Karl Simrock
Die Schildbürger
Karl Simrock

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Neununddreißigstes Kapitel

Wie die Schildbürger ihre Glocken in den See verbergen.

Auf eine Zeit, als Kriegsgeschrei einfiel, fürchteten die Schildbürger sehr um Hab und Güter, daß ihnen die von den Feinden nicht geraubt und hinweggeführt würden; sonderlich war ihnen angst um ihre Glocken, welche auf dem Rathhaus hingen, denn sie gedachten, man würde sie ihnen hinwegnehmen und Büchsen daraus gießen. Also wurden sie nach langem Rathschlag eins, dieselben bis zu Ende des Krieges in den See zu versenken und sie alsdann, wenn der Krieg vorüber und der Feind hinweg wäre, wiederum heraus zu ziehen und aufzuhenken. Also trug man sie in ein Schiff und führte sie auf den See.

Als sie aber die Glocken hinein werfen wollten, sagte Einer von ohngefähr: »Wo wollen wir aber den Ort wieder finden, wo wir sie hinaus geworfen haben, wenn wie sie gern wieder hätten?« – »Da laß dir«, sprach der Schultheiß, »kein grau Haar um wachsen.« Ging damit hin und schnitt mit dem Messer eine Kerbe in den Schiffsrand an der Stelle, wo die Glocken hinausgeworfen wurden. »Hier bei diesem Schnitt«, sprach er, »wollen wir sie wieder finden.« Also wurden die Glocken hinaus geworfen und versenkt. Nachdem aber der Krieg aus war, fuhren sie wieder auf den See, ihre Glocken zu holen und fanden den Kerbschnitt an dem Schiffe wohl; aber die Glocken konnten sie darum nicht finden, noch den Ort im Wasser, wo sie solche hinein gesenkt. Also ermangeln sie noch heutiges Tages ihrer guten Glocken.


 << zurück weiter >>