William Shakespeare
Das Winter-Mährchen.
William Shakespeare

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Siebende Scene.

Florisell zu Camillo.
Warum seht ihr mich so an? Ich bin nur bekümmert, nicht erschroken; zurükgeworfen, aber nicht geändert; was ich war, bin ich noch; haltet mich für keinen so geduldigen Thoren, der sich wider seinen Willen, beym Zügel fortreissen läßt.

Camillo. Mein Gnädigster Prinz, ihr kennet die Gemüthsart des Königs, euers Vaters: Izt ist keine Zeit ihm Vorstellungen zu machen: Er wird izt noch, wie ich besorge, kaum euern Anblik ertragen können; kommet also nicht vor ihn, ich bitte euch, bis sich sein erster Zorn gelegt hat.

Florisell. Es ist auch mein Vorsaz nicht – – Ihr seyd Camillo, denke ich?

Camillo. Er selbst, Gnädiger Herr.

Perdita zu Florisell.
Wie oft hab ich euch gesagt, es werde so gehen? Meine Würde werde nicht länger dauren, bis es offenbar werde?

Florisell. Besorge nichts, so lange ich dir getreu bin; und wenn ich jemals meine Treue breche, dann laßt die Natur die Seiten der Erde zusammendrüken, und alles was zwischen ihnen ist, zermürsen – – Schlage deine Augen auf! – – Lösche mich immerhin aus der Thronfolge aus, Vater; ich bin Erbe von meiner Liebe.

Camillo. Laßt euch rathen.

Florisell. Das thue ich; aber von meinem Herzen; will sich meine Vernunft bequemen ihm zu gehorchen, so hab' ich Vernunft; wo nicht, so will ich ein Thor seyn, wenn es Thorheit ist seiner Empfindung zu folgen und glüklich dadurch zu seyn.

Camillo. So spricht die Leidenschaft in Verzweiflung.

Florisell. Nennt es wie ihr wollt; so bin ich gesinnt; so erfüll' ich meine Gelübde, ich kan nicht anders denken, als daß ich so wie ein ehrlicher Mann handle. Camillo, nicht um dieses Königreich, nicht um den Pomp eines vor mir knienden Hofes; nicht um alles was die Sonne sieht, oder der Ocean in unergründeten Tiefen verbirgt, will ich den Eid brechen, den ich dieser meiner schönen Geliebten geschworen habe: Ich bitte euch also, wenn ihr jemals meines Vaters Freund gewesen seyd, so bemühet euch, wenn er mich vermissen wird (denn es ist mein fester Entschluß daß er mich nimmermehr wieder sehen soll) seine Leidenschaft durch euern Zuspruch zu besänftigen; für das übrige lasset mich und mein Schiksal sorgen. Soviel könnet ihr wissen, und das möcht ihr ihm auch sagen, daß ich mich mit ihr zu Schiffe begeben habe. Zu gutem Glüke habe ich eines an dieser Küste in Bereitschaft, ob ich es gleich nicht zu diesem Gebrauch ausrüsten lassen. Wohin ich meinen Lauf zu richten gedenke, nüzt weder euch, zu wissen, noch mir, zu sagen.

Camillo. O, mein Prinz, ich wollte euer Geist wäre leichter auf einen andern Entschluß zu bringen oder stärker für die gefährlichen Umstände, worein ihr euch stürzen wollt.

Florisell. Höre, Perdita – – (zu Camillo.) Ich bin in einem Augenblik wieder euer.

Unterdessen, daß Florisell mit Perdita bey Seite redet, überlegt Camillo mit sich selbst, daß, da der Prinz nun einmal unveränderlich zur Flucht entschlossen sey, dieses eine Gelegenheit wäre, wo er zu gleicher Zeit dem Prinzen einen wesentlichen Dienst erweisen, und sich selbst wieder den Anblik seines geliebten Siciliens und des unglüklichen Königs, seines Herrn, verschaffen könnte. Er faßt also auf der Stelle seinen Entschluß, und eröffnet dem Prinzen daß er ihm einen Vorschlag thun wolle, wie er seine Geliebte, unter dem Schuze des Königs von Sizilien, ruhig besizen könne, bis seine, des Camillo, Bemühungen und die Zeit seinen Vater dahin gebracht haben würden seine Liebe zu billigen. Damit seine Ankunft in Sicilien nicht das Ansehen eines Abentheuers oder einer Flucht habe, sollte er vorgeben, daß er von seinem Vater abgeschikt worden, um das alte Freundschafts-Bündniß, das unter beyden Königen vorgewaltet, wieder zu erneuern. Der Prinz, welcher ohnehin selbst noch nicht wußte, wohin er entfliehen wollte, nimmt diesen Vorschlag mit grosser Freude an, und Camillo verspricht ihm mit allem was zur glüklichen Ausführung desselben nöthig seyn könnte, an die Hand zu gehen. Indessen findet doch der Prinz noch verschiedene Schwierigkeiten, welche ihm aber Camillo alle beantwortet, und hievon Anlas nimmt, ihn ein wenig auf die Seite zu nehmen; ein bequemer Einfall um dem Autolicus Plaz und Zeit zu geben, die Zuschauer mit seinen Schelmereyen wieder eine Weile zu belustigen.


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