William Shakespeare
Das Winter-Mährchen.
William Shakespeare

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Sechste Scene.

Der Schäfer, und Hans, sein Sohn, treten auf.

Schäfer. Komm, Junge; ich kan nun keine Kinder mehr haben; aber deine Söhne und Töchter werden alle hochedelgebohren seyn.

Hans (zu Autolicus.)
Ha, wir treffen einander eben recht an; ihr wolltet euch dieser Tagen nicht mit mir schlagen, weil ich nicht edelgebohren sey: Seht ihr diese Kleider? Sagt, ihr seht sie nicht, wenn ihr noch immer fort denkt, ich sey nicht hochedelgebohren. Ihr möchtet eben so wohl sagen, diese Kleider seyen nicht hochedelgebohren. Heißt mich lügen; thut es, und probiert ob ich izt nicht hochedelgebohren bin.

Autolicus. Ich weiß es ganz wohl, Herr, daß ihr izt hochedelgebohren seyd.

Hans. Ja, und das bin ich diese vier Stunden immer gewesen.

Schäfer. Und ich auch, Junge.

Hans. Und ihr auch; aber ich war noch vor meinem Vater hochedelgebohren; denn des Königs Sohn nahm mich bey der Hand, und nannte mich Bruder; und dann nannten die zween Könige meinen Vater, Bruder, und dann nannte der Prinz mich, mein Bruder, und die Princessin meine Schwester, meinen Vater, Vater, und da weinten wir zusammen, und das waren die ersten hochadelichen Thränen, die wir jemals vergossen haben.

Schäfer. Ich hoff' es zu erleben, Sohn, daß wir noch andre vergiessen.

Autolicus (zu Hans.)
Gnädiger Herr, ich bitte euch unterthänigst mir alle die Fehler zu verzeihen, die ich gegen Euer Gnaden begangen habe, und mir euer gutes Vorwort bey dem Prinzen, meinem Herren, zu verleihen.

Schäfer. Ich bitte dich, Sohn, thu's; wir müssen gnädig seyn, weil wir nun Gnädige Herren sind.

Hans. Du willt also dein Leben bessern?

Autolicus. Ja, wenn es Eu. Gnaden erlauben will.

Hans. Gieb mir die Hand drauf; ich will dem Prinzen schwören, daß du ein so ehrlicher Kerl seyest, als irgend einer in Böhmen lebt.

Schäfer. Sagen kanst du's wohl, aber nicht schweeren.

Hans. Nicht schweeren, und bin nun ein Edelmann? Bauren und gemeines Volk mögen es sagen; ich will es beschweeren, ich.

Schäfer. Aber, wenn es nun nicht wahr ist, Sohn?

Hans. Es mag noch einmal so viel nicht wahr seyn, so kan ein wahrer Edelmann seinem Freunde zu gefallen, drauf schweeren: Ich will dem Prinzen schweeren, daß du ein plumper Kerl mit deinen Händen seyst, und daß du dich nie betrinken werdest; und doch weiß ich, daß du kein plumper Kerl mit deinen Händen bist, und daß du dich betrinken wirst; aber ich will drauf schweeren, und ich wollte du wärst ein plumper Kerl mit deinen Händen.

Autolicus. Ich will es werden, Gnädiger Herr, nach äusserstem Vermögen.

Hans. Thu' das, und wende alles dazu an; wenn ich mich nicht wundre, wie du das Herz hast dich zu betrinken, da du kein plumper Kerl bist, so glaube mir nichts mehr. Aber horcht, die Könige und die Prinzen unsre Vettern kommen, und gehen nun der Königin ihr Bildniß zu sehen. Komm geh mit uns: Wir wollen deine gute Herren seyn.

(Sie gehen ab.)


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