälischen Prozesse heißt ein Sukkubus Christine.

Seltener ist's, daß der Teufel gleich anfangs in Bocksgestalt oder mit Kuhfüßen und Hörnern einem Mädchen mit seinen Bewerbungen entgegentritt und durch Drohungen oder Gewalttätigkeiten zum Ziele gelangt.

Die Taufe wird mit Blut, zuweilen mit Schwefel und Salz vollzogen Lauterbach, Consiliis (Consil. Juridic. Tubingens. Tom. IV.), Walter Scott, Br. über Dämonol. II. 139..

siehe Bildunterschrift

Ein Weib gegen sieben Teufeln. Holzschn. v. Günther Zainer, Augsburg

In den Hexenversammlungen kam auch ein teuflisches Weihwasser vor, womit die Versammelten besprengt wurden. »Sie brauchen auch weyhwasser, dann uns wahrhafftig gesagt ist, daß der Teuffel erst durch ein Loch pisset, darnach alle die auf dem Sabbath seindt, groß und klein, vnd daß bisweilen zween Teuffeln, bisweilen ein Mann das Volk damit besprengete »Wunderbarliche Geheimnussen der Zauberey, darinn aus der Uhrgicht vnd Bekenntnuß vieler vnderscheidlicher Zauberer vnd Zauberinnen die vornembste Stück, so bey solchem Teuffelswesen umgehen, beschrieben werden.« (1630) S. 91.

Oft werden selbst unmündige Kinder dem Teufel zur Aufnahme von den Hexen zugeführt, und auch diese verschont er nicht mit seiner Unzucht.

Häufig finden sich beim Teufelsbunde eigentliche Verschreibungen mit Blut. Bisweilen ist diese Formalität mehr den Gliedern der höheren Klassen des satanischen Reiches als den gemeinen Hexen vorbehalten Mone, Anz. 1839, S. 125. Bekker, Bez. Welt, IV. 29. Hauber, Bibl. mag. III. 306. Bodin, Daemonum, II. 4. The wonderful discovery etc. p. 10, Jakob I. Daemonol I. 6. Cannaert, Bydragen tot de kennis van het oude strafrecht in Vlaenderen, p. 243..

Manche Hexen dienen dem Teufel sechs bis zehn Jahre, ehe sie das Homagium leisten, andere tun dies gleich anfangs.

siehe Bildunterschrift

Hexenspuk. Bruder Johannes Pauli, Schimpf und Ernst, Augsburg 1533

Der Besuch des christlichen Gottesdienstes ist nicht ganz verboten; vielmehr gilt es als verdienstlich, der Messe beizuwohnen und während der Elevation auszuspeien und unanständige Worte zu murmeln oder zum Abendmahl zu gehen und die empfangene Hostie aus dem Munde zu nehmen, um sie später dem Teufel zur Schändung und Bereitung von Zaubermitteln auszuliefern Delrio, V. 16..

Die Hexe tritt das Kreuz, fastet am Sonntag und ißt am Freitag Fleisch.

Zum Hexensabbat reitet man auf Böcken, Hunden, Ochsen, Schweinen, auf einer Geiß, auf einem schwarzen Pferd, auf einer dreibeinigen Ziege C. Hartmann, Geschichte Hannovers, 2. Aufl., Hannover 1886, S. 197. Jahrbücher für romanische Literatur III., S. 147., Stöcken, Ofengabeln, Besen, Spießen oder anderen abenteuerlichen Vehikeln; der gewöhnliche Weg geht durch den Schornstein, häufig auch durch die Türe oder das Kammerfenster in die Luft. Seltener durchstreift man das Land zu Fuße in Katzen- und Hasengestalt. Ekkehard von St. Galens Weltchronik erwähnt im dreizehnten Jahrhundert die Zauberinnen, die auf Bänken und Besen und anderem Hausgerät auf den Brockenberg ritten.

Zum Flug wie zur Verwandlung ist eine Salbe nötig, meist wird auch eine Formel (»Auf und davon, hui, oben hinaus und nirgend an«) gebraucht. Ein äußerst sinnreiches Verfahren wendeten die schwedischen Hexen an, wenn sie ihre Nachbarinnen, Freundinnen, Kinder zur Fahrt nach Blaculla mitnehmen wollten. Sie steckten nämlich ihrem Bock eine Stange in den Hinteren, auf die sich die lieben Freundinnen setzten, worauf es dann sofort durch die Luft gen Blaculla ging. – In Schottland besteigt man Strohschütten, Bohnenstangen oder Binsenbündel und erhebt sich unter dem Rufe: Roß und Heuhaufen, in des Teufels Namen W. Scott, Br. über Dämonologie II. 235..

Erhellt wird die Mahlzeit durch »Leuchter«, d. h. durch Hexen, die gebückt stehend im After brennende Kerzen tragen.

Wer den Sabbat versäumt oder sich auf ihm ordnungswidrig aufführt, erlegt eine Geldstrafe oder wird gezüchtigt De Lancre, Cap. II. W. Scott, II. 137..

Der Teufel ist indessen bei diesem Feste nicht immer ein mürrischer Gebieter. Oft sitzt er mit einem gewissen Ausdruck der Milde da, liebt einen Spaß, läßt die Hexen kopfüber springen oder zieht ihnen die Besen und Stangen unter den Beinen weg, daß sie hinfallen, lacht, daß ihm der Bauch schüttert, und spielt dann anmutige Melodien auf der Harfe.

siehe Bildunterschrift

Hexensabbat auf dem Blocksberg
Kupfer nach Michael Heer, 1661 †

In dem berüchtigten Hexenprozesse von Mora in Schweden (1669), der zweiundsiebzig Weibern und fünfzehn Kindern das Leben kostete, wird er auch zuweilen krank und läßt sich Schröpfköpfe ansetzen; einmal stirbt er sogar auf kurze Zeit und wird in Blaculla laut betrauert.

Die Mahlzeiten bei den großen Versammlungen – lauter Schaugerichte – bestehen aus schmaler und ekelhafter Kost Remig., I. Cap. 16.. In badischen Akten (Mone, a. a. O.) Fische und Fleisch vom Geschmacke faulen Holzes, ohne Salz; Wein wie Mistlachenwasser oder saurer Wein. – Das Brot fehlt z. B. in burgfriedb. Akten von 1665. – Oft werden die Speisen von den Abdeckeplätzen geholt. Dann wieder müssen die Vorräte der Reichen das Ausgesuchteste und Schmackhafteste liefern Buseckische Akten von 1656., nur fehlt bisweilen Salz und Brot, oft auch der Wein – drei Dinge, die durch den Gebrauch der katholischen Kirche als geheiligt galten.

Als besonderer Leckerbissen der Hexen bei ihren Sabbaten galten kleine Kinder. Man nahm an, daß die Kinder, die hierbei scheinbar geschlachtet und verzehrt wurden, bald nachher sterben müßten.

Übrigens trinkt hier keiner dem anderen zu.

Nach dem Essen geht der Tanz an, ein runder Reigen, das Gesicht nach außen gekehrt Remig., S. 111, 133. – Delrio, Disqu. mag. Lib. V. Append. p. 855. – Mone, S. 127. W. Scott, II. 171.. Eine Hexe in der Mitte des Kreises steht auf dem Kopfe und dient als Lichtstock. Tanzen einzelne Paare, so kehren die Tanzenden einander den Rücken zu. Sackpfeifen, Geigen, Trommeln ertönen, und der Chor singt: »Harr, Harr, Teufel, Teufel, spring hie, spring da, hüpf hie, hüpf da, spiel hie, spiel da Bodin, Daemonoman. II. 4.!« oder ein ähnliches Lied.

Auch Hexenhochzeiten werden in zahlreicher Versammlung gehalten. Offenburger Hexen fahren nach Obernehenheim »in die Sonnen« und halten daselbst Hochzeit Remig. 219 u. 225. Orig.-Akten d. Reichskammerger., Hoffmännin contra Stadt Offenburg..

Außer der Würde des Königs und der Königin gibt es in der Hexenwelt auch verschiedene Militär-, Zivil und geistliche Chargen: man findet Offiziergrade vom General bis zum Leutnant und Fähnrich abwärts und selbst Hexenkorporale, ferner Gerichtsschreiber, Sekretäre, Rentmeister, Köche, Spielleute und Hexenpfaffen. General und Korporal in Lindheimer und Friedberger Akten; Oberst, Kapitän und Leutnant in Coesfelder Akten. Fahnenjunker auf der Insel Schütt (Theatr. Europ. VII. S. 327). – Der Gerichtschreiber protokolliert den Eid, der dem Satan beim Sabbat geschworen wird (Coesf. A.); der Rentmeister kassiert die für den König eingehenden Opferheller ein (Friedb. Akten); der Pfaffe reicht das Teufelsabendmahl (ebenda). In Schottland finden sich die Hexen zuweilen in Rotten (covines) und Schwadronen (sqads) abgeteilt, deren jede zwei Offiziere oder Befehlshaberinnen hat. (W. Scott II., 133). – In der Gascogne trägt der Zeremonienmeister einen vergoldeten Stab. (Dictionnaire infernal von Gollin de Plancy, Art. Aguerre.)

Die Offizianten werden mittelst zusammengeschossener Beiträge entlohnt.

Die Hauptverpflichtung der Hexe gegen den Teufel bestand darin, daß sie bemüht sein mußte, mit Hilfe und nach dem Bescheid des Teufels die Christen an Leib und Seele, an Hab und Gut zu schädigen und zu verderben. Dabei ist zu beachten, daß die Hexen, wenn sie Schaden stiften wollten, immer vereinzelt, fast nie in Gemeinschaft mit anderen operieren. Nur einmal, in Schiltach in Baden, sind alle Hexen des Städtchens an einer Brandstiftung beteiligt »Annales oder Jahresgeschichten der Baarfüßeren oder Mindern Brüdern S. Francisci ordinis – zu Thann – durch P. F. Malachiam Tschambser, MDCCXXIV« (Colmar 1864) B. II. S. 73..

Das eigentliche Sakrament, durch das die Hexen ihre Wirksamkeit ausüben, ist die Hexensalbe, mit der die Hexen sich und die Spitzen ihrer Gabeln zur Ausfahrt bestreichen, mit der sie Menschen und Vieh schädigen und töten etc. Außerdem spielen Pulver, Kräuter und allerlei Zauberformeln eine Hauptrolle Remig., I. 2. Delrio.. Oft aber genügt schon ein Gruß, ein Hauch, ein Blick.

Das Bestreben des Teufels war besonders auch dahin gerichtet, durch die Hexen und Hexenmeister unter den Menschen Haß und Zwietracht zu säen, insbesondere Ehegatten einander zu entfremden. In einem Berner Prozeß von 1591 gestand ein Hexenmeister, der Teufel habe ihm geboten, die Leute gegeneinander aufzureizen und Uneinigkeit zu stiften, soviel er nur könne und möge. Im Jahr 1609 bekannte eine in Bern wohnhafte Weibsperson aus dem Kanton Zürich neben vielen Krankheiten, Lähmungen und Todesfällen, die sie durch Berührung mit der Hand, ja durch bloßes Streifen der Kleider verursacht habe, auch einige Versuche, die sie gemacht, selbst Ehen zu zerstören, indem sie den Ehegatten unüberwindliche Abneigung einzuflößen suchte, einen Zweck, den sie zwar nicht immer, aber doch öfters erreicht habe Berner Taschenbuch. 1870, S. 180..

Wer könnte außerdem die Zwecke und Mittel der Hexerei alle im einzelnen verfolgen? Hier wird ein Weib durch einen dargebotenen Apfel zu sechsmaligem Abortieren gebracht, dort ein Mädchen durch einen Trunk Bier bezaubert, daß es die Haare verliert, ein Kind mit Sauerkraut oder einem leisen Schlag auf die Schulter behext, ein Mann durch einen Schluck Branntwein des Verstandes und des Lebens beraubt.

Über die zahllosen Störungen der ehelichen Freuden durch Nestelknüpfen klagen besonders die Franzosen Bodin und de Lancre. Bodin versichert, es gebe mehr als fünfzig Arten des Nestelknüpfens. Wie sehr in einem von diesem Aberglauben angesteckten Individuum schon die bloße Furcht vor solchen Malefizien psychisch niederschlagend wirken und mithin Erscheinungen herbeiführen konnte, die man dem Maleficium selbst zuschrieb, ist an sich klar.

Eine Hexe im Buseckertale melkt mittelst einer Spindel, die den Akten als Corpus delicti beigelegt wird, fremde Kühe. Eine Landsmännin der vorigen gibt der Nachbarin einen Wecken zu essen, worauf deren Knie so anschwellen, daß am folgenden Sonntage der Pfarrer von der Kanzel herab diese Übeltat straft. Die Täterin läßt sich bestimmen, den Zauber abzutun, legt einen Aufschlag von Bienenhonig und Tabak auf die Geschwulst, diese öffnet sich, und es gehen, den Akten zufolge, anderthalb Maß Materie mit Kellerasseln, Engerlingen, Schmeißfliegen und haarigen Raupen heraus, die Kranke aber ist genesen.

Ein junger Lord in Rutlandshire wird dadurch getötet, daß man seinen rechten Handschuh siedet, durchsticht und in der Erde begräbt The wonderful discovery etc. pag. 16 und 21.. An andern Orten ist die Rede von Dornen, Holzstücken, Steinen, Knochen, Glas, Nadeln, Nägeln und Haarknäueln, die den Leuten in den Leib gezaubert werden. Zahlreiche Bezauberte in England, Holland und Deutschland, die Nägel, Stecknadeln und andere harte Körper vomierten, haben oft Mitleiden und Almosen, zuweilen die Schande der Entlarvung ihres Betruges geerntet. Noch in dem berüchtigten Hexenprozeß zu Glarus (1782) bildet diese Art Malefiziums den Mittelpunkt der ganzen Sache Jhs. Scherr, Menschliche Tragikomödie, 3. Aufl., VI. Bd., S. 49-69..

Die Nonnen eines Klosters bekommen plötzlich steife Hälse, weil ein Weib ein Gebräu von Schlangen, Kröten und Sanguis menstruus bereitet hat.

Solche Mittel, gewöhnlich Gifte oder Giftgüsse genannt, werden häufig vor Türen ausgeschüttet oder unter der Schwelle vergraben; man verdirbt mit ihnen Menschen, Tiere und Bierbrauerei Raumer in den Märkischen Forschungen, Band I. Berlin 1841. S. 238 ff.. Kochen die Hexen allerlei Obstblüte in einem Hafen, so mißrät das Obst; werfen sie gewisse Gegenstände in einen kochenden Topf zusammen, so entstehen Raupen und kleine Würmer, die das Eckerich (die Frucht der Buchen) zerstören; Mäuse werden durch ähnliche Künste in die Felder gezaubert.

Werwölfe Hexenhammer I. S. 14 (Schmidt). Leubuscher, Über die Währwölfe und Thierwandlungen im Mittelalter, Berlin 1850. haben ihren Zustand bald durch den Gebrauch einer Salbe, bald durch das Anlegen eines Gürtels, bald in anderer Weise herbeigeführt. Im Jahre 1598 brach im Jura eine Werwolfepidemie aus. »Die Menschen verfielen damals scharenweise dem Wahne der Lykanthropie und zerfleischten und verzehrten zahlreiche Menschen und Tiere, die ihnen in den Weg kamen« Dr. Richard Hennig, Der moderne Spuk- und Geisterglaube, Hamburg 1906. S. 100..

In Italien verwandelten sich die Hexen in Katzen Riezler, S. 68., wogegen die Werwölfe (loups-garous) namentlich in Frankreich vorkamen Discours exécrables des Sorciers ensemble, leurs procès faits depuis deux ans en divers endroits de la France avec six avis en fait de sorcellerie (Lyon 1602, 1603, 1605, 1607, 1608, 1610). Cimber et Danjou, Archives curieuses de l'histoire de France, Sér. I. Tom. 8, S. 7 ff. Sens 1574.. Hier wurde es noch am Ende des sechzehnten Jahrhunderts aktenmäßig festgestellt, daß der Jäger, der die einem Wolfe abgeschossene Pfote als Jagdbeute in die Tasche steckte, nach Hause zurückgekehrt, zu seinem größten Entsetzen sah, daß es eine Hand seiner Frau war.

Übrigens ist sonst das gewöhnlichste Hexentier, in allerlei Beziehung und zu allerlei Beschädigung des Menschen, die Katze Stöber, Über die sogen. Gespenstertiere im Elsaß, im »Neujahrs stollen« auf 1850, S. 48. Wuttke, Volksglaube, 3. Bearb. S. 127 § 173.. Die Hexen verwandeln sich gern in Katzen, »denn die Katzen klettern auf dem Dach, kriechen in die Häuser, mögen in den Stuben, Kammern stehlen, zaubern, die Kinder verletzen« Theatrum de veneficis, »Hexenbüchlein«, S. 306 ff.. Zu Hildesheim wurde 1615 ein Knabe verbrannt, der nach seinem »Bekenntnis« den Leib einer Katze annehmen konnte Janssen, VIII. S. 6835. Grimm, Mythologie, II. Aufl. 1651. Hertz, Werwolf, S. 71..

Häufig dient auch eine Art Ungeziefer, das die Hexen als unmittelbare Frucht ihres Teufelsumgangs gebären, die sogenannten Elben, bösen Dinger, guten Holdchen oder guten Kinder, zur Peinigung der Bezauberten Carpzov, Nova practica rerum criminal., Part. I. Qu. XLIX.. In den von Carpzov zusammengestellten Urteilen des Leipziger Schöppenstuhls kommen diese Elben häufig vor. Z. B. Nr. XXI. »Hat die Gefangene G. J. bekannt und gestanden etc.: Wenn sie mit ihren Bulen (dem Buhlteufel Lucas) zu schaffen gehabt, hätte sie weiße Elben, und derselben allezeit zehn bekommen, so gelebet, spitzige Schnäbel und schwarze Köpffe gehabt, und wie die jungen Rauben hin und wieder gekrochen, welche sie zur Zauberey gebraucht, ihr Bule ihr auch etliche gebracht, ehe sie mit ihm gebulet. Sie habe auch der Matthes Güntherin Kind ein bös Gesicht gemacht, indem sie es angesehen, und angehauchet, dazu sie diese Worte gebraucht: Ich wollte, daß du blind wärst; welches ihr Bule Lucas ihr also geheißen, und sie es in ihres Bulen Lucas und des Teuffels Namen thun müssen. Ferner habe sie auch die weiße Elben mit schwartzen Köpffen in den Brandtewein gethan, und darinnen zergehen lassen, dieselben auch klein zerrieben in Kuchen gebacken, und solches auf ihres Bulen Lucassen Befehl, welcher gesagt, wenn sie zu jemands Feindschaft hätte, solte sie demselben die Kuchen oder Brandtewein beybringen, darauf er an Gliedern und Leibe übel würde geplaget und gemartert werden. Hierüber hat Inquisitin bekannt, daß sie auf des Pfarrherrns zu Rotenschirmbach Acker mit ihrem Messer einen Ring gemacht, und drei Elben dahinein verstecket und vergraben, zu dem Ende, daß, wer darüber gienge, lahm werden und Reißen in den Gliedern überkommen solte, welches denn vorgedachtem Pfarrherrn zu Rotenschirmbach gegolten, weil er sie auf der Cantzel öffentlich für eine Zauberin ausgeschryen, sie hätte die Elben in aller Teuffel Nahmen eingegraben und darzu gesagt: Wer darüber gienge, der solte lahm und krumm werden; und es hat sich in eingeholter Erkundigung also befunden, daß Matthes Günthers Kinde und andern Personen durch Zauberey an ihrer Gesundheit Schade zugefüget worden usw.« Ein 1687 nach einem Spruch der Juristenfakultät zu Frankfurt a. d. O. hingerichtetes Mädchen sollte vom Teufel Eidechsen geboren, sie verbrannt und mit der Asche Menschen und Tiere bezaubert haben.

Die Elben der Germanen sind überwiegend gute, dem Menschen zugetane und dienstwillige Geister. Die Elben auf Irland knüpfen Liebschaften mit Menschentöchtern an, bringen verlaufenes Vieh zurück, schenken ihren Freunden unter den Menschen wundertätige Gegenstände und heilen Siechtum Wolfg. Golther, Handbuch der german. Mythologie, Leipzig 1895. S. 134.. Doch schon die Snorra Edda kennt außer diesen Lichtelben die schwarzen Elben, böse Gesellen, die auf dieselbe Weise den Menschen schaden wie Hexen Elard Hugo Meyer, Mythologie der Germanen, Straßburg 1903, S. 117 ff., 135, u. a. a. O. Golther, S. 122 ff..

Nach altgermanischer Vorstellung kamen diese krankheitserzeugenden Elben, gespensterhaftes Ungeziefer aus dem wilden Wald zu Menschen Grimm, Mythologie, 2. Aufl. 1109. Haupt, Zeitschrift für deutsches Altertum, Berlin 1841 ff. IV. 389. und Vieh Kuhn, Westfälische Sagen, Leipzig 1859, II. 19 ff.. »Der Baum, dessen Rinde sie beherbergt,« meinte man »entsende sie entweder aus Lust am Schaden oder um sie los zu werden, weil sie in seinem eigenen Leibe, wie in den Eingeweiden des Menschen verzehrend wüten.«

In dem späteren Hexenglauben ist es nicht mehr der Baum oder der Baumgeist, der die Würmer aussendet, sondern eine Zauberin. Entweder sind sie ihre Leibesfrucht, oder, in den Wald gehend, schüttelt die Hexe die »bösen« oder »guten Dinger«, »fliegenden Elben«, »Holdichen« oder »guten Kinder«, die bald als Schmetterlinge, bald als Hummeln, Grillen, Raupen und als Würmer beschrieben werden, von den Bäumen herab oder gräbt sie unter dem Hollunder hervor, um sich ihrer zur Hervorbringung von Krankheiten, Geschwulst bei Menschen und Vieh zu bedienen, indem sie sie in Haut und Gebein beschwört Mythologie, 1027..

Teufelsgeburten in Menschengestalt, wie Robert der Teufel G. O. Marbach, Volksbücher Nr. 26, S. 5 ff., Merlin, Caliban Shakespeare, Der Sturm. u. a.m., Wechselbälge und Kielkröpfe gehören mehr unter die streitigen Probleme der Theorie, als unter diejenigen Gegenstände, die im wirklichen Leben der Entscheidung des Richters zu unterliegen pflegten Delrio, Disqu. mag. Lib. II. Quaest. XV. p. 177. Mall, malefic. P. II. Qu. II. cap. 7. Delrio a. a. O. S. 179. E. Kroker, Luthers Tischreden i. d. Mathesischen Samml., Leipzig 1903, Nr. 352..

Auch von den Eier legenden Hexen, wie sie hin und wieder erwähnt werden, und die sogar ihre Erzeugnisse zu Markte gebracht haben sollen, sehen wir hier ab Schindler, Der Aberglaube des Mittelalters, S. 286..

Das Merkwürdigste aber, was durch solche Teufelsbuhlschaften jemals zum Wehe der Menschheit gewirkt wurde, hat die Polemik des sechzehnten Jahrhunderts in den raschen Fortschritten der Reformation zu entdecken gewußt.

Martin Luther, behauptete man, habe nur darum so leicht ganze Völker um ihr Seelenheil zu betrügen vermocht, weil er der Sohn des Teufels gewesen, der sich einst unter der Maske eines reisenden Juweliers in das Haus eines Wittenberger Bürgers Eingang verschaffte und dessen Tochter verführte. So versicherte im Jahre 1565 ein Bischof von der Kanzel seiner Domkirche herab, und Fontaine wiederholte es in seiner Kirchengeschichte, wobei es denn freilich dem frommen Bischof nicht gefallen hat, die gemeine Meinung, die Luthers Erzeugung nicht nach Wittenberg, sondern nach Thüringen verlegt, einer weiteren Beachtung zu würdigen. Auch der Jesuit Delrio erzählt diese Überlieferung, ohne indessen für ihre Glaubwürdigkeit einstehen zu wollen.

Unter einen weit entschiedeneren Schutz glänzender Autoritäten stellt sich dagegen der Glaube an das Vermögen der Zauberer, ihre Feinde durch das Zusenden böser Geister wahrhaft besessen zu machen. König Jakob I. von England verficht ihn in seiner Dämonologie; eine Kommission des Kardinals Richelieu hat sich in den merkwürdigen Exorzismen von Loudun, eine Kommission von Jesuiten in dem nicht minder interessanten würzburgischen Hexenprozesse vom Jahr 1749 von seiner Wahrheit überzeugt.

Der Stab hat seit Circe und Pharaos Zauberern lange Zeit eine Rolle in der Magie gespielt. Im Mittelalter tritt er mehr zurück und ist in der eigentlichen Hexerei niemals wieder zu allgemeinerem Ansehen gelangt. Hier und da findet er sich noch als Attribut des gelehrteren Magus, der mit einem zu bestimmter Zeit und in bestimmter Form abgeschnittenen Haselschößling einen Kreis zieht und Geisterbeschwörungen anstellt. Auch griff gegen das Ende des siebzehnten Jahrhunderts besonders in Frankreich der Wahn um sich, daß man durch einen gabelförmigen Apfel-, Buchen-, Erlen oder Haselzweig, eine Wünschelrute (baguette divinatoire), die Spur eines verlorenen Eigentums oder eines Missetäter finden könne Wilh. Mannhardt, Die Götter der deutschen und nordischen Völker, Berlin 1860, S. 206. Dr. L. Weber, Die Wünschelrute, Kiel und Leipzig 1905. Graf Carl v. Klinkowstroem, Bibliogr. der Wünschelrute, München 1911.. Doch machte man die Kunst mit ihr umzugehen, von der Zeit und den Umständen der Geburt eines Individuums abhängig, und man hat lange darüber gestritten, ob diese Kunst, deren Realität nicht bezweifelt wurde, aus der Macht des Teufels oder aus geheimen Naturkräften zu erklären sei Le Brun, Histoire critique des pratiques superstitieuses..

Das mantische Element tritt überhaupt in dem modernen Hexentum wesentlich zurück, zumal soweit von einem kunstmäßigen Verfahren die Rede ist. Wo die Hexe etwas Verborgenes weiß, da hat es ihr in der Regel der Teufel unmittelbar gesagt, der ihr nötigenfalls selbst im Beisein anderer als Mücke, Sperling oder in einer anderen Maskierung erscheint.

2. Begriff und Wesen der Hexerei

Die vorstehenden Einzelheiten mögen genügen, um die Natur derjenigen Dinge zu bezeichnen, die das christliche Europa während der letzten Jahrhunderte unter dem Begriffe der Hexerei zusammenfaßte. Der Malleus maleficarum suchte dieses alles theoretisch zu begründen; seine Dialektik ist jedoch sehr verworren. In mehr wissenschaftlicher Form taten dies viele seiner zahlreichen Nachfolger in allen Nationen, am gelehrtesten der Jesuit Martin Delrio, dessen Disquisitiones magicae 1599 zum ersten Male in Mainz gedruckt wurden Disquisitionum magicarum libri sex, quibus continetur accurata curiosarum artium et vanarum superstitionum confutatio, utilis Theologis, Jurisconsultis, Medicis, Philologis, Auctore Martino Del-Rio, Societ. Jesu presbyt. etc. – Ed. Colon. Agripp. 1679, pag. 3 sqq.. Delrio Längin, Religion und Hexenprozeß, S. 132 ff. definiert die natürliche Magie als eine tiefere Kenntnis der geheimen Naturkräfte, der Sympathien und Antipathien, des Sternenlaufs und seiner Bedeutung; sie ward schon Adam gegeben, und Salomo war ihrer in hohem Grade kundig. Sie zerfällt in die Ars operatrix und divinatrix. Beispielsweise erinnert Delrio hierbei an des Tobias Fischleber und an das Entzünden des Kalkes im Wasser. Die Magia artificiosa ist entweder mathematica (Brennspiegel des Archimedes, Automaten, Equilibristen), oder praestigiatoria (Blendwerke der Taschenspieler etc). In das Gewand der Ars naturalis und artificiosa hüllt sich oft die magia diabolica; diese ist eine facultas seu ars, qua, vi pacti cum daemonibus initi, mira quandam et communem hominum captum superantia efficiuntur; sie teilt sich wieder in Magia specialis, divinatio, maleficium und vana observantia.

Das Pactum mit dem Teufel war entweder ein wirklich vollzogenes, ein Pactum expressum, wenn beide Teile den Vertrag unterzeichnet hatten, oder, was gleichfalls ein todeswürdiges Verbrechen war, ein Pactum tacidum, implicitum – ein sehr einseitiges Kontraktverhältnis, bei dem wohl der Teufel, aber nicht der Mensch sich gebunden hatte. Jedes Anrufen des Teufels, jedes im Namen des Teufels ausgeführte Malefizium, jeder Akt, in dem man Zauberei durch Zauberei zu vertreiben suchte, galt nämlich als eine Handlung, die den Teufel (und folglich auch den Hexenrichter) berechtige, hierin den Eintritt in ein diabolisches Bundesverhältnis zu erkennen und geltend zu machen. Dieser Pakt ist die Basis und Bedingung, auf der die ganze Hexerei beruht. Ohne ihn kann keine dämonische Magie gedacht werden; der Teufel läßt sich vom Menschen nicht zwingen, er dient ihm freiwillig, aber nicht unentgeltlich. Die Zaubermittel haben nicht ihre Kraft in sich selbst – sofern diese nicht etwa eine pharmakodynamische ist – sondern sie sind bloße Formen, unter denen der Teufel vertragsmäßig den Zauberern seine Kraft zur Vollbringung der Malefizien verleiht.

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Hendrik de Clerck, Der Sündenfall

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Doktor Faust
Kupfer von Rembrandt

Welcher Gattung der Magie die alchimistischen Operationen angehören, kann nach Delrio nur aus der Beschaffenheit bestimmter Fälle beurteilt werden. Die Alchimie kann sich nämlich bald als Magia diabolica, bald als praestigiatrix, bald als naturalis darstellen; denn unmöglich ist es ja nicht, meint der Verfasser, daß jemand durch eigenes Studium die Kunst des Goldmachens ergründen könne. In diesen vagen Bestimmungen wußte Delrio dem Zeitgeist des sechzehnten Jahrhunderts, das die Alchimie zu Ehren brachte wie kein anderes, zu huldigen, ohne dem finsteren Wahne, der früher einen Roger Baco und andere Naturforscher verfolgt hatte, etwas zu vergeben.

Diese Ansichten erklären auch die Erscheinung, warum, während die ungelehrten Zauberer zu Tausenden den Scheiterhaufen bestiegen, alle, die sich mit den sogenannten geheimen Wissenschaften beschäftigten, ein Trittenheim, Faust, Agrippa von Nettesheim, Picus von Mirandola, Paracelsus u. a., bald als Koryphäen der Weisheit gepriesen, bald als Notabeln im Reiche Satans verschrien wurden, öfters hart genug an den Schranken der Inquisition vorbeistreiften, im wesentlichen aber ungekränkt blieben.

Der Geist der Wissenschaft war schon zu weit gediehen, als daß nicht das Wahre, das bei allen wunderlichen Verirrungen in ihren Studien geahnt wurde, Achtung geboten hätte. Der Priestergeist aber und sein Pflegling, der Pöbelglaube, rächten sich dafür durch das Märchen vom Faust, in dem ganz eigens der Beweis geführt wird, wie der Teufel auch in den vornehmeren Magiern seine Vasallen erkennt. Der Doktor Faust, als historische Person – man mag sich nun an den Georg Faustus des Trithemius, Begardi und Mutianus Rufus, oder an den Johannes Faustus Melanchthons und Weiers halten wollen – jedenfalls mehr abenteuernder Charlatan als Gelehrter, gehört in die Geschichte der Hexenprozesse in keiner andern, als in der angedeuteten Beziehung. Einem Zauberer auf freiem Fuße den Hals zu brechen, liegt sonst nicht in den Gewohnheiten des Teufels. Er greift zu diesem Auskunftsmittel in der Regel nur dann, wenn eine verhaftete Hexe ihm durch reumütiges Bekenntnis und Rückkehr zum Glauben abtrünnig zu werden droht, d. h. in die Sprache des neunzehnten Jahrhunderts übersetzt, der Teufel wurde als Täter vorgeschoben, wenn der Richter den durch die Folgen der Tortur herbeigeführten Tod oder den in der Verzweiflung begangenen Selbstmord einer Verhafteten zu rechtfertigen hatte Über das Historische vom Faust s. Kirchner, Disquisitio historica de Fausto praestigiatore, praeside Neumann, Viteb. 1693, und Hauber, Bibl. mag. II. 707 ff. III. 184 ff. Karl Kiesewetter, Faust in Geschichte und Tradition, Leipzig 1893; Das Volksbuch vom Doktor Faust (1587). Herausgegeben von Wilhelm Braune, Halle 1878, S. 59. Volksbücher des sechzehnten Jahrhunderts, herausgeg. von Felix Bobertag (Kürschners Deutsche National-Litt., 25. Bd.), S. 150 ff. Emil Reicke, Der Gelehrte in der deutschen Vergangenheit, Leipzig 1900, S. 91 ff. Karl Engel, Zusammenstellung der Faustschriften vom sechzehnten Jahrhundert bis Mitte 1884, 2. Aufl., Oldenburg 1885. Goedecke, Grundriß 2, 562 ff. Janssen, VI., 538 ff..

In Übereinstimmung mit seinen Vorgängern, besonders Thomas von Aquino, behandelt Delrio auch die Lehre von den Inkuben und Sukkuben. Es steht ihm fest, daß ein Inkubus mit einem Weibe ein Kind erzeugen könne; dieses geschieht jedoch nicht durch seinen eigenen Samen, sondern durch den Samen eines Mannes, mit dem sich zuvor der Dämon als Sukkubus vermischt hat, so daß also das erzeugte Kind nicht eigentlich den Dämon selbst, sondern denjenigen Mann zum Vater hat, dem der Samen entwendet worden ist. Ein Sukkubus hingegen kann weder empfangen, noch gebären, sondern den aufgenommenen Samen einzig zu dem oben bezeichneten Zwecke verwenden. Der Jesuit Molina gilt als Zeuge, daß solche diabolische Geburten noch ganz neuerdings vorgekommen seien, und in Brabant fand Delrio selbst das noch ganz frische Beispiel der Hinrichtung einer Unglücklichen, die vom Satan empfangen und geboren hatte. Um recht viel männlichen Samen zu erlangen, waren natürlich auch zahlreiche Sukkubi nötig. So wurde 1468 in Bologna ein ganzes Bordell voll Sukkubi aufgehoben und sein Inhaber verbrannt Jakob Burckhardt, Die Kultur der Renaissance, 8. Aufl., II. 261..

Wollen wir die Hexerei als ein Ganzes fassen, so erscheint sie, vom Standpunkt der Doktrin betrachtet, als eine in sich vollendete diabolische Parodie des Christentums. Das Christentum ist Gottesverehrung, die Hexerei Teufelskult; der Christ sagt dem Teufel ab, die Hexe entsagt Gott und den Heiligen. Der Christ sieht in dem Heiland den Bräutigam seiner Seele; die Hexe hat in dem Teufel ihren Buhlen. Im Christentum waltet Liebe, Wohltun, Reinheit und Demut, in der Hexerei Haß, Bosheit, Unzucht und Lästerung; der Christ ist strafbar vor Gott, wenn er das Böse tut, die Hexe wird vom Satan gezüchtigt, wenn ein Rest von Menschlichkeit sie zum Guten verführt hat. Christi Joch ist sanft und seine Bürde leicht, aber des Teufels Joch ist schwer, und es geschieht ihm nimmer genug. Gott ist wahrhaftig und barmherzig, seine Gnade läßt selbst den Schwachen in die Seligkeit eingehen; der Teufel aber ist ein Lügner von Anfang und betrügt seine treuesten Diener selbst um das vertragsmäßig bedungene Wohlleben.

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St. Michael und der Teufel
Stich eines unbekannten Meisters. Berliner Kgl. Kupferstichkabinett

Ebenso deutlich zeigt sich der Teufel in den Einzelheiten des Rituals als der Affe Gottes. Wie der Christ den Sabbat Gottes begeht, so feiert die Hexe den Teufels-Sabbat. Was aber der Kirche heilig ist, Feste, Kreuz, Weihwasser, Messe, Abendmahl, Taufe und Anrufung der Heiligen – das entweiht der Teufel durch Verzerrung, Mißhandlung und Beziehung auf sich. Die Zauberei in der Hexenperiode ist die Ketzerei und Apostasie in ihrer höchsten Steigerung; sie ist, zwar nicht etymologisch, doch ihrer Idee nach die vollendete Teufelei auf Erden. Und zwar ist sie dieses, was wohl zu beachten ist, durch ihre Stellung zum Christentum. Ohne Abfall vom Christentum ist Hexerei undenkbar. Die Lossagung von Gott und Christus muß der Ausgangspunkt der gegen das Christentum und gegen die Christen gerichteten Feindschaft sein. Dieses ist ein ganz wesentliches Moment im Begriffe der Hexerei, weshalb unter den zahllosen Opfern des Hexenwahns auch nicht eine Nicht-Christin vorkommt. Eine Hexe ist ihrem Begriffe nach eine Zauberin, die Christin war, vom Teufel dazu verführt, sich von Gott, Christus und der Kirche losgesagt, dem Teufel zu eigen gegeben und sich mit ihm fleischlich vermischt hat und nun mit Hilfe des Teufels das Reich Gottes und die Christen in jeder ihr möglichen Weise zu schädigen sucht. Darum gab es wohl jüdische und zigeunerische Zauberer und Zauberinnen, aber Hexen gab es weder unter den Juden noch unter den Zigeunern, – weil diese den christlichen Glauben nicht abschwören konnten.

Was die dem Verbrechen beigelegten Namen anbelangt, so werden im Hexenprozesse die Ausdrücke magus, lamia, saga, strix, veneficus, maleficus, ϕαρμακός und ϕαρμακίς, sortilegus, sortiaria, mathematicus, incantator und incantatrix, veratrix und praestigiatrix zuweilen zur Bezeichnung einzelner Arten gebraucht, am häufigsten jedoch ohne Unterschied auf das Ganze bezogen Carpzov, Nov. Pract. rer. criminal. P. I. Quest. XLVIII. 9. Binsfeld, Comment. in tit. Cod. lib. IX. de maleficis et mathematicis, Notab. 5.. Auch die hebräischen Ausdrücke des Alten Testaments wurden in dieser Weise generalisiert. Diese Vermengung erleichterte wesentlich die Anwendung der alten speziell gegriffenen Strafandrohungen auf das neu geschaffene Kollektivverbrechen. Im Deutschen ist bekanntlich Zauberei derjenige Name, dessen sich das Gesetz bedient; in Akten, wie in der Volkssprache ist jedoch sehr gewöhnlich auch von Hexen, Unholden und (namentlich in Süddeutschland) Truden die Rede, und der Name der Hexerei ist ohne Zweifel der bequemste, um ohne weitere Umschreibung die moderne ungelehrte Zauberei von der antiken Magie, wie von den sogenannten geheimen Wissenschaften der neueren Zeit zu unterscheiden.

In der deutschen Vorzeit stößt man nur sehr selten auf das Wort »Hexe«, doch findet es sich bereits nach 1293 in der »Martina« Hugo von Langensteins, eines schwäbischen Deutschordensritters J. Franck, Geschichte des Wortes Hexe in Hansen, Quellen (VII. Absch.), S. 632.. Anfangs des vierzehnten Jahrhunderts wird in den alemannischen »Bîhtebuoch« gefragt: »ob du ie geloube tost an hecse Ebenda, S. 633.?« »Hecs« heißt die Striga in einer im Jahre 1393 niedergeschriebenen altdeutschen Predigt; nach einer späteren Redaktion »hezze«. In Heinrich von Wittenweilers komischem Epos »Der Ring« aus der ersten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts, fliegt eine »häxen« auf einer Gais daher.

Auch in der Folgezeit sind die Hexen noch recht spärlich vertreten. Meist treiben Unholde ihr zauberisches Werk. Doch spricht Ulrich Tengler in seinem »Layenspiegel« schon von »hächsen«, auch Ulrich Molitor kennt »unholden vel hexen«. Die Schweizer Protokolle aus dem ersten Viertel des fünfzehnten Jahrhunderts berichten gleichfalls von »hexereye«, »hegsery«, die »Kunst der hexi«. Eine eigenartige Etymologie des Wortes Hexe gibt Turmair, genannt Aventinus, in seiner »Bayerischen Chronik« Ebenda, S. 644.. Dort heißt es im Kapitel »von den Kriegsweibern«: »Ir hauptmannin ist gewesen Frau Häcs obgenannts künigs Theuers gemachel; sol ain große ärztin gewesen sein, darvon man noch die alten zaubererin hecsen nennt.« Goldast (Rechtl. Bedenken von Konfiskation der Zauberer- und Hexengüter S. 76) gibt eine ansehnliche Menge von laufenden Namen für die Teufelsverbündeten: »diese sind, die man böse Zauberer, böse Leuthe, zu Laien Maleficos, Veneficos und Sortilegos, auff Teutsch Nigromanten, das ist, Schwartz-Künstler, Hexenmeister, Loßleger, Sortzier, Böse Männer, Gifft-Köche, Mantelfährer, Bockreuter, Wettermacher, Nachthosen, Gabelträger, Nachtwanderer etc. nennet. Aber die Weiber dieser Arth heißt man: Lamias, Stryges, Sortiarias, Hexen, Allraunen, Feen, Drutten, Sägen, Böse Weiber, Zäuberschen, Nachtfrawen, Nebelhexen, Galsterweiber, Feld-Frawen, Menschen-Diebin, Milch-Diebin, Gabel-Reitterin, Schmiervögel, Besemreitterin, Schmaltzflügel, Bock-Reuterin, Teufels-Buhlen, Teuffels-Braut, und insgemein Unholden, darumb daß sie Niemanden hold, sondern Gottes, der Menschen und aller Geschöpften Gottes, abhold, und geschworene Feinde sind.« Erst im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert dürfte Hexe allgemein geworden sein.

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Erste Seite von Melchior Goldasts »Rechtliches Bedencken«

3. Die Walpurgisnacht

Es ist aus dem Obigen bekannt, daß diese Zeit keineswegs die einzige für die Sabbate ist; ja sie wird nicht einmal in den Akten am häufigsten genannt. Aber in einem großen Teile Deutschlands hat sich der traditionelle Hexenglaube der Gegenwart fast ausschließlich an diesen Tag geheftet, vielleicht nur deswegen, weil gerade für ihn sich Volksgewohnheiten erhalten haben, die der Erinnerung zur Stütze dienen.

Man hat die Walpurgisnacht von den Maiversammlungen der alten Deutschen herleiten wollen Grimm, Deutsche Mythol., S. 591.. Mag man nun bei diesen Maiversammlungen an die politischen Maifelder denken oder an die hier und da in den Mai fallenden Frühlingsfeste, deren Existenz jedoch in sehr alter Zeit kaum nachweisbar sein dürfte – in beiden Fällen scheint es uns nicht klar zu sein, welche Beziehung diese teils geschäftlichen, teils festlichen, von Obrigkeit und Kirche autorisierten Versammlungen zu zauberischem Spuke haben können. – Andere dagegen haben an ein Gaukelwerk gedacht, das die alten Sachsen absichtlich machten, um ungestört ihrem Wotansdienste auf dem Harze obliegen zu können. Es fehlen hierbei aber nicht nur die historischen Nachweisungen für das Faktum selbst, sondern die Walpurgisnacht ist auch für Gegenden, die vom Harze weit entfernt sind, übel berüchtigt.

Wie die auf die hohen Kirchenfeste und Heiligentage verlegten Hexenversammlungen sich aus der angenommenen Opposition des Hexenwesens gegen das Christentum erklären, so scheint dagegen die Wahl der ersten Mainacht für den gleichen Zweck in einem aus dem römischen Altertum ererbten Aberglauben ihren Grund zu haben; wie denn dergleichen so manches, ohne auf den ersten Blick als römisch erkannt zu werden, noch heute unter den Völkern fortlebt.

Der Mai war den Römern recht eigentlich ein Polter- und Spukmonat. Gleich auf den ersten Tag fiel das Fest der Lares Praestites. Sind diese gleich bei Ovid (Fast. V. 128 ff.) Schutzgötter des Hauses, so fand doch schon zu Plutarchs Zeit die Meinung Eingang, die Laren seien umherirrende böse, furienartige Geister, zum Strafen geschaffen und in das Familienleben des Menschen sich einmischend (Plut. Quaest. Rom 51).

Ferner fällt auf den ersten Mai das Fest der Bona Dea Ovid, Fast. V. 148..

Über das Wesen dieser Göttin waren schon die Alten uneinig; um so fähiger zeigte es sich für jede Umdeutung. Nach den bei Macrobius (Sat. I. 12) gesammelten Meinungen war die Bona Dea bald Maja, bald Fauna, bald Fatua, bald die chthonische Hekate, bald Medea. Bei dem einen ist sie Fauns Gemahlin, bei dem andern Fauns Tochter, der von dem eigenen Vater Gewalt angetan worden sei. Wo nun die Göttin als Hekate oder Medea gefaßt wurde, da ist ihre Beziehung zum Zauberwesen von selbst klar. Gleiches läßt sich von der Fatua sagen. Diese ist ja das Wesen, aus dem die Fata der Italiener, die Fee der Franzosen, die Fairy der Engländer hervorgegangen ist Lactant, Instit. I. 22. 9..

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Hexensabbat
Kupfer von Gillot

An die Feen knüpfen sich aber nicht allein die heiteren und poetischem Zauberfabeln des Mittelalters, wie die vom Venusberg und den unterirdischen Prachtgemächern, sondern auch die ernsten und diabolischen, die zum Gegenstand gerichtlicher Anklagen wurden.

So war es zum Beispiel der Feenbaum von Bourlemont bei Domremy, unter dem der Hexensabbat in Gemeinschaft mit den Feen gefeiert wurde, und unter dem, laut der Verhörsartikel, Jeanne d'Arc ihre Zaubereien angestellt haben sollte Delrio, Lib. V. Append. p. 853.. Auch in Schottland werden die Feen mit in den Hexentanz hereingezogen: sie heißen dort gute Nachbarn (boni vicini). Dieser Name entspricht dem der guten Damen (bonae Dominae) in Frankreich, deren Führerin die Königin Habundia ist.

Die Domina Abundia oder Dame Habonde, die Guilielmus Alvernus, Bischof von Paris († 1248) erwähnt Guil. Alvern., Opera, Par. 1674, I. 1036, 1066, 1068., soll in bestimmten Nächten mit anderen Frauen (nymphae albae, dominae bonae, dominae nocturnae), alle in weiße Gewänder gehüllt, erscheinen, in die Häuser kommen und die für sie hingesetzten Speisen genießen. In diesen weißgekleideten Damen haben wir wohl keltische Feen zu erkennen; aber der Roman de la Rose nennt die Begleiterinnen der Habundia geradezu Hexen (estries = striges Roman de la Rose (ed. Méon) V. 18625.).

Mit der Habundia stellt Guilielmus Alvernus die Satia zusammen, mit der die von Augerius episcopus Conseranus erwähnte welsche Bensozia wohl identisch ist W. Müller, Altdeutsche Religion, S. 130.. Der Habundia hat Grimm die nord- und mitteldeutsche Holda (Frau Holle) an die Seite gestellt Deutsche Mythol., S. 177 ff., der in Süddeutschland die Berchta mit ihrem Gefolge von Heimchen und Zwergen entspricht.

In den Niederlanden war die Wanne Thekla W. Müller, S. 361. die Königin der Alven und Hexen.

Alle diese Wesen sind nachtfahrende, von großen Scharen begleitete Geister; ihr Charakter aber wird aus verschiedenen Gesichtspunkten verschieden gefaßt. Bald sind sie, wie die römischen Laren, Freunde des Hauses. Sie schützen es und bringen ihm Segen und Überfluß. Man stellt ihnen deshalb ein leckeres Mahl bereit Grimm, Mythol., S. 179 und 596 ff.. Bald benehmen sie sich wie neckische Poltergeister Alphons de Spina, Fortalit. fidei lib. V. Consid. X.; bald treten sie den Parzen nahe, wie bei Hektor Boëthius, der zu Shakespeares Macbeth und seinen Weird-sisters den Stoff geliefert hat. Boëthius hat seinerseits wieder aus Wyntownis Cronykil geschöpft, wo die Sache in ihrer einfachen Urgestalt vorzuliegen scheint. Dort erscheinen dem jungen Macbeth, als er in dem Hause seines Oheims Duncan wohnt, drei Weiber im Traume, die er für Schicksalsschwestern (Werd Systrys) hält. Dieser Traum hatte Macbeths Schandtat zur Folge. – Hektor Boëthius tat den Banko hinzu, der sich im Cronykil noch nicht findet, und ließ diesem mit Macbeth zusammen die drei Weiber im Walde erscheinen. Hekate und die ganze hexentümliche Einkleidung ist von Shakespeare selbst, der die Tragödie unter dem hexensüchtigen Jakob I. schrieb, hinzugefügt. Das Stück ist aus verschiedenen Elementen gemischt und gibt darum weder für die Zeit des Dichters, noch für die des Helden ein treues Bild des Zauberglaubens.

Endlich verlieben sich die Geister in die Menschen und entführen sie zu einem Leben voll Wonne in den Venusberg.

Die kirchliche Auffassung aber hatte hier unter zwei Dingen die Wahl: entweder mußte sie die Existenz dieser Wesen überhaupt leugnen, oder sie konnte sie nur als Dämonen erkennen, durch die der Teufel wirkt und deren Walten also ein böses ist. Beides ist geschehen, das erstere in der helleren Hälfte des Mittelalters, das zweite zu der Zeit, da die Finsternis einriß. Wie die Laren schon dem späteren Römer Schreck- und Quälgeister waren, so wurden auch die ihnen entsprechenden gutmütigen, schützenden Hausgeister, die guten Nachbarn und guten Damen samt ihrer Königin Habundia unter der Feder der christlichen Kirchenschriftsteller zu bösartigen Dämonen und die Holda zur Unholdin; das Fest der Bona Dea, die nach den obigen Bemerkungen mit Fatua, Hekate oder Medea zusammenfällt, begegnet am ersten Mai dem der Hausgeister, und dieser Tag geht somit schon aus dem römischen Material und dessen mittelalterlicher Umgestaltung als ein Tag dämonischen Zauberspuks hervor.

Er ist aber auch, und zwar durch die Floralien, ein Tag der ungebundensten Liederlichkeit Ovid, Fast. IV. 945. Valerius Maximus, II. 10. 8. Seneca, Epist. 97. Martial, Epigr. I. 1 u. 36.. Was Rom an feilen Dirnen hatte, strömte unter Trompetenschall zum Theater; nackte Huren führten mit den Mimen vor allem Volke die wollüstigsten Tänze auf, ahmten die Bewegungen des Beischlafs nach oder schwammen im Kolymbethron herum, rannten durch die Straßen der Stadt und trieben ihr scheußliches Unwesen bei Fackelschein die ganze Nacht hindurch Lactant, Inst. I. 20. 10. Arnob., Adv. gent. III. p. 113. VII. p. 238. Rosenbaum, Geschichte der Lustseuche im Altertume. Berlin, 1904. S. 93 ff..

In den Mai fielen ferner die Lemurien, ein Rest der anfangs in diesem Monat gefeierten und später in den Februar verlegten Feralien. Man vertrieb die spukenden Lemuren, Geister der Verstorbenen, die aber die spätere römische Zeit als Schreckbilder in Tiergestalt faßte, mit Zeremoniell und dem Geräusche zusammengeschlagener Erzplatten Ovid, Fast. V. 441.. An den Feralien selbst übten alte Weiber allerlei Zauberhandlungen, um die Zungen ihrer Feinde zu binden, legten Weihrauch unter die Schwellen, drehten sieben schwarze Bohnen im Munde, schwangen den Zauberhaspel, rösteten Fische, deren Köpfe sie mit kupfernen Nadeln durchstachen, träufelten etwas Wein ins Feuer und berauschten sich vom Rest Ovid, Fast. II. 533 ff.. Dies geschah zum Gedächtnis der vom Merkur geschändeten Lara, am letzten Tage der Feralien, der gewöhnlichen Berechnung zufolge am 18. Februar. Bei dem engen Zusammenhange der Feralien mit den Lemurien mag aber ähnliches Zaubertreiben auch noch für den Mai geblieben sein. Wenigstens nahm man auch da, um die Sicherheit der Familie zu wahren, schwarze Bohnen in den Mund und warf sie hinter sich mit der Formel: Haec ego mitto; his – – redimo meque meosque fabis, worauf das Zusammenschlagen der Erzplatten folgte Ovid, Fast. V. 435.. Eine andere Ähnlichkeit der Lemurien und Feralien besteht darin, daß man an beiden keine Hochzeiten hielt. Die ersteren brachten sogar den ganzen Monat Mai deshalb in Verruf.

Wenn wir nun die Ansicht aussprechen, daß auch die Lemurien in der Walpurgisnacht noch fortleben, so befürchten wir wenigstens nicht den chronologischen Einwurf, daß sie erst mit dem achten Mai begannen. Die als Zauberwesen gefaßte Bona Dea, die den Anfang des Monats beherrscht, mochte wohl auch seine übrigen Zauberelemente an sich ziehen können.

Daß aber außer der Abkunft der Feen von der Fatua und Bona Dea auch noch andere Punkte des späteren Aberglaubens, die sich an den Mai und besonders an seinen ersten Tag knüpfen, auf römischem Boden fußen, ist kaum zu bezweifeln, wie aus dem folgenden hervorgeht.

Noch im achtzehnten Jahrhundert feierte man im schottischen Hochlande gewissenhaft das Beltane oder das Fest des ersten Mai. Unter herkömmlichem Zeremoniell wurde ein Kuchen gebacken, in Stücke zerschnitten und feierlich den Raubvögeln oder wilden Tieren zuerkannt, damit sie oder vielmehr das böse Wesen, dessen Werkzeuge sie sind, den Schaf- und Rinderherden kein Leid zufügen möge Pennant b. W. Scott, Briefe üb. Dämonol. u. Hexerei. Bd. I, S. 130.. Fast derselbe Brauch fand sich in Gloucestershire. Er entspricht der römischen Redemtionszeremonie. Die Schotten, selbst die vornehmeren vermeiden noch jetzt, im Mai eine Ehe zu schliessen.

In Frankreich galt, wie Bayle versichert Pensées diverses, § 100., der Mai für unglücklich zur Abschließung einer Ehe.

In Deutschland besteht noch jetzt eine Sitte, die an die Temesaea aera der römischen Lemurien erinnert; Anton Prätorius, der gegen das Ende des sechzehnten Jahrhunderts schrieb, lernte sie 1597 auf dem Vogelsberg kennen. Während seiner Anwesenheit in Büdingen zogen die Bürger in der Walpurgisnacht scharenweise mit Büchsen aus, schossen über die Äcker und schlugen gegen die Bäume, um die Hexen, die auf Beschädigung des Eigentums ausgingen, zu verjagen Prätorius' Bericht von Zauberei und Zauberern. Zweite Aufl. 1613. S. 114.. Recht interessant ist, was der ungenannte Verfasser der »gestriegelten Rocken-Philosophie oder aufrichtige Untersuchung derer von vielen superklugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben« Chemnitz 1718-22., ein sonst leidlich vernünftiger Mann, über die Walpurgisnacht sagt. Er, der gegen den Aberglauben recht scharf zu Felde zieht, schreibt über die Walpurgisnacht: »Es wird fast im ganzen Sachsenlande von dem gemeinen Manne geglaubt und dafür gehalten, daß in der Walpurgisnacht die Hexen auf ihren Tanz und Versammlung zögen. Daher an manchen Orten solcher Lande die Gewohnheit eingerissen ist, daß diejenigen, welche Landgüter oder Felder besitzen, am Walpurgisabend mit Röhren oder Büchsen über die Felder schießen, aus der einfältigen und albernen Meinung, hiemit die Hexen zu scheuchen, daß sie auf ihrer Reiterei und Reise, die sie durch die Luft über solche Felder täten, nicht die Saat beschädigen möchten. Allein, erstlich ist nicht zu glauben, daß, wenn ja wahrhaftig die Hexen gewisse Versammlungen dem Teufel zu Dienst anstellten, solches eben zu keiner anderen Zeit als in der Walpurgisnacht geschehe, sondern es kann vielmehr aus jetzt bemeldeten Historien bewiesen werden, daß solche Hexenversammlung gar oft angestellt werde. Dahero die Unvorsichtigkeit, so nur allein am Walpurgisabend gebraucht wird, zu wenig zu sein scheint, auf einmal so vielen Hexenzügen zu widerstehen. Zum andern, wenn ja noch wahrhaftig der Hexenzug durch die Luft geschieht (welches aber der bekannte Ahteist Dr. Becker in seiner bezauberten Welt und andere gänzlich verinnern), so geschieht es ja mit Hilfe des Teufels auf eine solche Art und Weise, daß ein solches an ihrer Reiterei nichts würde schaden können. Drittens wird aus vieler Hexen Bekenntnis und Aussage so viel zu erkennen sein, daß die Verderbung der Felder, so durch Hexen geschieht, nicht zu der Zeit verrichtet wird, wenn sie auf ihren Konvent ziehen. Denn solche ›Reuterey‹ soll so schnell und ungesäumt verrichtet werden, daß dabei kein Anhalten zur Verderbung der Felder gestattet ist. Also halte ich das Schießen über die Felder am Walpurgisabend für nichts anderes, als einen Teufelsfund und Dienstleistung des Satans. Denn die solch Schießen verrichten, achten den Teufel und seine Werkzeuge, die Hexen so mächtig, als ob sie über diejenigen Dinge, welche in dem Schutze des allmächtigen Gottes verwahret stehen, dennoch könnten Gewalt nehmen und daran Schaden tun, da doch der zwar sonst ›starke und gewaltige Rumor-Meister, jedoch auch ohnmächtige Höllenhund‹ ohne Gottes Verhängnis niemand ein Haar zu krümmen vermag. Zum andern untersteht sich ein solcher Feldschießer einer Sache, wozu er viel zu ohnmächtig ist und will sein Feld selbst vor der Beschädigung des Teufels beschützen. Dabei verachtet er den Schutz Gottes, ja vergisset solchen sogar, welches sicher dem großen allmächtigen Gott ein Mißfallen sein muß. Daher es auch wohl geschieht, daß um solchen Aberglaubens willen Gott verhänget, daß denen, die daran glauben und doch um ein ander Hindernis willen das Schießen unterlassen müssen, einiger Schade an den Feldern geschieht, weil sie es eben nicht anders glauben und haben wollen. Also tut der Teufel den Seinigen, die ihn ehren und fürchten, selbst Schaden; wer aber Gott vertrauet und sich seines Schutzes getröstet, den muß der Teufel wohl in Frieden lassen.«

Fassen wir das bisher Erörterte zusammen, so dürfte wohl als Resultat hervortreten, daß das spätere Hexenwesen ebensogut die Walpurgisnacht, als Epoche genommen, aus dem römischen Altertum ererbt habe, wie es gewiß ist, daß ein großer Teil der Zauberübungen, die ihren Inhalt ausmachen, aus ihm hervorgegangen ist. Wir sehen hier in ganz analogen Vorstellungen und Gebräuchen Schotten, Engländer, Franzosen und Deutsche einander begegnen, vier Völker, die unter sich gegenseitig einen bei weitem geringeren Einfluß übten, als derjenige war, der aus gemeinsamen römischen Überlieferungen, zeitweise sogar durch Vermittlung und unter dem Schutze der kirchlichen Autoritäten, zur Verbreitung eines gleichmäßigen Aberglaubens nach allen Seiten ausströmte. Der sächsische Wotansdienst auf dem Brocken erklärt die Walpurgisnacht auf den schottischen Hochgebirgen und in der Provence nicht, ja nicht einmal die Walpurgisnacht auf dem Kreidenberge bei Würzburg, wo, laut der gerichtlichen Bekenntnisse, dreitausend Hexen bei Spiel und Tanz den Sabbat feierten, nachdem sie sieben Fuder Wein aus dem bischöflichen Keller gestohlen hatten.

Übrigens stehe hier wiederholt die Bemerkung, daß in den zahlreich vorhandenen Akten weit häufiger die hohen Kirchenfeste und außerdem Johannis-, Jakobs- und andere Heiligentage als Zeiten der Hexenversammlungen erscheinen, als die durch Goethes Faust klassisch gewordene Walpurgisnacht. Als Grundzug der Zauberei galt es ja, daß sie den christlichen Kult parodiere und befeinde, und vielleicht mag auch der Walpurgisunfug in dem Festkalender der Zauberei seine aus dem römischen Wesen ererbte Stelle zum Teil eben darum festgehalten haben, weil dieses Fest, wo die Hexe das Kreuz tritt, demjenigen, wo es der Christ am meisten verehrt, dem der Kreuzerfindung, nur um zwei Tage vorhergeht. Der Tag aber, an dem der Münsterländer den Sullevogel, d. h. das magische Ungeziefer unter der Schwelle, austrieb, fiel mit der Schwellensühnung der Römerinnen nicht ganz zusammen; diese geschah am 18., jenes am 22. Februar. Vielleicht hatte das Fest der römischen Stuhlfeier, in dem die Schirmkraft der Kirche über die ganze Christenheit sich aussprach, diese Verschiebung bewirkt.

Schließlich bemerken wir noch, daß im siebzehnten Jahrhundert der Festalmanach der Hexen ebenso zwiespältig war wie der christliche. Dies mußte auch auf die Walpurgisnacht Anwendung finden. Zwar geht die große Ausfahrt bei Katholiken wie bei Lutheranern nominell am 1. Mai vor sich, aber bei jenen nach dem Gregorianischen, bei diesen nach dem alten Stile, so daß, die Angaben der beiderseitigen Prozeßakten miteinander verglichen, in dieser Periode der Teufel dasselbe Fest zweimal im Jahre begangen haben muß S. Prätorius, Geographischer Bericht vom Blocksberg. S. 548..


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