Samuel Smiles
Selbsthilfe
Samuel Smiles

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Zwölftes Kapitel.

Beispiele und Muster.

»Immer als Schatten sie bei uns weilen – Höher an Geist, doch an Blute uns gleich – Und zwingen uns, Lager und Tisch zu teilen. An Worten mild und an Schönheit reich.«

John Sterling

»Kinder kann man erwürgen, aber Thaten nicht! Sie haben ein unzerstörbares Leben – sowohl innerhalb als außerhalb unseres Bewußtseins.«

George Eliot.

»Jede Handlung des menschlichen Lebens ist der Anfang einer langen Kette von Folgen, deren Ende kein menschliches Auge abzusehen vermag.«

Thomas von Malmesbury

Das Beispiel ist einer der tüchtigsten Lehrer, obwohl es stumm ist. Es stellt die praktische Schule der Menschheit dar, welche durch Thaten unterweist, die immer wirksamer sind als Worte. Eine Vorschrift kann uns den Weg zeigen: aber das stille, dauernde Beispiel, an das wir uns gewöhnen, weil wir es alle Tage vor Augen haben, reißt uns mit sich fort. Ein guter Rat hat seinen Wert; aber wenn das gute Beispiel ihn nicht begleitet, wird sein Einfluß verhältnismäßig gering sein: und die Erfahrung lehrt, daß die scherzhafte Ermahnung: »Richtet euch nach meinen Worten, aber nicht nach meinen Thaten!« in der Praxis gewöhnlich umgekehrt wird.

Die Menschen sind im allgemeinen mehr geneigt, durch das Auge als durch das Ohr zu lernen; was man als Thatsache vor sich sieht, macht einen weit tieferen Eindruck als etwas anderes, wovon man nur hört oder liest. Dies gilt besonders für das Kindesalter, in welchem das Auge die Haupteingangspforte des Wissens ist. Was die Kinder sehen, das ahmen sie unbewußt nach. Unmerklich werden sie den Personen ihrer Umgebung ähnlich – wie manche Insekten die Farbe der Blätter annehmen, von welchen sie sich nähren. Daher ist die häusliche Erziehung von so ungeheurer Wichtigkeit. Denn wie groß auch der Einfluß der Schule sein mag, es wird doch das im Hause gegebene Beispiel immer sehr viel stärker auf die Entwicklung des Charakters unserer künftigen Männer- und Frauenwelt einwirken. Das Haus ist das Krystallisationscentrum der Gesellschaft – der Kern des Volkscharakters – die reine oder unreine Quelle, aus welcher die Gewohnheiten, Grundsätze und Regeln fließen, die das Staats- und Privatleben beeinflussen. Die Nation bildet sich in der Kinderstube. Selbst die Volksmeinung ist meistens nur das Echo des Hauses; und die beste Philantropie beginnt am häuslichen Herd, »Die Liebe zu dem kleinen Gemeinwesen, dem wir in der Gesellschaft angehören,« sagt Burke, »bildet den Keim aller Menschenliebe,« Von diesem kleinen Mittelpunkt aus kann sich die Sympathie auf immer weitere Kreise erstrecken, bis sie die ganze Welt umfaßt; denn wenn die wahre Menschenfreundlichkeit auch gleich der Barmherzigkeit im eigenen Hause beginnt, so hört sie doch keinesfalls dort auf.

Selbst in anscheinend kleinen Dingen ist das Beispiel des Betragens durchaus nicht unwichtig, da es beständig das Leben anderer Menschen beeinflußt und dazu beiträgt, daß ihre Natur sich im guten oder bösen Sinn entwickelt. So wiederholt sich der Charakter der Eltern beständig in ihren Kindern; und die Thaten der Liebe, der Ordnung, des Fleißes und der Selbstbeherrschung, die sie täglich ausüben, leben und wirken noch fort, wenn alles andere längst vergessen ist, was durch das Ohr gelernt wurde. Daher pflegte ein weiser Mann von seinen Kindern als von »seiner Zukunft« zu sprechen. Selbst eine stumme That, ein unbewußter Blick von seiten eines Vaters kann dem Charakter seines Kindes ein unauslöschliches Merkmal aufprägen; und wer vermag zu sagen, wie viel Böses durch die Erinnerung an fromme Eltern verhindert worden ist, deren Andenken ihre Kinder nicht dadurch beflecken wollten, daß sie eine unwürdige That begingen oder sich einem unreinen Gedanken überließen? Die geringfügigsten Kleinigkeiten erhalten so eine Wichtigkeit, indem sie die Charaktere der Menschen beeinflussen. »Ein Kuß meiner Mutter,« sagte West, »machte mich zum Maler.« Der Impuls, den solche scheinbaren Kleinigkeiten einem Kinde geben, bestimmt oft das künftige Glück und Gedeihen des Mannes. Fowell Buxton schrieb – als er bereits eine hervorragende und einflußreiche Stellung im Leben einnahm – an seine Mutter: »Ich fühle beständig – besonders, wenn ich mich zu Gunsten anderer anstrenge und bemühe – die Wirkung jener Grundsätze, die du früh meinem Geiste eingepflanzt hast.« Buxton pflegte sich auch dankbar seiner Verpflichtungen gegen einen ungebildeten Mann zu erinnern. Es war dies ein Wildhüter, Namens Abraham Plastow, mit welchem er als Knabe spielte, ritt und auf die Jagd ging – ein Mann, der weder lesen noch schreiben konnte, aber dafür eine tüchtige Portion gesunden Menschenverstandes und heiteren Mutterwitzes besaß. »Was ihn mir besonders wert machte,« sagt Buxton, »waren seine redlichen und ehrenhaften Grundsätze. Er sagte oder that in Abwesenheit meiner Mutter nie etwas, das sie hätte mißbilligen können. Er faßte den Begriff der Rechtschaffenheit in dem edelsten Sinne auf und erfüllte unsere jugendlichen Gemüter mit so reinen und großmütigen Gedanken, wie wir sie in den Schriften Senecas oder Ciceros finden. Das war mein erster und – ich muß es sagen – mein bester Lehrer.«

Indem Lord Langdale auf das bewunderungswürdige Beispiel seiner Mutter zurückblickte, sagte er: »Wenn man die ganze Welt in die eine, meine Mutter aber in die andere Wagschale legte, so würde die Welt hoch emporschnellen.« Frau Schimmelpenninck pflegte sich noch in ihrem hohen Alter des persönlichen Einflusses zu erinnern, den ihre Mutter auf die Gesellschaft ausübte, in welcher sie sich bewegte. Wenn sie in ein Zimmer trat, so nahm die Unterhaltung darin sogleich einen feineren Ton an; und als ob ihre Gegenwart die moralische Atmosphäre reinigte, schienen alle alsbald freier zu atmen und sich gerader zu halten. »Ihre Anwesenheit,« sagt die Tochter, »verwandelte mich für die Zeit, die sie dauerte, in eine ganz andere Person.« So sehr hängt die moralische Gesundheit von der moralischen Atmosphäre ab, in welcher man atmet; und der Einfluß, den die Eltern täglich durch das Beispiel ihres Lebens auf ihre Kinder ausüben, ist so groß, daß der beste Rat, den man elterlichen Erziehern geben könnte, sich vielleicht in die Worte zusammenfassen ließe: »Bessert euer Leben!«

Es liegt etwas Feierliches und Furchtbares in dem Gedanken, daß jede That, jedes Wort eines menschlichen Wesens eine Reihe von Folgen nach sich zieht, deren Ende wir nicht abzusehen vermögen. Jede unserer Handlungen oder Äußerungen giebt bis zu einem gewissen Grade unserem Leben seine Färbung und beeinflußt unmerklich auch das Leben derer, die uns umgeben. Die guten Thaten und Worte leben weiter, wenn wir sie auch nicht Frucht tragen sehen – und ebenso verhält es sich mit allem Bösen, was wir thun oder sagen. Niemand ist unbedeutend genug, um sicher zu sein, daß sein Beispiel nicht im guten oder bösen Sinne wirken könnte. Der Geist der Menschen stirbt nicht, sondern lebt weiter und wandelt mitten unter uns. Herr Disraeli sprach gelegentlich des Todes Richard Cobdens vor dem Unterhause einen schönen richtigen Gedanken aus, als er erklärte, daß »der Verstorbene einer jener Männer wäre, die trotz ihrer Abwesenheit nie aufhörten, Mitglieder jenes Hauses zu sein – unabhängig von allen Parlamentsauflösungen und von jedem Wechsel der Regierungen oder Zeiten.«

Das menschliche Leben enthält schon in dieser Welt ein Moment der Unsterblichkeit. Kein menschliches Individuum steht in dem Universum für sich allein da: es ist ein integrierender Teil eines Ganzen, dessen einzelne Glieder von einander abhängen; daher bewirkt es auch durch seine verschiedenen Handlungen nicht nur für jetzt, sondern für immer eine Vermehrung oder Verminderung des gesamten Menschenwohls. Wie die Gegenwart in der Vergangenheit wurzelt, und wie das Leben und Beispiel unserer Vorväter uns noch heute in hohem Maße beeinflußt; so tragen wir wiederum durch unsere täglichen Handlungen dazu bei, die Beschaffenheit und den Charakter der Zukunft zu bilden. Der Mensch ist gewissermaßen eine Frucht, die durch die Kultur aller vorausgehenden Jahrhunderte ihre Gestalt und Reife erlangt hat; und die lebende Generation setzt durch That und Beispiel den magnetischen Strom fort, welcher die früheste Vergangenheit mit der fernsten Zukunft verbindet. Die Handlungen des Menschen gehen nie völlig verloren; wenn sich auch sein Leib in Staub und Luft auflöst; so fahren seine guten oder bösen Werke doch fort, Frucht nach ihrer Art zu tragen und die künftigen Geschlechter für alle Zeit zu beeinflussen. In dieser bedeutsamen und ernsten Thatsache liegt die große Gefahr und Verantwortlichkeit des menschlichen Daseins.

Herr Babbage hat an einer Stelle seiner Schriften diesen Gedanken in einer so kraftvollen und schönen Form ausgedrückt, daß wir hier seine Worte anführen möchten. »Jedes zum Guten oder Bösen bestimmte Atom,« sagt er, »nimmt sogleich jene Bewegung an, welche die Philosophen und Weisen ihm zuschreiben, und mischt und verbindet sich auf zehntausend Arten mit allem Nichtswürdigen und Gemeinen. Die Luft selbst stellt eine ungeheuere Bibliothek dar, in deren Blätter für immer alles eingetragen wird, was ein Menschenmund je gesprochen oder geflüstert. Da find in unverlöschlichen, nimmer irrenden Buchstaben – vermischt mit den frühesten und spätesten Seufzern der Kreatur – alle gebrochenen Gelübde, alle unerfüllten Versprechungen aufgeschrieben, um in der vereinigten Bewegung ihrer Moleküle das Zeugnis des veränderlichen Menschenwillens zu verewigen. Aber wenn die Luft der keinem Irrtum unterworfene Geschichtsschreiber unserer ausgesprochenen Gedanken ist: so sind Erde, Luft und Ocean in ähnlicher Weise die ewigen Zeugen unserer Thaten, bei welchen sich dasselbe Princip der Übereinstimmung zwischen Aktion und Reaktion offenbart. Keine Bewegung, die durch eine natürliche Ursache oder eine menschliche Handlung hervorgerufen wurde, hört jemals völlig auf. Wie der Allmächtige auf die Stirn des ersten Mörders das unverlöschbare und deutliche Zeichen seiner Schuld drückte: so hat er auch Gesetze geschaffen, kraft deren jeder spätere Verbrecher ebenso fest an die Folgen seines Vergehens gekettet ist; denn jedes Atom seiner sterblichen Gestalt – welche Wechselfälle deren Moleküle auch durchmachen mögen – setzt in jeder neuen Kombination unverändert jene Schwingungen fort, in welche es durch die Muskelanstrengung versetzt wurde, die zur Ausführung des Verbrechens erforderlich war.«

So hat jede That, jede Äußerung, die von uns selber ausgeht oder deren Zeugen wir sind, einen Einfluß, der bestimmend nicht nur auf unser eigenes künftiges Leben, sondern auch auf das der ganzen Gesellschaft einwirkt. Wenn wir diesen sich nach allen Seiten fühlbar machenden Einfluß auch nicht einmal in dem Leben unserer Kinder, Freunde oder Gefährten zu verfolgen vermögen: so steht es doch fest, daß er existiert und fortdauert. Darum eben ist das gute Beispiel von einer so gewaltigen Bedeutung; es ist ein stummer Unterricht, den auch der Ärmste und Unbedeutendste durch sein tägliches Leben erteilen kann. Niemand ist so gering, daß er diese einfache, aber kostbare Unterweisung nicht seinem Nächsten schuldig wäre. Selbst in dem niedrigsten Stande kann man sich hierdurch nützlich machen; denn ein Licht, das im Thale scheint, leuchtet an seiner Stelle nicht minder hell als ein anderes, das auf dem Berge steht. Überall und fast unter allen Verhältnissen – wie äußerlich ungünstig dieselben auch sein mögen – in den Hütten des Marschlandes, in den Häuschen der Dörfer oder in den engen Straßen der großen Städte – überall können lautere Menschen gedeihen. Wer ein Stückchen Land beackert, das nicht viel größer ist als der Raum, den er zu seinem Grabe braucht, kann ebenso treulich und in ebenso edler Absicht arbeiten als der Erbe von Millionen. Die einfachste Werkstatt kann in dem einen Fall eine Schule des Fleißes, der Belehrung und der guten Sitte – oder in dem anderen eine Brutstätte der Trägheit, Thorheit und Lasterhaftigkeit sein. Es hängt alles von der Beschaffenheit der Individuen und von dem Gebrauche ab, welchen sie von den sich darbietenden Gelegenheiten zu guten Thaten machen.

Es ist kein kleines Vermächtnis, das ein Mensch seinen Kindern oder der Welt mit einem wohlangewandten Leben und einem unbefleckten Ruf hinterläßt: denn diese beiden sind die beredteste Lehre der Tugend, die strengste Verurteilung des Lasters und eine unerschöpfliche Quelle der besten Art des Reichtums. Wohl denen, die von sich dasselbe sagen können, was Pope auf den Sarkasmus des Lord Hervey zur Antwort gab. »Mir erscheint es genug,« sagte er, »daß meine Eltern mir durch ihr Leben keinen Grund gaben, über sie zu erröten: und daß das Leben ihres Sohnes ihnen selbst keine Thräne erpreßt hat.« Es genügt nicht, daß wir anderen Vorschriften machen: wir müssen auch durch unser Beispiel belehrend auf sie einwirken. Was Frau Chisholm der Frau Stowe als das Geheimnis ihres Erfolges bezeichnete, hat die gleiche Bedeutung auch in jedem anderen Leben. »Ich habe gefunden,« sagt sie, »daß wir allemal, wenn wir eine Arbeit vollbracht sehen möchten, uns selbst daran machen und sie ausführen müssen; das bloße Reden ist nichts – gar nichts wert!« Das ist eine jämmerliche Art der Beredsamkeit, die nur beweist, wie tüchtig eine Person im Schwatzen ist. Hätte sich Frau Chisholm mit ihren Vorträgen begnügt, so würde ihr Projekt nach ihrer eigenen Überzeugung nie aus dem Stadium der Erörterungen herausgekommen sein; als aber die Leute sahen, was sie leistete und bereits erreicht hatte, stimmten sie ihren Ansichten bei und kamen ihr zu Hilfe. Daher wirkt nicht der am segensreichsten, welcher die größte Beredsamkeit entwickelt oder die erhabensten Gedanken faßt: sondern jener, welcher die überzeugendsten Thaten verrichtet.

Edeldenkende Menschen von energischem Charakter können auf solche Art auch in der bescheidensten Lebensstellung einen Impuls zu guten Werken geben, dessen Stärke anscheinend in keinem Verhältnis zu ihrem thatsächlichem gesellschaftlichen Range steht. Thomas Wright hätte über die Rettung der Verbrecher, und John Pounds über die Notwendigkeit der Armenschulen immerzu schwatzen können, ohne doch irgend etwas zu leisten, statt dessen aber gingen sie einfach an ihr Werk und dachten nicht ans Schwatzen. Und hinsichtlich des Einflusses, den auch das Leben des ärmsten Mannes auf die Gesellschaft ausüben kann, wollen wir hören, was Dr. Guthrie, der Apostel der Armenschulbewegung, uns von der Art und Weise erzählt, in der sein eigenes Wirken durch das Beispiel des John Pounds – jenes bescheidenen Portsmouther Schuhflickers – beeinflußt wurde:

»Die Art, in welcher mein Interesse für diese Sache erweckt wurde,« berichtet er, »beweist, daß die Vorsehung das Geschick oder den Lebenslauf eines Menschen – wie den Lauf eines Stromes – durch außerordentlich unbedeutende Umstände bestimmt und beeinflußt. Es ist geradezu wunderbar – und für mich selbst eine interessante Erinnerung – daß dasjenige, was meine Aufmerksamkeit zuerst auf die Frage der Armenschulen lenkte, ein Bild war – ein Kupferstich, den ich in einem alten, unbekannten und verfallenen Landstädtchen sah, das an den Ufern das Firth of Forth liegt und der Geburtsort des Thomas Chalmers ist. Ich besuchte diesen Ort vor vielen Jahren und sprach in einem Wirtshaus« vor, um eine Erfrischung einzunehmen. Ich fand die Wände des Gastzimmers mit wenig interessanten Darstellungen von Schäferinnen – mit Hirtenstäben in der Hand – oder sonntäglich geputzten Matrosen bedeckt. Aber über dem Kamin hing ein alter Kupferstich, der sehr viel wertvoller war als seine Nachbarn und der die Arbeitsstube eines Schuhflickers darstellte. Da saß der Schuhflicker selbst, eine Brille auf der Nase, einen alten Stiefel zwischen den Knien; die mächtige Stirn und der energische Mund deuteten auf große Charakterstärke; und unter den buschigen Augenbrauen hervor drang ein freundlicher Strahl des Wohlwollens und glitt über eine Schar armer, zerlumpter Knaben und Mädchen, die mit ihren Schulaufgaben den fleißigen Schuhflicker umstanden. Meine Neugier war erregt: und aus der Unterschrift ersah ich, daß dieser Mann – John Pounds, ein Schuhflicker aus Portsmouth – Erbarmen hatte mit den vielen armen und zerlumpten Kindern, die von Predigern und Stadtvätern, Damen und Herren im Stiche gelassen und in Gefahr waren, auf der Straße zu verkommen; daß er – gleich dem guten Hirten – diese kleinen Ausgestoßenen um sich sammelte und sie für diese und jene Welt erzogt und daß er – während er sich im Schweiße seines Angesichts sein tägliches Brot verdiente – auf solche Weise nicht weniger als fünfhundert dieser Kleinen aus dem Elend errettete und sie der menschlichen Gesellschaft erhielt. Ich schämte mich vor mir selber und empfand es als einen Vorwurf, daß ich so wenig geleistet. Ich war tief gerührt und voll Bewunderung für das, was dieser Mann bewerkstelligt. Ich erinnere mich noch sehr wohl der Worte, die ich im Augenblick der Begeisterung zu meinem Begleiter sprach, und die ich auch in einer ruhigeren und kühleren Gemütsstimmung nicht hätte widerrufen mögen. ›Jener Mann,‹ sagte ich, ›macht der Menschheit Ehre und verdient das größte Denkmal, das je innerhalb der Grenzen Englands errichtet wurde.‹ Ich verfolgte das Leben des wackeren Schusters und fand es von dem Geiste dessen durchdrungen, den ›des Volkes jammerte.‹ Aber John Pounds war auch ein weiser Mann von der Art des Paulus; und wenn er einen Knaben nicht auf andere Art zu bekehren vermochte, so bekehrte er ihn durch eine wohlwollende List. Er lief oft einem zerlumpten Jungen längs des ganzen Hafendammes nach und nötigte ihn, in die Schule zu kommen – nicht mit Hilfe eines Polizeidieners, sondern vermittelst einer heißen Kartoffel. Er kannte die Vorliebe, die der Irländer für die Kartoffel hat; und als ob der Junge ein Irländer gewesen wäre, hielt John Pounds ihm eine recht heiße geröstete Kartoffel unter die Nase, deren Kruste so zerlumpt aussah wie der Ausreißer selbst. Wenn dereinst jener Tag kommt, an welchem demjenigen Ehre zu teil werden wird, der Ehre verdient: dann – denke ich mir – wird die Schar der Männer, deren Ruhm von Dichtern besungen, deren Gedächtnis durch Denkmäler verherrlicht wurde, sich teilen wie die Meeresflut vor dem Bug eines Schiffes; und mitten hindurch – die Großen, Vornehmen und Mächtigen des Landes hinter sich lassend – wird dieser arme, unbekannte alte Mann vorwärtsschreiten, um die besondere Anerkennung dessen zu empfangen, der da gesagt hat: ›Was ihr einem dieser Geringsten gethan habt, das habt ihr mir gethan!‹«

Die Erziehung unseres Charakters hängt zum großen Teil von unseren Vorbildern ab; wir formen uns unbewußt nach dem Charakter, den Sitten, den Gewohnheiten und Meinungen der Menschen, die unsere Umgebung bilden. Gute Lehren vermögen viel; aber gute Vorbilder wirken noch mächtiger, denn sie unterweisen durch Thaten – stellen die Weisheit bei der Arbeit dar. Gute Ermahnungen und schlechte Beispiele bauen mit einer Hand auf, was sie mit der anderen niederreißen. Daher ist die Wahl unserer Gefährten, besonders in unserer Jugend, von so ungeheuerer Wichtigkeit. Es existiert zwischen jungen Leuten eine magnetische Verwandtschaft, welche die Tendenz hat, dieselben einander ähnlich zu machen. Herr Edgeworth hielt – weil er davon überzeugt war, daß jugendliche Menschen aus Sympathie unwillkürlich den Ton der Gesellschaft nachahmen oder annehmen, in welcher sie sich bewegen – es für höchst wichtig, sie zur Wahl der besten Vorbilder anzuleiten. »Keine Gesellschaft oder gute Gesellschaft!« war seine Devise. Lord Collingwood schrieb an einen jungen Freund: »Mache es dir zum Grundsatz, lieber allein zu sein als in schlechter Gesellschaft. Suche dir solche Gefährten, die dir gleich oder dir überlegen sind; denn der Wert des Mannes wird immer an seinem Umgang zu messen sein.« Der berühmte Dr. Sydenham machte die Bemerkung, daß ein jeder für einige Zeit besser oder schlechter würde, wenn er sich mit einem guten oder schlechten Menschen unterhielte. Wie Sir Peter Lely seine Malkunst durch Betrachtung eines schlechten Bildes zu schädigen fürchtete und daher einen solchen Anblick nach Möglichkeit vermied, so schwebt der, welcher seine Augen oft auf einem gemeinen Menschen weilen laßt und gern dessen Gesellschaft aufsucht, in Gefahr, dem bösen Vorbild gleich zu werden.

Es empfiehlt sich daher für junge Leute, die Freundschaft der Besten zu suchen und über sich selbst hinauszustreben. Indem Francis Horner der Vorteile gedachte, die er aus dem direkten persönlichen Verkehr mit hochherzigen, gescheiten Männern gezogen, sagte er: »Ich gestehe ohne Zögern, daß ihr Umgang mir einen höheren geistigen Gewinn eingebracht hat als alle Bücher, die ich je gelesen.« Lord Shelburne (der spätere Marquis von Lansdowne) machte als junger Mann dem ehrwürdigen Malesherbes einen Besuch und empfing von dessen Persönlichkeit einen so starken Eindruck, daß er darüber äußerte: »Ich bin viel gereist: aber nie hat die persönliche Berührung mit einem Menschen mich so gewaltig beeinflußt. Wenn ich je etwas Gutes in meinem Leben vollbringe, so bin ich überzeugt, daß die Erinnerung an Herrn de Malesherbes meine Seele dazu anfeuern wird.« Auch Fowell Buxton war immer bereit, den mächtigen Einfluß anzuerkennen, den das Beispiel der Familie Gurney in seinen jüngeren Jahren auf die Bildung seines Charakters ausübte. »Es gab meinem Leben seine Färbung,« pflegte er zu sagen. Hinsichtlich seiner Erfolge auf der Dubliner Universität bekannte er: »Ich verdanke sie einzig meinen Besuchen in Earlham.« Die Gurneys »steckten ihn mit ihrem Streben nach Selbstvervollkommnung an.«

Der Umgang mit guten Menschen hat eine bessernde Wirkung und verleiht uns einen Segen – wie die Kleider der Reisenden die Düfte der Blumen und Sträucher festhalten, an welchen die Betreffenden vorüberkommen. Diejenigen welche den verstorbenen John Sterling naher kannten, haben von dem wohlthätigen Einfluß berichtet, den er auf alle ausübte, die mit ihm in persönliche Berührung kamen. Viele wurden durch ihn gleichsam zu einem höheren Sein erweckt, indem sie durch ihn erkennen lernten, was sie waren, und was sie sein sollten. Herr Trench sagt von ihm: »Es war unmöglich, mit seiner edlen Natur in Berührung zu kommen, ohne daß man sich selbst bis zu einem gewissen Grade veredelt und erhoben fühlte – wie es auch mir nach einem Gespräch mit ihm stets so vorkam, als ob ich mich in einer höheren Region von Wünschen und Plänen bewegte als gewöhnlich.« Das eben sind die sicheren Wirkungen eines edlen Charakters; wir werden unmerklich durch seine Nähe sittlich gehoben und nehmen unbewußt seine Empfindungs- und Anschauungsweise an. Hierin offenbart sich die Aktion und Reaktion, die zwischen den Geistern stattfindet.

Auch Künstler fühlen sich durch die Berührung mit größeren Künstlern emporgehoben. So wurde Haydns Genie zuerst durch Händel angeregt. Als Haydn den großen Musiker spielen hörte, erwachte sogleich sein musikalisches Kompositionstalent: und er selbst war überzeugt, daß er ohne den genannten Umstand nie seine »Schöpfung« geschrieben hätte. In Bezug auf Händel äußerte er: »Wenn er will, schleudert er den Donnerkeil;« und ein andermal: »Er hat keine Note geschrieben die nicht das Herz aufrührt.« Scarlatti war ein so feuriger Bewunderer Handels, daß er ihm durch ganz Italien nachreiste; und daß er sich später allemal, wenn er von ihm sprach, bekreuzigte, um dem großen Meister seine Ehrfurcht zu bezeugen. Ein wahrer Künstler wird immer neidlos die Größe eines Kollegen anerkennen. So war Beethovens Bewunderung für Cherubini ungemein groß: und auch Schuberts Genie wurde von ihm freudig begrüßt. »Wahrhaftig,« sagt er, »in Schubert wohnt ein göttliches Feuer.« Northcote empfand als blutjunger Mensch für Reynolds eine solche Bewunderung, daß er sich – als der große Maler einst einer Volksversammlung in Devonshire beiwohnte – durch die Menge drängte und sich so nahe an Reynolds heranmachte, daß er seine Rockschöße berühren konnte, was ihm – wie er selbst sagte – »die größte Herzensbefriedigung gewährte.« Es war dies ein echter Beweis jenes schönen Enthusiasmus, den die Jugend für den Genius empfindet.

Die Furchtsamen werden von dem Beispiel der Tapferen entflammt und durch ihre Gegenwart elektrisiert. Daher kommt es, daß ganz gewöhnliche Menschen unter der Führung von Helden so oft Wunder der Tapferkeit verrichten. Die bloße Erinnerung an heroische Thaten erregt gleich einem Trompetenstoß das Blut des Mannes. Ziska bestimmte bei seinem Tode, daß seine Haut auf eine Trommel gespannt werden sollte, um den Mut der Böhmen anzufachen. Als Skanderbeg, der Fürst von Epirus (Albanien) starb, wünschten die Türken in den Besitz seiner Knochen zu gelangen, damit jeder Krieger ein Stück davon auf seinem Herzen trüge und so einen Teil jenes Mutes erhielte, den der Held in seinem Leben bewiesen, und den sie selbst so oft in der Schlacht empfunden. Als der edle Douglas das Herz des Robert Bruce ins heilige Land hinüberführte und, dort angelangt, einen seiner Ritter von den Sarazenen umringt und hart bedrängt sah, nahm er die silberne Kapsel vom Halse, in welcher das Herz des Schottenkönigs ruhte, und rief, indem er sie in den dichtesten Haufen der Feinde schleuderte: »Geh im Kampfe voran, wie du es zu thun pflegtest! der Douglas wird dir folgen oder sterben!« Mit diesen Worten stürmte er auf die Stelle zu, wo das Kleinod niedergefallen war, und wurde daselbst erschlagen.

Der hauptsächlichste Nutzen der Biographien besteht darin, daß sie uns edle Vorbilder vor Augen stellen. Unsere großen Vorfahren weilen noch unter uns durch die Berichte, die wir von ihrem Leben haben, und durch die Thaten, die sie einst ausführten, und die unvergänglich sind. Sie sitzen noch mit uns an unserem Tische und fassen unsere Hand; sie geben uns ein heilsames Beispiel, das wir noch betrachten, bewundern und nachahmen können. Wer den Ruhm eines edlen Lebens hinterläßt, vermacht damit der Nachwelt eine dauernde Quelle des Heils; denn er stellt den Menschen ein Vorbild auf, nach dem sie sich in allen kommenden Zeiten richten können: er haucht ihnen ein neues Leben ein und befähigt sie, sein eigenes Leben gleichsam neu erstehen, seinen Charakter in anderen Formen wiedererscheinen zu lassen. Daher ist ein Buch, welches uns das Leben eines echten Mannes schildert, an kostbaren Samenkörnern reich. Es spricht daraus eine lebendige Stimme, eine unsterbliche Seele. »Es stellt« – um mit Milton zu reden – »das kostbare Lebensblut eines erhabenen Geistes dar, das einbalsamiert und aufgespart ist für ein Leben über das Grab hinaus.« Solch ein Buch hört nie auf, einen erhebenden und veredelnden Einfluß auszuüben. Aber vor allem giebt es ein Buch der Bücher, welches uns das erhabenste Vorbild aufstellt, nach dem wir unser Leben in dieser Welt gestalten können, und das am besten allen Bedürfnissen unseres Geistes und Herzens entspricht – ein Vorbild, dem wir in unserem Thun und Empfinden nur von ferne zu folgen vermögen:

»Wie Pflanzen, die die Sonne nie geschaut,
Doch still im Traum die Lebensspend'rin ahnen
Und sehnsuchtsvoll zu ihrem Licht sich drängen.«

Kein Jüngling wird die Biographie Buxtons oder Arnolds aus der Hand legen, ohne sich geistig und seelisch erhoben und in seinen besten Entschlüssen bestärkt zu fühlen. Solche Lebensbeschreibungen steigern unser Selbstvertrauen, indem sie uns zeigen, was Menschen sein und leisten können: und indem sie gleichzeitig unsere Hoffnungen kräftigen und unsere Lebensziele erhöhen. Zuweilen lernt ein junger Mann erst aus einer Biographie sich selbst erkennen – wie Correggio bei der Betrachtung der Werke Michel Angelos die Regungen seines Genius empfand und ausrief: »Ich bin auch ein Maler!« Sir Samuel Romilly bekennt in seiner Selbstbiographie, daß das Leben des großen und hochherzigen französischen Kanzlers Daguesseau auf ihn einen mächtigen Einfluß ausgeübt habe. »Mir waren,« berichtet er, »die Werke von Thomas in die Hände gefallen, und ich las mit Bewunderung seine ›Lobpreisung Daguesseaus.‹ Seine Beschreibung der ehrenvollen Laufbahn dieses berühmten Staatsmannes entflammte gewaltig meine Begeisterung und meinen Ehrgeiz, indem sie meiner Einbildungskraft neue Pfade des Ruhms eröffneten.« Franklin pflegte die Kraft seines nützlichen und bedeutenden Wirkens aus dem Umstand herzuleiten, daß er in seiner frühen Jugend Cotton Mathers Buch von den »Bestrebungen, Gutes zu thun« gelesen hatte – ein Buch, das aus dem Leben des Verfassers selbst hervorgegangen war. Und man beachte, wie das gute Beispiel andere Menschen nach sich zieht und sich durch künftige Generationen in allen Landen fortpflanzt. So behauptet Samuel Drew, daß er sein Leben und besonders seine geschäftlichen Gewohnheiten nach dem Muster gebildet habe, welches uns in Benjamin Franklin von dessen Biographen vor Augen gestellt wird. Demzufolge vermag niemand zu sagen, wie weit die Macht des guten Beispiels reicht, oder wo sie aufhört – wenn letzteres überhaupt möglich ist. Darum ist es in der Litteratur wie im Leben von Nutzen, sich in der besten Gesellschaft zu bewegen, die besten Bücher zu lesen und das Beste, was man darin findet, verständnisvoll zu bewundern und nachzuahmen. »In der Litteratur,« sagte Lord Dudley, »beschränke ich mich gern auf die beste Gesellschaft, welche hauptsächlich aus meinen alten Bekannten besteht, mit denen ich immer vertrauter werden möchte; und ich vermute, daß es in neun Fällen unter zehn nutzbringender und wohl auch angenehmer ist, ein altes Buch zum zweiten- als ein neues zum erstenmal zu lesen.«

Schon manchmal hat die Beschreibung eines edlen Lebens, die man zufällig – vielleicht aus Langerweile – zur Hand nahm, Kräfte erweckt, deren Vorhandensein niemand bisher geahnt. So fühlte sich Alfieri erst leidenschaftlich zur Litteratur hingezogen, nachdem er »Plutarchs Lebensbilder« gelesen. Als Loyola wahrend seiner Soldatenzeit bei der Belagerung Pampelonas eine gefährliche Verwundung am Bein davontrug und infolgedessen zu Bett liegen mußte, bat er sich ein Buch aus, um sich die Zeit damit zu verkürzen. Man brachte ihm das »Leben der Heiligen«; und die Lektüre dieses Werkes begeisterte ihn derartig, daß er einen religiösen Orden zu gründen beschloß. In ähnlicher Weise wurde Luther zu der großen Arbeit seines Lebens dadurch getrieben, daß er »das Leben und die Schriften des Johann Huß« las. Dr. Wolff wurde zu seinem Missionswerk durch die »Biographie des Franz Xaver« angeregt, welche sein jugendliches Gemüt mit der aufrichtigsten und feurigsten Begeisterung für seinen zukünftigen Beruf erfüllte. Ebenso empfing William Larry den ersten Antrieb zu seinem erhabenen Missionswerk durch die »Reisen des Kapitän Cook.«

Francis Horner pflegte in seinem Tagebuch und in seinen Briefen die Bücher anzugeben, von deren Lektüre er den größten Gewinn gehabt und den stärksten Einfluß verspürt. Dazu gehörten Condorcets »Lobrede auf Haller«, die »Reden des Sir Joshua Reynolds«, die Schriften Bacons, sowie Burnets »Biographie des Sir Matthew Hale.« Die Lektüre des letztgenannten Buches, welches die Darstellung eines wunderbar arbeitsreichen Lebens ist, erfüllte Horner – wie er selbst berichtet – mit Begeisterung. Über Condorcets »Lobrede auf Haller« äußerte er: »Ich lege nie die Biographie solcher Männer aus der Hand, ohne daß mich eine zitternde Erregung befällt, von der ich nicht zu sagen vermag, ob ich sie Bewunderung, Ehrgeiz oder Verzweiflung nennen soll.« Hinsichtlich der »Reden des Sir Joshua Reynolds« bemerkte er: »Nächst den Schriften Bacons ist dies dasjenige Buch, welches mich am mächtigsten zur Selbstvervollkommnung angetrieben hat. Reynolds ist eins der ersten Genies, die sich herabgelassen, der Welt die Mittel und Wege anzugeben, welche zur Größe führen. Die Zuversicht, mit welcher er die Allmacht der menschlichen Arbeit verkündet, macht den Leser mit dem Gedanken vertraut, daß das Genie weniger verliehen als erworben wird; und daneben kommt so natürlich und beredt die erhabenste und leidenschaftlichste Bewunderung für alles Große zum Ausdruck, daß es in der ganzen Welt kein Buch geben kann, das eine zündendere Wirkung hervorzubringen vermöchte.« Es ist merkwürdig, daß Reynolds selbst den ersten starken Antrieb zum Studium der Kunst dadurch erhielt, daß er die von Richardson geschriebene Lebensgeschichte eines großen Malers las: und daß wiederum Haydon durch Reynolds' Biographie in ähnlicher Weise für denselben Beruf begeistert wurde. So entzündet das mutige und strebsame Leben des einen Mannes ein Feuer im Herzen jener anderen, welche die gleichen Fähigkeiten und Triebe besitzen: und wo die gleiche kraftvolle Anstrengung stattfindet, wird die gleiche Auszeichnung, der gleiche Erfolg nicht ausbleiben. So pflanzt sich das Beispiel wie eine endlose, vielgliedrige Kette durch die Zeiten fort – indem die Bewunderung immer wieder zur Nachahmung antreibt und auf solche Art die wahre Aristokratie des Geistes verewigt.

Eins der nützlichsten und anregendsten Beispiele, welche man der Jugend vorführen kann, ist das eines fröhlichen Schaffens. Die Fröhlichkeit giebt dem Geiste Spannkraft. Die Gespenster fliehen vor ihr: die Schwierigkeiten verlieren ihre Schrecken, weil ihnen die Hoffnung entgegentritt: und der Mensch gewinnt jene glückliche Fähigkeit, die Gelegenheit beim Schöpfe zu fassen, die ihm den Erfolg nahezu gewiß macht. Ein feuriger Geist ist auch immer ein gesunder und glücklicher Geist, der nicht nur selbst fröhlich arbeitet, sondern auch andere zur Arbeit antreibt. Er verleiht der alltäglichsten Beschäftigung eine gewisse Würde. Die wirksamste Arbeit ist gewöhnlich diejenige, welche mit ganzem Herzen gethan – d. h. von der Hand oder dem Kopfe eines Menschen ausgeführt wird, dessen Herz heiter ist. Hume pflegte zu sagen, daß es ihm besser deuchte, ein heiteres Gemüt zu besitzen, welches geneigt wäre, das Leben von der vergnüglichen Seite aufzufassen – als mit einem düsteren Gemüt der Besitzer eines Jahreseinkommens von 10,000 Pfund zu sein. Granville Sharp erfrischte sich nach der Anstrengung seiner sklavenfreundlichen Bemühungen dadurch, daß er abends an den Rundgesängen und Instrumentalkonzerten im Hause seines Bruders teilnahm und dort selbst sang oder auch die Flöte, Klarinette oder Oboe blies; wahrend er an den Sonntagabenden in Händels Oratorien als Paukenschläger mitwirkte. Er beschäftigte sich auch – obwohl selten – mit dem Zeichnen von Karikaturen. Fowell Buxton war gleichfalls eine außerordentlich heitere Natur: er fand ein besonderes Vergnügen an Belustigungen im Freien und liebte es, mit seinen Kindern über Feld zu reiten oder an ihren häuslichen Spielen teilzunehmen.

Auf einem anderen Gebiet der Thätigkeit war Dr. Arnold ein ebenso edler und fröhlicher Arbeiter, der sich der großen Aufgabe seines Lebens – der Erziehung und Belehrung junger Leute – mit ganzer Seele widmete. In seiner bewunderungswürdigen Biographie wird konstatiert, daß »das Merkwürdigste an der Lalchamer Schule der außerordentlich gute Ton war, welcher darin herrschte. Es war ein Ort, der in jedem neuen Ankömmling das, Gefühl erweckte, daß hier ein großes und ernstes Werk ausgeführt werde. Jedem Schüler wurde zum Bewußtsein gebracht, daß auch er etwas zu thun habe, und daß sein Glück wie seine Pflicht in der gewissenhaften Erfüllung seiner Aufgabe liege.« Auf solche Weise erhielten die Lebensanschauungen der jungen Leute eine unbeschreibliche Würze; eine seltsame Freude ergriff sie bei der Erkenntnis, daß sie gleichzeitig nützlich und glücklich sein konnten; und ihre Herzen ergaben sich mit tiefer Verehrung und warmer Zuneigung dem Manne, der sie das menschliche Leben und ihr eigenes Dasein mit seinen Pflichten und Zielen erkennen und begreifen lehrte. Alles dies beruhte auf Arnolds reichbegabter, verständnisvoller Natur – auf der Wahrhaftigkeit und Tüchtigkeit seines Charakters – auf der hohen Achtung, die er vor jeder Art der Arbeit empfand – und auf der ihm innewohnenden Überzeugung von dem Wert, den sie sowohl für die gesamte Gesellschaft als auch für die gedeihliche Entwicklung des Individuums hat. Und in alledem offenbarte sich keine Übertreibung – keine Bevorzugung einer Arbeit vor der anderen – keine einseitige Begeisterung für einen bestimmten Gegenstand, sondern nur der bescheidene, tiefe und echt religiöse Glaube, daß die Arbeit das dem Menschen zuerteilte Erdenlos ist – der Zweck, zu welchem ihm seine verschiedenen Fähigkeiten verliehen wurden – das Element, in welchem seine Natur sich entwickeln und sein stufenweises Vordringen zur himmlischen Heimat stattfinden soll« Zu den vielen tüchtigen Männern, die Arnold für das öffentliche Leben und Wirten erzogen, gehörte der tapfere Rittmeister Hodson, welcher sich in einem Briefe, den er aus Indien nach der Heimat sandte, folgendermaßen über seinen verehrten Lehrer äußerte: »Sein Einfluß ist in seinen Wirkungen außerordentlich dauernd und stark gewesen. Er hat sich sogar in Indien fühlbar gemacht, und damit denke ich genug gesagt zu haben!«

Der segensreiche Einfluß, den ein rechtschaffener, energischer und fleißiger Mann auf seine Nachbarn, seine Untergebenen und selbst auf sein Vaterland ausüben kann, läßt sich vielleicht nirgend besser erkennen als in dem Leben des Sir John Sinclair, den der Abbé Gregoire den »unermüdlichsten Mann Europas« genannt hat. Er war ursprünglich Grundbesitzer und besaß ein großes Landgut bei John o' Groats House, welches fast außerhalb der Grenzen der Civilisation – in einer öden, wilden Gegend – nahe dem Strande der stürmischen Nordsee lag. Mit sechzehn Jahren verlor er seinen Vater und mußte die Verwaltung des Familiengutes übernehmen; und im Alter von achtzehn Jahren führte er in der Grafschaft Caithneß mit Energie ein System nützlicher Neuerungen ein, das bald in ganz Schottland Verbreitung fand. Die Landwirtschaft stand damals auf einer sehr niedrigen Stufe. Die Felder waren nicht eingehegt; die Ländereien entbehrten der Drainage; die kleinen Ackerbauer von Caithneß waren so arm, daß sie sich kaum ein Pferd oder Ponny halten konnten; die Frauen mußten fast allein die mühseligsten Arbeiten verrichten und die schwersten Lasten tragen; und wenn einem der Kossäten ein Pferd fiel, so heiratete er wohl, um an seiner Frau einen billigen Ersatz für das verlorene Tier zu haben. Es gab im Lande weder Chausseen noch Brücken; und die Viehhändler, die ihr Vieh nach dem Süden trieben, mußten mit den Tieren die Ströme durchschwimmen. Der Hauptpaß, der in die Grafschaft Caithneß hineinführte, lief am Rande eines hohen Bergabhanges entlang, der sich – senkrecht aufsteigend – einige hundert Fuß über die unter ihm brausende See erhob. Trotz seiner großen Jugend faßte Sir John den Plan, eine neue, über die Höhen des Ben Cheilt führende Verkehrsstraße anzulegen– unbekümmert um das Mißtrauen und den Spott, mit welchem sein Plan von den alten, bedächtigen Besitzern aufgenommen wurde. Er steckte selbst die Straße ab und versammelte an einem frühen Sommermorgen etwa zwölfhundert Arbeiter, die sich sogleich, mit vereinten Kräften ans Werk machen mußten – währender ihre Arbeiten überwachte und sie durch seine Gegenwart und sein Beispiel aneiferte. Noch vor Einbruch der Nacht war eine gefährliche Schaftrift von sechs Meilen Länge, über die man kaum ein Pferd am Zügel führen konnte, wie durch Zauberkunst für Fuhrwerke passierbar geworden. Es war dies ein bewunderungswürdiges Beispiel von Energie und zielbewußter Arbeit, das nicht verfehlen konnte, einen heilsamen Einfluß auf die ganze umwohnende Bevölkerung auszuüben. Dann machte Sinclair es sich zur Aufgabe, weitere Straßen anzulegen, Mühlen und Brücken zu bauen und die öden Ländereien einzuhegen und urbar zu machen. Er führte Verbesserungen in dem Betriebe des Landbaues, sowie eine regelmäßige Fruchtfolge ein und teilte kleine Prämien aus, um die Industrie zu heben. Auf solche Weise belebte er das ganze gesellschaftliche Gebiet, das innerhalb der Grenzen seines Einflusses lag, und hauchte vor allem der Landwirtschaft einen neuen Geist ein. Ursprünglich einer der unzugänglichsten Distrikte des Nordens – eine wirkliche Ultima Thule der Civilisation – wurde die Grafschaft Caithneß nunmehr durch ihre Straßen, ihren Ackerbau und ihre Fischerei bald ein, Musterland. In Sinclairs Jugend wurden die Postsachen nur einmal in der Woche durch einen Boten gebracht; und schon damals erklärte der junge Baronet, er würde nicht eher ruhen, als bis die Postkutsche alle Tage nach Thurso käme. Die Leute aus der Nachbarschaft wollten an eine solche Möglichkeit nicht glauben; und es wurde in der Grafschaft bald üblich, daß man mit Bezug auf irgend einen höchst aussichtslosen Plan die Redensart gebrauchte: »Na ja! das wird geschehen, wenn Sir John die tägliche Post nach Thurso kommen sieht!« – Aber Sir John erlebte die Verwirklichung seines Traumes und sah die Postkutsche in der That alle Tage durch Thurso fahren.

Der Kreis seiner gemeinnützigen Bestrebungen erweiterte sich allmählich immer mehr. Als er die bedenkliche Verschlechterung der Qualität wahrnahm, welche sich bei der britischen Wolle – einem der Haupterzeugnisse des Landes – bemerkbar machte, beschloß er sogleich, obwohl er nur ein der Öffentlichkeit fernstehender, wenig bekannter Landedelmann war, sich mit der Hebung des genannten Artikels zu beschäftigen. Zu diesem Zweck bewirkte er durch seine persönlichen Bemühungen die Gründung der »Gesellschaft zur Verbesserung der britischen Wolle« und bahnte selbst praktische Reformen an, indem er auf seine eigenen Kosten 800 Schafe aus den verschiedensten Ländern importierte. Das Resultat hiervon war, daß die berühmte Cheviotrasse in Schottland eingebürgert wurde. Zwar meinten die Schafzüchter, daß die Tiere aus südlicheren Ländern im hohen Norden nicht gedeihen würden; aber Sir John beharrte auf seiner Ansicht; und in einigen Jahren gab es allein in den vier nördlichen Grafschaften nicht weniger als 300,000 Cheviotschafe. Hierdurch wurde der Nutzen der Weideländereien in ungeheuerem Maße gesteigert: und die schottischen Landgüter, die vorher einen verhältnismäßig geringen Wert hatten, begannen hohe Renten abzuwerfen.

Als Sinclair von den Bewohnern von Caithneß ins Parlament gewählt wurde, in welchem er dreißig Jahre verblieb und kaum eine Sitzung versäumte, gab ihm seine Stellung weitere Gelegenheiten zu nutzbringendem Schaffen, deren er sich eifrig bediente. Herr Pitt, der die unermüdliche Energie bewunderte, welche Sinclair in allen gemeinnützigen Bestrebungen entfaltete, ließ ihn nach Downing-Street zu sich holen und erbot sich freiwillig, ihn in all seinen Plänen zu unterstützen. Ein anderer Mann hätte in solchem Fall vielleicht an sich selbst und sein eigenes Fortkommen gedacht: aber Sir John gab die charakteristische Antwort, daß er für sich selbst keine Gunst begehre, daß es aber für sein Gefühl höchst wohlthuend sein würde, wenn ihm Herr Pitt seinen Beistand zur Gründung einer nationalen Ackerbau-Kommission leihen wolle. Arthur Joung wettete mit dem Baronet, daß hieraus nie etwas werden würde, indem er hinzufügte: »Ihre Ackerbau-Kommission wird im Monde sein!« Aber Sinclair machte sich mit Energie ans Werk; er lenkte die öffentliche Aufmerksamkeit auf seinen Plan, brachte im Parlament die Majorität auf seine Seite und gründete wirklich die ersehnte Kommission, zu deren Präsidenten er erwählt wurde. Wir wollen die Wirkung dieser Maßregel nicht eingehend schildern, sondern nur bemerken, daß dieselbe sowohl in dem Ackerbau als auch in der Viehzucht der drei vereinigten Königreiche einen Aufschwung herbeiführte, kraft dessen Zehntausend von Acres öden Landes der Kultur gewonnen wurden. Ebenso unermüdlich war Sinclair in seinen Bestrebungen, die Fischerei zu heben: und die erfolgreiche Einführung dieses großen britischen Industriezweiges in Thurso und Wick ist hauptsächlich durch seine Bemühungen möglich geworden. Er trug jahrelang darauf an und erwirkte es schließlich auch, daß der letztgenannte Ort, welcher vielleicht unter allen sich mit dem Fischfange beschäftigenden Städten der größte und blühendste ist, einen gesicherten Hafen erhielt.

Sir John widmete sich jedem seiner Werte mit seiner vollen Energie, indem er die Gleichgiltigen aufrüttelte, die Trägen anfeuerte, die Zuversichtlichen bestärkte und mit allen gemeinschaftlich arbeitete. Als eine französische Invasion befürchtet wurde, machte er Herrn Pitt das Anerbieten, auf eigene Hand ein Regiment auszurüsten – und ließ seinem Wort auch die That folgen. Er ging nach dem Norden und warb ein Bataillon von 600 Mann an, dessen Stärke er später auf 1000 Mann erhöhte, und welches nach allgemeinem Urteil eins der schönsten, je existierenden Freicorps war – völlig durchdrungen von dem edlen und patriotischen Geiste seines Gründers, Während er Kommandant des Feldlagers zu Aberdeen war, bekleidete er gleichzeitig die Ämter eines Direktors der »schottischen Bank,« eines Vorsitzenden der »Gesellschaft zur Verbesserung der britischen Wolle,« eines Gemeindevorstehers von Wick, eines Direktors der britischen Fischereigesellschaft, eines Beauftragten für die Ausgabe von Schatzkammerscheinen, eines parlamentarischen Vertreters der Grafschaft Caithneß und eines Präsidenten der Ackerbaukommission. Inmitten dieser vielfältigen selbsterwählten Arbeiten fand er noch Zeit, Bücher zu schreiben, die an sich hingereicht hatten, seinen Ruhm zu begründen. Als Herr Rush, der amerikanische Gesandte, nach England kam, erzählte er, er habe sich bei Herrn Coke aus Holkham nach dem besten Werk über Ackerbau erkundigt, worauf ihm ein Buch des Sir John Sinclair genannt worden sei: alsdann habe er Herrn Vansittart, den Kanzler der Schatzkammer, nach dem besten Wert über das britische Finanzwesen gefragt, und man habe ihn wiederum auf ein Buch des Sir John Sinclair – seine »Geschichte der Staatseinkünfte« – hingewiesen. Aber das größte Denkmal seines unermüdlichen Fleißes – ein Werk, das jeden anderen abgeschreckt hätte, aber bei ihm nur dazu diente, seine Energie anzuspornen und rege zu erhalten – war seine »Statistik Schottlands« in einundzwanzig Bänden, eins der wertvollsten praktischen Schriftwerke aller Zeiten und Länder. Inmitten unzähliger anderer Bestrebungen kostete ihn seine »Statistik« fast acht Jahre schwerer Arbeit, während welcher er mehr als 20,000 Briefe Wer den Gegenstand empfing und beantwortete. Es war dies ein durchaus patriotisches Unternehmen, von welchem er außer der Ehre, die es ihm einbrachte, nicht den geringsten Vorteil hatte. Den ganzen Ertrag überwies er dem »Verein zur Unterstützung schottischer Pfarrerssöhne.« Die Veröffentlichung des betreffenden Werkes führte bedeutende gemeinnützige Reformen herbei. Eine unmittelbare Folge davon war die Abschaffung verschiedener drückender Feudalrechte, auf welche der Verfasser die Aufmerksamkeit zu lenken gewußt hatte; eine weitere Folge war die Erhöhung des Gehaltes der Schullehrer und Geistlichen in vielen Kirchspielen und ein lebhafter Aufschwung des Ackerbaues in ganz Schottland, Danach erklärte sich Sir John öffentlich zu der noch viel größeren Arbeit bereit, ein ähnliches statistisches Material über England zu sammeln und zu veröffentlichen. Aber unglücklicherweise versagte der damalige Erzbischof von Canterbury diesem Plan seine Zustimmung, weil er fürchtete, derselbe könnte darauf hinwirken, die Einkünfte der Geistlichkeit zu schmälern: so mußte denn die Sache unterbleiben.

Ein merkwürdiges Beispiel von Sinclairs schnellem und energischem Handeln war die Art, in welcher er einst bei einem drohenden Notstand den Fabrikdistrikten zu Hilfe kam. Die durch den Krieg herbeigeführte Handelskrisis des Jahres 1793 war Veranlassung, daß ungewöhnlich zahlreiche Bankerotte vorkamen, und daß viele der ersten Handelshäuser von Manchester und Glasgow ins Wanken gerieten – weniger aus Mangel an Vermögen als infolge der zeitweiligen Absperrung der gewöhnlichen Quellen des Handels und Kredits. Eine Periode schrecklichen Elends schien den arbeitenden Klassen bevorzustehen. Da beantragte eines Tages Sir John im Parlament, daß Schatzkammerscheine im Gesamtbeträge von fünf Millionen Pfund emittiert und als Darlehn an solche Kaufleute ausgeliehen würden, die Sicherheit leisten könnten. Der Vorschlag wurde angenommen – ebenso sein Anerbieten, denselben persönlich in Verbindung mit gewissen, von ihm selbst bezeichneten Parlamentsmitgliedern zur Ausführung zu bringen. Die Abstimmung erfolgte erst am späten Abend; und schon in der Frühe des nächsten Morgens begab sich Sir John, welcher das bureaukratische Verschleppungssystem fürchtete, zu den Banquiers der Stadt und lieh von ihnen auf seine persönliche Sicherheit die Summe von 70,000 Pfund, welche er noch am Nachmittag desselben Tages an diejenigen Kaufleute absandte, welche am dringendsten des Beistandes bedurften. Als Herr Pitt danach dem Sir John im Parlamentsgebäude begegnete, sprach er ihm sein lebhaftes Bedauern darüber aus, daß er die bedrängten Kaufleute von Manchester und Glasgow nicht so schnell unterstützen könnte, als er es wünschte: zum Schluß sagte er: »Das Geld kann leider erst in einigen Tagen flüssig gemacht werden.« – »Es ist schon abgeschickt! es hat London bereits mit der Nachmittagspost verlassen!« war Sir Johns triumphierende Antwort; und wenn er später diese Anekdote zum besten gab, pflegte er mit einem vergnügten Lächeln hinzuzufügen: »Pitt war so bestürzt, als ob ich ihm einen Dolchstich beigebracht hätte.« –

Bis zu seinem letzten Augenblick setzte dieser vortreffliche Mann sein fröhliches und gemeinnütziges Schaffen fort, indem er damit seiner Familie und seinem Lande ein nachahmenswertes Beispiel gab. Während er nur den Vorteil der anderen suchte, fand er sozusagen sein eigenes Glück – nicht Reichtum, denn seine Großmut schädigte sein Privatvermögen in bedenklicher Weise: aber Herzensfröhlichkeit, inneres Genügen und den Frieden, der »höher ist als alle Vernunft.« Als ein großer Patriot von wunderbarer Arbeitskraft erfüllte er in edelster Weise seine Pflichten gegen das Vaterland, ohne darüber sein Haus oder seine Familie zu vernachlässigen. Seine Söhne und Töchter wuchsen in Ehren zu nutzbringender Thätigkeit heran; und es gereichte dem Sir John zur stolzesten Befriedigung, daß er in seinem achtzigsten Lebensjahre sagen durfte, er habe sieben Söhne aufwachsen sehen, von denen nicht einer eine Verpflichtung eingegangen, die er nicht auch eingelöst, oder ihm einen Kummer bereitet habe, den er ihm hätte ersparen können.


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