Karl Simrock
Die Schildbürger
Karl Simrock

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Dreiundvierzigstes Kapitel

Wie die Schildbürger einen Maushund und hiemit ihr endliches Verderben kaufen.

Nun hatten die zu Schilde keine Katzen, wohl aber so viel Mäuse, daß ihnen auch im Brodkorb nichts sicher war: was sie nur neben sich stellten, das ward ihnen zerfressen und zernagt, worüber sie denn sehr in Ängsten waren. Es begab sich aber auf eine Zeit, daß ein Wandersmann durch ihr Dorf zog, der trug eine Katze auf dem Arm und kehrte bei dem Wirthe ein. Der Wirth fragte ihn: was doch dies für ein Thier sei? Er sprach: »Es ist ein Maushund.« Nun waren die Mäuse zu Schilde so heimisch und zahm, daß sie auch vor den Leuten nicht mehr flohen und bei hellem Tag ohne alles Scheuen hin und her liefen; darum ließ der Wandersmann die Katze laufen: da erlegte sie alsobald, in Beisein des Wirths, der Mäuse gar viel.

Als Solches der Gemeinde durch den Wirth angezeigt ward, fragten sie den Mann, ob der Maushund feil wäre? sie wollten ihm solchen wohl bezahlen. Er antwortete: er sei ihm zwar nicht feil; weil sie ihn aber so nothwendig hätten, so wollt er ihnen denselben wohl zu Theil werden lassen, wenn sie ihm dafür geben wollten, was recht sei: er forderte also hundert Gulden dafür. Die Bauern waren froh, daß er nicht mehr gefordert hatte, wurden des Kaufs mit ihm eins, die Hälfte bar zu bezahlen, das Übrige sollte er über ein halbes Jahr holen kommen. Also ward von beiden Theilen der Kauf bewilligt und dem Fremden das halbe Geld gegeben: dafür trug er ihnen den Maushund in die alte Burg, worin sie ihr Getreide hatten, da auch die meisten Mäuse gewesen. Der Wanderer zog eilends mit dem Geld hinweg und fürchtete, daß sie etwa Reukauf haben und ihm das Geld wieder nehmen möchten: darum sah er im Gehen oft hinter sich, ob ihm nicht Jemand nacheile.

Nun hatten die Bauern vergessen zu fragen, was der Maushund esse: darum schickten sie dem Wandersmann in Eile Einen nach, der ihn deßhalb fragen sollte. Als der mit dem Gelde sah, daß ihm Jemand nachlaufe, eilte er desto mehr, also, daß ihn der Bauer nicht ereilen mochte: darum schrie er ihm von Ferne zu: »Was isset er? was isset er?« Jener antwortete: »Was man ihm beut.« Der Bauer hatte verstanden: Vieh und Leut; kehrte derohalben in großem Unmuth wieder heim und zeigte Solches seinen gnädigen Herren an. Diese erschraken darob sehr und sprachen: Wenn er keine Mäuse mehr zu fressen hat, so wird er hernach unser Vieh fressen und endlich uns selbst, ob wir ihn schon mit unserm guten Geld an uns gekauft haben. Beschlossen demnach, die Katze zu tödten; aber Keiner wollte sie angreifen. Darum wurden sie Raths, sie in der Burg mit Feuer zu verbrennen, denn es wäre besser, einen geringen Schaden zu tragen, als daß sie Alle sollten um Leib und Leben kommen. Also zündeten sie die Burg an.

Da aber die Katze das Feuer roch, sprang sie zu einem Fenster hinaus, kam davon und floh in ein ander Haus; das Schloß aber brannte bis auf den Boden hinweg.

Niemand war je ängstlicher als die Schildbürger, die des Maushunds nicht ledig werden konnten: hielten derowegen ferner Rath und kauften das Haus, in das die Katze entkommen war, auch an sich und steckten es gleichfalls in Brand. Aber die Katze sprang auf das Dach, saß da eine Weile und putzte sich, wie ihre Gewohnheit war, mit dem Tätzlein über den Kopf. Das verstunden die Bauern, als hübe die Katze eine Hand auf und schwüre einen Eid, daß sie Solches nicht wollte ungerächt lassen. Da wollte Einer mit einem langen Spieß nach der Katze gestochen haben: sie aber ergriff den Spieß und fing an, daran herab zu laufen, dessen Jener und die ganze Gemeinde erschraken, davon liefen und das Feuer brennen ließen. Und dieweil dem Feuer Niemand gewehrt und gelöscht hat, verbrannte das ganze Dorf bis auf ein Haus und kam gleichwohl die Katze davon; die Bauern aber waren mit Weib und Kind in einen Wald geflohen. Damalen verbrannte auch ihre ganze Kanzlei: also daß von ihren Geschichten nichts Ordentliches mehr verzeichnet zu finden.


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