William Shakespeare
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William Shakespeare

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Achte Scene.

Harlequin tritt auf.

Harlequin. Ich bin hier so bekannt als ob ich daheim wäre; einer möchte denken, es wäre Frau Overdons eignes Haus, soviel von ihren alten Kundsleuten trift man hier an. Fürs erste ist hier der junge Herr Rasch, wegen einer Kleinigkeit von braunem Pfeffer und altem Ingwer, hundert und sieben und neunzig Pfund, aus denen er fünf Mark baares Geld gemacht hat: Meiner Six, der Ingwer muß damals nicht viel Abgang gefunden haben; die alten Weiber müssen alle todt gewesen seyn. Hernach ist hier ein gewisser Herr Caper, auf Ansuchen Meister Three-Pile, des Krämers, wegen etlicher Stüke Pfersichblüthfarbnen Atlas, welche Herr Caper umsonst gekauft haben möchte. Ferner der junge Schwindel, der junge Herr Kupfersporn, und Monsieur Hungerdarm der Klopffechter, und der junge Herr Lüderlich, der den braven Pudding erschlug, und Hr. Schüzen, der grosse Wanderer, und der wilde Halbkanne, der den Pott' erstochen hat, und ich denke, noch vierzig andre, lauter grosse Männer in unsrer Profession, die izt hier sind, und sehen mögen, wie sie wieder heraus kommen.

Abhorson kommt herein.

Abhorson. Fort, Kerl, Bring den Bernardin hieher.

Harlequin. Monsieur Bernardin, ihr sollt aufwachen und euch hängen lassen; Monsieur Bernardin!

Abhorson. Holla, ho, Bernardin.

Bernardin (hinter der Scene.)
Daß ihr die Kränke kriegt, ihr Hunde! Was für einen Lerm macht ihr da? Wer seyd ihr?

Harlequin. Herr, euer guter Freund, der Henker; ihr sollt so gut seyn, Herr, und aufstehen und euch erdrosseln lassen.

Bernardin (hinter der Scene.)
Geh zum T** du Schurke, geh, sag ich; ich bin schläfrig.

Abhorson. Sag ihm, er müsse aufstehen, und das nur gleich.

Harlequin. Ich bitte euch, Monsieur Bernardin, wacht nur auf, bis ihr gehenkt seyd, und schlaft denn wieder so lang ihr wollt.

Abhorson. Geh zu ihm hinein, und schaff ihn heraus.

Harlequin. Er kommt, Herr, er kommt; ich höre das Stroh rascheln.

Bernardin zu den Vorigen.

Abhorson. Ligt das Beil auf dem Blok, Kerl?

Harlequin. Ja, Herr.

Bernardin. Wie gehts, Abhorson? Was habt ihr Neues?

Abhorson. In gutem Ernst, Herr, ich wollte ihr würdet hurtig euer Gebet verrichten; denn, seht hier, der Befehl für eure Execution ist da.

Bernardin. Ihr Schurke, ich habe die ganze Nacht durch gesoffen, es ist mir izt ungelegen.

Harlequin. O, desto besser, Herr; einer der die ganze Nacht trinkt, und des Morgens bey Zeiten gehenkt wird, kan den ganzen nächsten Tag desto ruhiger schlafen.

Der Herzog zu den Vorigen.

Abhorson. Seht, Herr, hier kommt euer geistlicher Vater; meynt ihr noch, daß es nur Spaß sey?

Herzog. Mein Herr, da ich gehört habe, wir schnell ihr die Welt verlassen sollt, so komm ich aus Christlicher Liebe bewogen, euch vorzubereiten, zu trösten, und mit euch zu beten.

Bernardin. Frater, ich nicht; Ich habe die ganze Nacht stark getrunken, und ich will mehr Zeit zu meiner Vorbereitung haben, oder sie sollen mir das Hirn mit Knitteln ausschlagen; ich werde mich nimmermehr dazu verstehen, heute zu sterben, das ist ausgemacht.

Herzog. O, mein Herr, ihr müßt; und also bitte ich euch, bedenket die Reise wohl, die ihr zu machen habt.

Bernardin. Ich schwör euch aber, daß mich kein Mensch in der Welt überreden soll, heute zu sterben.

Herzog. Aber ihr hört ja – –

Bernardin. Nicht ein Wort; wenn ihr mir etwas zu sagen habt, so kommt in mein Gefängniß, denn heute soll mich niemand anders wo hin bringen.

(Er geht ab.)


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